L 5 KR 493/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 378/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 493/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Krankenhausabrechnungsstreit: Zur Fälligkeitsbestimmung nach Pflegesatzvereinbarung
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17. Oktober 2012 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 8.052,95 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.05.2007 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

III. Der Streitwert wird auf 8.052,95 Euro festgesetzt.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt als Krankenhausträger die Vergütung einer mehrwöchigen stationären Behandlung einer Versicherten der Beklagten im Jahr 2007.

Die Klägerin betreibt eine Psychosomatische Klinik, die in den Krankenhausplan des Freistaates Bayern als Plankrankenhaus der Fachrichtung Psychosomatik aufgenommen ist. Die Versicherte I. L. war im streitigen Zeitraum bei der Beklagten als Arbeitslose gegen Krankheit pflichtversichert. Ab Mai 2006 war die Versicherte arbeitsunfähig erkrankt. Am 08.11.2006 verordneten die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. med. G./Dr. E. aufgrund der Diagnosen Polyarthritis primär chronisch, Essstörung sowie Depression Krankenhausbehandlung und erklärten, dass die Klägerin das nächsterreichbare geeignete Krankenhaus sei. Durch den Tod der Schwester der Versicherten sei eine krisenhafte Verschlechterung eingetreten, die mit erheblichen Essstörungen verbunden sei. Eine stationäre Behandlung in einer Klinik, die beide Fachbereiche verbinde, sei deshalb aus ärztlicher Sicht sinnvoll und eine kostengünstigere Alternative zu einem Aufenthalt in einer Rheumaklinik und anschließend in einer Psychosomatischen Klinik in Ortsnähe. Daher werde um Kostenübernahme für die Klinikbehandlung bei der Klägerin ersucht, zumal die Versicherte dort bereits zweimal stationär behandelt worden sei.

Am 10.11.2006 genehmigte die Beklagte die Krankenhausbehandlung mit dem Vermerk "Kosten werden im Rahmen der medizinischen Notwendigkeit übernommen". Allerdings wurde die Versicherte unmittelbar daraufhin nicht in die Klinik aufgenommen und wurde dort auch nicht vorstellig. Am 03.01.2007 stellten die Fachärzte für Allgemeinmedizin Dr. G./Dr. E. mit derselben Diagnose erneut eine Verordnung für Krankenhausbehandlung aus und benannten die wieder die Klägerin als das nächst erreichbare geeignet Krankenhaus. Mit dieser Einweisung wandte sich die Versicherte an die Klägerin, die einen Aufnahmetermin ab 22.01.2007 zusagte. Die Versicherte legte daraufhin die Krankenhausverordnung der Beklagten zur Genehmigung vor, die diese mit dem Vermerk "Kosten werden im Rahmen der medizinischen Notwendigkeit übernommen" am 12.01.2001 erteilte und per Fax an die Klägerin weiterleitete. Am 07.02.2007 zeigte die Klägerin der Beklagten die stationäre Aufnahme der Versicherten unter der Diagnose 33.2 (rezidivierende depressive Störung, zurzeit schwere Episode ohne psychotische Symptome) an und nannte als voraussichtliches Entlassungsdatum den 14.03.2007. Am 19.02.2007 informierte die Beklagte die Klägerin per Fax, dass die Notwendigkeit der akut stationären Behandlung der Versicherten nicht nachvollzogen werden könne, da diese bereits in stationärer Behandlung bei der Klägerin gewesen sei und zwischenzeitlich kein akutes Ereignis bekannt sei, das die jetzige Aufnahme rechtfertigen könne. Daher werde ein Kurzbericht erbeten.

Am 02.03.2007 ging bei der Beklagten ein Kurzbericht der Klägerin über die Krankenhausbehandlung der Versicherten vom 28.02.2007 ein mit dem Antrag auf Verlängerung der Krankenhausbehandlung. Als Hauptdiagnose wurde erneut genannt: Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome (F33.2). Als Nebendiagnosen wurden aufgeführt: Sonstige Essstörungen, Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr, essentielle Hypertonie, chronische ischämische Herzkrankheit, seropositive chronische Polyarthritis, mehrere Lokalisationen.

Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MdK). Dr. L. vom MdK stellte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 05.03.3007 fest, dass die Versicherte bereits Ende 2003 bis Anfang 2004 sowie August 2004 bis September 2004 in der Klinik der Klägerin stationär behandelt worden sei. Im Vordergrund der aktuellen Behandlung seit 2007 stehe eine Depression. Neben der Depression lägen Adipositas, Hypertonie, eine koronare Herzkrankheit sowie seropositive chronische Polyarthritis vor. Als Diagnose stellte der Gutachter 33.1 Depression fest. In seiner Beurteilung führte er aus, dass aufgrund der vorliegenden Unterlagen zu erkennen sei, dass inhaltlich eine stationäre psychosomatische Rehabilitation erfolge, die Mittel einer Krankenhausbehandlung lägen inhaltlich nicht vor. Mit Schreiben vom 13.03.2007 lehnte daraufhin die Beklagte gegenüber der Klägerin die Kostenübernahme unter Bezugnahme auf das Gutachten von Dr. L. ab.

Am 13.03.2007 stellte die Klägerin einen weiteren Verlängerungsantrag bis 18.04.2007 unter Beifügung eines Kurzberichtes. Die Beklagte bezog sich in ihrem Schreiben an die Klägerin vom 19.03.2007 auf die Ablehnung vom 13.03.2007. Die Auswertung des dreiseitigen Kurzberichtes vom 28.02.2007 habe ergeben, dass keine Krankenhausbehandlung durchgeführt werde. Deshalb könne keine Kostenübernahme erfolgen.

Mit Endabrechnung vom 17.04.2007 stellte die Klägerin der Beklagten für den stationären Aufenthalt der Versicherten vom 07.02.2007 bis 13.04.2007 insgesamt 8.052,95 Euro in Rechnung. Diese Forderung wurde von der Beklagten jedoch nicht beglichen.

Daraufhin hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben und ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der vom Bundessozialgericht ergangenen Rechtsprechung zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit im gesamten streitigen Zeitraum Krankenhausbehandlung medizinisch notwendig und tatsächlich auch erbracht worden sei. Im vorliegenden Fall seien Essstörungen begleitet von einer latenten Suizidalität und Rückzugstendenzen bei der Versicherten aufgetreten. Sie habe zudem an chronischer Polyarthritis, einer ischämischen Herzkrankheit, Hypertonie und Adipositas gelitten. Auch diese Begleiterkrankungen hätten im Zusammenspiel mit den psychischen Leiden eine stationäre Betreuung der Versicherten notwendig gemacht. Eine rein pflegerische Betreuung der Versicherten wäre nicht ausreichend gewesen.

Die Beklagte hat sich erneut auf das Gutachten des MDK bezogen und ergänzend ausgeführt, dass allein schon die Wartezeit zwischen der Einweisung und der Aufnahme erkennen lasse, dass die Versicherte nicht krankenhausbehandlungsbedürftig gewesen sei, zumal in diesem Zeitraum weder eine fachärztliche Behandlung noch eine ambulante Psychotherapie durchgeführt worden sei. Weder die depressive Episode noch die Polyarthritis wie auch die Übergewichtigkeit der Versicherten hätten eine ärztliche Tätigkeit erfordert. Hätte die Versicherte tatsächlich unter einer schweren depressiven Episode gelitten, wäre der Behandlungsverlauf im Hause der Klägerin davon geprägt gewesen. Zur Therapie habe sich die Klägerin jedoch dahingehend geäußert, dass die Versicherte sich sehr motiviert integriert habe in die Stationsgemeinschaft und begonnen habe, in den gruppentherapeutischen Sitzungen ihre Themen zu bearbeiten. Eine tatsächlich vorhandene schwere depressive Episode hätte die Versicherte aber so stark beeinträchtigt, dass keine klare Behandlungsmotivation zu erkennen gewesen wäre.

