Lehren der Corona-Pandemie Krankenhäuser fordern Neuordnung der Gesundheitslandschaft

Berlin · Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) will die Gesundheitsversorgung reformieren. Wo die Gesellschaft am meisten Handlungsbedarf sieht – und warum der Personalmangel die größte Herausforderung ist.

 Die Corona-Pandemie hat für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gezeigt, dass Reformen nötig sind.

Die Corona-Pandemie hat für die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) gezeigt, dass Reformen nötig sind.

Foto: dpa/Ole Spata

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland muss nach Auffassung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) nach der Corona-Pandemie neu gedacht werden. Nur eine regionale Neuordnung der Versorgungslandschaft könne eine dauerhaft hochwertige Versorgungsqualität in Deutschland sicherstellen, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß auf dem zweiten Krankenhausgipfel am Montag in Berlin.

Dringende Handlungsnotwendigkeiten sieht die DKG bei der Krankenhausplanung, beim Abbau von Überregulierung und einer Neustrukturierung des Finanzierungssystems der Krankenhäuser. Gerade während der Pandemie hätten regionale, von den Kliniken organisierte Versorgungsnetzwerke bewiesen, dass sie ein zukunftsfähiges Modell seien, sagte Gaß. Insbesondere in ländlichen Gebieten müssten ambulante und stationäre Versorgung zusammen gedacht, geplant und koordiniert werden. Krankenhäuser könnten als integrierte Dienstleistungszentren Ausgangspunkte für diese Netzwerke sein.

„Da die Versorgung über niedergelassene Ärzte in dünner besiedelten Regionen immer schwieriger wird, bieten sich hier die Krankenhäuser als Anlaufstellen für die Gesundheitsversorgung an“, sagte Gaß. „Schon heute versorgen die deutschen Krankenhäuser mit 20 Millionen Patientinnen und Patienten genauso viele Menschen ambulant wie stationär.“

Der DKG-Chef betonte, für eine zukünftige Krankenhauspolitik sei es wesentlich, einerseits komplizierte medizinische Leistungen zu zentralisieren und gleichzeitig ausreichende wohnortnahe Strukturen zu erhalten. Dazu sei es aber auch notwendig, die Krankenhausfinanzierung zu reformieren. Insbesondere in ländlichen Gebieten müssten Strukturen erhalten und auch ausreichend finanziell gesichert werden.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat sich als Lehre aus der Corona-Pandemie für eine stärkere Vernetzung und Planung des Krankenhaus-Angebots in Deutschland ausgesprochen. „Nicht jeder muss alles machen – weder in der Stadt, noch in der Fläche“, sagte der CDU-Politiker. Vor Ort müsse eine Grundversorgung verfügbar sein und auch besser finanziert werden. Zugleich seien Kapazitäten für komplexere, planbare Eingriffe für bessere Qualität zusammenzuführen. Dies müsse nicht immer in Städten sein, es gebe auch viele gute Angebote in ländlichen Regionen.

Spahn sagte, er wolle aus Sicht der Patientensicherheit nicht, dass bestimmte komplexe Operationen in manchem Krankenhaus nur acht Mal im Jahr stattfinden. „Da geht es nicht um Geld, da geht es um Qualität.“ Manche Patienten würden dann auch bereit sein, einmal 20 Kilometer weiter zu fahren, wenn dies die Überlebenswahrscheinlichkeit erhöhe. Generell gebe es bei den Krankenhäusern in Deutschland an zu wenigen Stellen eine bedarfsgerechte Versorgung, sagte Spahn. „Wir haben Überversorgung vor allem im Ballungsraum, und wir haben auch manche Unterversorgung.“

Als größte Herausforderung bezeichnete DKG-Chef Gaß den Personalmangel. Ausreichende Personalausstattung sei der wichtigste Ankerpunkt, um Personal im Beruf zu halten und für den Beruf zu gewinnen. Deshalb müsse dringend eine gute Personalbemessung eingeführt werden. Zusätzlich müsse die Arbeit der Beschäftigten spürbar entbürokratisiert werden. „Dass Pflegefachkräfte jeden Tag drei Stunden und mehr für die Bürokratie aufwenden müssen, ist nicht akzeptabel.“ Außerdem gehörten eine wettbewerbsgerechte Bezahlung und eine Refinanzierung von Tarifsteigerungen für alle Berufsgruppen zur Lösung des Personalproblems.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Ärzten und Pflegekräften in den Kliniken unterdessen für ihren großen Einsatz in der Corona-Krise gedankt. Die Mitarbeiter der Krankenhäuser seien seit Monaten an Grenzen gegangen, sagte Merkel in einer Videobotschaft beim zweiten Krankenhausgipfel der Deutschen Krankenhausgesellschaft.

Merkel betonte, dass inzwischen die dritte Corona-Welle gebrochen sei. Immer mehr Krankenhäuser könnten wieder in einen regulären Betrieb gehen und auch aufgeschobene Operationen nachholen. Das Virus sei nicht aus der Welt. Es sei aber „eine große Erleichterung“, dass man sich nicht mehr alleine auf die akute Krisenbewältigung konzentrieren müsse.

(jlu/kna/dpa)
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