Hilpoltstein
Pflegekräfte werden zur Mangelware

Rother Klinik muss sich jeden Tag aufs Neue anstrengen, um genügend Personal zu finden

23.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:17 Uhr
Die Rother Kreisklinik versucht nach Kräften, immer genügend Pflegepersonal auf den einzelnen Stationen zu haben. So wie hier auf der Intensivstation, wo sich gerade Melanie Engl (links) und Stationsleiterin Evelyn Lehmeyer um einen Patienten kümmern. −Foto: Bader

Hilpoltstein/Roth (HK) Seit Anfang dieses Jahres gelten die neuen Pflegeuntergrenzen für Krankenhäuser. Sie vermitteln Patienten das Gefühl einer Sicherheit, die sie aber nicht immer leisten können. Was bei dieser neuen Verordnung nämlich nicht verraten wird: Es ist nur für die Hälfte aller deutschen Krankenhäuser bindend.

Selbst die Rother Klinik ist zu klein, um unter diese Regelung zu fallen. Doch ob mit oder ohne gesetzliche Verpflichtung: Für die Rother Einrichtung ist es überlebenswichtig, immer wieder aufs neue Pflegekräften zu suchen.

Die Pflegeuntergrenzen sind auf den ersten Blick eine gute Idee. Hier wird festgelegt, wie viele Pflegekräfte pro Patient immer auf der Station sein müssen. Doch sie gelten nur für die Unfallchirurgie, die Kardiologie, die Akutgeriatrie und die Intensivstation. Wenn ein kleineres Haus diese eigenen Abteilungen nicht hat, greift die Regelung ins Leere. "Wir haben eine Kardiologie, aber sie ist nicht eigenständig, sie gehört zur Inneren Abteilung", erklärt Dieter Debus, Pflegedienstleiter am Rother Krankenhaus. So verhält es sich auch mit der Unfallchirurgie, die ebenfalls nicht eigenständig ist. Eine Akutgeriatrie gibt es in Roth gar nicht, sondern nur eine nur eine geriatrische Rehabilitation. Zwar gibt es eine Intensivstation, aber auch hier gelten die Regelungen nur dann, wenn dort eine hohe Anzahl bestimmter Krankheitsbilder behandelt wird. "Doch auch wenn die neuen Regelungen bei uns nicht greifen, sind wir froh, dass der Gesetzgeber endlich erkennt, dass man mehr für die Pflege tun muss", erklärt Debus.

Seit Anfang dieses Jahres ist es Debus endlich möglich, unabhängig von der Pflegepersonaluntergrenzenverordnung die Zahl der Krankenschwestern und Krankenpfleger leicht hochzufahren. "Im Moment haben wir die Zusicherung der Krankenkassen, dass die Kosten übernommen werden." Und das Rother Krankenhaus will die Chance nutzen und die Zahl des Personals moderat steigern. Eine kräftige Anhebung sei dagegen gefährlich: Bei der derzeitigen Regelung gibt es nämlich keine Sicherheit, dass die Zusage nicht in ein oder zwei Jahren wieder gekippt wird. "Und dann sagt uns die Krankenkasse vielleicht, dass wir wieder deutlich sparen müssen", so Debus.

Deshalb ist hier selbst Guntram Rudolph, der Personalratsvorsitzende des Rother Krankenhauses, skeptisch. Er ist selbst Krankenpfleger und würde sich nichts mehr wünschen, als das die Arbeit seiner Kolleginnen und Kollegen auf mehr Schultern verteilt wird. "Aber wir können jetzt nicht Leute einstellen, bei denen wir nicht wissen, ob wir sie vielleicht schon bald wieder entlassen müssen", sagt er. Die Einstellung befristeter Kräfte sei keine Lösung. "Wir müssten und möchten die Menschen danach übernehmen, können es aber nicht, wenn man uns wieder die Mittel kürzt", sagt er. Abgesehen davon, würde das Krankenhaus kaum Mitarbeiter bekommen, die sich auf eine Befristung einlassen, wenn sie an einem anderen Haus vielleicht eine Festanstellung bekommen.

Die Verhandlungen mit den Krankenkassen seien jedes Jahr aufs Neue schwierig, räumt Debus ein. Allein die Tatsache, dass Mitte des laufenden Jahres über das Budget des ganzen Jahres verhandelt wird, macht es für das Krankenhaus nicht leicht. Verbraucht die Klinik weniger Geld als geplant, muss sie von der Differenz rund zwei Drittel an die Krankenkasse abführen. Verbraucht sie mehr Geld, bleibt sie auf zwei Dritteln der Kosten sitzen. "Das ist die reinste Planwirtschaft, was hier veranstaltet wird", so Guntram Rudolph.

"Im Moment geht es uns noch gut, die Planstellen sind besetzt", sagt Dieter Debus mit Blick auf den aktuellen Stand bei seinem Pflegepersonal. Trotzdem muss er sich jedes Jahr aufs Neue nach der Decke strecken, um den Personalstand zu halten. 209 Vollzeitstellen weist das Rother Krankenhaus aktuell für Krankenschwestern und Krankenpfleger auf. Da einige davon Teilzeit arbeiten, verteilen sich diese allerdings auf 270 Köpfe. 20 davon verlassen jedes Jahr die Rother Klinik. "Die meisten davon sind Mitarbeiter, die in den Ruhestand gehen oder wegen einer Schwangerschaft zu Hause bleiben", sagt Debus. Doch es gebe auch Mitarbeiter, die mit ihrer Familie umziehen und sich deshalb einen neuen Job suchen müssen, oder die einmal in ein anderes Krankenhaus wechseln wollen.

"Durch unsere Berufsfachschule für Krankenpflege bekommen wir jedes Jahr sechs bis acht neue Mitarbeiter", sagt Debus. Die anderen muss er über Stellenausschreibungen finden. "Ja, wir haben immer noch einige Bewerbungen", so der Pflegedienstleiter. "Aber nicht jeder hat die passenden Voraussetzungen." Und die, die zu dem Rother Haus passen, haben oft bestimmte Vorstellungen. "Die einen möchten nur eine bestimmte Stundenzahl arbeiten, die anderen wollen nur in eine bestimmte Abteilung." Wo Debus früher einfach nach der Akte des nächsten Bewerbers gegriffen hätte, versucht er heute eine für beide Seiten gute Lösung zu finden. "Die Leute wissen, dass sie gesucht werden", so Debus. "Wenn wir kein passendes Angebot machen, dann bewerben sie sich eben beim nächsten."

Teilzeitwünsche erfüllt Debus dabei sogar sehr gern. Da es sich dann auf mehr Köpfe verteilt, ist es leichter eine Stelle neu zu besetzten - so zum Beispiel wenn eine Krankenschwester in den Schwangerschaftsurlaub geht, oder eine andere Mitarbeiterin länger krank ist.

Kai Bader