Auf Veranlassung der Beklagten hat der MDK durch den Psychiater und Neurologen R. N. in einem Gutachten nach Aktenlage vom 09.12.2008 zusammenfassend fest, dass sich die Versicherte in dem Zeitraum unmittelbar vor der Krankenhausbehandlung nicht in fachärztlicher Behandlung befunden habe. Dies hätte den aufnehmenden Ärzten auffallen müssen. Unter diesen Umständen könne nicht ohne Weiteres festgestellt werden, dass die Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen wäre. Es entspreche weder den medizinischen Richtlinien, Leitlinien oder Standards noch der allgemeinen oder besonderen ärztlichen Erfahrung, die Unwirksamkeit einer ambulanten Behandlung anzunehmen, wenn diese gar nicht durchgeführt worden sei. Von einer Unwirksamkeit ambulanter Behandlungen hätte nur dann ausgegangen werden können, wenn eine fachgerechte Behandlung im erforderlichen Umfang mit der notwendigen Intensität über einen ausreichenden Zeitraum durchgeführt worden wäre. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Der Krankenhausarzt hätte dies berücksichtigen müssen, so dass auch bei einer "ex ante"-Betrachtung schon die Krankenhausaufnahme nicht begründet gewesen sei. Selbstverständlich gebe es Situationen, in denen schon primär klar sei, dass eine ambulante Behandlung nicht zum Erfolg führen werde. Ein solcher Fall habe hier jedoch nicht vorgelegen.

Hierauf hat die Klägerin entgegnet, dass die Versicherte zu Beginn der Krankenhausbehandlung keineswegs distanziert gewesen sei von Suizidalität. Dies sei erst im Laufe der Behandlung gelungen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 22.02.2012 hat der Chefarzt der Klinik Dr. B. die personelle Besetzung der Station erläutert sowie das primär auf Gruppentherapie basierende Behandlungskonzept. Er hat ausgeführt, dass wegen der Multimorbidität der Versicherten die stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich gewesen sei, zumal die Bulimie mit dem Diabetes mellitus in einer unheilvollen Allianz stehe. Zu den Einzelheiten der Ausführungen von Dr. B. wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift.

Die Beklagte hat daraufhin erneut eine Stellungnahme des MDK eingeholt. Dr. L. ist dort erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass keine stationäre Krankenhausbehandlung mit einer im Vordergrund stehenden ärztlichen Behandlung stattgefunden habe und dass die Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen wäre. Jedenfalls lasse sich dies nicht aus der Dokumentation entnehmen. Es sei nur ein zweimaliges Erbrechen dokumentiert. Es finde sich dann noch ein Eintrag, dass die Patientin im Rahmen einer Gruppentherapie über ihre Bulimie rede. Eine schwere Essstörung sei damit jedoch nicht belegt.

Das Sozialgericht hat daraufhin ein Sachverständigengutachten eingeholt auf neurologischem, psychiatrischem und psychosomatischem sowie psychotherapeutischem Fachgebiet von Dr. K ... Dieser hat in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 16.04.2012 zusammenfassend festgestellt, dass die Versicherte in dem streitigen Zeitraum nicht einer vollstationären Behandlung in einem Krankenhaus bedurft hätte.

Das Sozialgericht hat daraufhin die Klage abgewiesen mit Urteil vom 17.10.2012 und seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass nach dem Ergebnis der Ermittlungen die Versorgung der Versicherten im Krankenhaus der Klägerin nicht erforderlich gewesen wäre. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht aufgrund von § 15 der Pflegesatzvereinbarung 2007, da die Notwendigkeit der stationären Aufnahme von der Beklagten bereits mit Schreiben vom 19.03.2007, also noch vor Rechnungstellung abgelehnt worden war. Es würde daher Treue und Glauben widersprechen, den Vergütungsanspruch jetzt aus § 15 der Pflegesatzvereinbarung 2007 herzuleiten.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung eingelegt mit dem Antrag,

das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17.10.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 8.052,95 Euro zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 4-Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.05.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die Verwaltungsakte der Beklagten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hierauf wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG) und in der Sache auch erfolgreich. Die Klägerin hat einen Anspruch auf vollständige Bezahlung der Krankenhausbehandlung für die Versicherte I. L. im Zeitraum vom 07.02.2007 bis 13.04.2007 gemäß der Abrechnung vom 17.04.2007.

1. Die Versicherte I. L. hat gemäß §§ 2, 27 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung, sofern das Behandlungsziel nicht anderweitig erreicht werden kann und wenn aufgrund der Art und Schwere der Erkrankung die medizinische Versorgung notwendig ist.

