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Potsdam

Land lässt Klinikum abblitzen

Blick auf das städtische Klinikum „Ernst von Bergmann“.

Blick auf das städtische Klinikum „Ernst von Bergmann“.

Innenstadt. Die vom städtischen Klinikum „Ernst von Bergmann“ angekündigte erhebliche Kreditaufnahme zur Finanzierung dringender Investitionen wird vom Land zurückhaltend kommentiert: „Die Fördermittel für das Klinikum ,Ernst von Bergmann’ wie für alle Plankrankenhäuser sind durch gesetzlich festgelegte Parameter bemessen“, erklärte das Gesundheitsministerium auf Anfrage des Abgeordneten Steeven Bretz (CDU): „Eine Kreditaufnahme hat keine Auswirkung auf die Höhe der Fördermittel.“

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Wie berichtet, gibt es zwischen dem Klinikum und dem Land Differenzen zum Investitionsbedarf. Das Ministerium beharrt darauf, die Krankenhausförderung in Brandenburg sei „im Vergleich zu anderen Bundesländern – auf einem guten, ja sehr guten Niveau“, so eine Sprecherin mit Verweis auf eine jährliche Investitionspauschale von 6,55 Millionen Euro. Laut Klinikums-Geschäftsführer Steffen Grebner aber würden jährlich 22 Millionen Euro benötigt, „um technisch und grundlegend auf einem adäquaten Stand zu bleiben“.

Mit der Antwort auf die CDU-Anfrage setzt sich die unterschiedliche Wahrnehmung fort. „Die Daten des Qualitätsberichtes zum Berichtsjahr 2017 des Klinikums bestätigen die Einschätzung der Landesregierung, dass die hohe medizinische Qualität und die umfassenden und bedarfsnotwendigen Versorgungsangebote des Klinikums für eine moderne und qualitativ hochwertige technische Infrastruktur sprechen“, so das Ministerium.

Geschäftsführer Grebner hingegen schlug in der MAZ Alarm: „Wir fahren die technische Infrastruktur des Unternehmens auf Verschleiß.“ Zwar habe das Klinikum in der Onkologie die regional modernste Ausstattung. Doch: „Den Wunsch auf Einsatz neuester Technik hätten die Patienten in der Neurologie und Kardiologie vielleicht auch.“

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Die angekündigte Rekordverschuldung des Klinikums über 50 Millionen Euro ist laut Grebner notwendig, um unter anderem die Sanierung und Aufstockung mehrerer Bettenhäuser, die Investition in technische Anschaffungen wie einen neuen Linearbeschleuniger und den Ausbau einer sicheren IT-Infrastruktur für digitale Projekte finanzieren zu können.

Grebners Ende Mai in der MAZ veröffentlichte Ankündigung kam wenige Wochen nach der Erklärung von Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD), das Klinikum in den Tarif-Verband kommunaler Arbeitgeber zurück führen zu wollen. Der Tarifausgleich würde das Klinikum laut Grebner vier Millionen Euro jährlich kosten.

Auch Schubert hatte eine bessere Finanzierung des Klinikums durch das Land gefordert. Aktuell gingen die durch das Defizit entstehenden Kosten „nicht zuletzt auch zu Lasten der Personalkosten“.

Für das Land ist die Tariffrage kein Thema: „Sowohl die Bezahlung des Personals als auch die Anzahl der Beschäftigten ist Gegenstand von innerbetrieblichen Entscheidungen, so dass der Landesregierung hierzu keine Bewertung zusteht, solange keine Rechtsverstöße vorliegen“, schreibt das Ministerium auf Anfrage von Bretz: „Grundsätzlich sieht die Landesregierung die Krankenhausträger in der Verantwortung, in ausreichendem Umfang qualifiziertes Personal einzusetzen. Darüber hinaus setzt sich die Landesregierung für Fachkräftesicherung und Gute Arbeit ein, wozu auch eine adäquate Bezahlung gehört.“

Potsdams größter Arbeitgeber

Das kommunale Klinikum „Ernst von Bergmann“ ist mit mehr als 3600 Mitarbeitern der größte Arbeitgeber in der Landeshauptstadt (Stand 2018). Auf den Rängen folgen die Universität Potsdam mit 2900 und das Oberlinhaus mit 1800 Mitarbeitern.

Die Anzahl der Betten im Stammhaus ist zwischen 2004 und 2018 um 13  Prozent von 1043 auf 1183 angewachsen. Die Patientenzahl wuchs von 35 590 im Jahr 2014 um 29 Prozent auf 45 995 im Jahr 2018.

Die Anzahl der Pflegekräfte im Potsdamer Klinikum wuchs im gleichen Zeitraum auf Vollzeitstellen gerechnet um 24 Prozent von 788 auf 980 Mitarbeiter.

Bretz kommentierte empört: „Die Landesregierung versichert einerseits, sich für ,Fachkräftesicherung’ und ,Gute Arbeit’ im Klinikum einzusetzen, scheut aber andererseits jedwede verbindliche Antwort zu notwendigen Mehrinvestitionen. Das passt nicht zusammen. Die warmen Worte der Landesregierung zur Situation der Mitarbeiter können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie die Stadt Potsdam bezüglich des Mehrinvestitionsbedarfs eiskalt abblitzen lässt.“

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Der langjährige Linken-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg hingegen hatte in einer ersten Erklärung auf Grebners Alarmmeldung gefordert, dass die Landeshauptstadt als Gesellschafter des Klinikums mit Investitionszuschüssen in die Pflicht geht.

Von Volker Oelschläger

MAZ

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