Hackerangriff setzt dem Klinikum Lippe weiter zu - Cyber-Experten ermitteln

Kreis Lippe/ Köln. Eine Woche nach dem Hackerangriff auf das Klinikum Lippe ist das Nachbeben nicht abgeklungen. Die externe Kommunikation geht weiter nur übers Telefon, teilweise laufen interne Abläufe nur gestört, weil Verbindungen zu externen Netzwerken komplett gekappt und die IT-Infrastruktur neu aufgesetzt werden musste. In der Stabilisierungsphase werde daher auf "bewährte analoge Versionen" zurückgegriffen, teilt das Klinikum am Freitag mit. Dazu zählten Befundberichte sowie Patientenkurven - letzteres dient als Basis für alle therapierelevanten Entscheidungen. Der Krankenhausalltag scheint demnach durchaus beeinflusst. Wo sonst Bettentransporte bequem per Tablet organisiert wurden, musste das Personal vorübergehend mehr Laufwege hinnehmen, sagte Klinikumssprecher Christian Ritterbach Anfang der Woche. Die Versorgung der Patienten sei aber zu keiner Zeit in Gefahr gewesen, macht das Klinikum seit Bekanntwerden des Angriffs wiederholt deutlich. Dennoch zählt der Hackerangriff schon jetzt zu einem "herausgehobenen Verfahren im Bereich der Cyberkriminalität", weshalb die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime (ZAC) Nordrhein-Westfalen die Ermittlungen führt. "Natürlich stört so ein Angriff die Abläufe eines Klinikums, das ist nicht von der Hand zu weisen", sagt der Kölner Staatsanwalt und ZAC-Pressesprecher Dr. Christoph Hebbecker. Weil das Klinikum Lippe zur "kritischen Infrastruktur" zähle, hätten die Kölner Spezialisten übernommen. Das Ermittlungsverfahren sei noch in einem sehr frühen Stadium und richte sich mit dem Tatvorwurf Computersabotage bislang gegen Unbekannt. Ob Geld gefordert wurde, bleibt vorerst geheim Üblicherweise führten die Spuren solcher Verfahren später auf internationale Ebene - und meist in eine Sackgasse. "Am Ende des Tages wissen wir meist genau war passiert ist, aber kennen die Tätergruppen nicht", sagt der Kölner Staatsanwalt. Die Erfolgsaussichten seien daher äußerst gering. Ob in diesem Fall Geld gefordert wurde, wollte Dr. Christoph Hebbecker aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgeben. Nach Angaben des Landeskriminalamts NRW, das ebenfalls mehrfach mit Spezialisten vor Ort war, seien Cyberangriffe auf Unternehmen generell überwiegend mit einer monetären Komponente verbunden. Geschädigte würden laut LKA oft aufgefordert, einen Geldbetrag in Form von Kryptowährung an die Täter zu übermitteln. Das sei aber auch nicht immer der Fall. Genauso könne ein Ziel das &bdquo;Exfiltrieren von Daten sein, um diese zu verkaufen, zu veröffentlichen oder anderweitig zu nutzen“, schreibt LKA-Pressesprecher Frank Scheulen. In anderen Fällen stehe das &bdquo;schädigende Ereignis“ selbst im Mittelpunkt, &bdquo;um die Öffentlichkeit zu beeinflussen oder bestimmte gesellschaftspolitische Reaktionen herbeizuführen.“ Laut LKA sind Angriffe auf Kliniken in den vergangenen Jahren eher selten vorgekommen. "In den letzten drei Jahren war jeweils eine Klinik betroffen", heißt es. Manche Cyberkriminelle greifen versehentlich Kliniken an Teilweise gebe es sogar Hinweise, dass sich Tätergruppen gar nicht dessen bewusst seien, mit ihrem Angriff ein Krankenhaus lahmzulegen. "Im Falle des Angriffs auf das Uniklinikum Düsseldorf im Jahr 2020 haben uns die Täter damals freiwillig den Schlüssel zur Decodierung bereitgestellt", erklärt Staatsanwalt Dr. Christoph Hebbecker. Die Ermittler vermuteten daher, dass der Angriff aufs Klinikum ein Versehen gewesen sei. Zum Akt der "Nächstenliebe" wolle er dies aber nicht hochhängen. "Das hat wohl weniger mit einem moralischen Kodex der Cyberkriminellen zu tun als mit Selbstschutz", meint der Kölner Spezialist. Wenn es um Menschenleben gehe und nicht bloß um Geld, erhöhe sich automatisch der Fahndungsdruck. Beim Hackerangriff in Düsseldorf hätte zeitweise nicht mehr die Notaufnahme angefahren werden können. Ein Schreckensszenario, das in Detmold glücklicherweise nicht eingetroffen ist. Dennoch hat das Klinikum Lippe weiterhin an den Folgen des Hackerangriffs zu knabbern. Laut Pressemitteilung unterstützten daher weiter externe Experten die Arbeit der IT in enger Zusammenarbeit mit der Krankenhauseinsatzleitung, die dazu ebenfalls die anhaltende Coronalage bewältige.

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