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Krankenhaus GmbH: Kündigung für knapp 290 Mitarbeiter kurz vor Weihnachten

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Das Schongauer Krankenhaus soll ab 1. März als Ambulanzzentrum genutzt werden.
Das Schongauer Krankenhaus soll ab 1. März als Ambulanzzentrum genutzt werden. © Foto: HH/Archiv

Der Sozialplan für die Mitarbeiter der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH ist fertig. Noch vor Weihnachten sollen rund 290 Mitarbeiter ihre Kündigung erhalten – etwa 220 in Schongau und 70 in Weilheim.

Landkreis – Landrätin Andrea Jochner-Weiß und Krankenhaus-Geschäftsführer Thomas Lippmann stellten gestern im Rahmen einer Pressekonferenz im Landratsamt die Ergebnisse der Verhandlungen zwischen Geschäftsführung und den Betriebsräten der Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH vor.

„Wir werden rund 1000 Arbeitsplätze sichern, dafür sorgen, dass im Landkreis eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung erhalten bleibt“, so Jochner-Weiß. Dennoch müsse man insgesamt 211,7 Vollzeitstellen abbauen. Darauf habe man sich mit dem Betriebsrat geeinigt.

Die Gespräche seien „trotz harter Verhandlungen sehr harmonisch verlaufen“, meinte der Weilheimer Betriebsrat Simon Mooslechner. Die Gewerkschaften seien auf Wunsch der Betriebsräte außen vor geblieben, bestätigte Lippmann auf Nachfrage. Beide Seiten – Geschäftsführung und Betriebsrat – hätten sich anwaltliche Unterstützung für die Verhandlungen gesucht. „Es gab Punkte, auf denen hat man bestanden, dafür an anderer Stelle nachgegeben“, so der Schongauer Betriebsratsvorsitzende Roberto Hänsel.

Vorschlagslisten mit konkreten Namen beim Betriebsrat

Der 1. März 2024 sei der Stichtag, so Geschäftsführer Lippmann. Dann werde es das Krankenhaus Schongau in seiner bisherigen Form nicht mehr geben. Und dann werden auch die Mitarbeiter, die die Kündigung erhalten, nicht mehr zum Dienst erscheinen – unabhängig davon, wie lang ihre Kündigungsfrist tatsächlich ist.

Es sei klar, wie viele Stellen abgebaut werden, so Lippmann. Allerdings sei noch nicht endgültig entschieden, welche Mitarbeiter es betreffen werde. Entsprechende Vorschlagslisten würden jetzt dem Betriebsrat zugehen. Der würde noch einmal genau prüfen, ob die Regelungen des Sozialplanes eingehalten werden, so Hänsel weiter im Rahmen der Pressekonferenz. Am Ende sei es reine Mathematik, versicherte Lippmann: Es gebe Punkte für die Länge der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, familiäre Umstände und mögliche Schwerbehinderungen. Wer die wenigsten Punkte hat, der bekommt die Kündigung. „Wir als Geschäftsführung haben da keinerlei Möglichkeiten zur Einflussnahme“, so Lippmann.

Kündigungen direkt vor Weihnachten „auf Wunsch der Belegschaft“

Wenn die Prüfungen durch den Betriebsrat erfolgt seien, würden die Betroffenen wahrscheinlich am 16./17. Dezember die Kündigungsschreiben im Briefkasten haben, sagte er. Nur wenige Tage vor Weihnachten? Auch das sei der Wunsch der Belegschaft gewesen, die schnell Klarheit wollte – im Guten wie im Schlechten.

In Weilheim sollen 49,5 Vollzeitstellen gestrichen werden. Da nicht jeder der Betroffenen in Vollzeit arbeitet, rechnet Betriebsrat Mooslechner mit 70 bis 80 Kollegen, die ihren Job verlieren werden. Hier betreffen die Entlassungen vor allem die niedrig qualifizierten Kräfte, Verwaltungsmitarbeiter und einige Ärzte, so Lippmann. Examinierte Pflegekräfte würden in Weilheim nicht im Sozialplan stehen.

