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SG Berlin bestätigt erneut Kostenerstattung für epidurale gepulste Radiofrequenztherapie

Weiterhin wird in einer Vielzahl von Klageverfahren bundesweit mit Krankenkassen über die Kostenerstattung für die Behandlung chronischer (Rücken-)Schmerzen mittels sogenannter epiduraler gepulster Radiofrequenztherapie (ePRF) gestritten.

Die Krankenkassen lehnen die Kostenerstattung für diese Behandlungsmethode mit der Begründung ab, dass die ePRF nicht dem Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot gemäß §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V genügt. Die Wirksamkeit der ePRF sei nicht mittels wissenschaftlich einwandfrei geführter Studien belegt. Von Seiten der Krankenkassen wird in diesem Zusammenhang unverändert auf eine Stellungnahme des MDS und der SEG 7 der MDK-Gemeinschaft vom 30. Juni 2017 verwiesen, die zwar für die „extraspinale" gepulste Radiofrequenztherapie eine gute Datenlage bestätigt, aber die vorliegenden Studien zur „epiduralen" gepulsten Radiofrequenztherapie als mangelhaft bezeichnet.

Von unserer Kanzlei wurden bereits mehrere positive Entscheidungen erstritten. Das SG Berlin hatte mit seiner Entscheidung vom 3. Mai 2017, Az. S 111 KR 2403/13, der Klage auf Kostenerstattung für die ePRF stattgegeben. Auch das SG Köln hatte mit seiner Entscheidung vom 12. Oktober 2017, Az. S 23 KR617/14, angedeutet, dass es bereits für das Jahr 2012 davon ausgeht, dass die ePRF dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach und damit das Qualitätsgebot gemäß § 2 Abs. 1 SGB V wahrte. Auch das SG Gotha hatte mit seiner Entscheidung vom 26. März 2018, Az. S 38 KR 3050/16, bestätigt, dass die ePRF im Jahr 2014 dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprach. Gegen die Entscheidungen des SG Berlin und des SG Gotha wurde von den Krankenkassen keine Berufung eingelegt.

In einer aktuellen Entscheidung vom 7. Februar 2019, Az. S 72 KR 2402/13, bestätigte das SG Berlin nun erneut, dass die ePRF zu Lasten der Krankenkassen abgerechnet werden darf.

Diese Entscheidung betraf zwar einen vor der Einführung des § 137c Abs. 3 SGB V zum 23. Juli 2015 liegenden Fall. Dennoch hat diese Entscheidung Bedeutung vor allem für so genannte „Neufälle", also Fälle, die nach dem 23. Juli 2015 liegen.

Das SG Berlin begründete seine Entscheidung nämlich maßgeblich mit der Datenlage zur ePRF. Unter ausführlicher Würdigung der in das Verfahren eingebrachten Sachverständigengutachten und des MDS-Gutachtens sowie einer von dem Krankenhaus vorgelegten Auswertung zur Datenlage kam das SG Berlin zu dem Ergebnis, dass die ePRF bereits im Jahr 2012 jedenfalls das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative im Sinne des § 137c Abs. 3 SGB V hatte.

Das SG Berlin brauchte nicht über die Frage zu entscheiden, ob die ePRF auch den – weitergehenden – Anforderungen des Qualitätsgebots gemäß § 2 Abs. 1 SGB V genügte. Nach Auffassung des SG Berlin war nämlich schon im Jahr 2012 der Begriff des „Potenzials" in § 137c SGB V verankert, so dass schon zu diesem Zeitpunkt das „Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative" für die Abrechnung der Behandlungsmethode zulasten der Krankenkassen genügte.

Wegweisend ist die Entscheidung des SG Berlin vor allem deswegen, weil sie jedenfalls für „Neufälle" klarstellt, dass die ePRF zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Hierfür genügt nach dem klaren Wortlaut des § 137c Abs. 3 SGB V und dem Willen des Gesetzgebers seit dem 23. Juli 2015, dass die ePRF jedenfalls „das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative" hat. Dies hat das SG Berlin mit ausführlicher Begründung bestätigt. Die insoweit abweichende Rechtsprechung des BSG (z. B. BSG vom 24.04.2018, Az. B 1 KR 10/17 R) ist unserer Auffassung nach schlicht verfassungswidrig.