Weiden in der Oberpfalz
03.10.2019 - 16:27 Uhr

Kliniken Nordoberpfalz AG: Krankenhaus Vohenstrauß im Feuer

Immer weniger Patienten, ein Mangel an Ärzten, schlechte Zahlen: Dem Krankenhaus Vohenstrauß droht die Schließung. Das zeigt ein Gutachten deutlich. Die Suche nach Alternativen beginnt - und damit auch der Konkurrenzkampf mit Waldsassen?

Das Krankenhaus in Vohenstrauß ist ein Defizitbetrieb. Vielleicht aber hat es als Intersektorales Gesundheitszentrum (IGZ) eine Zukunft. Doch auch Waldsassen will diesen Weg gehen.

Der Bürgermeister von Vohenstrauß hält bei den aktuellen Bürgerversammlungen nicht hinterm Berg: Das Ergebnis eines Gutachtens zum Krankenhaus dort sei vernichtend. Seit Jahren würden die Leistungszahlen sinken, die meisten Patienten gehörten eher in Pflegeeinrichtungen statt auf Krankenhaus-Stationen. Andreas Wutzlhofer hat seine Informationen aus einem aktuellen Gutachten, das der Öffentlichkeit bislang nicht bekannt war. Dessen Ergebnisse bezeichnet er als vernichtend. So fuhr das Vohenstraußer Krankenhaus 2018 ein Defizit von 663 000 Euro ein. Tendenz steigend.

Im Gutachten, das Oberpfalz-Medien vorliegt, heißt es: "Die schlechte Lage am Standort Vohenstrauß zwingt zum Handeln. Inzwischen spielt [das Krankenhaus Vohenstrauß] in der stationären Versorgung der Bevölkerung nur noch eine sehr untergeordnete Rolle." Es offenbart zudem, dass die Kliniken AG bereits länger überlegt, die vollstationäre Versorgung zu beenden. Ein Weiterbetrieb sei "bei den gegebenen Kennzahlen so gut wie nicht vertretbar".

Bald Gesundheitszentrum?

Die Kennzahlen sehen laut des Urteils der Unternehmensberatung aus Bayreuth wie folgt aus: 2018 hat Vohenstrauß mit jedem vollstationärem Fall im Schnitt rund 560 Euro Miese gemacht. 1184 dieser Fälle verbuchte das Krankenhaus. Macht unterm Strich das genannte Defizit von 663 000 Euro.

Zugleich setzt sich das Papier mit der Umwandlung des Standorts in ein Intersektorales Gesundheitszentrum, kurz IGZ, auseinander. Dabei handelt es sich um einen Modellversuch mit Fördersummen. Diese Umwandlung in ein IGZ könnte laut Businessplan weiterhin die wohnortnahe Versorgung der Bürger im Altlandkreis bieten, Ärzte aufs Land locken, weil sie sich nicht selbstständig machen müssen und trotz des Personal-, Materials- und Mietaufwands bei einer bestimmten Patientenzahl "eine schwarze beziehungsweise leicht rote Null schreiben".

Für diese Umwandlung, die eine Schließung des Vohenstraußer Hauses mit aktuell 17,7 Vollzeitstellen verhindere, wirbt nun Vohenstrauß' Bürgermeister. Doch auch der Standort Waldsassen, der bereits zum 1. Juli 2019 seinen akutstationären Bereich schließen musste, hofft auf ein IGZ. Das Problem: Bayernweit sind nur drei Häuser für den Versuch vorgesehen. Da drängt sich die Frage auf, wie wahrscheinlich es ist, dass gleich zwei Einrichtungen der Kliniken AG zum Zug kommen.

Früher dran als Waldsassen

"Derzeit laufen viele Gespräche für alternative medizinische Versorgungskonzepte für beide Standorte", teilt die Kliniken AG auf Nachfrage wortkarg mit Verweis auf ein "schwebendes Verfahren" mit. Neustadts Landrat Andreas Meier zeigt sich derweil optimistisch. Er sieht die Zukunft Vohenstrauß' in einem IGZ mit telemedizinischer Anbindung, womöglich in der Kombination mit einer Tages- und Kurzzeitpflege: "Das Konzept für ein IGZ in Vohenstrauß ist soweit finalisiert." Es sei schon länger in Arbeit. "Noch bevor Waldsassen Interesse angemeldet hat."

