Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus schließt Geburtshilfe

Das Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus schließt zum Monatsende seinen Kreißsaal und die Geburtsstation.  Foto: Christian Keller
© Christian Keller

Paukenschlag in Ehringshausen: bereits zum 30. September schließt das Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus seine Geburtsstation und den Kreißsaal.

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EHRINGSHAUSEN. Das Babynet auf der Homepage dürfte bald keine neuen Fotos von Wonneproppen mehr zeigen. Denn das Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus (KAVK) in Ehringshausen schließt am 30. September den Kreißsaal und die Geburtshilfestation. Das hat die Klinikleitung am Donnerstagnachmittag mitgeteilt. Geschäftsführer Michael Werner, Chefarzt Dr. Andreas Schwarze, der kaufmännische Leiter Uwe Stelling sowie die Hebammen Sylke Krause und Christine Keller hatten es übernommen, Schmerzliches mitzuteilen.

"Das tut so richtig weh", sagte Werner. Besonders, weil die Geburtshilfe seit dem Jahr 1943 zum Haus gehörte. Damit ist nun Schluss, was vor allem zwei Gründe hat.

Fehlendes Fachpersonal auf ärztlicher Ebene und bei den Hebammen sowie konsequent steigende Versicherungsprämien - pro Jahr sind das 9100 Euro für Hebammen und 50 000 Euro für Ärzte - stünden seit Jahren im Konflikt mit einer hochwertigen Versorgung in der Geburtshilfe.

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Ein paar Zahlen: Das "kleine" Ehringshausen verzeichnete im vergangenen Jahr 473 Geburten: In Dillenburg waren es 570 und in Wetzlar 530 laut Hebamme Keller.

Bereits seit über 20 Jahren sei die Suche nach ärztlichen Geburtshelfern sehr schwierig, erklärte Werner. Nachdem die Geburtshilfe in den letzten Jahren durch angestellte Ärzte in einem eigens betriebenen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) sichergestellt wurde und dieses zum Jahresende seinen Betrieb einstellt, habe das KAVK trotz erhöhter Anstrengungen keine gynäkologischen Belegärzte gefunden, die bereit sind, Geburtshilfe als Bestandteil der stationären Gynäkologie anzubieten. Man brauche mindestens drei Ärzte, aber auch dann müssten diese durcharbeiten. Besser wären fünf, so Werner, gefunden habe man zwei.

Hinzu komme ein Nachwuchsproblem bei Geburtshelfern, hier seien vor allem die Arbeitszeiten ausschlaggebend. Auch bei den Hebammen fehlen Kräfte, was aber weniger an der Arbeit und der Verantwortung liege, sondern auch an der Versicherung.

Durch die angekündigte Schließung des MVZ reduzierte sich die Zahl an Voranmeldungen zur Geburt zum Oktober drastisch, berichtete Werner. Waren es in den Vormonaten stets etwa 20 bis 30, so kamen nun zwei. Die Frauen hätten sich offensichtlich anderweitig orientiert. Daher auch die rasche Schließung. Es ergebe keinen Sinn mehr, die teuren Versicherungen zu bezahlen und es komme dann niemand.

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Dennoch gebe es auch gute Nachrichten, meinte Stelling: Vier Ärzte werden an den Standorten Ehringshausen, Aßlar und Dillenburg eigene gynäkologische Praxen betreiben und der Klinik teilweise auch als Belegärzte für die chirurgische Gynäkologie zur Verfügung stehen. "Uns ist es damit gelungen, die regionale Versorgung intersektoral langfristig abzusichern. Die Hebammen werden in ihren Praxen die Angebote für Schwangerschaft und Wochenbett weiterhin aufrechterhalten können." Zudem werde die überwiegende Zahl der Beschäftigten des MVZ Anstellungen bei den neuen, manchmal sind es auch die alten, Praxisinhabern bekommen. Auch zukünftig würden gynäkologische Operationen am Kaiserin-Auguste-Victoria-Krankenhaus durchgeführt.

Mit der Weiterführung und dem Ausbau der Kernleistungen im Hause und in den kooperierenden Praxen in Aßlar, Dillenburg, Ehringshausen, Herborn und Wetzlar sei die medizinische Versorgung im ländlichen Bereich gesichert.

Was bleibt, ist allseits Bedauern über das Aus, nicht nur bei den sieben selbstständigen Hebammen. Keller: "Über viele Jahre hinweg ist es uns gelungen, eine kleine und familiäre Abteilung aufrechtzuerhalten. Insbesondere die Möglichkeit der individuellen Begleitung werdender Familien wird in Zukunft an diesem Standort fehlen." Indes: Außerklinisch stehen weiterhin alle Hebammen mit ihrem Angebot der Betreuung während und nach der Schwangerschaft zur Verfügung. Was nur die halbe Miete ist, denn finanziell war die Arbeit im Krankenhaus elementar für sie. Fast die Hälfte ihres Einkommens beziehen die Beleghebammen nach eigenen Angaben aus ihrer Arbeit im Kreißsaal.

Am Ende des Gesprächs schimmerte doch etwas Licht am Ende des Tunnels. Denn von der Struktur her werde die Tür der Geburtshilfe nicht zugeschlagen. Will sagen: Sollten sich die Rahmenbedingungen verbessern, sei man bereit. Die Geburtsthilfestruktur bleibe gewahrt. Der Kreißsaal werde nicht abgebaut.