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Josef-Hospital Delmenhorst Anklage gegen Ex-JHD-Geschäftsführer

Das Geld der Stadt Delmenhorst für das Josef-Hospital sollte für einen Nierensteinzertrümmerer ausgegeben werden. Doch das geschah nicht. Deswegen muss sich der Ex-Chef wegen Subventionsbetrugs verantworten.
06.05.2020, 19:25 Uhr
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Anklage gegen Ex-JHD-Geschäftsführer
Von Andreas D. Becker

Delmenhorst. Am 26. August 2016 wies die Stadtverwaltung Delmenhorst 583 100 Euro an. Empfänger des Geldes, das aus dem Kommunal­investitionsförderungs­fonds stammte, war das Josef-Hospital Delmenhorst (JHD). Das Geld sollte in den Kauf eines Nierensteinzertrümmerers fließen, der Verwendungszweck war sogar entsprechend ausgefüllt. Doch das Geld versickerte einfach in den laufenden Ausgaben des Krankenhauses, das gerade mit dem katholischen Josef-Stift und dem städtischen Klinikum entstanden war und mit Volldampf – was damals bloß noch keiner wusste – auf eine Insolvenz zusteuerte. Weil das Geld nicht ordnungsgemäß verwendet wurde, muss sich der ehemalige Geschäftsführer Thomas Breidenbach ab kommenden Mittwoch vor dem Amtsgericht verantworten. Der Vorwurf: Subventionsbetrug.

Der Fall scheint klar. Aber nur auf den ersten Blick. Denn tatsächlich geht es in die Tiefen der Juristerei, um den Vorwurf zu ergründen. Erstens: Breidenbach hat sich nicht selbst bereichert. Er hat das Geld für das Krankenhaus ausgegeben, es floss in die Liquidität, sorgte also mit dafür, dass das Haus, dessen Gesellschafter damals die Stadt Delmenhorst (zehn Prozent) und die katholische Stiftung St. Josef (90 Prozent) waren, nicht insolvent ging. Zweitens: Das Krankenhaus kaufte sich auch einen neuen Nierensteinzertrümmerer, bezahlte ihn – zumindest teilweise – halt mit anderem Geld. Das Gerät wurde am JHD auch in der Urologie eingesetzt. So wie es aussieht, zahlte das Krankenhaus das Gerät, Listenpreis: 708 500 Euro, nie ganz. Die Insolvenz kam schließlich dazwischen.

Indizien in der Insolvenz

Es war eben auch das sehr langwierig und sich extrem kompliziert gestaltende Insolvenzverfahren, in dem auffiel, dass das Geld der Stadt nicht direkt in den neuen Nierensteinzertrümmerer floss. Am 8. Dezember 2018 reichte die Stadt Delmenhorst schließlich ihre Anzeige bei der Staatsanwaltschaft Oldenburg ein. Die erhob auch Anklage. Am Amtsgericht wurde der Fall intensiv geprüft. Am 11. April des vergangenen Jahres entschied das Amtsgericht aber: Es wird nicht verhandelt. Unter anderem zweifelte die zuständige Richterin an, ob ein subjektiver Tatbestand vorlag, also ob Breidenbach vorsätzlich handelte. Oder agierte der ehemalige Geschäftsführer, der heute die Geschicke des St.-Georg-Klinikums in Eisenach leitet, leichtsinnig oder fahrlässig? In Delmenhorst meinte man: nein.

Wenig überraschend, legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein. Und dann lagen die langen Schriftsätze des Amtsgerichtes und der Staatsanwaltschaft beim Landgericht. Ebenfalls sehr lange. Am 17. Januar entschied Oldenburg dann, dass das Verfahren eröffnet werden müsse. Am Mittwoch, 15. Mai, ist der erste von vorerst drei Verhandlungstagen um 9 Uhr angesetzt. Und es dürfte gleich am ersten Verhandlungstag sehr spannend werden, weil nicht nur der Stadtjustiziar Klaus Koehler als Zeuge geladen ist, sondern eben auch Insolvenzverwalter Rainer Eckert. Dadurch dürften erste Blicke hinter die Kulissen des Insolvenzverfahrens ermöglicht werden. Weiter verhandelt wird dann am 19. Mai und am 3. Juni.

Deutlich längere Wunschliste

Insgesamt hatte der Stadtrat in einer Sondersitzung im Oktober 2015 übrigens einen noch größeren Investitionszuschuss für das Krankenhaus beschlossen. Insgesamt 710 000 Euro, also ungefähr die Hälfte von dem, was Breidenbach seinerzeit alles für neues medizinisches Gerät beantragt hatte. Das Geld stammte, wie gesagt, aus dem Kommunalen Investitionsprogramm des Bundes für finanzschwache Kommunen. Im Sommer 2015 war ein warmer Geldregen von insgesamt 3,6 Millionen Euro über die Stadt gekommen. Der Nierensteinzertrümmerer war aber, wie Breidenbach damals klar machte, die wohl wichtigste Anschaffung der auf zwei Anträge gestückelten Wunschliste des Krankenhauses. Und die teuerste.

Ein interessanter Nebenaspekt dieses Falls – der wahrscheinlich vor allem aufschlussreiche Einblicke in die Insolvenzgeschichte des Delmenhorster Krankenhauses bietet und juristisch weniger spannend für die Öffentlichkeit ist – dürfte sein, wie das Amtsgericht unter den geltenden Auflagen der Allgemeinverfügung mit einem erhöhten Publikumsinteresse umgehen wird. Denn selbst der größte Saal im Gerichtsgebäude an der Bismarckstraße dürfte aktuell, bei Einhaltung der Abstandsregelung, maximal einer Handvoll Zuhörer Platz bieten.

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