Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S141
DOI: 10.1055/s-0040-1717492
Vortrag
DKOU20-667 Allgemeine Themen>19. Polytrauma

Deckt das deutsche DRG-System die Kosten der Polytraumaversorgung?

N Schopow
*   = präsentierender Autor
1   Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig
,
S Nüesch
2   Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Lehrstuhl für Unternehmensführung, Münster
,
A Botzon
3   Universitätsklinikum Leipzig AöR, Finanzen, Planung und Controlling, Leipzig
,
C Josten
1   Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig
,
J Fakler
1   Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig
,
G Osterhoff
1   Universitätsklinikum Leipzig AöR, Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Plast. Chirurgie, Leipzig
› Author Affiliations
 

Fragestellung Die Kernkompetenz eines überregionalen Traumazentrums ist die Versorgung von schwer- und schwerstverletzten Patienten. Diese ist mit hohen Personal-, Material- und Vorhaltekosten verbunden. Mit der Umstellung auf das German Diagnosis Related Group [G-DRG]-System im Jahr 2003 wurde ein Fallkostenpauschalsystem für die Abrechnung stationärer Patienten eingeführt und seitdem wiederholt eine erhebliche Unterdeckung der Kosten bei der Gruppe der Polytraumapatienten mit hohem Ressourcen-Verbrauch festgestellt.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Kosten der Behandlungsfälle polytraumatisierter Patienten den Erlösen gegenüberzustellen und auf dieser Basis zu eruieren, ob die Behandlung von Schwerverletzten aktuell kostendeckend erfolgen kann.

Methodik Es handelt sich um eine monozentrische, retrospektive Studie (EbM-Level III). Im Jahr 2017 wurden 834 Patienten über den chirurgischen Schockraum aufgenommen, davon erfüllten 258 die Einschlusskriterien des TraumaRegisters DGU® (ISS ≥ 16/≥ 9 + intensivmedizinischer Behandlung). Es erfolgte die patientenindividuelle Ermittlung der Kosten in den Modulen “Schockraum”, “OP”, “Intensivstation” und “Normalstation” sowie “andere Behandlungskosten” und “Overhead” (Dokumentation, Organisation und Zertifizierung) und der Erlöse krankenhausbezogen und entsprechend des Bundesbasisfallwerts. Für die Jahre 2018-2021 wurden die Kosten und Erlöse kalkuliert.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Eingeschlossen wurden 258 Patienten (männlich 72 %, Durchschnittsalter 54 a), davon wurden 65 % primär behandelt. Im Durchschnitt lag der ISS bei 23 Punkten, 51 % der Patienten hatten einen AIS Kopf ≥ 3 und 28% waren intubiert bei Vorstellung im Schockraum. Die Behandlungslänge im Schockraum betrug im Durchschnitt 37 min, auf der Intensivstation 8 d und insgesamt 18 d. Es verstarben 37 Patienten (14,3 %) an den Verletzungen oder ihren Folgen. Im Behandlungsjahr 2017 (Anteil an Gesamtkosten) entstanden Kosten pro Patient in den Modulen “Schockraum” von 1.362 € (6 %), “OP” von 3.651 € (16 %), “Intensivstation” von 10.292 € (46 %), “Normalstation” von 3.926 € (17 %), “andere Behandlungskosten” von 2.583 € (11 %) und “Overhead” von 679 € (3 %). Im Vergleich der Gesamtkosten und der Erlöse entsprechend des Bundesbasisfallwerts ergibt sich nach G-DRG 2017 ein Defizit von 3.127 € und prognostiziert im Jahr 2021 ein Defizit von 5.294 € pro behandeltem Polytrauma.

Diese Studie vergleicht die Vergütung nach G-DRG mit den angefallenen Behandlungskosten von schwerverletzten Patienten an einem universitären Maximalversorger (Level-1-Traumazentrum). In den betrachteten Jahren kann die Behandlung der Patienten nicht kostendeckend erfolgen, sondern die Teilnahme an der Schwerverletztenversorgung in Deutschland bedeutet eine erhebliche Kostenbelastung für die Krankenhäuser.

Stichwörter Polytrauma, Kosteneffizenz, DRG, Traumazentrum



Publication History

Article published online:
15 October 2020

© 2020. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany