Arzt betrachtet Röntgenaufnahmen(16.6.2022) Eine Berufs-Ausübungsgemseinchaft von Ärzten (BAG) kann - anders als ein MVZ oder eine Klinik oder einzelne Ärzte - nicht an der Ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) teilnehmen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 8. April 2022 – L 12 KR 546/21).

Der Fall: 

Die ASV ist ein neuer Leistungssektor der gesetzlichen Krankenversicherung, der angesiedelt ist zwischen der ambulanten und der stationären Versorgung. In den ASV-Teams arbeiten Klinikärzte und niedergelassene Ärzte integriert zusammen bei der Versorgung komplexer Fälle. Durch die ASV soll die Konkurrenzsituation zwischen niedergelassenen Ärzten und den Kliniken entschärft werden. Die ASV-Leistungen werden außerbudgetär vergütet. 

Im vorliegenden Fall beantragte eine ärztliche Berufsausübungsgemeinschaft aus Radiologen an der ASV im Bereich "Diagnostik und Behandlung von erwachsenen Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen" teilzunehmen. Der Zulassungsauschuss der zuständigen KV lehnte dies ab. Denn an der ASV könnten nur MVZ, Kliniken und einzelne benannte Ärzte teilnehmen.

Der dagegen gerichtete Widerspruch der klagenden BAG war ebenso erfolglos wie die Klage beim Sozialgericht. Die BAG legte deshalb Berufung zum Landessozialgericht ein. 

Die Entscheidung:

Das LSG wies die Klage der Berufsausübungsgemeinschaft als unbegründet ab. 

Denn eine BAG sei mangels entsprechendem Zulassungsstatus nicht teilnahmeberechtigt an der ASV gemäß § 116b Abs. 2 SGB V. Denn Leistungserbringer der ASV könnten nur solche sein, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnähmen - dies seien MVZ, niedergelassene Ärzte, ermächtigte Krankenhausärzte und zugelassene Krankenhäuser. Berufsausübungsgemeinschaften gehörten dagegen nicht zu diesem Kreis der Leistungserbringer, denn die BAG ist ein Zusammenschluss aus Ärzten. Die BAG dagegen besitzt selbst keine Zulassung, vielmehr besitzen nur die einzelnen Ärzte der BAG jeweils Zulassungen. 

Praxisanmerkung:

In den ASV-Teams sollen integrierte Behandlungsteams aus Fachleuten mit besonderen Kompetenzen tätig werden. Diese Teams bestehen aus einem Teamleiter, einem Kernteam und weiteren hinzuzuziehenden Fachgebieten (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ASV-RL). Dabei sind im Kernteam die Fachgebiete vertreten, die beim jeweiligen Krankheitsgebiet am häufigsten benötigt werden. Für die Antragstellung müssen alle notwendigen Fachgebiete gegenüber dem eLA benannt werden, da nur dann das ASV-Team „zugelassen“ wird. Mit der „Zulassung“ (bzw. der Tätigkeitsaufnahme) wird jedes Teammitglied berechtigt, im Rahmen der ASV Patienten zu behandeln (und die Leistungen jeweils eigenständig abzurechnen). (Makoski, jurisPR-MedizinR 2/2022 Anm. 6). In einer BAG dagegen wechselt der Personalbestand der Ärzte - Ärzte treten in die BAG ein, andere treten aus. Nähme eine BAG an der ASV teil, wäre unklar, welcher Arzt denn nun verantwortlich ist. Insofern ist die Entscheidung des Bayerischen LSG nachvollziehbar. 

Das LSG hat die Revision zugelassen, möglicherweise wird sich also auch noch das Bundessozialgericht zu der Frage äußern, ob auch eine BAG an der ASV teilnehmen kann. 

Die Entscheidung des Bayerischen LSG im Volltext:

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 05.10.2021, S 28 KR 499/21, wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin im Rahmen einer Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) (Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen - Erwachsene -) als Berufsausübungsgemeinschaft institutionell benannt werden kann.

Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist eine in A ansässige örtliche Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), bestehend aus mehreren Radiologen sowie u.a. dem Facharzt für Nuklearmedizin, S.

Der Beklagte stellte am 07.04.2020 fest, dass das interdisziplinäre ASV-​Team Rheuma Erwachsene Rheumatologie W ab 11.03.2020 nachgewiesen habe, dass es die Voraussetzungen für die Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung erfülle. Mit Schreiben vom 14.04.2020 teilte der Beklagte S mit, dass er ab diesem Zeitpunkt gemäß § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V berechtigt sei, im Rahmen dieses ASV-​Teams als hinzuzuziehender Facharzt für Nuklearmedizin Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erbringen. Das Schreiben enthielt darüber hinaus u.a. Hinweise zum Behandlungsumfang und zu den vorgelegten Nachweisen zur fachlichen Befähigung und der apparativen Ausstattung der Praxis.

Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 19.06.2020 bei dem Beklagten die institutionelle Benennung der Klägerin für das ASV-​Team W, wobei der bereits namentlich benannte S insoweit verantwortlicher Arzt der Klägerin sei.

Der Beklagte stellte mit Negativmitteilung vom 29.07.2020 fest, dass die Klägerin mit S als verantwortlichem Arzt nicht berechtigt sei, im Rahmen des ASV-​Teams "Rheuma Erwachsene Rheumatologie W" Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erbringen. Nach der ASV-​Richtlinie (ASV-​RL), § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5, seien die Teamleitung und die übrigen Mitglieder des Kernteams namentlich zu benennen. Für hinzuzuziehende Fachärztinnen und Fachärzte sei auch eine institutionelle Benennung als Beleg ausreichend. Die Frage, ob eine BAG institutionell benannt werden könne, sei in der ASV-​Richtlinie nicht klar und eindeutig geregelt. Bei der Auslegung untergesetzlicher Normen - wie der ASV-​Richtlinie - sei aber zu beachten, dass diese im Lichte höherrangigen Rechts interpretiert werden müssten (gesetzeskonforme Auslegung). ASV-​Berechtigte könnten nur "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser" sein. Die BAG sei als solche nicht ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer im Sinne des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V und § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Eine BAG könne deshalb auch nicht institutionell benannt werden. Lediglich die einzelnen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer (zugelassene Ärzte, zugelassene Medizinische Versorgungszentren - MVZ -), die als Mehrheit von Personen/Institutionen eine BAG bildeten, könnten namentlich oder institutionell benannt werden. Es komme nicht darauf an, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-​BA) als Beispiel für die Benennung einer Institution neben einem MVZ und einem Krankenhaus in den tragenden Gründen zum Beschluss vom 21.03.2013 auch eine BAG aufführe. Bei diesen Gründen handele es sich lediglich um eine unverbindliche Auslegungshilfe. Die ASV-​Berechtigung (Positivmitteilung vom 14.04.2020) des S als zugelassener Vertragsarzt bleibe hiervon unberührt.

Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein und trug vor, für eine unterschiedliche Behandlung von MVZ und BAG bestehe kein sachlicher Grund. Eine BAG sei ebenso wie ein MVZ ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer im Sinne von § 116b Abs. 2 SGB V. In den tragenden Gründen zum Beschluss der ASV-​Richtlinie habe der G-​BA hinsichtlich der institutionellen Benennung neben dem MVZ und einem Krankenhaus ausdrücklich die BAG genannt und als "Institution" bezeichnet.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.03.2021 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Das MVZ habe anders als die BAG vertragsarztrechtlich einen eigenständigen Zulassungsstatus. Die BAG sei lediglich eine Mehrheit von zugelassenen Leistungserbringern, deren gemeinsame Ausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit einer Genehmigung der Zulassungsgremien bedürfe. Dieser unterschiedliche vertragsarztrechtliche Zulassungsstatus der Ärztinnen und Ärzte, die einerseits in einem MVZ, andererseits in einer BAG tätig seien, sei auch der hinreichend gewichtige, sachliche Differenzierungsgrund, der die unterschiedliche Behandlung von MVZ und BAG im Rahmen der institutionellen Benennung von hinzuzuziehenden Einrichtungen im Anzeigeverfahren der ASV rechtfertige.

Hiergegen richtet sich die Klage vom 06.04.2021 zum Sozialgericht München. Zur Begründung wird weiterhin vorgetragen, eine BAG sei befugt, an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung gem. § 116b Abs. 2 SGB V aufgrund institutioneller Benennung nach § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL teilzunehmen. Für eine unterschiedliche Behandlung eines MVZ und einer BAG bestehe kein sachlicher Grund. Bei einer BAG handele es sich ebenso wie bei einem MVZ um einen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer im Sinne von § 116b Abs. 2 SGB V. Es bleibe unberücksichtigt, dass sowohl bei einer BAG als auch bei einem MVZ alleine die jeweilige Betreibergesellschaft Trägerin von Rechten und Pflichten sei und sich jeweils zum Zweck der Erbringung vertragsärztlicher Leistungen der bei ihr tätigen Vertragsärzte oder angestellten Ärzte bediene, sich also deren vertragsärztliche Zulassung bzw. die vom Zulassungsausschuss erteilte Anstellungsgenehmigung zunutze mache, um auf diese Weise an der vertragsärztlichen Versorgung teilzunehmen und die Leistungen gegenüber der KV abzurechnen. Sowohl die BAG wie auch das MVZ seien deshalb Adressat der (Honorar)bescheide. Beide Einrichtungen hätten zulassungsrechtlich und vertragsarztrechtlich den Status einer "Institution" und würden sich nur in Detailfragen unterscheiden, die für die Teilnahme an der ASV nach § 116b SGB V nicht relevant seien. Weder § 116b Abs. 2 SGB V noch die ASV-​RL stellten explizit auf die in § 95 Abs. 1 SGB V genannten Leistungserbringer im Rahmen der ASV ab. In den tragenden Gründen des G-​BA zum Beschluss vom 21.03.2013 werde die BAG ausdrücklich genannt und als "Institution" bezeichnet. Dagegen werde in § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V grundsätzlich und allgemein nur der Kreis der teilnahmeberechtigten Leistungserbringer umschrieben; die Regelung enthalte aber keine Aussage dahingehend, welche ärztlichen Einrichtungen in welchen Kooperationsformen zur Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung institutionell benannt werden könnten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 05.10.2021 abgewiesen. Es handle sich um eine Streitigkeit des krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrechts, die dem Aufgabengebiet "Aufgaben der Krankenversicherung einschließlich der Krankenversicherung der Landwirte und Studenten" zuzuordnen sei. Eine Zuständigkeit der besonderen Spruchkörper für das Vertragsarztrecht (§ 10 Abs. 2 SGG) bestehe nicht.

