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Geschäftsführer der Main-Kinzig-Kliniken: Corona macht massive Geldprobleme - Mehr als 200 Mitarbeiter infiziert

Die Main-Kinzig-Kliniken, hier das Krankenhaus in Schlüchtern, sind von der zweiten Corona-Welle deutlich mehr gefordert.
Die Main-Kinzig-Kliniken, hier das Krankenhaus in Schlüchtern, sind von der zweiten Corona-Welle deutlich mehr gefordert. © Walter Kreuzer

„Die Belastung der Mitarbeiter durch Covid-19 liegt schon jetzt deutlich höher als im Frühjahr“, betont Dieter Bartsch. Der Geschäftsführer der Main-Kinzig-Kliniken fordert zudem eine „grundsätzliche Änderung des Finanzierungssystems“ der Krankenhäuser.

Region - 450 Covid-19-Patienten – davon 90 auf den Intensivstationen – seit Mitte Oktober und obendrein eine „hoch angespannte Personalsituation im November“ fordert bei den Main-Kinzig-Kliniken Konsequenzen. „Seit Mitte November konzentrieren wir uns auf die Versorgung der Covid-Patienten sowie die Akut- und Notfallversorgung“, erklärt Dieter Bartsch. Und: „Patienten, die eine absolut dringliche Behandlung benötigen, werden aber selbstverständlich aufgenommen.“

Main-Kinzig-Kreis: Corona macht Klinik Geldsorgen - Mehr als 200 Mitarbeiter infiziert

Dabei gehe es weniger darum, Betten für Covid-19-Patienten freizuhalten. „Wir brauchen nicht nur Betten, sondern auch ausreichend Mitarbeiter“, betont der 61-Jährige. Auch im Frühjahr, zu Beginn der Pandemie, seien über einen Zeitraum von zwölf Wochen „diverse Behandlungen nicht durchgeführt worden. Einige sind dann im Lauf des Sommers nachgeholt worden“. Doch die zweite Welle fordere die Kliniken „deutlich mehr“ – auch weil sich inzwischen mehr als 200 Mitarbeiter mit dem Virus infiziert haben.

Die Folgen liegen auf der Hand: Im Dezember 2020 lag die Auslastung der Betten „bei etwa 60 bis 65 Prozent des Vorjahreswertes. Für Januar und Februar erwarten wir ähnliche Zahlen. Es fehlen also in diesen Monaten jeweils 35 bis 40 Prozent Patienten“, sagt der Klinikchef und rechnet dagegen: „Wir haben aber dieselbe Anzahl an Mitarbeitern beschäftigt, die auch gebraucht werden. Und durch die Versorgung der Covid-Patienten haben wir deutlich mehr Arbeit und höhere Ausgaben.“ (Bleiben Sie mit unserem Corona-Ticker für den Main-Kinzig-Kreis auf dem Laufenden)

Geschäftsführer Dieter Bartsch beklagt geringe Ausgleichszahlungen.
Geschäftsführer Dieter Bartsch beklagt geringe Ausgleichszahlungen. ©  Main-Kinzig-Kliniken

Das Problem dabei: Das Abrechnungssystem mit Fallpauschalen – je nach Krankheitsbild erhält das Krankenhaus einen festen Betrag – ist darauf nicht ausgelegt: „Unser übliches Abrechnungssystem ist nicht in der Lage, die finanziellen Folgen dieser Krise für die Kliniken auszugleichen.“ Das sei den Verantwortlichen bereits im Frühjahr 2020 bewusst gewesen. Deshalb stellte die Bundesregierung einen finanziellen Schutzschirm auf. Dieser hat auch den Main-Kinzig-Kliniken geholfen – zumindest im Frühjahr und Sommer, wie Bartsch erläutert. „Die bis Juli zur Verfügung gestellten Mittel waren zwar knapp, haben aber die finanzielle Lage entlastet. Seit Mitte November gibt es eine Ausgleichszahlung, die allerdings um zehn Prozent im Vergleich zum Frühjahr reduziert wurde. Das passt nicht.“

Bartsch: Corona-Ausgleichszahlungen sind zu knapp

Ähnlich sieht das die Deutsche Krankenhausgesellschaft in einer Pressemitteilung vom Montag. Sie kritisiert, dass diesmal „nur ein begrenzter Kreis von Krankenhäusern Ausgleichszahlungen für pandemie-bedingte Erlösausfälle erhält“ und diese „zudem in 14 Tagen auslaufen“. Gefordert wird „eine verlässliche wirtschaftliche Perspektive bis zum Jahresende“. Während im Frühjahr wöchentlich 315 Millionen Euro Ausgleichszahlungen an alle Krankenhäuser, die ihre Leistungen begrenzen mussten, gezahlt wurden, sind es laut Deutscher Krankenhausgesellschaft derzeit nur 126 Millionen Euro.

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Die Krankenhäuser sind laut Bartsch „seit Jahren unterfinanziert. Uns standen nie wirtschaftliche Reserven zur Verfügung. Die Pandemie macht nun deutlich, wo die eigentlichen Probleme liegen: Die Kliniken wurden durch massive Fehlentwicklungen im Finanzierungssystem runtergespart und zugleich die Bürokratie auf ein vollkommen inakzeptables Maß angehoben“, legt der Klinikchef seine Sicht der Dinge dar.

Sein Lösungsansatz: „Wir müssen weg von der Einzelfallvergütung hin zu einer Budgetpauschale für Notfallstandorte. Wir wollen ausreichend gute Ärzte und Pflegekräfte einstellen können und dabei die Gewissheit haben, dass diese Mitarbeiter auch dauerhaft finanziert sind – unabhängig davon, ob Patienten nachts als Notfall kommen oder nicht.“ Das Finanzierungssystem müsse „die Menschen im Blick haben, Patienten wie Mitarbeiter. Das ist heute nicht so“, bedauert der Geschäftsführer.

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