Ingo Lehmanns (SPD) Antrag, der offenbar darauf abzielt, die Rolle von Geschäftsführerin Brigitte Angermann in Frage zu stellen, hat viele überrascht. Dass der OB mit diesem in die Öffentlichkeit gegangen ist, ohne sie vorab zu informieren, hat die Mitglieder des Zweckverbands Klinikum Kulmbach verwundert, bei den meisten für Kopfschütteln gesorgt. Was Lehmann gemacht hat? Er hat auch in einer Pressemitteilung erklärt, dass er einen ärztlichen Direktor für das Kulmbacher Klinikum fordere, das seit vielen Jahren von Geschäftsführerin Brigitte Angermann geleitet wird. Der wird von den Verbandsmitgliedern attestiert, dass sie wie ihr Vorgänger Herbert Schmidt eine sehr erfolgreiche Arbeit leiste.

Am kommenden Dienstag tagt der Zweckverband und wird sich mit Ingo Lehmanns Antrag befassen. Wie die Mitglieder den Vorstoß des OB bewerten? Wir haben einige vorab gefragt.

Das sagt der frühere Chefarzt

Einer, der seit Jahrzehnten dem Haus verbunden ist, ist Dr. Johann Hunger (WGK). Er war 24 Jahre Chefarzt, gehört heute dem Zweckverband an. "Die Entwicklung ist exzellent. Ich sehe nicht die Notwendigkeit, etwas zu ändern", sagt Hunger, der anführt: "Never change a winning team." Müsste ein Chefarzt die Rolle nebenbei übernehmen, wäre die Arbeit nicht zu schultern. Einen ärztlichen Direktor allein für das Tätigkeitsfeld neu einzustellen, mache keinen Sinn: "Mehr als gut laufen kann es an einer Klinik doch nicht." Die Geschäftsführung habe das Große und Ganze im Blick, arbeite erfolgreich, erklärt Hunger, der sich wundert, dass Lehmann ein Thema, das Interna beinhalte, in die Öffentlichkeit trägt. "So etwas muss im Gremium beraten werden. Hätte er mich gefragt, hätte ich ihm zudem gesagt, dass ich von einem ärztlichen Direktor nichts halte."

"Zwei Glücksfälle"

"Man kann über alles reden. Es ist aber vernünftig, wenn man das erst einmal intern macht", stellt auch Henry Schramm (CSU) fest, der während seiner Zeit als Oberbürgermeister stellvertretender Vorsitzender des Zweckverbands war und heute Mitglied ist. "Es ist uns gelungen, dieses Haus hervorragend auszubauen und zukunftsfähig auszurichten. Mit Herbert Schmidt und Brigitte Angermann hatten und haben wir zwei Glücksfälle als Geschäftsführer."

"Bin über Alleingang verwundert"

Über die Presse hat Rainer Ludwig (FW) in München von der Forderung des OB erfahren. "Auch ich kenne es aus der Vergangenheit so, dass es immer zum guten Stil gehörte, dass wir uns in der Verbandsversammlung über Inhalte intern abgestimmt haben und dann mit einheitlichem Zungenschlag an die Öffentlichkeit gegangen sind."

"Ich bin verwundert"

Konstruktive Vorschläge begrüße er, "doch ich bin verwundert über den Alleingang Lehmanns und finde dieses Vorgehen nicht dienlich". Über solch eine weitreichende, "ja revolutionäre" Veränderung müsse zunächst im Verband diskutiert werden. Das Klinikum sei, so Ludwig, ein Aushängeschild weit über die Region hinaus und werde vorbildlich geführt.

Das sagen die SPD-Verbandsräte

Dr. Volker Seitter, Allgemeinarzt in Thurnau und Lehmanns Parteifreund, wollte sich vor der Verbandsversammlung nicht öffentlich äußern. Christina Flauder, ebenfalls SPD, äußerte sich und zeigte sich überrascht. "Ich habe nichts von dem Antrag gewusst", erklärt Flauder, die auch die Meinung vertritt, dass solche Themen intern beraten werden müssen. "Das war bis dato immer der Fall." Auch sie attestiert der Geschäftsführung, dass sie in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband eine Erfolgsgeschichte schreibt.

Grüne: "Wäsche wird intern gewaschen"

Für Grünen-Kreisrätin Pia Kraus steht fest: "Wir werden uns in der Versammlung damit beschäftigen, ob eine solche Stelle sinnvoll ist oder nicht." Es bleibe zu fragen, ob es diese zusätzliche Ebene braucht. Brigitte Angermann leite das Klinikum exzellent. Sie spricht von einer Erfolgsgeschichte des Hauses und fragt: "Würde diese Entwicklung ein ärztlicher Direktor noch beflügeln oder eher behindern?" Zum Verhalten des Kulmbacher Oberbürgermeisters sagt sie: "Ich bin es gewohnt, dass die Wäsche intern gewaschen wird."

"Bislang Immer geschlossen agiert"

In einer ersten Stellungnahme hatte sich am Mittwoch auch Landrat Klaus Peter Söllner, der Zweckverbandsvorsitzender ist, von Lehmanns Vorstoß überrascht gezeigt. Das Gremium habe immer geschlossen agiert. "Ich hoffe, dass das so bleibt", stellte er auch mit Blick auf die Sitzung am kommenden Dienstag fest, bei der es heiß hergehen könnte.

Das sagt Brigitte Angermann

Und was sagt Geschäftsführerin Brigitte Angermann im Vorfeld der Zusammenkunft, bei der nach Lehmanns Antrag über einen ärztlichen Direktor diskutiert werden soll, der wohl einige ihrer Geschäftsaufgaben übernehmen würde? "Den Statements der Verbandsräte ist nichts hinzuzufügen. Das Thema wird intern behandelt."

Lehmann ist "verwundert"

"Ich kenne die Reaktionen auf meinen Vorschlag bislang nicht", sagt OB Ingo Lehmann, den wir gestern Nachmittag telefonisch in Saalfeld beim Besuch der Partnerstadt erreicht haben. Er sei allerdings verwundert darüber, wenn sein Vorstoß Verwunderung auslöse. "Nahezu alle Kliniken in Bayern mit vergleichbarer Größe unseres Hauses haben einen ärztlichen Leiter oder Direktor. Die müssten ja alle daneben liegen mit diesem Konzept." Man habe es am Beispiel der Radiologiepraxis Paffenberger gesehen: Es müsse zumindest möglich sein, als Verantwortlicher rechtzeitig über solche Entwicklungen in Kenntnis gesetzt zu werden, da sie die Menschen in der Region unmittelbar betreffen. "Die Patienten standen plötzlich vor verschlossener Tür. Ich glaube, unter einem ärztlichen Leiter wäre das so nicht abgelaufen."

"Eine Form von Transparenz"

Lehmann betont, über solche Vorgänge müsse diskutiert und die Öffentlichkeit darüber unterrichtet werden. Es sei gerade eine Form von Transparenz, die immer eingefordert werde, solche Debatten eben nicht im Stillen zu führen.