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Hann. Mündener Klinikum äußert sich kritisch zu Eckpunkten der Krankenhausreform

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Klinikum Hann. Münden
Die Eckpunkte zur Krankenhausreform lassen beim Klinikum Hann. Münden noch einige Fragen offen. © Kira Müller

Anfang Juli einigten sich Bund und Länder nach langer Diskussion auf die Eckpunkte für die geplante Strukturänderung im Krankenhaussystem. Auch das Klinikum Hann. Münden ist davon betroffen.

Hann. Münden – Das Deutsche Krankenhaussystem ist eines der teuersten und dennoch mangelt es an Vielem. Eine Reform soll nun Perspektive schaffen. Neben dem Maximalversorger Universitätsmedizin Göttingen (UMG) ist auch das Klinikum in Hann. Münden als Grund- und Regelversorger von dieser Reform betroffen.

Ins Visier genommen werden laut Eckpunktepapier drei zentrale Ziele: die Entbürokratisierung aller Prozesse, die Sicherung und Steigerung der Behandlungsqualität und die Gewährleistung von Versorgungssicherheit. Die Geschäftsführung des Mündener Klinikums blickt kritisch auf die geplanten Änderungen im Krankenhaussystem.

Wie aus dem Eckpunktepapier hervorgeht, sollen Leistungsgruppen künftig definiert und durch die Länder zugewiesen werden. Diese Einteilung soll dazu befähigen, bestimmte Behandlungen anzubieten – oder dies eben nicht zu tun.

Das Mündener Klinikum werde aber „alle Bemühungen daran setzen, unser bisheriges breit gefächertes Leistungsspektrum auch in Zukunft anbieten zu können“, sagt Kerstin Dochow, Sprecherin des Klinikums Hann. Münden. „Die Einteilung in Leistungsgruppen birgt für die Krankenhäuser viele Unsicherheiten, die zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht vollständig absehbar sind“, sagt sie weiter.

Qualitätskriterien müssen künftig garantiert werden

Laut Eckpunktepapier müssen künftig zudem vom Bund definierte Qualitätsmerkmale eingehalten werden, um eine weitere Neuerung in Anspruch nehmen zu können: die Vorhaltepauschalen. Denn die bisherige Vergütungsform der Fallpauschalen ließ Gelder nur für tatsächlich abgeschlossene Behandlungen fließen und mündete oft in einem Anreiz, möglichst viele Patienten zu behandeln, um viel Geld abrechnen zu können.

Ziel ist es laut Bundesregierung, diesen wirtschaftlichen Druck mit den Vorhaltepauschalen, bei denen Geld im Voraus allein für das Angebot bestimmter Leistungen gezahlt wird, verschwinden zu lassen.

Das Mündener Klinikum weist darauf hin, dass der Investitionsbedarf der Kliniken bisher schon nicht habe gedeckt werden können und auch die Krankenhausreform daran nichts ändere. „Der wichtigste Faktor zur Einschätzung der finanziellen Bedeutung der Krankenhausreform liegt für alle Kliniken in der Zuteilung der Leistungsgruppen“, teilt Dochow mit.

Bedeuten Vorhaltepauschalen Planungssicherheit für Kliniken?

Die Krankenhausreform soll das System vor allem entökonomisieren. Bundesweit soll die ärztliche Versorgung flächendeckend gesichert und Leistungen umverteilt werden. Nach dem von Bund und Ländern beschlossenen Eckpunktepapier soll vor allem das Vergütungssystem neu strukturiert werden.

Grundsätzlich könnte diese Änderung Planungssicherheit für die Kliniken bringen, hierfür müsse aber das Verhältnis zwischen Vorhalte- und Fallpauschalen „absolut stimmig sein, um Fixkosten der Leistungserbringung bedarfsgerecht refinanzieren zu können“, sagt die Sprecherin des Klinikums Hann. Münden, Kerstin Dochow.

Das Klinikum Hann. Münden kritisiert das aktuelle System der dualen Krankenhausfinanzierung. Demnach kommen die einzelnen Länder für Investitionskosten auf, die laufenden Betriebskosten werden hingegen über die Krankenkassen abgerechnet.

Doch Dr. Niklas Cruse, Geschäftsführer des Klinikums Hann. Münden, und Julia Heuser, die Leiterin der Abteilung Finanzen und Controlling im Klinikum, berichten, dass der Investitionsbedarf der Kliniken mit diesem System schon bisher kaum gedeckt werden konnte.

