Transplantationen:Eurotransplant bekräftigt Vorwürfe gegen Wiener Klinik

Verdacht auf Manipulationen bei Organtransplantationen

Transplantationen können Leben retten, aber Spenderorgane sind ein knappes Gut. Deshalb sollten die Organe in der Solidargemeinschaft bleiben.

(Foto: Jan-Peter Kasper/dpa)

Die Vergabe einer Lunge an eine Griechin in Wien sei unfair und regelwidrig gewesen, erklärt Eurotransplant. Es gibt mit der Klinik aber größere Probleme.

Von Christina Berndt

In der Diskussion um die Vergabe von Spenderlungen an internationale Patienten am Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH) bekräftigt die Stiftung Eurotransplant die Vorwürfe. Anfang Oktober hatte an dem Wiener Universitätsklinikum eine griechische Patientin nach nur vier Stunden auf der Warteliste eine Spenderlunge aus Griechenland erhalten. Die Umstände dieser Transplantation seien alles andere als regelkonform gewesen, erklärt die Stiftung nun, in der neben Deutschland und Österreich sechs weitere europäische Länder (aber nicht Griechenland) zusammengeschlossen sind, um Spenderorgane gerecht und unter Einhaltung präziser Vorgaben an bedürftige Patienten zu verteilen.

Der Leiter der Thoraxchirurgie am AKH, Walter Klepetko, hatte die Transplantation mit der Begründung verteidigt, die Spenderlunge sei ja ebenso wie die Patientin aus Griechenland gekommen. Eigentlich hätte die Patientin die Lunge in Athen erhalten sollen, doch weil die Operation so komplex gewesen sei, hätten die griechischen Ärzte das Organ an Eurotransplant gemeldet und Wien um Hilfe gebeten.

Solche Absprachen verstießen aber eindeutig gegen die Regeln des Verbunds, heißt es jetzt von Eurotransplant. Dass aus dem Ausland jemand quasi mit seinem eigenen Spenderorgan in den Eurotransplant-Raum kommt und es sich dort einsetzen lässt? Solche Konstrukte sind aus gutem Grund untersagt. Schließlich verläuft die Zuteilung des Organs in einem solchen Fall außerhalb der Kontrolle hiesiger Autoritäten. Niemand kann überprüfen, welche Gründe zur Auswahl dieses einen Patienten geführt haben.

Wäre alles korrekt gelaufen, hätte wohl ein anderer Patient die Lunge bekommen

Wäre im aktuellen Wiener Fall alles korrekt zugegangen, hätte sehr wahrscheinlich ein anderer Patient die Lunge bekommen, so Eurotransplant. Ganz oben auf der Warteliste stand jedenfalls eine Person, die nicht in Wien, sondern an einer anderen Klinik gelistet war. Daher sei die aus Griechenland gemeldete Lunge auch zuerst dieser Klinik angeboten worden. Nur weil die Ärzte in Wien "offenbar vorinformiert waren, konnten sie schneller reagieren und das Angebot akzeptieren als das andere Zentrum", erklärt Eurotransplant. Die Absprachen zwischen Wien und Athen hätten also "zu einem Nachteil für die Patienten anderer Zentren geführt". Das sei "nicht im Sinne eines fairen und transparenten Organzuordnungsprozesses."

Ohnehin bildet der Fall nicht den Hauptvorwurf gegen die Thoraxchirurgie am AKH, er belegt nur einen gewissen lässigen Umgang der Ärzte dort mit bestehenden Regularien. Schwerer wiegen die langjährigen Verstöße gegen die Regeln für Kooperationen mit dem Nicht-Eurotransplant-Ausland: Das AKH hatte sich über Jahre mit Zentren in Osteuropa zusammengeschlossen. Das Ziel: die Ausbildung der dortigen Ärzte und die Etablierung eigener Transplantationsprogramme. Doch viele dieser Kooperationen hatten negative Auswirkungen für die Patienten auf den Eurotransplant-Wartelisten, denn es gingen mehr Lungen ins Ausland als von dort zurückkamen.

Dennoch hielt der Wiener Thorax-Chef Klepetko an den Abkommen fest. Seine Begründung: Er leiste insgesamt einen positiven Beitrag zur Organspende in diesen Ländern, wovon letztlich auch Eurotransplant profitiere. Sein Motiv: medizinische Hilfe, jedenfalls kein Geld. Doch Klepetko hat den ausländischen Patienten erheblich höhere Rechnungen gestellt als den österreichischen.

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