Sulzbach-Rosenberg
17.10.2019 - 15:52 Uhr

Fallpauschalen-System an Krankenhäusern: "Gewinne aus kranken Menschen ziehen"

Die Diskussion um den Erhalt der Krankenhäuser hält an. Und mit der Aussage, dass das Fallpauschalen-System für wirtschaftlichen Druck an Kliniken sorgt, gibt es weiteren Gesprächsstoff. Auslöser ist der Film "Der marktgerechte Patient".

Keine gute Entwicklung sehen Dr. Armin Rüger (links) und Karl-Heinz König mit dem Fallpauschalen-System an den Krankenhäusern.

"Krankenhäuser müssen heutzutage Gewinn machen, heißt es. Warum? Das zeigt der Dokumentarfilm ,Der marktgerechte Patient' am Donnerstag, 24. Oktober, um 19 Uhr im Capitol", sagt Dr. Armin Rüger. Er ist Landesvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG).

Gemeinsam mit Karl-Heinz König, Vorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA) im Unterbezirk lädt er zu diesem Abend, bei dem das sogenannte Fallpauschalen-System auf dem Prüfstand steht. Im Interview nennen die beiden Sozialdemokraten Hintergründe zur Thematik.

ONETZ: Auf welchen Inhalt dürfen die Besucher gespannt sein?

Armin Rüger: Im Film sprechen Ärzte, Pfleger und Patienten offen über die Auswüchse des Fallpauschalen-Systems (Diagnosis Related Groups/DRG), das es seit 15 Jahren gibt und aus Australien stammt. Dabei wurde jede Krankheit mit einem fixen Preis versehen. Die Filmemacherin Leslie Franke folgert daraus, dass dadurch nicht mehr der Patient im Mittelpunkt steht, sondern der Erlös, der sich mit ihm erzielen lässt. Ihr geht es auch nicht um Skandalisierung, sondern um Aufklärung.

ONETZ: Welche Folgen hat der Wettbewerbsdruck für Krankenhäuser?

Karl-Heinz König: Die Dokumentation führt vor Augen, dass die Fallpauschalen nicht nur die Existenz vor allem kleinerer, breit aufgestellter Kommunaler Krankenhäuser, die eine Rundumversorgung anbieten, gefährdet, sondern im Extremfall auch das Leben von Patienten, die an einer finanziell nicht lukrativen Krankheit leiden. Kostendruck führte zu Stellenabbau und dadurch zu einer Mehrbelastung des verbliebenen Personals, das so weniger Zeit für die Patienten aufwenden kann.

ONETZ: Wie läuft das Fallpauschale-System in der Praxis?

Armin Rüger: Nach dem Filminhalt sei es das Ziel, immer mehr Fälle in immer kürzerer Zeit abzuwickeln und verstärkt Behandlungen durchzuführen, die hohe Fallpauschalen erwarten lassen. Beispielsweise werden Operationen gut entlohnt, während die mit 30 Euro dotierte Aufnahme von Notfallpatienten für die Krankenhäuser ein Verlustgeschäft darstellt. All das trägt zudem zu einer fortschreitenden Entmenschlichung in den Kliniken bei. Filmemacherin Leslie Franke sieht eine Gesellschaft, die völlig den Halt verloren hat, weil man versucht, aus kranken Menschen Gewinne zu ziehen.

ONETZ: Wie kann dieser Entwicklung begegnet werden?

Karl-Heinz König: Wir wollen mit dem Filmabend auf diese unserer Meinung nach ungeheuerliche Praxis aufmerksam machen und für das Thema sensibilisieren. Wir weisen keine Schuld zu, sondern fordern die Politik auf, die Weichen so zu stellen, dass die Krankenhäuser finanziell besser ausgestattet werden. Denn die Investitionen der öffentlichen Hand steigen nicht so wie die Aufwendungen für Personal und Patienten.

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