BGH bestätigt Urteil gegen Krankenpfleger wegen Tötung zahlreicher Patienten

Die Verurteilung des Ex-Krankenpflegers Niels Högel wegen Tötung seiner Patienten ist rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hat die Revisionen des Angeklagten sowie eines Nebenklägers verworfen. Das Landgericht Oldenburg hatte ihn wegen Mordes in 85 Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die besondere Schwere der Schuld festgestellt und ihm lebenslang verboten, in der Kranken- und Altenpflege oder im Rettungswesen tätig zu sein.

Högel hatte sich Bewunderung von Kollegen und Ärzten erhofft

Nach den vom LG getroffenen Feststellungen war der Angeklagte in Kliniken zunächst in Oldenburg und später in Delmenhorst als Krankenpfleger in der Intensivmedizin tätig. Er tötete im Zeitraum von Februar 2002 bis Juni 2005 85 Patienten, indem er ihnen medizinisch nicht indizierte Medikamente verabreichte, die zu einem Herzstillstand oder Zusammenbruch des Kreislaufs führten. Dabei ging es ihm in erster Linie darum, sich danach um die Reanimation der Patienten bemühen zu können. Wegen seiner besonderen Fähigkeiten bei dieser Behandlung versprach er sich im Fall einer erfolgreichen Wiederbelebung die Bewunderung von Kollegen und Ärzten sowie dankbarer "geretteter" Patienten. Er nahm allerdings in Kauf, dass seine Bemühungen scheitern und die Patienten zu Tode kommen können. Tatsächlich waren die Reanimationsversuche – soweit es überhaupt hierzu kam – in den abgeurteilten Fällen erfolglos, so dass die Patienten binnen kurzer Zeit verstarben.

Motive für Tötung als niedrige Beweggründe gewertet

Das LG hatte die Motive des Angeklagten für die Tötung als niedrige Beweggründe gewertet. In der Mehrzahl der Fälle hat es auch das Mordmerkmal der Heimtücke angenommen, weil der Angeklagte die Arglosigkeit der Patienten beziehungsweise – soweit diese bei seinen Handlungen schliefen oder bewusstlos waren – seiner insoweit an die Stelle der Patienten tretenden Kollegen ausnutzte. In mehreren Fällen lag nach Ansicht des LG allerdings kein heimtückisches Vorgehen vor, weil zum Zeitpunkt dieser Taten die Kollegen und Ärzte dem Angeklagten gegenüber bereits misstrauisch und damit nicht mehr arglos waren. Vom Vorwurf, weitere 15 Personen ermordet zu haben, hatte das LG Högel freigesprochen.

Entscheidung rechtskräftig

Der Angeklagte hatte mit seiner Revision Verfahrensfehler sowie sachlich-rechtliche Mängel des angefochtenen Urteils geltend gemacht. Zudem hatte sich ein Nebenkläger mit der Sachrüge gegen den Freispruch in einem Fall gewandt, in dem das LG sich von einer Tötungshandlung des Angeklagten nicht hatte überzeugen können. Die hierauf veranlasste Überprüfung des Urteils und des Verfahrens durch den Dritten Strafsenat hat aber keine Rechtsfehler ergeben. Daher sind sämtliche Rügen ohne Erfolg geblieben. Das Urteil ist somit rechtskräftig.

BGH, Beschluss vom 01.09.2020 - 3 StR 624/19

Redaktion beck-aktuell, 11. September 2020.