Die zulässige Klage sei nicht begründet, denn die Klägerin sei nicht berechtigt, Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung gemäß § 116b Abs. 1 SGB V zu erbringen. Aus diesem Grund sei eine institutionelle Benennung der Klägerin gem. § 2 Abs. 2 Satz 5 der Richtlinie über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V nicht möglich.

Gem. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V seien an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 zugelassene Krankenhäuser berechtigt, Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach Absatz 1 zu erbringen. Eine BAG wie die Klägerin sei jedoch kein gem. § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer und somit auch nicht leistungsberechtigt i.S.d. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V. Eine BAG besitze gerade keinen eigenen Zulassungsstatus, ihr statusrelevanter Bescheid sei vielmehr die Genehmigung nach § 33 Abs. 2 Ärzte-​ZV. Weil eine BAG kein berechtigter Leistungserbringer i.S.d. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V, § 2 Abs. 1 Satz 1 ASV-​RL sei, komme auch eine institutionelle Benennung der Klägerin als BAG gem. § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL nicht in Betracht. Nach § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL sei - anders als für die Teamleitung und das Kernteam - für die hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzte keine namentliche Benennung erforderlich, sondern auch eine institutionelle Benennung als Beleg ausreichend.

Aufgrund der Ausführungen zur Leistungsberechtigung könne die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL nur dahingehend ausgelegt werden, dass es allein bei gem. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V berechtigten institutionellen Leistungserbringern (also MVZ, ermächtigten Einrichtungen und Krankenhäusern) möglich sei, statt der namentlichen Benennung der (bei diesen institutionellen Leistungserbringern angestellten) hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzten eine institutionelle Benennung vorzunehmen. Eine institutionelle Benennung sei hingegen im Fall von Fachärztinnen und Fachärzten einer BAG nicht möglich. Denn andernfalls hätte eine Anzeige mit einer institutionellen Benennung einer BAG - sofern kein Negativbescheid erfolgt - zur Folge, dass die BAG ASV-​Leistungsberechtigte werden würde. Dies wäre mit der Vorschrift des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V (s. auch § 2 Abs. 1 Satz 1 ASV-​RL), die den Kreis der Leistungserbringer regelt, nicht vereinbar. Auf die tragenden Gründe des G-​BA zu seinem Beschluss vom 21.03.2013 komme es nicht an.

Eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung liege nicht vor. Der Kreis der aus der vertragsärztlichen Versorgung stammenden Leistungsberechtigten i.S.d. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V lehne sich an die gesetzgeberische Grundentscheidung des § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V an.

Dagegen hat die Klägerin am 11.11.2021 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben.

Unter Verweis auf das erstinstanzliche Vorbringen ergänzt die Klägerin ihre Argumentation dahingehend, dass § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V gerade keine ausdrückliche Verweisung auf § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V enthalte und es für eine entsprechend enge Auslegung des Gesetzes keinen sachlichen Grund gebe. Es entspreche entgegen der Beurteilung durch das Sozialgericht München dem Sinn und Zweck der Regelung des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V, auch Berufsausübungsgemeinschaften im Wege der institutionellen Benennung zur Teilnahme an der ASV zuzulassen. Die formale Unterscheidung zwischen Zulassungsstatus einer BAG und demjenigen eines MVZ sei irrelevant. Auch in einem MVZ, das ausschließlich mit zugelassenen Vertragsärzten betrieben werde, seien Inhaber der einzelnen vertragsärztlichen Zulassungen die jeweiligen Ärzte, die nach übereinstimmender Auffassung der Zulassungsausschüsse zwingend auch Gesellschafter der MVZ-​Trägergesellschaft sein müssten. Auch wenn dem MVZ rein formal ein eigener Zulassungsstatus zuerkannt werde, ergäbe sich hieraus keine relevante sachliche Unterscheidung zu einer ebenfalls mit zugelassenen Vertragsärzte betriebenen BAG, die ebenso wie das MVZ der Genehmigung durch den Zulassungsausschuss bedürfe, die von den beteiligten Ärzten erbrachten Leistungen gegenüber den kassenärztlichen Vereinigungen abrechne und Adressat des jeweiligen Honorarbescheides sei. Dass für ein MVZ im Gegensatz zu einer BAG durch die Regelung des § 95 Abs. 1 Satz 2 und Absatz 1a SGB V weitergehende Möglichkeiten hinsichtlich der inneren Organisation der Trägergesellschaft bestünden, ändere nichts daran, dass beide Organisationsformen hinsichtlich der Leistungserbringung in der vertragsärztlichen Versorgung als nahezu identisch anzusehen seien, sodass es keine sachliche Rechtfertigung gebe, die BAG als Institution von der Teilnahme an der ASV auszuschließen. Dies entspreche auch der Auffassung des G-​BA, welcher nach § 116b Abs. 4 SGB V in der ASV-​RL ausdrücklich vorgesehen habe, dass für die hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzte als Alternative zu einer persönlichen Benennung auch eine institutionelle Benennung möglich sei, ohne in diesem Zusammenhang die institutionelle Benennung einer BAG auszuschließen (§ 2 Abs. 2 Satz 5 und 7 ASV-​RL), und der in § 2 Abs. 2 Satz 3 ASV-​RL klarstelle, dass Leistungserbringer, die zur Erfüllung der personellen und sächlichen Anforderungen gemäß §§ 3 und 4 kooperierten, ihre Teilnahme an der ASV gemeinsam gegenüber dem erweiterten Landesausschuss anzeigen sollten. Hierdurch seien alle zulässigen Kooperationsformen der vertragsärztlichen Versorgung erfasst und keineswegs die BAG von der Teilnahme an der ASV ausgeschlossen. Bestätigt werde dies ausdrücklich in den tragenden Gründen zur ASV-​RL, welchen zwar kein Gesetzescharakter zukomme, die aber den Willen und die Intention des G-​BA als durch Gesetz berufenem Verfasser der Richtlinie unzweifelhaft zum Ausdruck bringe. Der betreffende Inhalt der tragenden Gründe zur ASV-​Richtlinie habe somit entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sehr wohl erhebliche und letztlich entscheidende Bedeutung für die Auslegung der Regelung in § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL. Dies werde in dem erstinstanzlichen Urteil gänzlich außer Betracht gelassen. Stattdessen gehe es davon aus, § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V enthalte eine Bezugnahme auf § 95 Abs. 1 SGB V in dem Sinne, dass es sich bei den dort genannten Leistungserbringern - abgesehen von zugelassenen Krankenhäusern - um die ausschließlich berechtigten Teilnehmer an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung handele. Im Übrigen werde die vom Sozialgericht München vertretene Auffassung - soweit feststellbar - von keinem anderen erweiterten Landesausschuss geteilt.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts München vom 05.10.2021, S 28 KR 499/21, und des Bescheids des Beklagten vom 29.07.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 03.03.2021 zu verurteilen, ihr die Genehmigung zur Teilnahme an dem ASV-​Team "Rheuma Erwachsene Rheumatologie W" als hinzuzuziehende Institution für Nuklearmedizin mit S als verantwortlichem Arzt zur Erbringung von Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung zur Diagnostik und Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Er hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und sei nach wie vor der Auffassung, dass eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) mangels Zulassungsstatus im Rahmen des Anzeigeverfahrens der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nicht institutionell benannt werden könne. Dadurch unterscheide sich die BAG von einem Medizinischen Versorgungszentrum, das gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V einen eigenständigen Zulassungsstatus habe. Auf diese Vorschrift verweise § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V, der die ASV-​Berechtigung regele, mit der Wortwahl "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer". Dies verkenne der Klägerbevollmächtigte erneut. Welche Auffassung der Gemeinsame Bundesausschuss (G-​BA) zur Auslegung einer von ihm erlassenen Norm vertrete, sei rechtlich irrelevant. Dies gelte auch für den Hinweis, dass andere erweiterten Landesausschüsse die einschlägigen Regelungen eventuell anders auslegten als der Beklagte.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Verfahrensakten beider Instanzen mit den Aktenzeichen S 28 KR 499/21 und L 12 KR 546/21 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung konnte im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen (§ 153 Abs. 1, § 124 Abs. 2 SGG).

