Weiden in der Oberpfalz
20.08.2019 - 16:35 Uhr

50 Millionen Euro für die Kliniken AG

Die Weidener Stadträte jagen den Haushalt diesen Mittwoch voraussichtlich in ungeahnte Höhen. Grund: ein Rekord-Darlehen für die Kliniken AG. 25,5 Millionen Euro ist es wert. Insgesamt braucht die AG 50 Millionen.

Das Klinikum in Weiden, Herzstück der Kliniken AG. Am Mittwoch soll ihr Stadtrat ein Rekord-Darlehen bescheren.

Es ist eine Premiere in mehrfacher Hinsicht. Zum Beispiel: Erstmals soll diesen Mittwoch ein Ferienausschuss (Beginn um 9 Uhr im Neuen Rathaus) einen Nachtragshaushalt verabschieden. Denn die Kliniken Nordoberpfalz AG braucht eine frische Finanzspritze, die es nun zum ersten Mal nicht nach einer Bürgschaft gibt, sondern in Form eines Trägerdarlehens. Laut Oberbürgermeister Kurt Seggewiß ist es "der bisher wohl größte Einzelansatz, der jemals in einem Haushaltsplan der Stadt veranschlagt wurde": 25,5 Millionen Euro, die der AG noch heuer zur Verfügung stehen sollen.

Damit, so betont Seggewiß in einer Pressemitteilung, bekenne sich die Stadt Weiden als Miteigentümerin der Kliniken AG "zu einer flächendeckenden Gesundheitsvorsorge auf hohem Niveau in der nördlichen Oberpfalz". Von einem sehr wichtigen Schritt spricht Vorstand Josef Götz gegenüber Oberpfalz-Medien: "Das sichert unsere Liquidität, Investitionen können wir durch Eigenmittel abdecken. Die begonnenen Baumaßnahmen sind abgesichert."

Weitere Abstimmungen

Die wirtschaftliche Gesundung der Aktiengesellschaft beschäftige den Stadtrat bereits seit Monaten, erinnert OB Seggewiß. Entsprechend der Eigentumsanteile trägt Weiden 51 Prozent aller Lasten und Risiken, der Landkreis Tirschenreuth 47,5 und der Landkreis Neustadt 1,5 Prozent. Zusammen müssen sie einen "aktuellen Finanzbedarf" von 50 Millionen Euro stemmen - eine "gewaltige finanzielle Herausforderung, die es im Interesse der Patienten aus der Region zu meistern gilt", meint der OB. Mit anderen Worten: Die Neustädter und Tirschenreuther Kreisräte stehen ebenfalls vor der Abstimmung über Darlehen.

Bürgerschaften sind nicht mehr das Mittel zum Zweck, weil die Aufsichtsbehörden laut Vorstand Götz verhindern wollen, dass letzten Endes der Freistaat haftet. Deshalb, so Seggewiß, "mussten wir einen neuen Weg gehen". Die Fraktionen des Weidener Stadtrates seien dem Vorschlag der Stadtkämmerei gefolgt, "durch eigene Kreditaufnahmen, gegebenenfalls durch entsprechende Namensschuldverschreibung, gemeinsam mit den beiden Landkreisen die Kliniken AG mit entsprechenden Mitteln auszustatten und in den nächsten zwei Jahren strukturelle Weichenstellungen in enger gegenseitiger Abstimmung zu treffen".

"Wir haben die Finanzierungsbasis geändert", stellt Stadtkämmerin Cornelia Taubmann fest. Und, mit Blick auf günstige Kredite: "Wenn nicht jetzt, wann dann?" Für die Zukunft seien fortlaufende Unterstützungen angedacht, "feste Verlustübernahmen" oder ähnliches. Zur Sicherung der Zukunftsfähigkeit der AG müssten alle strukturellen Maßnahmen mit Entscheidungen aus der Vergangenheit und in der Zukunft auf den Prüfstand, betont Seggewiß. Den "regulatorischen Vorgaben im Gesundheitswesen" müsse langfristig Rechnung getragen werden.

Rekord-Haushalt

Die Stadtkämmerin bemerkt, dass 2019 eigentlich wohl kein Nachtragshaushalt erforderlich gewesen wäre. "Die Ansätze bewegen sich im Plan beziehungsweise weichen nur geringfügig ab." Dies gelte auch für Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen während des laufenden Haushaltsjahres, unter anderem für die Digitalisierung des Rathauses, für Grunderwerb oder eine sogenannte "Temporäre Schule" während der Generalsanierung der Pestalozzischule. Wegen des Darlehens verändert sich das Gesamthaushaltsvolumen nun jedoch auf die Rekordsumme von 193,76 Millionen Euro - für Taubmann "ein echt beeindruckendes Zahlenwerk". Als sie vor zehn Jahren begann, waren es rund 100 Millionen. Angemerkt

Kommentar:

Patient lebt

Die Stadt Weiden macht den Auftakt, wirft 25,5 Millionen Euro in den Topf. Weitere 24,5 Millionen Euro steuern - vorbehaltlich der Abstimmung in den Kreistagen - die Landkreise Tirschenreuth und Neustadt bei. Macht 50 Millionen Euro: eine bitter notwendige Finanzspritze für die Kliniken Nordoberpfalz AG, ein Befreiungsschlag und alles andere als ein Klacks für die Geber. Die liefern damit ein klares Bekenntnis für eine wohnortnahe medizinische Versorgung in der Region und auch für 3000 Arbeitsplätze an mehreren Standorten. Schön, dass sich da auch in Zeiten des Vorwahlkampfes offenbar alle in Stadt und Land einig sind.
Die Kliniken AG, die sich seit ihren Anfängen von Bürgschaft zu Bürgschaft hangelte, bleibt flüssig, kann bauen und weiter modernisieren. Und sie kann in ihr Zukunftskonzept investieren - in strukturelle Änderungen, um Ausgaben zu drücken, das Angebot anzupassen und weitere Finanzspritzen nicht ganz so bald nötig zu machen. Der Patient lebt und sollte seine Zeit gut nutzen. Auf letzteres will mancher Geber künftig wohl noch stärker achten als bisher. Möglich, dass es nach den Kommunalwahlen 2020 zu Operationen kommt, bei denen sich nicht mehr alle einig sein werden.

Von Ralph Gammanick

Aufgedröselt:

50 Millionen Euro - wofür?

Wie setzt sich die Summe von 50 Millionen Euro zusammen, welche die Kliniken Nordoberpfalz AG aktuell benötigt? Stadtkämmerin Cornelia Taubmann schlüsselt auf: 16 Millionen Euro sind für die Deckung der Verluste in den Jahren 2017/18 und der prognostizierten Verluste 2019/20 (4 Millionen pro Jahr) bestimmt, 20 Millionen sind Betriebsmittelkredite, 14 Millionen für die Zwischenfinanzierung von Baumaßnahmen.

 
 

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