Sobald ein Leistungserbringer als zugelassene Klinik eine stationäre Leistung erbringt, findet auf diesem Wege der Leistungsanspruch des Versicherten seine nähere Ausgestaltung nach § 108 SGB V. Gleichzeitig mit der Leistung der Krankenhausbehandlung entsteht spiegelbildlich der Vergütungsanspruch des Krankenhauses, der auf §§ 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V, 7 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz beruht. Der Zahlungsanspruch bestimmt sich mangels Vereinbarung nach § 112 SGB V im Freistaat Bayern letztlich nach den Pflegesatzvereinbarungen, mithin der Vereinbarung für den Vereinbarungs-/Pflegesatzzeitraum, den die Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz abgeschlossen haben (vgl. BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R; Urteil vom 16.12.2008 - B 1 Kn 3/088 KR R).

2. In Würdigung der gesamten medizinischen Dokumentation zur Behandlung der Versicherten I.L. steht fest, dass die Klägerin als Plankrankenhaus nach § 108 Nr. 2 SGB V für die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte I. L. Krankenhausbehandlungsleistungen im Zeitraum vom 07.02.2007 bis 13.04.2007 erbracht hat. Durch die bei ihr tätigen Ärzte hat sie am Aufnahmetag die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit geprüft und in Anwendung der medizinischen Regeln mit konkret benannten gesundheitsbedingten Gründen bejaht im Schreiben vom 07.02.2007. Auch wenn die Beklagte aufgrund von Stellungnahmen des MDK die Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung infrage gestellt hat, ist die stationäre Behandlung der I. L. im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgt. Damit war der Vergütungsanspruch der Klägerin für die erbrachten Krankenhausleistungen entstanden, der ärztlichen Überprüfungspflicht zur Behandlungsbedürftigkeit trotz Krankenhauseinweisung war die Klägerin ordnungsgemäß nachgekommen.

Der mithin entstandene Vergütungsanspruch ist nach der hier anzuwendenden Pflegesatzvereinbarung jeweils drei Wochen nach Zahlungseingang fällig geworden. Nach § 15 der anzuwenden Pflegesatzvereinbarung 2007 war die Beklagte als gesetzliche Krankenversicherung der behandelnden I. L. verpflichtet, innerhalb von drei Wochen nach Rechnungseingang die Zahlung für die Krankenhausbehandlung zu leisten. Daher ist dem hier streitigen prozessualen Anspruch vollumfänglich stattzugeben, ohne dass die Einwände der Beklagten zur Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit der I. L. näher zu untersuchen wären. Nach § 15 der Pflegesatzvereinbarung 2007 hat die Klägerin einen fälligen Zahlungsanspruch. Nur falls sich im Nachhinein herausstellen sollte, dass die gestellten Rechnungen unberechtigt waren, wäre ein zu viel erhaltener Betrag zurückzuzahlen. Dies bedeutet, dass so lange ein Abrechnungsstreit ungeklärt ist, die Klägerin die Zahlung ihrer Abrechnungen verlangen kann, die Beklagte zur Zahlung auch verpflichtet ist. Erst wenn der Abrechnungsstreit geklärt ist, muss binnen drei Wochen eine Korrektur/ein Ausgleich erfolgen. Für den hier vorliegenden Fall einer gerichtlichen Auseinandersetzung gilt nach § 15 der Pflegesatzvereinbarung 2007, dass eine Rückzahlungspflicht erst ab Rechtskraft der Entscheidung binnen einer Frist von drei Wochen bestehen würde. Damit ist dem Zahlungsbegehren der Klägerin vollumfänglich zu entsprechen (Bayer. LSG, Urteil vom 07.02.2012 - L 5 KR 344/11).

3. Entgegenstehende Einwendungen der Beklagten bestehen nicht. Der Anscheinsbeweis der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit infolge der ärztlichen Aufnahmeüberprüfung ist nicht entfallen. Die ärztliche Dokumentation des gesamten Verfahrens belegt, dass sich keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die Entscheidung des Krankenhauses nach den jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten nicht vertretbar gewesen wäre. Insbesondere hat die Klägerin im Schreiben vom 07.02.2007 die Diagnose rezidivierende depressive Störung, zurzeit schwere Episode ohne psychotische Symptome angegeben. Am 08.02.2007 hat die Klägerin in ihrem Kurzbericht als weitere Diagnosen genannt: Sonstige Essstörungen, Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr, essentielle Hypertonie, chronische ischämische Herzkrankheit, seropositive chronische Polyarthritis, mehrere Lokalisationen. Die Dokumentation der Behandlung belegt auch, dass durchaus suizidale Gedanken bei der Versicherten vorhanden waren und dass die Versicherte an einer Bulimie litt. Die dagegen eingeholte Stellungnahme des MDK vom 13.03.2007 lässt hingegen inhaltlich nicht erkennen, weshalb eine stationäre Behandlung der Versicherten nicht angezeigt gewesen wäre. Insbesondere wird nicht näher eingegangen auf die Suizidalität der Versicherten sowie das Zusammenspiel der festgestellten Bulimie mit dem Diabetes mellitus. Eine fundiertere Stellungnahme des MDK ist erst erfolgt am 09.12.2008, also über ein Jahr nach der Entlassung der Versicherten aus dem Krankenhaus der Klägerin.