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 29.07.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.03.2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Gegen Mitteilungen des Landesausschusses ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gem. § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG eröffnet. Zuständig zur Entscheidung über die Streitigkeit der vorliegenden Art ist der erkennende Senat in der Besetzung als für Angelegenheiten der GKV zuständiger Spruchkörper, denn es handelt sich um eine dem krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrecht zugehörige und nicht um eine dem Vertragsarztrecht zuzuordnende Streitigkeit im Sinne des § 10 Abs. 2 SGG.

Für die Spruchkörperzuständigkeit ist ebenso wie für die Rechtswegzuständigkeit die materiell-​rechtliche Zuordnung eines Klagebegehrens maßgebend (BSGE 104, 95 = SozR 4-​2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG SozR 4-​1500 § 10 Nr 3 RdNr 5). Von diesem Maßstab ausgehend sind vorliegend die für Angelegenheiten der GKV gebildeten Spruchkörper zur Entscheidung berufen, weil die von der Klägerin begehrte Teilnahme an der ambulanten spezialärztlichen Versorgung nach § 116b Abs. 2 SGB V materiell-​rechtlich dem krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrecht zuzuordnen ist (BSG, Urteil vom 15. März 2012 - B 3 KR 13/11 R -, BSGE 110, 222-245, SozR 4-​2500 § 116b Nr. 3 zur Teilnahme eines Krankenhauses).

