Das Ettenheimer Krankenhaus könnte deutlich früher schließen als bislang angenommen. Künftig könnte es dort eine Reha-Einrichtung für Ältere geben. Foto: Decoux-Kone

Gesundheitswesen: Krankenhaus-Standort von Sparplänen betroffen / Reha-Einrichtung als Nachfolgelösung

Ettenheim/Lahr - Das Ettenheimer Krankenhaus könnte viel früher schließen als bislang geplant. Das geht aus einem Sparprogramm der Klinikleitung hervor. Demnach wäre auch der vorgesehene OP-Neubau hinfällig. Ein Nachfolgekonzept wurde bereits entwickelt.

Kommt Ettenheims Aus also bereits Ende 2021?

Das Ortenau-Klinikum hat ein Konzept entwickelt, mit dem das Defizit der Kreis-Krankenhäuser in den kommenden Jahren reduziert werden soll – "Handlungsoptionen zur Stärkung der wirtschaftlichen Situation", so der offizielle Titel. Das Papier, das im Auftrag des Kreistags entstand, liegt der LZ vor. Es wird am kommenden Dienstag nicht-öffentlich im Krankenhausausschuss beraten. Ein zentraler Punkt auf der Streichliste: der Standort Ettenheim.

Klar war bislang: Im Rahmen der beschlossenen Klinikreform (Agenda) machen bis 2030 drei von sieben Ortenauer Krankenhäuser dicht. Dass in Oberkirch schneller die Lichter ausgehen, wohl noch in diesem Jahr, ist bekannt.

An den anderen beiden betroffenen Standorten herrscht Unsicherheit. Jetzt etwas weniger: Während der aktuellen Vorlage der Klinik-Geschäftsführung zufolge Kehls Betten vorerst nicht verzichtbar sind, wird in Ettenheim der Rotstift angesetzt. So rechnet die Klinik-Leitung vor, dass mit einer vorzeitigen Schließung des Hauses in der südlichen Ortenau in den kommenden acht Jahren gut 24 Millionen Euro eingespart werden könnten – rund drei Millionen jährlich.

Kommt Ettenheims Aus also bereits Ende 2021? Unwahrscheinlich. Denn in der Ausschuss-Sitzung soll auch schon ein Konzept zur Nachfolgenutzung des Krankenhauses vorgestellt werden. Die Kreisverwaltung schlägt die Einrichtung einer "geriatrischen Rehabilitation" vor, also eine spezielle Reha-Klinik für Ältere.

Dazu sollen Gespräche mit möglichen Betreibern geführt oder – falls diese nicht zum Erfolg führen – eine Umsetzung in Eigenregie geplant werden. Jedenfalls sei ein An- oder Umbau in Ettenheim nötig, um Platz für 60 Reha-Betten zu schaffen, schreibt die Kreisverwaltung.

Nach "ersten, groben Schätzungen" lägen die Investitionskosten bei rund acht bis zehn Millionen Euro. Ein Vorhaben, das wohl nicht bis Ende dieses Jahres zu realisieren ist, mit dem man aber sicher auch nicht bis 2030 warten wird.

Für eine frühzeitige Schließung Ettenheims spricht überdies, dass der bereits beschlossene OP-Neubau auf Vorschlag der Kreisspitze gekippt werden soll. Grund: der Weggang von Chefärztin Charlotte Hase kommenden September (wir berichteten). Der neue Operationssaal wäre zu 90 Prozent von der Fußchirurgin genutzt worden, heißt es in der Vorlage. Mit Hases Kündigung, die den Großteil ihres Teams mitnimmt, sei das Vorhaben obsolet.

Defizit von 160 statt 280 Millionen Euro

Fast 4,7 Millionen Euro waren für den OP-Neubau eingeplant, erste Arbeiten wurden bereits vergeben. Stattdessen sollen nun mit einer halben bis einer Million Euro "zwei Eingriffsräume nach zeitgemäßem Standard im Bestand" geschaffen werden. Dort könnten dann künftig ambulante Operationen stattfinden, auch für Lahrer Patienten.

Mit den durch den Wegfall der Fußchirurgie frei werdenden Kapazitäten im Ettenheimer Krankenhaus sollen mittelfristig die anderen Bereiche gestärkt werden. Für die Innere Medizin könnten 40 bis 50, für die Schmerztherapie 16 statt bislang acht Betten zur Verfügung stehen. Zudem soll das Leistungsspektrum um den Bereich Suchtmedizin erweitert werden.

Der gesamte Ortenauer Klinikverbund würde mit dem Status quo bis 2030 ein Minus von 280 Millionen Euro schreiben, prognostiziert die Geschäftsführung. Mit allen vorgeschlagenen Maßnahmen könne das Minus um 120 Millionen Euro reduziert werden. Laut dem Sparplan der Klinik-Leitung müssen auch die verbleibenden Standorte Offenburg, Lahr, Achern und Wolfach Abstriche machen.

Der Klinik-Ausschuss beschäftigt sich in seiner Sitzung am 23. Februar auch mit der Änderung der Rechtsform des Klinikums. Laut den vorliegenden Dokumenten, würden sich die Entscheidungsprozesse deutlich ändern.

n Kein Eigenbetrieb mehr: Das Ortenau-Klinikum soll laut Beschlussvorlage der Kreisverwaltung von der eines Eigenbetriebs in eine "Anstalt des öffentlichen Rechts" umgewandelt – und so eine "größere Handlungsfreiheit" geschaffen – werden.

n Neuer Verwaltungsrat: Zwar blieben auch bei einer "Kommunalanstalt" Ausschuss und Kreistag die "höchste politische Ebene für grundlegende, wesentliche Entscheidungen". Viele konkrete Aufgaben würde dann aber ein Verwaltungsrat übernehmen. Laut Vorschlag wäre dies beispielsweise die Wahl des Vorstands der Anstalt sowie die Feststellung des Wirtschaftsplans und des Jahresabschlusses – Bereiche, über die bisher Ausschuss respektive Kreistag entschieden.

n Effizienteres Handeln: Um ein "schnelles und effizientes" Handeln zu gewährleisten, soll der Verwaltungsrat neben dem Landrat aus maximal 13 weiteren stimmberechtigten Mitgliedern bestehen, sie sollen auf fünf Jahre aus dem Kreistag heraus gewählt werden, so die Vorlage. Auch eine mögliche Verteilung auf die vertretenen Fraktionen, schlägt das Dokument vor. Die Linke Liste Ortenau wird dabei nicht genannt.

n Weniger Öffentlichkeit: Durch die "Straffung und Verlagerung der politischen Entscheidungsebenen" sei unter anderem "Öffentlichkeit angemessen und sinnvoll regelbar". Es ist die Rede von "weniger politischen Emotionen". Der Verwaltungsrat müsste nur noch beim Erlass von Sitzungen öffentlich tagen. Gleichzeitig bliebe das Ortenau-Klinikum in öffentlicher Trägerschaft.