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Impfverstöße Verantwortung ja, Sanktionen nein

Bei der Salus Altmark Holding wurden Verwaltungsmitarbeiter und Geschäftsführung ohne Priorität geimpft. Nun wurden Versäumnisse eingeräumt.

Von Gesine Biermann 22.02.2021, 15:48

Altmark l Mit den nicht regelkonformen Vergaben der Corona-Schutzimpfung hat sich nun auch der Aufsichtsrat der Salus Altmark Holding beschäftigt. Am vergangenen Mittwoch kam das Gremium in einer Videokonferenz zusammen. Anlass sei die „öffentliche Diskussion“ über die Vorfälle gewesen, schreibt Pressesprecherin Franka Petzke auf Volksstimme-Nachfrage.

Recherchen der Volksstimme hatten ergeben, dass in beiden Häusern des Altmark-Klinikums in den vergangenen Wochen über 30 Verwaltungsmitarbeiter und weitere Mitarbeiter der Geschäftsführung – darunter Geschäftsführer Hans-Joachim Fietz-Mahlow – bereits geimpft wurden, obwohl sie laut Imfverordnung des Bundes nicht zur höchsten Priorisierungsgruppe gehörten

Wie Staatssekretärin Beate Bröcker als Aufsichtsratsvorsitzende der Salus Altmark Holding nun im Anschluss an die Sitzung berichtete, „sei dieses Vorgehen vom Aufsichtsrat kritisch bewertet worden“, heißt es in der Mitteilung des Krankenhaus-Trägers. Laut Bröcker habe „die Geschäftsführung Versäumnisse im Umgang mit der Corona-Impfverordnung eingeräumt und die Verantwortung dafür übernommen.“ „Die Einhaltung der Impfverordnung muss in enger Abstimmung mit den regionalen Impfzentren Maßstab allen Handelns sein“, erklärt sie weiter.

Sanktionen für die verantwortlichen Entscheidungsträger gibt es aber offenbar nicht. Zumindest blieben Nachfragen dazu unbeantwortet.

Bröcker äußerte zudem „Verständnis“ dafür, dass die Krankenhäuser bestrebt gewesen seien, „einen möglichst hohen Durchimpfungsgrad“ zu erreichen. „Nachvollziehbar“ findet Bröcker auch, „dass der Impfalltag im Einzelfall auch pragmatische Entscheidungen einfordere, um den Verwurf von Impfstoffen zu vermeiden.“

Unbeantwortet blieben Fragen der Volkstimme, wie künftig verhindert werden kann, dass Personen außerhalb der Vorgaben geimpft werden. Stattdessen gab es ein ausdrückliches Lob der Aufsichtsratschefin. Und zwar für alle „am Impfmanagement beteiligten Akteure, für ihr außerordentliches Engagement.“ Die kritische Diskussion, so findet Bröcker, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, „dass die internen Impfaktionen im Übrigen hervorragend organisiert sind und erfolgreich verlaufen.“

Maßstab allen Handelns sei von nun an eine enge Abstimmung mit den regionalen Impfzentren, heißt es in der Pressemitteilung lapidar.„Die kritische Diskussion sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Impfaktionen im Übrigen hervorragend organisiert sind.“

Die Verimpfung von Rest-Impfstoffen werde nur noch in Abstimmung mit den Impfzentren erfolgen, betont auch Petzke im Namen der Salus Altmark Holding.

In beiden Impfzentren der westlichen Altmark gibt es laut Aussage der Kreisverwaltung Salzwedel Nachrückerlisten mit Kontaktdaten „von Bürgerinnen und Bürgern, die älter als 80 Jahre sind und innerhalb von höchstens 20 Minuten zum Impfzentrum kommen können“, hat Pressesprecherin Birgit Eurich auf Nachfrage versichert. Ob diese dann auch kontaktiert werden, wenn in den Kliniken Gardelegen und Salzwedel Impfstoffdosen übrig sind, geht aus der Pressemitteilung der Salus nicht hervor.

Im Salus-Fachklinkum in Uchtspringe, das auch zur Salus Altmark Holding gehört, soll es übrigens keine Impfungen von Verwaltungsmitarbeitern gegeben haben, heißt es im Schreiben der gemeinnützigen Salus ausdrücklich auf Nachfrage der Volksstimme.

Aus einem Schreiben, das der Volksstimme vorliegt (der Verfasser ist namentlich bekannt), geht allerdings das Gegenteil hervor. Bereits im November sei auch in der Einrichtung Uchtspringe die Abfrage der Impfwilligen erfolgt, heißt es darin. Und ebenso wie im Altmark-Klinikum sei auch in diesem Betriebsteil der Salus Altmark Holding gegen die Impfverordnung verstoßen worden.

So seien auch dort offensichtlich Personen geimpft worden, die nicht zur ersten Priorität gehört hätten. Sogar Ehepartner von Verwaltungsmitarbeitern seien angesprochen worden. Auch mindestens eine Reinigungskraft solle bereits geimpft worden sein.

Viele Spezialtherapeuten würden „täglich in der unmittelbaren und ständig wechselnden Patientenversorgung“ arbeiten, heißt es im Schreiben. Hinzu kämen der ständige Kontakt mit Angehörigen oder Mitarbeitern aus anderen Institutionen. „Es liegen Listen vor, in die wir uns eintragen lassen haben und alle Mitarbeiter sind präsent und telefonisch erreichbar“, heißt es weiter. Da seien die genannten Argumente zur Rechtfertigung „doch sehr fragwürdig“. Die Enttäuschung sei deshalb entsprechend groß.

 

 

Ein Schlag
ins Gesicht

Von Gesine Biermann

Gut organisiert“? Impfaktionen „hervorragend verlaufen“? Die Einschätzung der Aufsichtsratsvorsitzenden zu den vorfristigen Impfungen von Verwaltung und Geschäftsführung im Altmark-Klinikum ist wie ein Schlag ins Gesicht für alle über 80-jährigen, die seit Wochen täglich und oft stundenlang vergeblich versuchen, einen Impftermin zu ergattern. Kaum vorstellbar, dass sich – zu welcher Zeit auch immer – in klinischen Einrichtungen kein Arzt, kein Therapeut und niemand vom Pflegepersonal gefunden haben soll, der für eine Impfung in Frage kommt und deshalb Verwaltungsmitarbeiter und der Chef geimpft werden mussten. Die „kritische Diskussion“, täuscht über die gute Arbeit der Impfärzte hinweg? Wohl kaum. Kritik gilt ja nicht denen, die geimpft haben, sondern jenen, die die falschen Entscheidungen getroffen haben. Und die übernehmen die Verantwortung? Offensichtlich nicht.