Eine Zuständigkeit der besonderen Spruchkörper für das Vertragsarztrecht als speziellen Teilbereich des krankenversicherungsrechtlichen Leistungserbringerrechts (§ 10 Abs. 2 SGG) besteht hingegen nicht. Ausgehend vom Wortlaut des als Ausnahmevorschrift eng auszulegenden § 10 Abs. 2 SGG (zum Ausnahmecharakter vgl.: BSGE 104, 95 = SozR 4-​2500 § 139 Nr 4, RdNr 12; BSG Vorlagebeschluss vom 10.3.2010 - B 3 KR 36/09 B) handelt es sich vorliegend nicht um eine dem Vertragsarztrecht zuzuordnende Streitigkeit. Bei der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung handelt es sich um einen eigenständigen (sektorenübergreifenden) Versorgungsbereich mit eigenen Vergütungsstrukturen (§ 116b Abs. 6 SGB V). Dementsprechend werden die auf der Grundlage von § 116b Abs. 2 SGB V erbrachten Leistungen auch nicht aus der vertragsärztlichen Gesamtvergütung, sondern unmittelbar von den Krankenkassen nach eigenen Berechnungsgrundsätzen vergütet (§ 116b Abs. 6 S. 1 SGB V). Die Aufgabenwahrnehmung gemäß § 116b Abs. 2 SGB V obliegt dem erweiterten Landesausschuss, dem u.a. auch Vertreter der Krankenhäuser angehören (§ 116b Abs. 3 SGB V). Zum Vertragsarztrecht zählen indes nur Streitigkeiten aufgrund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Psychotherapeuten und Vertragszahnärzten (Vertragsarztrecht) einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände (§ 10 Abs. 2 S. 1 SGG). Eine besondere Zuständigkeit des Spruchkörpers für Vertragsarztrecht ergibt sich auch nicht aus § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 SGG, wonach bestimmte Streitigkeiten zum Vertragsarztrecht i.S.d. § 10 Abs. 2 Satz 1 SGG zählen. Die vorliegende Streitigkeit betrifft aber weder eine Klage gegen Entscheidungen und Richtlinien des G-​BA (Nr. 1) noch eine Aufsichtsangelegenheit (Nr. 2). Nr. 3 weist einzelne, konkret genannte Fallgruppen dem Vertragsarztrecht zu. Streitigkeiten nach § 116b SGB V enthält diese abschließende Aufzählung nicht (vgl. Keller in Meyer-​Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. 2020, § 10 Rn 3c). Eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts liegt somit nicht vor (so im Ergebnis auch Knittel in: Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Stand Mai 2021, § 116b Rn. 56; Köhler-​Hohmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl. 2020, §116b Rn. 154).

2. Die Klage der Klägerin ist als Anfechtungsklage zulässig. Die Klägerin kann ihr Rechtsschutzziel allein durch Aufhebung des angegriffenen Bescheids erreichen. Denn im Fall einer Aufhebung des Negativbescheids des Beklagten wäre die Klägerin gemäß § 116b Abs. 2 Satz 4 SGB V infolge Ablaufs der Frist von zwei Monaten berechtigt, an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung teilzunehmen (Fiktionswirkung). Wie das Sozialgericht zutreffend ausführt, besteht für die in Kombination mit der Anfechtungsklage erhobene Verpflichtungsklage kein Rechtsschutzbedürfnis (Köhler-​Hohmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl., § 116b SGB V (Stand: 15.06.2020); so auch Gerlach in: Dettling/Gerlach, § 116b SGB V Rn. 65; a.A. Stollmann, NZS 2012, 485, der aufgrund der Annahme eines fiktiven VA insoweit konsequent bei Versagung der Zulassung von einer Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 42a Abs. 1 Satz 2 VwVfG bzw. einer Klage auf Feststellung des Eintritts der Fiktionswirkung nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG ausgeht).

Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor. Der beklagte erweiterte Landesausschuss (§ 90 SGB V) ist eine Behörde i.S.v. § 1 Abs. 2 SGB X und gem. § 70 Nr. 4 SGG beteiligtenfähig. Ein Vorverfahren gemäß § 78 Abs. 1 Satz 1 SGG ist durchgeführt worden; ein gesetzlicher Ausschluss der Durchführung eines Vorverfahrens existiert nicht (§ 78 Abs. 1 Satz 2 SGG).

3. Die Klägerin ist als BAG aber nicht teilnahmeberechtigt gemäß § 116b Abs. 2 SGB V sodass ihre institutionelle Benennung gem. § 2 Abs. 2 Satz 5 der Richtlinie über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V (i.d.F. vom 21.03.2013, zuletzt geändert am 16.12.2021; im Folgenden: ASV-​RL) nicht möglich ist.

a) § 116b SGB V regelt die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV). ASV-​Versorgung umfasst nach dem generellen Tatbestand des § 116b Abs. 1 Satz 1 SGB V die Diagnostik und Behandlung komplexer, schwer therapierbarer Krankheiten, die je nach Krankheit eine spezielle Qualifikation, eine interdisziplinäre Zusammenarbeit und besondere Ausstattungen erfordern (Köhler-​Hohmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl., § 116b SGB V Rn. 33 (Stand: 15.06.2020). ASV-​Leistungen sind Leistungen außerhalb der vertragsärztlichen Versorgung, auch wenn sie durch vertragsärztliche Leistungserbringer erbracht werden (vgl. etwa auch § 3 Abs. 2 Nr. 13 BMV-​Ä).

Mit der ASV soll "schrittweise ein sektorenverbindender Versorgungsbereich" etabliert werden, in dem Krankenhausärzte und niedergelassene Fachärzte unter gleichen Qualifikationsvoraussetzungen und einheitlichen Bedingungen die Versorgung der Patienten mit besonderen Krankheitsverläufen oder seltenen Erkrankungen sowie bestimmte Leistungen, u.a. auch hochspezialisierte Leistungen, erbringen können (BT-​Drs. 17/6906, S. 80 f., BT-​Drs. 17/8005, S. 97). Ziel ist die Gewährleistung eines besseren Ineinandergreifens von stationärer und fachärztlicher Versorgung als neuer und eigenständiger Bereich im Gesundheitsversorgungssystem der GKV mit gleichen Qualifikationsanforderungen für niedergelassene Vertragsärzte und Krankenhäuser (BT-​Drs. 17/6906, S. 80 f.; Köhler-​Hohmann in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl., § 116b SGB V (Stand: 15.06.2020)).