Die Zahlungs-, Fälligkeits- und Zinsbestimmungen in § 15 Pflegesatzvereinbarung 2007 sind keine überraschenden Regelungen. Sie beruhen auf der Pflicht nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Krankhausentgeltgesetz zur Bestimmung zeitnaher Entgeltzahlung, entsprechend den in Bayern üblicherweise verwendeten Pflegesatzbestimmungen und - wie aus dem Aufdruck der Pflegesatzvereinbarung ersichtlich - auf der üblicherweise im Krankenhausbereich verwendeten Bayerischen-ARGE-Mustervereinbarung (Stand 24.01.2007; vgl. auch Bayer. Landessozialgericht, Urteil vom 04.10.2011 - L 5 KR 14/11).

Die umgehende Zahlungspflicht ist für die Beklagte nicht unzumutbar, denn sie ist mit den Einwendungen nicht ausgeschlossen, vgl. § 15 Pflegesatzvereinbarung 2007. Unzumutbare Härten entstehen durch die umgehende Zahlungspflicht nicht, denn für den Fall der Nichterweislichkeit der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit verbleibt die materielle Beweisführungslast bei der Klägerin (BSG, Urteil vom 30.06.2009 - B 1 KR 24/08 R). Umgekehrt hätte die von der Beklagten angestrebte Vorgehensweise zur Folge, dass die Klägerin gehalten wäre, allein aufgrund einer Einwendung die kurz nach der Krankenhauaufnahme der Versicherten erfolgt, die Versicherte wieder aus der Krankenhausbehandlung zu entlassen, obwohl nach Ansicht der Klägerin die Krankenhausbehandlung erforderlich erscheint.

Schließlich erbringt die Klägerin als Fachklinik für Psychosomatik regelmäßig Behandlungen, die vom sachlichen Zeitbedarf her über der durchschnittlichen Verweildauer in bayerischen Plankrankenhäusern liegen. Damit tritt die Klägerin als Leistungserbringerin regelmäßig in Vorleistung, so dass auf ihrer Seite ein erhöhtes Bedürfnis zu erkennen ist, durch die primäre Zahlungspflicht der Krankenversicherungen und das erst daran anschließende Klärungsverfahren ihren Leistungsbetrieb zu sichern und so ihrem Versorgungsauftrag als Plankrankenhaus nachzukommen.

4. Aus den Grundsätzen von Treu und Glauben, die im Verhältnis zwischen den Krankenhäusern und der Krankenkassen anzuwenden sind, ergibt sich nichts Anderes. Auch wenn der MDK ebenso sowie Herr Dr. K. in seinem Gutachten vom 16.04.2012 zu der Auffassung gelangt sind, dass die Versicherte in dem streitigen Zeitraum einer vollstationären Behandlung nicht bedurfte, lassen die entgegenstehenden Ausführungen von Dr. B. in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht wie auch die ärztliche Dokumentation des Klinikaufenthalts der Versicherten erkennen, dass die stationäre Behandlung aus medizinischen Gründen erforderlich war. Da das Ergebnis der Beweisaufnahme nicht zu einem unumstößlichen Ergebnis geführt hat, ist es von Seiten der Klägerin nicht treuwidrig, die Forderung entsprechend der Pflegesatzvereinbarung geltend zu machen.

Auf die Berufung der Klägerin ist somit das abweisende Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Beklagte antragsgemäß zu verurteilen. Die Verzinsung erfolgt wie beantragt, ab dem 12.05.2007 entsprechend der Bestimmung in § 15 Pflegesatzvereinbarung 2007.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt derjenigen der ersten Instanz (§ 47 Abs. 2 Satz 1 GKG) und entspricht der Höhe der streitigen Forderung.

Gründe zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht erkennbar.
Rechtskraft
Aus
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