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Krankenhaus Schongau: Kritik am Zukunftsplan und eine mögliche „Variante 6“

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Vor der Stadtratssitzung demonstrierten Bürger. Ein ZDF-Fernsehteam filmte für die Sendung „Frontal“.
Vor der Stadtratssitzung demonstrierten Bürger. Ein ZDF-Fernsehteam filmte für die Sendung „Frontal“. © Hans-Helmut Herold

Im Schongauer Stadtrat ging es um den Zukunftsplan fürs Krankenhaus. Mitglieder des Aktionsbündnisses hatten dabei viele Fragen - und Kritik am bevorzugten Modell.

Schongau – Auch wenn es keine Abstimmung gab, wollte Daniela Puzzovio (ALS) gegen Ende der Sitzung von ihren Stadtratskollegen und den Zuhörern ein Stimmungsbild einholen: Alle sollten aufstehen, und nur diejenigen sich wieder setzen, die der Zukunftsplan für die Krankenhaus GmbH überzeugt hatte. Diesen hatte Claus Rauschmeier in Kürze präsentiert und sich anschließend den Fragen gestellt.

Etwa die Hälfte des Stadtrats setzte sich. Ein Großteil des Publikums, das vor allem aus Mitstreitern des Aktionsbündnisses bestand, die vor der Sitzung demonstriert hatten, blieb stehen.

Den Krankenhaus-Zukunftsplan...

...mit allen Varianten erklärt Claus Rauschmeier im Video „Krankenhaus GmbH Weilheim Schongau - Zukunftsplan“, das auf Youtube zu finden ist.

Zu wenig Ärzte fürs Krankenhaus, aber nicht fürs Facharztzentrum?

Wie denn dann eine finanzierbare Lösung aussehe, wollte Michael Eberle (CSU) von Puzzovio wissen. Tatsächlich arbeite man gerade an einer „Variante 6“, auch wenn das eigentlich nicht Aufgabe des Aktionsbündnisses sei, konterte diese. An der von Krankenhaus GmbH und wohl auch Kreistag favorisierten Variante 5 (wir berichteten), hatten Regina Haugg (SPD), Stefan Konrad (SPD) und Puzzovio, alle sowohl Stadträte als auch Sprecher des Aktionsbündnisses, ihre Zweifel, wie in der Sitzung deutlich wurde.

Für Haugg gab es einen großen Widerspruch. Schließlich heiße es immer, in Schongau würden keine Ärzte arbeiten wollen. Wie könne man dann ein Facharztzentrum aufbauen, wollte sie wissen. Tatsächlich gebe es nicht nur in Schongau einen Ärztemangel, sondern überall, erklärte Dr. Florian Amor, Leiter der Intensivstation in Schongau und Weilheim.

Auch am Krankenhaus Landsberg finde man beispielsweise keine Assistenzärzte mehr. 2027, wenn viele in Rente gehen, werde sich die Situation noch verschlimmern. Gerade im Krankenhausbereich. Viele Ärzte würden die Belastung dort nicht mehr wollen und sich lieber mit einer Praxis selbstständig machen, so Amor.

Das beobachte man auch im Schongauer Raum. Wenn man diese Ärzte nun dafür gewinne, auch im Krankenhaus und im Verbund mit Kollegen tätig zusein, sei es auch leichter, einen Nachfolger zu finden. Weil der Arbeitsplatz attraktiver sei. Krankenhausärzte und auch Pflegepersonal lebe deutlich mehr im Weilheimer/Münchner Raum, so Amor. „Die fahren noch nach Weilheim. Aber umsteigen nach Schongau wollen sie nicht mehr“, das hätten mehrere Versuche gezeigt.

Defizite sind „Ungerechtigkeit des Systems“ geschuldet

Konrad erkundigte sich, wie das hohe Defizit in Schongau (rund 65 000 Euro) zustande komme, gerade auch im Vergleich zu Weilheim (18 000 Euro). Man rechne Schongau nicht schlecht, betonte Rauschmeier. Vielmehr spiegle sich hier „die Ungerechtigkeit des Systems“ wider.

Für eine Herzkatheter-OP (die nur in Weilheim angeboten wird) bekomme man beispielsweise mehr Geld als für die Behandlung eines älteren Patienten mit einer Lungenentzündung in Schongau. Es heiße auf keinen Fall, dass die Kollegen in Schongau weniger oder gar schlechter arbeiten würden, nur weil das Defizit höher ist.

Warum man nicht abwarten könne, bis es belastbare Zahlen gebe, wollte Daniela Puzzovio unter anderem wissen. Weil man die Entwicklung kenne und sich vorbereiten müsse, erklärte Rauschmeier. „Höhere Qualitätsvorgaben, ambulante Medizin und Ärztemangel“ zählte er unter anderem auf. Wer sich zu spät entscheide, habe gar keine Zukunft.

„Notfallversorgung wird leiden“

Eine Notaufnahme in Schongau sei nicht vorgesehen, sondern eine Notfallpraxis von 8 bis 20 Uhr, so Rauschmeier auf Nachfrage von Konrad. „Danach ist definitiv kein Arzt da.“ Ihm sei klar, dass es auch nachts Notfälle geben könne. Es müssten die umliegenden Krankenhäuser genutzt werden. Aber man habe in Schongau weiterhin einen Schockraum und Intensivpflegekräfte. Darauf könne der Notarzt im Notfall zurückgreifen.

Außerdem werde Telemedizin weiter ausgebaut. Daten eines Patienten werden gebündelt, darauf hätten dann auch Spezialisten aus Frankfurt bzw. Hamburg Zugriff. „Wir holen uns Experten dazu und können den Patienten gemeinsam beurteilen“, so Amor. „Das klingt futuristisch, funktioniert aber.“

Dennoch: „Die Notfallversorgung wird leiden“, sagte Jiri Faltis (CSU), selbst als Notarzt tätig. „8 bis 20 Uhr rettet uns nicht. Da muss man sich was überlegen.“ Es gehe schließlich um Menschenleben. Er sehe aber auch, dass dieses Problem deutschlandweit verschärft werde. Auch in der Notfallversorgung gebe es schlicht zu wenig Personal. „Eigentlich müsste es einen Aufschrei geben.“

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