Durch Absatz 4 erhielt der G-​BA die Normkonkretisierungsbefugnis zur ASV-​Gestaltung im Rahmen des ASV-​Tatbestandes des § 116b Abs. 1 SGB V mit Fristsetzung bis zum 31.12.2012. Am 20.07.2013 trat die "Richtlinie ambulante spezialfachärztliche Versorgung § 116b SGB V ASV-​RL" vom 21.03.2013 als allgemeine Regelung in Kraft (zuletzt geändert am 16.12.2021 mit Wirkung zum 01.01.2022).

b) § 116b Abs. 2 SGB V regelt die Teilnahmeberechtigung zur ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung sowie deren Rechtsfolge. Hieran anknüpfend ist die Teilnahmeberechtigung der ASV zweistufig ausgestaltet. Zunächst ergibt sich aus Abs. 2 Satz 1, welche Leistungserbringer dem Grunde nach berechtigt sind, an dem neuen Versorgungsbereich teilzunehmen (allgemeine Teilnahmeanforderungen). Daneben muss der G-​BA festlegen, welche Qualifikations- und Qualitätsvorgaben die dem Grunde nach teilnahmeberechtigten Leistungserbringer zusätzlich erfüllen müssen, damit sie spezialfachärztliche Leistungen (auch) in der ASV erbringen können (spezifische Teilnahmeanforderungen). Im Wesentlichen wird damit der Zugang zu dem neuen Versorgungsbereich über die vom Bundesausschuss in der ASV-​RL festgelegten Vorgaben gesteuert (Blöcher in: Hauck/Noftz SGB V, § 116b Ambulante spezialfachärztliche Versorgung, Rn. 38).

Gem. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V sind an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer und nach § 108 zugelassene Krankenhäuser berechtigt, Leistungen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung nach Absatz 1, deren Behandlungsumfang der Gemeinsame Bundesausschuss nach den Absätzen 4 und 5 bestimmt hat, zu erbringen, soweit sie die hierfür jeweils maßgeblichen Anforderungen und Voraussetzungen nach den Absätzen 4 und 5 erfüllen und dies gegenüber dem nach Maßgabe des Absatzes 3 Satz 1 erweiterten Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen nach § 90 Abs. 1 unter Beifügung entsprechender Belege anzeigen.

Entgegen der ursprünglichen Fassung des § 116b SGB V a.F. (idF des GKV-​Modernisie-​rungsgesetz) erfasst die Norm über zugelassene Krankenhäuser hinaus seit dem 01.01.2012 (Art. 1 Nr. 44 GKV-​Versorgungsstrukturgesetz (GKV-​VStG) vom 22.12.2011) damit auch Leistungserbringer, welche an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Wer an der vertragsärztlichen Versorgung teilnimmt, regelt § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Danach sind an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer zugelassene Vertragsärzte, zugelassene medizinische Versorgungszentren sowie ermächtigte Ärzte und ermächtigte Einrichtungen. Teilnahmeberechtigt sind daher Vertragsärzte und MVZ mit einer Zulassung nach § 95 SGB V, ermächtigte Ärzte bzw. Einrichtungen gem. §§ 116, 116a, 117, 118, 119, 119a, 119b SGB V; §§ 31a, 31 Ärzte-​ZV bzw. § 105 Abs. 5 SGB V sowie - hier nicht von Bedeutung - zugelassene Krankenhäuser nach den §§ 107, 108 SGB V, d.h. Hochschulkliniken, Plankrankenhäuser und Krankenhäuser mit Versorgungsvertrag (Köhler-​Hohmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl., § 116b SGB V, Rn. 60 (Stand: 15.06.2020)).

Demgegenüber ist eine Berufsausübungsgemeinschaft i.S.d. § 33 Ärzte-​ZV eine Kooperationsform zwischen zugelassenen Leistungserbringern (vgl. Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl., § 95 SGB V, Rn. 375 ff. (Stand: 14.02.2022). Sowohl bei der örtlichen wie der überörtlichen BAG haben sich zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Leistungserbringer zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit zusammengeschlossen, § 33 Ärzte-​ZV, üblicherweise in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Bei der Leistungserbringung und Abrechnung treten sowohl die örtliche als auch die überörtliche BAG als einheitliche Rechtspersönlichkeit auf (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 6 KA 26/15 R -, SozR 4-​5531 Nr 40100 Nr 2). Die BAG besitzt aber keinen eigenen Zulassungsstatus, ihr statusrelevanter Bescheid ist vielmehr die Genehmigung nach § 33 Abs. 2 Ärzte-​ZV (vgl. Pawlita in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-​SGB V, 4. Aufl. § 95 Rn. 448ff. m.w.N. (Stand: 14.02.2022) sowie ders., ebenda, Rn. 150 zu den Unterschieden zwischen BAG und MVZ). Sie ist mangels Zulassung kein selbst an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Leistungserbringer und damit als BAG auch nicht leistungsberechtigt i.S.d. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V.

c) Weil eine BAG kein berechtigter Leistungserbringer i.S.d. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V, § 2 Abs. 1 Satz 1 ASV-​RL ist, kommt auch eine institutionelle Benennung der Klägerin als BAG gem. § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL nicht in Betracht.