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„Massive Entlassungen bei examinierten Pflegekräften, Ärzten und Fachärzten“ in Schongau

Das sehe in Schongau ganz anders aus. Dadurch, dass „wir dort ein 24/7-Kreiskrankenhaus in ein völlig neues Konstrukt mit einer ganz anderen Patientenklientel und geringeren Einnahmen umwandeln“, wie es Lippmann beschrieb, gebe es künftig einen ganz anderen Personalbedarf. Konsequenz: Die 162,2 Vollzeitstellen, die in Schongau gestrichen werden, ziehen sich durch alle Bereiche. „Massive Entlassungen im Bereich der examinierten Pflegekräfte, bei den Ärzten und Fachärzten“, kündigte der Geschäftsführer an. Auch hier gilt: Dadurch, dass etliche der Betroffenen in Teilzeit arbeiten, entsprechen die 162,2 Vollzeitstellen de facto rund 220 Menschen, die sich einen neuen Job suchen müssen.

Nachdem in den vergangenen Monaten schon rund 70 Mitarbeiter gegangen seien, wie Lippmann berichtet, verliert die Krankenhaus GmbH damit fast ein Viertel ihrer Belegschaft. Das werde man merken, auch wenn die verbliebenen Mitarbeiter alles geben, so der Geschäftsführer.

Kreistag soll Investitionsmittel für Umbauarbeiten freigeben

Er und Tanja Nowotny vom Gesamtbetriebsrat kritisierten scharf die Gesundheitspolitik, „die uns in diese Lage gebracht hat“, so Nowotny. Lippmann verwies darauf, dass es nur dem weitreichenden Rettungsbeschluss des Kreistags zu verdanken sei, dass die Krankenhaus GmbH nicht die 34. in der Reihe der Krankenhäuser sei, die in diesem Jahr Insolvenz anmelden mussten.

Die Krankenhaus GmbH und ihre Mitarbeiter seien in Vorleistung gegangen, um die Forderung des Kreistags, den Zuschussbedarf dauerhaft auf acht Millionen Euro zu senken, umsetzen zu können, meinte der Geschäftsführer. Nun sei es am Kreistag, auch das seinige dazu zu tun, die GmbH zukunftsfähig aufzustellen. Lippmann spielte dabei auf den Investitionsbedarf von rund 45 Millionen Euro an, um die beiden Häuser in Weilheim und Schongau baulich an ihre neuen Aufgaben anzupassen. Weilheim als Schwerpunktversorger mit einem breiten medizinischen Angebot, Schongau als künftiges Ambulanzzentrum. „Wir hoffen, dass es mit diesem extrem schmerzhaften Beschluss des Sozialplanes enden kann“, so Lippmann. Aber Garantien könne in diesen Zeiten niemand mehr geben.

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So geht es in Schongau weiter

Voraussetzung für den Sozialplan war laut Krankenhaus-Geschäftsführer Thomas Lippmann, dass ein konkreter Termin für die Umsetzung des Zukunftskonzeptes festgelegt wurde. Man habe daraufhin beschlossen, dass das heutige Schongauer Krankenhaus zum 1. März zum Ambulanzzentrum werden soll.

Das hat weitreichende Auswirkungen. Ab dann werde es in Schongau nur noch eine Bettenstation mit 40 Betten geben, die interdisziplinär arbeiten soll. Lippmann nannte als Beispiel Patienten, die nach einem eigentlich ambulanten Eingriff für eine gewisse Zeit stationär betreut werden müssen. Die Altersmedizin soll erhalten bleiben, die Schmerztherapie, eine Notfallversorgung – mit welchem Zuschnitt, muss der Kreistag noch entscheiden. Dazu ambulante OPs, „möglichst viele Facharztpraxen, ein hoffentlich großes Medizinisches Versorgungszentrum und Belegärzte, die sich in Schongau einmieten, sind herzlich willkommen“, so Lippmann. Es liege an den Medizinern und den Bürgern, ob das Konzept aufgehe. Die Signale, die er bislang empfange, seien positiv. „Es gibt da etliche Ärzte, die haben richtig Lust auf das neue Modell“, so der Geschäftsführer im Rahmen der Pressekonferenz im Landratsamt.

Alle anderen Abteilungen – darunter auch die Intensivstation, die Notaufnahme, die Weaning-Station und die Hauptabteilung Gynäkologie – werden geschlossen. Spätestens zum 29. Februar, im Falle der Gynäkologie schon zum Jahresende. Werden dadurch bereits Tatsachen geschaffen, die die Etablierung einer möglichen hebammengeführten Geburtshilfe von vornherein ausschließen? Lippmann beruhigt: „Da rückt nicht gleich am 1. März der Bagger an und reißt den Kreißsaal ab.“
Ab dem 1. März werden dann auch nur noch die Mitarbeiter der Krankenhaus GmbH arbeiten, die dauerhaft bleiben soll. Alle, die über den Sozialplan entlassen werden, bekommen eine Abfindung und werden freigestellt.

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