Die Bundesärztekammer hält die Krankenhäuser in Deutschland nicht für ausreichend auf das neuartige Coronavirus vorbreitet. Optimal für Patienten mit diesem Virus seien Einzelzimmer mit Vorschleusen, von denen es aber nicht mehr sehr viele gebe, sagte die Pandemiebeauftragte der Kammer, Susanne Johna, der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Zahl dieser Zimmer sei im vergangenen Jahrzehnt aus Kostengründen reduziert worden.

Johna sagte, dass bei dringendem Behandlungsbedarf sogenannte Einzelboxen auf Intensivstationen benötigt würden, um die Übertragungsgefahr zu minimieren. Auch davon gebe es aus Kostengründen zu wenige.

Die Hygieneexpertin, die auch Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ist, bezeichnete das neue Virus aus China als Weckruf. Nicht nur bei der Krankenhausausstattung gebe es Nachholbedarf. Auch der öffentliche Gesundheitsdienst sei vielerorts "massiv unterbesetzt". Es mangele an Ärzten und Fachpersonal.

Fünfter Infektionsfall in Deutschland

Johna warnte jedoch vor Panik. Zwar müsse das neue Virus ernst genommen werden, "weil wir noch lange nicht alles darüber wissen". Eine aktuelle Bedrohung gebe es aber nicht. Die Gefahr durch eine normale Grippe sei viel höher. An Influenza seien in Deutschland in diesem Winter schon etwa 40 Menschen gestorben. Doch sei die Grippe bekannt "und wird deswegen nicht so ernst genommen wie ein neuer Erreger mit vielen Unbekannten".

In Deutschland war am Donnerstagabend ein fünfter Fall der Ansteckung mit dem neuen Virus bestätigt worden. Wie bei den anderen vier deutschen Fällen handelt es sich um einen Mitarbeiter des im oberbayerischen Starnberg angesiedelten Automobilzulieferers Webasto, wie das bayerische Gesundheitsministerium mitteilte.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) betonte, dass Deutschland gut auf das Virus vorbereitet sei. In einem Interview mit dem Magazin Focus sagte er, die Bundesregierung habe Maßnahmen ergriffen, um Verdachtsfälle früh zu erkennen und damit die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Spahn sagte, dass er die neuartige Atemwegserkrankung nicht für einen Notstand in Deutschland halte: "Wir sind sehr wachsam. Aber gelassen."

In China stiegen Infektionen und Todesfälle durch das Coronavirus weiter an. Die Zahl der Patienten wuchs um 1.981 auf nun 9.692, wie die Gesundheitskommission in Peking berichtete. Die Zahl der Toten stieg um 42 auf 213. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte zuvor die Ausbreitung des Virus zu einer "gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite" erklärt. Die 190 Mitgliedsländer werden damit von der WHO empfohlene Krisenmaßnahmen untereinander koordinieren.

Wegen des Virus erließ das US-Außenministerium eine Reisewarnung für ganz China. Das Auswärtige Amt in Berlin warnte zunächst vor Reisen in die am stärksten betroffene Provinz Hubei, empfahl aber in einer Teilreisewarnung, nicht notwendige Reisen nach China "nach Möglichkeit" zu verschieben.