Der G-​BA hat in der (auf Grundlage von § 116b Abs. 4 SGB V beschlossenen) ASV-​RL u.a. die näheren personellen Anforderungen für ein interdisziplinäres Team geregelt, das aus einer Teamleiterin oder einem Teamleiter (Teamleitung), dem Kernteam und bei medizinischer Notwendigkeit zeitnah hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzten besteht (§ 3 Abs. 2 Satz 1 ASV-​RL). Dabei sind hinzuzuziehende Fachärztinnen und Fachärzte solche, deren Kenntnisse und Erfahrungen in Abhängigkeit vom jeweiligen Krankheitsverlauf typischerweise bei einem Teil der Patientinnen und Patienten ergänzend benötigt werden (§ 3 Abs. 2 Satz 7 ASV-​RL). Im Rahmen des Anzeigeverfahrens sind die Teamleitung sowie die übrigen Mitglieder des Kernteams nach § 3 Absatz 2 namentlich zu benennen (§ 2 Abs. 2 Satz 4 ASV-​RL). Nach § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL ist für die hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzte auch eine institutionelle Benennung ausreichend.

Die Klägerin kann vorliegend ihr Klagebegehren nicht auf § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL stützen. Der G-​BA hat nach § 116b Abs. 4, 5 und 6 SGB V eine Normkonkretisierungs- bzw. Ergänzungsbefugnis, die allerdings nach Auffassung des Senats begrenzt ist durch die in § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V normierte Teilnahmeberechtigung. Danach nehmen - wie oben ausgeführt - an der ASV die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer und nach § 108 zugelassene Krankenhäuser teil. Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL kann daher - wie das SG zutreffend ausführt - nur dahingehend ausgelegt werden, dass es allein bei gem. § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V berechtigten, der gesetzgeberischen Grundentscheidung des § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V entsprechenden institutionellen Leistungserbringern (also MVZ, ermächtigten Einrichtungen und Krankenhäusern) möglich ist, statt der namentlichen Benennung der (bei diesen institutionellen Leistungserbringern angestellten oder als Vertragsarzt teilnehmenden) hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzten eine institutionelle Benennung vorzunehmen. Eine institutionelle Benennung ist hingegen im Fall von Fachärztinnen und Fachärzten einer BAG nicht möglich. Denn andernfalls hätte eine Anzeige mit einer institutionellen Benennung einer BAG - sofern kein Negativbescheid erfolgt - zur Folge, dass die BAG ASV-​Leistungsberechtigte würde. Dies wäre mit der Vorschrift des § 116b Abs. 2 Satz 1 SGB V (s. auch § 2 Abs. 1 Satz 1 ASV-​RL), die den Kreis der Leistungserbringer regelt, nicht vereinbar.

Die institutionelle Benennung dient der Verwaltungsvereinfachung, wonach z.B. bei einem Wechsel der innerhalb der Institution angestellten Ärztinnen und Ärzte keine Änderungsmitteilung an den erweiterten Landesausschuss nach § 116b Abs. 3 Satz 1 SGB V zu erfolgen hat (Tragende Gründe des G-​BA zur ASV-​Richtlinie, 2.2. Zu § 2 Absatz 1). Die dem Kernteam der jeweiligen ASV angehörenden einzelnen Ärzte sind alle namentlich zu benennen, weil die dortigen Fachgebiete immer in die Behandlung eingebunden werden müssen. Dagegen werden Fachärzte der 3. Ebene ("hinzuzuziehende Fachärztinnen und Fachärzte") nur dann eingebunden, wenn es medizinisch notwendig ist. Gerade bei Krankenhäusern kommt es des Öfteren zu Wechseln bei den angestellten Ärzten, ohne dass dies die fachliche Kompetenz der Abteilung an sich beeinflusst. Daher ist die "institutionelle Benennung" eine erhebliche Erleichterung für alle Beteiligten - den Leistungserbringer, den Teamleiter des ASV-​Teams, aber auch den erweiterten Landesausschuss und die ASV-​Servicestelle (Buchner, GesR 2015, 607, 609).

Auch Medizinische Versorgungszentren sind häufig nur mit angestellten Ärzten tätig. Auch hier ist die Leistungsqualität nicht von den einzelnen Ärzten abhängig. Wie der Klägerbevollmächtigte zutreffend ausführt, sind Berufsausübungsgemeinschaften zwar teilweise mit Medizinischen Versorgungszentren vergleichbar, bei beiden werden bzw. können sowohl Vertragsärzte als auch angestellte Ärzte tätig sein. Der Unterschied ist aber, dass die BAG mindestens zwei Vertragsärzte (oder andere Leistungserbringer, z.B. MVZ) voraussetzt, die sich für die gemeinsame Berufsausübung zusammenschließen. Scheidet der vorletzte Gesellschafter aus, endet die BAG und wird dann von dem letzten Gesellschafter als Einzelpraxis weitergeführt. Die BAG hat keinen eigenständigen Status im Zulassungsbereich. Die in ihr tätigen Ärzte rechnen gemeinsam ab; dennoch muss jeder Arzt eine eigene Zulassung haben und im Fall des Ausscheidens muss für jede Zulassung ein eigenes Nachbesetzungsverfahren durchgeführt werden; in diesem Verfahren haben die anderen Gesellschafter zwar bestimmte Mitbestimmungsrechte (§ 103 Abs. 6 SGB V), sie können im Todesfall auch die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens beantragen (BSG, Urt. v. 27.06.2018 - B 6 KA 46/17 R Rn. 19). Dennoch bleibt der Bestand der BAG immer von den Gesellschaftern abhängig (Makoski, jurisPR-​MedizinR 2/2022 Anm. 6).