Mit der Krankenhausreform würden die Kliniken „notwendige Investitionen weiterhin zu großen Teilen aus (nicht vorhandenen) Eigenmitteln oder durch Fremdfinanzierung in Form von Darlehen leisten müssen“, heißt es.

Gesetz soll ab Januar 2024 in Kraft treten

Nach dem Beschluss des Eckpunktepapiers ist es nun die Aufgabe der Verhandlungspartner, das Gesetz zur Reform über den Sommer festzulegen. Zudem müssen Leistungsgruppen und dazugehörige Qualitätsmerkmale definiert und verteilt werden. Erst dann können Vorhaltepauschalen adäquat berechnet und ausgezahlt werden. Damit die Reform ihre Wirkung entfalten kann, müssen die Länder auch ihre eigenen Gesetze ändern.  jbr

Bisher nur Abrechnung tatsächlicher Leistungen möglich

Die bisher abgerechneten Fallpauschalen bezogen sich nur auf tatsächliche Behandlungen. So gerieten viele Krankenhäuser und Kliniken in den Druck, mehr Patienten für mehr Geld behandeln zu müssen. Durch die nun angekündigten Vorhaltepauschalen soll sich das laut Bundesregierung ändern.

Da sich diese aber nur anhand der zugeordneten Leistungsgruppen berechnen lassen, sei die Aussicht auf eine finanzielle Veränderung am Mündener Klinikum noch ungewiss, auch wenn alle angebotenen Leistungen erhalten blieben. „Unter der Annahme einer vollständigen Sicherung unseres Leistungsangebots in Hann. Münden erwarten wir keine wesentlichen finanziellen Veränderungen“, teilt Dochow mit.

Da die Einteilung der Leistungsgruppen und die Definition der jeweiligen Qualitätsmerkmale aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, soll laut Eckpunktepapier in der Übergangsphase ein Vorhalteanteil von 60 Prozent der DRG-Fallpauschalen (englisch: Diagnosis-Related-Groups für: diagnosebezogene Fallgruppen) inklusive der Pflegekosten gezahlt werden.

Auch diesen Beschluss sieht das Mündener Klinikum kritisch: „Der für die Übergangsphase angekündigte Vorhalteanteil inklusive der Pflegekosten verfehlt aus unserer Sicht dieses Ziel und birgt für die Kliniken mehr Risiken einer Unterdeckung.“

Laut des Eckpunktepapiers wird zudem das Erlösvolumen grundsätzlich nicht erhöht, sondern die bisherigen Gelder lediglich umverteilt – in die Umstrukturierung wollen Bund und Länder zunächst nicht investieren.

Auch Niedersächsische Krankenhausgesellschaft äußert sich

Die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) äußert an dieser Stelle Kritik: „Die Versuche von Minister Lauterbach, auf die Probleme der Krankenhäuser mit seinem Mantra der geplanten Strukturreform zu antworten, werden sehr schnell zu einem bösen Erwachen führen. Man kann nicht aus immer weniger mehr machen“, teilt NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke in einer Mitteilung mit.

„Eine Reform, die im Kern lediglich auf die Schließung von Krankenhäusern zielt und die keinerlei zusätzliche Investitionen vorsieht, wird nur eines erreichen: Eine schlechtere Versorgung der Patientinnen und Patienten und eine höhere Belastung der Mitarbeitenden“, warnt er.

Auch das Pflegebudget wird mit der Reform nicht angerührt. „Hier wäre eine Beschleunigung des Auszahlungsmechanismus von absoluter Dringlichkeit für alle Kliniken gewesen, um Pflegekosten nicht erst mit ein bis drei Jahren Verzug erstattet zu bekommen“, teilt Dochow mit.

„Diese finanzielle Bürde der Vorfinanzierung der Pflegekräfte wiegt aktuell besonders schwer und stellt uns Krankenhäuser vor große Herausforderungen.“ Vor allem vor dem Hintergrund des allgegenwärtigen Pflegemangels erscheine das im Jahr 2020 eingeführte Pflegebudget aus Sicht des Klinikums Hann. Münden in seiner jetzigen Struktur weit überholt, heißt es weiter. (Jenny Breiding)

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