Krankenhäuser - Stuttgart:Verdi lehnt weitere Klinik-Schließungen im Südwesten ab

Baden-Württemberg
Eine Krankenpflegerin schiebt ein Krankenbett durch einen Gang einer Station. Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Stuttgart (dpa/lsw) - Verdi-Landeschef Martin Gross fordert einen sofortigen Stopp des Abbaus von Betten an den Krankenhäusern. Gross sagte in Stuttgart: "Die Schließung von weiteren Krankenhäusern muss nun ein Ende haben. Die Corona-Krise hat uns allen vor Augen geführt, wie wichtig die entsprechenden Kapazitäten für eine gute Gesundheitsversorgung sind." Die weitere Ökonomisierung des Gesundheitswesens müsse gestoppt werden. Sonst drohten bei der nächsten großen Krise auch hierzulande Zustände wie in Italien oder den USA.

Nach Angaben der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG) wurden in den vergangenen zehn Jahren pro Jahr zwei bis drei Kliniken in Baden-Württemberg geschlossen. Die Bettendichte ist demnach mit 508 Krankenhausbetten je 100 000 Einwohner die niedrigste im Bundesgebiet. Der Bundesdurchschnitt liege bei 602 Betten. "In den vergangenen Jahren wurde starker Druck auf die Krankenhäuser in Baden-Württemberg ausgeübt, um den Strukturwandel voranzutreiben", sagte Hauptgeschäftsführer Matthias Einwag.

Welche Konsequenzen die Corona-Krise auf die künftigen Krankenhausstrukturen haben werde, wage er nicht zu prognostizieren. Die Funktion der Krankenhäuser als Absicherung in medizinischen Krisenzeiten müsse aber ein größeres Gewicht bekommen, forderte Einwag. Mittlerweile dürfte jedem bewusst sein, dass die Kliniken mit einer jahresdurchschnittlichen Auslastung von 75 Prozent keineswegs ineffizient seien, was ihnen in den vergangenen Jahren immer wieder vorgeworfen worden sei. "Sie sind im Gegenteil sogar zwingend erforderlich, um die Bevölkerung in Krisenfällen mit deutlich steigenden Patientenzahlen absichern zu können", sagte Einwag. Dass die Strukturveränderungen der letzten Jahre rückgängig gemacht werden, sehe er allerdings nicht.

Verdi-Landeschef Gross erklärte weiter, nicht jede Klinik müsse eine Vollversorgung anbieten. "Kleinere Häuser müssen sich spezialisieren können und auch Belegbetten für niedergelassene Ärzte verstärkt anbieten. Denn diese Betten kann man dann im Notfall zu Intensivbetten aufrüsten. Wo keine Betten mehr sind, geht das auch in einer Pandemie nicht."

Außerdem zeige die gegenwärtige Krise schonungslos: "Beim Personal wurde in den letzten Jahrzehnten zu viel gespart, auf Kosten der Gesundheit der Beschäftigten und auch der Patientinnen und Patienten. Das gilt für das Pflegepersonal genauso wie für die Reinigungskräfte, die entscheidend für die Hygiene zuständig sind." Auch das Land sei in der Pflicht, mehr Mittel für die Krankenhäuser zur Verfügung stellen. Die Verbesserungen der vergangenen Jahre reichten noch lange nicht aus.

In diesem Jahr will das Land 511 Millionen Euro in die Kliniken investieren, wie Sozialminister Manne Lucha (Grüne) mitteilte. "Unser Ziel bleibt es, Krankenhäuser in die Lage zu versetzen, eigenständig zu arbeiten und langfristig überlebensfähig zu sein." Dazu gehöre auch, Konzentrationen und Schwerpunktbildungen im Krankenhauswesen zu schaffen. "Welche langfristigen Konsequenzen letztlich aus der Krise zu ziehen sind, werden wir danach genau analysieren und dementsprechend unsere Schlüsse ziehen."

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