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Streikende Pflegekräfte in Berlin und der Chef der Charité, der Pharmakologe Heyo Kroemer.

© imago/Future Image; imago /Mike Schmidt; Montage: Tsp

Update

Charité-Chef bietet Spitzengespräch an: Berlins Abgeordnetenhaus debattiert über „nachvollziehbaren“ Streik der Pflegekräfte

Die CDU fordert Senat auf, für bessere Arbeitsbedingungen in Vivantes-Kliniken und Charité zu sorgen. Rot-Rot-Grün verweist auf Verantwortung des Bundes.

An diesem Donnerstag protestieren Pflegekräfte in der Nähe des Berliner Abgeordnetenhauses – während sich die Parlamentarier dort mit zwei Anträgen zum Streik an Charité und Vivantes-Kliniken befassen. Die CDU-Fraktion schreibt in ihrem Entschließungsantrag, der rot-rot-grüne Senat sei für die beiden landeseigenen Klinikketten verantwortlich. Er sei aufgefordert, „für bessere Arbeitsbedingungen“ zu sorgen. Nur so werde der „in der Sache nachvollziehbare“ Streik beendet.

Auch die Koalitionsfraktionen von SPD, Linke und Grüne schreiben in einem Antrag, man möge beschließen, dass das Abgeordnetenhaus die nachvollziehbaren „Forderungen der Beschäftigten“ unterstützt. Zugleich, was rechtlich korrekt ist, schreiben die drei Fraktionen: Der Bund regele die Personalfinanzierung, die „in den Grundsätzen nicht vom Land Berlin verändert werden kann“.

Auf die Bundesregelungen, wonach Kliniken pro Diagnose von den Krankenkassen bezahlt werden, hatten auch Charité-Chef Heyo Kroemer und Vivantes-Vorstand Johannes Danckert hingewiesen. Danckert forderte vor dem Streik eine "Komplettreform des Gesundheitswesens".

Die Pflegekräfte in den Vivantes-Kliniken und der ebenfalls landeseigenen Charité streiken noch mindestens bis zum Wochenende voll – dann sei Verdi bereit, den Arbeitskampf einzuschränken, wenn es neue Arbeitgeber-Angebote gibt. Das sagte die Verhandlungsführerin der Gewerkschaft, Meike Jäger. Erstmals bietet zudem Charité-Vorstandschef Kroemer für Samstag ein Treffen mit Verdi an.

Die Streikenden fordern eine einklagbare Personalquote – letztlich für jede der 200 Stationen. Der Vorstand der Universitätsklinik bietet 15 Personalschlüssel, die Stationen würden so nach Fachbereichen sortiert. Verdi fordert für einen „Entlastungstarifvertrag“ für Schichten mit massiver Personalnot einen Freizeitausgleich; die Charité bietet dazu vor allem Geldzuschläge.

"Überzogene Notdienst-Anweisungen" auf den Stationen?

In den Vivantes-Kliniken geht es neben dem geforderten Pflegeschlüssel um höhere Löhne für Reinigungs- und Küchenpersonal in den Tochterfirmen. Dort setze man den Streik am Wochenende aus, teilte Verdi mit, um wieder zu verhandeln. Der Gewerkschaft zufolge streiken an der Charité 450 von 4700 Pflegekräften, 250 der 3000 Betten seien gesperrt. Bei Vivantes beteiligen sich demnach 800 von 4900 Pflegekräften, 700 von 5700 Betten seien gesperrt.

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Es würden, berichteten Verdi-Aktive, mehr Beschäftigte streiken, seien aber durch „überzogene Notdienst-Anweisungen“ auf den Stationen gebunden. Anneliese Pötzsch, Intensivpflegerin in der Vivantes-Klinik Neukölln, sagte am Mittwoch: „Meine Station läuft fast genauso wie vor dem Streik.“ Die bundesweit geltende Quote von einer Intensiv-Pflegekraft für zwei Patienten würde ständig unterlaufen, oft versorge ein Beschäftigter drei oder vier Fälle.

Vivantes-Pfleger spricht von „Kampagne“ der Klinikmanager

Der Vorstand habe den Streikenden mit „Regressforderungen“ gedroht, berichtete Thomas Pottgießer aus dem Kreuzberger Urban-Krankenhaus, falls Patienten zu Schaden kämen. Der Pfleger, der in der für solche Fragen zuständigen Verdi-Vivantes-Clearingstelle sitzt, sprach von einer „Kampagne“ der Klinikmanager.

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Der Vivantes-Vorstand weist das zurück. Er hatte den Präsidenten der Ärztekammer Berlin gebeten, in solchen Fällen zu vermitteln: Peter Bobbert soll also bei der medizinischen Einschätzung zu möglichen Notfall-Patienten helfen, nicht in den Tariffragen.

Verdi hatte am Donnerstag letzter Woche zu einem unbefristeten Ausstand aufgerufen. Zuvor gab es zahlreiche Warnstreiks und ein im Mai verkündetes 100-Tage-Ultimatum.

In der rot-rot-grünen Koalition wurde zwar über die Lage in den landeseigenen Krankenhäusern gesprochen. Bis heute aber haben die zuständigen Senatoren den Vorständen von Charité und Vivantes aber zu keinem Vorgehen geraten, finanzielle Zusagen wurden nicht gemacht.

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