Das MVZ hingegen erhält eine eigene Zulassung, aufgrund derer es selbst zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt ist (Pawlita in: jurisPK-​SGB V, § 95 Rn. 983). Auch wenn im MVZ nicht nur angestellte Ärzte, sondern auch Vertragsärzte tätig werden, werden deren Zulassungen von der (eigenständigen) Zulassung des MVZ überlagert (vgl. BSG, Urt. v. 12.02.2020 - B 6 KA 1/19 R Rn. 31). Anders ausgedrückt: Auch wenn dieser Vertragsarzt seine Zulassung verlieren sollte, bleibt es bei der Zulassung des MVZ. Gleiches gilt beim Ausscheiden von Gesellschaftern. Selbst wenn das Ausscheiden zu Problemen mit der Gründereigenschaft der Gesellschafter (§ 95 Abs. 1a Satz 1 SGB V) führen sollte, hat das MVZ sechs Monate Zeit, um wieder einen rechtskonformen Zustand herzustellen (§ 95 Abs. 6 Satz 3 SGB V; Makoski, jurisPR-​MedizinR 2/2022 Anm. 6).

Der Senat verkennt nicht, dass mit dieser Auslegung des § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL Krankenhäuser und MVZ faktisch begünstigt werden. Mangels Verpflichtung zur namentlichen Benennung der hinzuzuziehenden Fachärztinnen und Fachärzte liegt beim Ausscheiden eines einzelnen Arztes aus der benannten Institution kein Ausscheiden eines Mitglieds des interdisziplinären Teams in Sinne des § 2 Abs. 3 Satz 3 ASV-​RL vor, das anzuzeigen wäre. Dies gilt solange, solange die Institution weiterhin zur Teilnahme qualifizierte Fachärzte vorhält, die im Bedarfsfall hinzugezogen werden können. Diese faktische Begünstigung stellt aber keine Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Grundgesetz - GG - dar, sondern ist durch hinreichende Unterschiede in der Organisationsstruktur und den besonderen Ressourcen, die Krankenhäusern und in gewissem Maße auch MVZ regelmäßig auszeichnen (etwa die Beschäftigung einer größeren Zahl von Fachärzten mit verschiedenen Gebietsbezeichnungen, Vorhaltung entsprechender Sachausstattung) gegenüber einer BAG gerechtfertigt. Die Klägerin ist auch nicht unangemessen benachteiligt gegenüber einem MVZ, denn sie ist in Person des namentlich benannten Vertragsarztes S weiterhin berechtigt, an der ASV teilzunehmen. Der Unterschied liegt allein darin, dass sie bei einem Ausscheiden des S aus der BAG ggf. einen anderen hinzuzuziehenden Facharzt namentlich benennen muss und nicht von der verwaltungsvereinfachenden untergesetzlichen Norm des § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL Gebrauch machen kann.

d) Es liegt auch keine planwidrige Regelungslücke vor, die sinnvoll nur durch eine Einbeziehung der BAG in den nach § 116b Abs. 2 SGB V iVm § 2 Abs. 2 Satz 5 ASV-​RL teilnahmeberechtigten Leistungserbringerkreis geschlossen werden könnte. Dem steht der eindeutige Wortlaut des § 116b Abs. 2 Satz 1SGB V entgegen, der explizit auf "an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Leistungserbringer" abstellt.

e) Auf die tragenden Gründe des GBA zu seinem Beschluss vom 21.03.2013 kommt es nicht an. Soweit der G-​BA darin im Zusammenhang mit der "institutionellen Benennung" der hinzuzuziehenden Ärztinnen und Ärzte auch die BAG nennt, vermag dies nicht zu belegen, dass der G-​BA damit den Kreis der Leistungsberechtigten über die gesetzliche Regelung des § 116b Abs. 2 SGB 5 hinaus erweitern wollte, zumal auch der G-​BA nach den tragenden Gründen im Wesentlichen einen Wechsel bei angestellten Ärzten vor Augen hatte.

Die Berufung hat daher keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

5. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 160 Abs. 2 Satz 1 SGG.

6. Ist eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergangen oder hat sich das Verfahren anderweitig erledigt, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen durch Beschluss fest (§ 197a SGG iVm. §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -). Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5.000,- Euro (Regelstreitwert) anzunehmen, § 52 Abs. 2 GKG.

Ausgangspunkt für die Bewertung des wirtschaftlichen Interesses der Berufungsklägerin ist im vorliegenden Fall ihr Begehren auf Teilnahme an der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung als BAG im Rahmen einer institutionellen Benennung. Die wirtschaftliche Bedeutung dieses Begehrens lässt sich nicht ermitteln, so dass der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 5.000,- Euro (Regelstreitwert) festzusetzen war.

Ein höherer Streitwert war nicht festzusetzen (vgl. BSG, Beschluss vom 29.09.2011, B 1 KR 1/11 R, SozR 4-​1500 § 197a Nr. 9 zu Krankenhäusern, dort 60.000,- Euro), da der Vertragsarzt S bereits als hinzuzuziehender Arzt im Rahmen des ASV-​Teams "Rheuma Erwachsene Rheumatologie W" an der ASV teilnimmt und das Begehren der Berufungsklägerin nicht auf eine zusätzliche, sondern nur auf eine erleichterte Teilnahme an der ASV zielt.

Der Beschluss in Ziffer IV. kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. einer entsprechenden Anwendung von § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Philip Christmann
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