Start 2020 möglich

Aktuell werde für Vohenstrauß die Finanzierung über die Kostenträger festgeklopft. Diverse Gespräche liefen zudem zwischen Kliniken-Vorstand, Ministerium und Krankenkassen. Letztere geben wohl ihre Zustimmung. Seitens des AOK-Direktionsbeirats Weiden heißt es: "Ein Festhalten am Standort Vohenstrauß wird nach überwiegender Mehrheit des Beirats schwierig sein." Zumal Bürger im Krankheitsfall bevorzugt andere Standorte aufsuchten. Die Arbeit als Gesundheitszentrum "könnte eine mögliche Option für das Krankenhaus in Vohenstrauß sein".

Landrat Meier weiß, das Gesundheitszentrum "steht und fällt auch mit der Bereitschaft der niedergelassenen Ärzte im IGZ eingebunden zu werden". Es gebe aber positive Signale. Mit Blick auf die Konkurrenz im Stiftland sagt Meier: "Ob Waldsassen hier ebenfalls tatsächlich so tragfähig ist, kann und will ich nicht beurteilen." Klappe aber in Vohenstrauß alles, rechnet Meier "mit der endgültigen Genehmigung und damit den Startschuss für das IGZ-Vohenstrauß in der ersten Jahreshälfte 2020".

Hintergrund:

Insolvenz der Kliniken AG noch nicht vom Tisch: Kredit wackelt weiter

Aktuell kämpft die ganze Kliniken Nordoberpfalz AG ums Überleben. Bis Jahresende fährt sie nach ersten Hochrechnungen mindestens 3,5 Millionen Euro Defizit ein. Statt mit einer Bürgschaft sollen die drei Träger des Krankenhausverbundes die AG mit einem Darlehen unterstützen. Andernfalls droht die Insolvenz. Es geht um einen 50-Millionen-Euro-Kredit. Weiden hat zugestimmt, den Unternehmensanteilen entsprechend 25,5 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen, der Landkreis Neustadt ist mit 750 000 Euro dabei. Der Landkreis Tirschenreuth will 23,75 Millionen Euro nur unter bestimmten Voraussetzungen einbringen. Seither wackelt der Kredit.

Inwiefern dies oder die Zukunft der Häuser in Vohenstrauß und Waldsassen Themen der Aufsichtsratssitzung am Dienstag waren, ist unklar. Vorstand Josef Götz will sich mit Verweis auf die Nicht-Öffentlichkeit der Sitzung nicht äußern.

Fest steht aber, Weiden und Neustadt lassen den Tirschenreuther Bedingungskatalog rechtlich prüfen. Das Ergebnis? "Unsere beauftragten Medizinrechtler sehen die Beschlusslage in Tirschenreuth als äußerst kritisch an", sagt Landrat Andreas Meier. Mit den Auflagen - eine andere Aufteilung der nicht gedeckten Kosten oder eine gleichwertige Entwicklung der Kliniken - würde unmittelbar in die Rechte Dritter eingegriffen. So erhalte zwar die Kliniken AG den Kredit, die Auflagen gelten aber den Trägern. "Somit steht ein dickes Fragezeichen hinter der rechtlichen Zulässigkeit des Tirschenreuther Beschlusses generell."

Die Folge: Der Kreistag in Neustadt beruft für den 14. Oktober eine Sondersitzung zum Thema Kliniken-Kredit ein. Neustadt jedenfalls steht laut Landrat Meier "nach wie vor zu seinen Pflichten, den Kliniken und vor allem deren Personal und den Menschen in der Region gegenüber". Es arbeiten knapp 3000 Menschen bei der Kliniken Nordoberpfalz AG.

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