Weiden in der Oberpfalz
03.03.2023 - 15:51 Uhr
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Jetzt sind auch die Ärztin und der Pfleger krank: Kliniken Nordoberpfalz AG legt fast 120 Betten still

Pflegekräfte sind Mangelware. So weit, so bekannt. Dramatisch wird es aber, wenn beim Personal auch noch der Krankenstand durch die Decke geht. Dann muss die Klinken AG Betten sperren. Darunter leiden derzeit Weiden und Tirschenreuth.

So sieht es am Klinikum Weiden aus, wenn es läuft. Hier umsorgen zwei Schwestern das Bett einer Patientin. Zurzeit sind Pflegekräfte in allen Abteilungen aber ganz anders eingespannt, sofern sie gesund sind.

"Schauen Sie sich nur mal in der Fußgängerzone um", sagt Michael Hoffmann. "Jeder niest und schnieft." Der Vorstandschef der Kliniken Nordoberpfalz AG hat im Augenblick nur das Haus in Kemnath im Normalbetrieb. In Weiden sind derzeit zwischen 60 und 70 Betten gesperrt, am Standort Tirschenreuth sind es 50. Zudem ist hier wie dort jeweils eine Station vorübergehend geschlossen.

"Ohne Langzeitkranke haben wir einen Krankenstand von zehn Prozent bei Schwestern und Pflegern", erklärt Kliniken-Sprecher Michael Reindl. Jeder niest und schnieft: Die Welle der Coronainfektionen und Erkältungen, die einfach nicht vergehen wollen, reißt die Belegschaft der Krankenhäuser in der Nordoberpfalz voll mit. "Und die, die noch gesund sind und das alles auffangen müssen, können dann auch irgendwann nicht mehr und fallen aus", stöhnt Hoffmann. Da sei es auch kein Trost, dass es in vielen Spitälern Deutschlands ähnlich zugehe.

Passau ähnlich betroffen

Zumindest was den Freistaat angeht, mag Eduard Fuchshuber von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft nicht flächendeckend von Notstand sprechen. Allerdings habe etwa Passau zurzeit die gleichen Sorgen wie die Nordoberpfalz. Hoffmann hat auch Klagen aus Regensburg gehört.

Absolute Zahlen, wie viele Ärztinnen, Ärzte und Schwestern derzeit zu Hause das Bett hüten, hat die Kliniken AG nicht. Eine Erklärung, was die Lage so prekär macht, liefert aber Covid.

Stand Freitag liegen in Weiden 38 Corona-Patienten und in Tirschenreuth 16, in beiden Städten ist einer ein Fall für die Intensivstation. Diese Erkrankten, die oft nicht ursächlich wegen Covid eingeliefert wurden, müssen isoliert werden und binden somit Personal.

Das ist weit weniger kritisch als in den Pandemiejahren 2020/21. Der bayernweite Vergleich zeigt aber auf erschreckende Weise, wie sich die Situation in wenigen Wochen verschärft hat. Fuchshuber verweist auf das Ivena-System. Dabei handelt es sich um ein Onlineportal, in das Kliniken ihre noch vorhandenen Kapazitäten eintragen.

"Da sieht man, dass Corona in den letzten zwei, drei Wochen wieder angezogen hat", erläutert Fuchshuber. Ende 2022 seien die Covid-Zahlen deutlich zurückgegangen, Mitte Januar lagen in den Häusern zwischen Hof und Garmisch 1600 mit Corona infizierte Patienten. Dienstag vergangener Woche sind über Ivena 3550 gemeldet. "Es hat sich also in kurzer Zeit mehr als verdoppelt." Mehr infizierte Patienten führen auch zu mehr Ansteckungen bei Pflegekräften und Medizinern.

Maskenpflicht für Besucher

Was kann man dagegen tun, außer auf besseres Wetter mit weniger Viren zu hoffen? "Wir empfehlen unserem Personal weiterhin, FFP2-Masken zu tragen", sagt Michael Reindl. In besonders vulnerablen Abteilungen wie Notaufnahme, Intensivstation oder bei isolierten Covid-Patienten gelte die Maskenpflicht ohnehin weiter. Ebenso wie für Besucher, auch wenn nicht wenige meinten, mit dem offiziellen Wegfall aller Corona-Einschränkungen in Bayern sei ein Gang ans Krankenbett ohne Mund-Nase-Schutz möglich. "Es sind weiterhin die Infektionsschutzmaßnahmen in Kraft", betont Reindl.

Er erläutert, dass die Mindestbesetzung auf den Stationen durch die Bettensperrungen gewährleistet sei. Ferner könnten dringende Fälle jederzeit aufgenommen werden. Dafür sei die Notaufnahme schließlich da. Wer aber nur niest und schnieft, soll sich tunlichst an eine Bereitschaftspraxis wenden.

Hintergrund:

Mindestpersonalgrenzen in der Krankenpflege

  • Untergrenzen werden als maximale Anzahl von Patienten pro Pflegekraft festgelegt. Dabei wird zwischen Tag- und Nachtschichten unterschieden.
  • Krankenhäuser, die dagegen verstoßen, müssen Vergütungsabschläge in Kauf nehmen
  • Laut Bundesgesundheitsministerium gilt die Regelung in folgenden Bereichen: Intensivmedizin, Geriatrie, Chirurgie, Innere Medizin und Kardiologie, Neurologie, Pädiatrie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Rheumatologie, Urologie
  • Beispiel Intensivmedizin: Tagschicht 2 Patienten pro Pflegekraft; Nachtschicht 3 Patienten pro Pflegekraft
  • Beispiel Urologie: Tagschicht 10 Patienten pro Pflegekraft, Nachtschicht 22 Patienten pro Pflegekraft
  • Quelle: Bundesgesundheitsministerium
 
 

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