Friesoythe/Tallinn - Sieben Krankenhäuser in fünf Städten, Besuch einer Krankenkasse, eine Visite im Sozialministerium und eine große Abschlusskonferenz. Das vierwöchige Programm war eng geschnürt und gab Dirk Zimmermann einen interessanten Einblick in das Gesundheitswesen von Estland.

Zimmermann ist als Mitarbeiter im St.-Marien-Hospital Friesoythe für den Bereich Prozessmanagement tätig und nahm kürzlich an dem Austauschprogramm „Hope Exchange“ der europäischen Krankenhausgesellschaft teil. Wie arbeiten andere Länder der EU im Gesundheitswesen? Welche Verfahren haben sich dort bewährt? Wie kann die Zusammenarbeit und der Austausch bewährter Verfahren erleichtert werden? Das waren zentrale Fragen, mit denen sich die Teilnehmer aus ganz Europa einen Monat lang beschäftigten.

Eine erste Erkenntnis, die Zimmermann in Gesprächen mit seinen europäischen Kollegen schnell klar wurde: „In Estland gibt es ähnliche Probleme wie im Rest Europas.“ Fachkräftemangel, steigende Kosten in Gesundheitswesen und die gesundheitliche Versorgung im ländlichen Raum seien überall zentrale Themen.

Die Teilnehmer unternahmen einen Rundkurs durch das estnische Gesundheitswesen. Besucht wurden Einrichtungen in Tallinn, Tartu, Vöru, Haapsalu und Pärnu. Der Abschluss fand dann im slowenischen Ljubljana statt.

Und sein persönliches Fazit? „Für mich ist eindeutig hängengeblieben, dass die Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen leider noch viele Jahre hinterherhinkt“, resümierte der Friesoyther. Als Beispiel nannte er die elektronische Gesundheitskarte, über die in Deutschland seit Jahren diskutiert werde, in Estland aber längst im Personalausweis integriert sei. Ohnehin sei in Estland das allgemeine Vertrauen in digitale Lösungen stärker. So würden 99 Prozent aller Behördengänge digital abgewickelt. Und bei der Europawahl habe fast ein Drittel aller Esten die Stimme online abgegeben. Das hat, so Zimmermann, vor allem einen guten Grund: Öffentliches W-Lan ist ein in der Verfassung festgehaltenes soziales Recht.

Er selbst war von dem Austausch begeistert. Nicht nur inhaltlich, auch menschlich. „Egal wo wir hinkamen, wurden wir freundlich und hilfsbereit empfangen.“ Die Esten würden zudem die europäische Idee wirklich leben, und ihm sei gezeigt worden, „wie wichtig es ist, über den Tellerrand zu blicken und voneinander zu lernen“.

Carsten Bickschlag
Carsten Bickschlag Redaktion Münsterland (Leitung Cloppenburg/Friesoythe)