Coronavirus : Krankenhäuser befürchten Pleitewelle
- -Aktualisiert am
Krankenhäuser unter großem Druck. Bild: dpa
Kliniken müssen in der Corona-Krise gutbezahlte Operationen absagen, den Reha-Einrichtungen laufen die Patienten weg. Weil sie zugleich teure Schutzausrüstung kaufen müssen, warnt der Verband vor einem Kliniksterben.
Weil sie sich fast ausschließlich auf die Corona-Krise vorbereiten sollen, sehen die deutsche Krankenhäuser eine Pleitewelle auf sich zurollen. Die normalen Einnahmen durch planbare Operationen brächen weg, die Kosten nähmen in der Pandemie aber noch zu, etwa durch die Bestellung von Schutzausrüstung und Atemgeräten, kritisierte der Präsident der hessischen Krankenhausgesellschaft Christian Höftberger, gegenüber FAZ.NET: „Wir brauchen jetzt schnell und unbürokratisch Geld, sonst sind die Krankenhäuser insolvent, bevor die Krankheitswelle sie überhaupt erreicht.“
Allein in Hessen gebe es 130 Kliniken. Große Krankenhausträger gäben derzeit jeden Monat siebenstellige Beträge aus, um für Covid-19 gewappnet zu sein. „Denen fehlt es brutal an Liquidität“, sagt Höftberger. Hinzu kämen die Probleme in den Rehabilitationskliniken. Diese hätten derzeit keine normalen Patienten und somit keine Einnahmen, würden aber in Ersatzkrankenhäuser umgebaut, um die Intensivstationen zu entlasten. „Die schicken die Belegschaft in Kurzarbeit, aber trotzdem laufen die meisten Kosten ja weiter, das halten sie nicht lange aus, bevor sie dichtmachen müssen“, warnte Höftberger.
Die zur Wochenmitte angekündigte Liquiditätsspritze der gesetzlichen Krankenversicherungen für die Krankenhäuser komme zu spät und sei zu bürokratisch, kritisierte der Verbandspräsident. Er schlägt stattdessen vor, sofort die riesigen Reserven im Gesundheitsfonds und in den Krankenkassen zur Krisenfinanzierung einzusetzen. Diese Rücklagen betragen etwa 30 Milliarden Euro.
Höftberger sagte: „Wir haben keine Zeit zu verlieren. Wir können die Pandemie nur überleben, wenn wir schnell und entschieden reagieren.“ Neben den Finanzhilfen bedürfe es auch eines „Abbaus des Bürokratiewahnsinns“. So kämen die Ärzte des Medizinischen Dienstes (MD) der Krankenkassen zur Fallbegutachtung nicht mehr in die Kliniken, sondern die Krankenhausmitarbeiter müssten die Akten ausdrucken, digitalisieren und an den MD schicken. „Das bindet Personal, das wir in der Corona-Krise dringend brauchen“, monierte Höftberger.
Er plädiert dafür, während der Ausnahmesituation vollständig auf die MD-Prüfungen zu verzichten. Dann könnten die etwa 2000 MD-Ärzte auch in der Krankenversorgung eingesetzt werden. „40 Prozent der ärztlichen Arbeitszeit geht für Bürokratie drauf, das können wir uns in diesen schwierigen Zeiten nicht leisten.“
Laut Helios, der größten privaten Klinikkette in Deutschland, ist es noch zu früh zu sagen, wie sich Corona auf das operative Geschäft auswirkt. „Wir wissen, dass es laufende Gespräche zu einem Rettungsschirm gibt. Derzeit liegt der Fokus aber auf dem Alltagsgeschäft, unsere Häuser und Mitarbeiter fit zu machen, für das, was noch kommt“, sagte eine Sprecherin des Unternehmens. Die Tochtergesellschaft des Gesundheitskonzerns Fresenius betreibt 86 Akuthäuser, 123 medizinische Versorgungszentren und sieben Präventionszentren in Deutschland und mit Quirónsalud weitere 51 Kliniken vorwiegend in Spanien. Helios könnte hierzulande 900 Intensivbetten mit entsprechenden Beatmungsgeräten bereitstellen und weitere 600 Betten dazu umwandeln. Zudem habe man unternehmensweit eine „mobile Einheit“ eingerichtet, die alle übrigen Beatmungsgeräte verzeichnet, die vorgehalten werden, um sie zu „Spitzenzeiten“ flexibel dorthin zu bringen, wo sie gebraucht werden, sagte die Sprecherin. Ein Krisenstab mit der Geschäftsführung und den leitenden Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen tage täglich, auch in den jeweiligen Krankenhäusern gebe es Krisenstäbe. Schon vor einigen Wochen habe man die Pandemiepläne angepasst und die Mitarbeiter geschult. Wie viele geplante Operationen nun abgesagt werden, könne man noch nicht sagen.