Urteil: Uniklinikum steht nach Transplantationsskandal Vergütung zu

Urteil: Uniklinikum steht nach Transplantationsskandal Vergütung zu

Kassel (epd). Das Uniklinikum Göttingen bleibt nach der Manipulation von Patientendaten für Organtransplantationen nicht auf den Behandlungskosten sitzen. Auch wenn der frühere verantwortliche Oberarzt die Daten von zwei Patienten so geändert hat, dass diese auf der Warteliste für eine Spenderleber bei der Organverteilungsstelle Eurotransplant als besonders dringlich eingestuft wurden, muss die Krankenkasse die Kosten für die medizinisch angezeigten Transplantationen voll erstatten, wie am Dienstag das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel urteilte (AZ: B 1 KR 3/22 R).

Hintergrund des Rechtsstreits ist der sogenannte Göttinger Transplantationsskandal. Das Uniklinikum hatte nach einem anonymen Hinweis im Juli 2011 entdeckt, dass der frühere Leiter der Transplantationschirurgie Patientendaten manipuliert hatte. So sollten die Kranken bei der im niederländischen Leiden ansässigen Eurotransplant-Stiftung auf einer Warteliste als besonders dringlich für eine Spenderleber eingestuft werden. Acht Länder wie Deutschland, Belgien oder Ungarn nehmen an dem verbindlichen Organverteilsystem teil.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Chirurgen unter anderem versuchten Totschlag vor. Denn indem er „seine“ Patienten auf der Warteliste hochstufen ließ, seien andere, die das Organ dringlicher brauchten, gestorben. Der Bundesgerichtshof sprach den Arzt allerdings frei, da er Gesundheitsschäden oder den Tod von Patienten nicht in Kauf genommen habe. Die Manipulation von Patientendaten sei damals auch nicht strafbar gewesen (AZ: 5 StR 20/16).

In zwei Fällen wollte eine Krankenkasse die erfolgten Lebertransplantationen ihrer Versicherten wegen der manipulierten Daten nicht bezahlen. Insgesamt ging es um über 157.000 Euro. Die Organtransplantationen seien rechtswidrig erfolgt, da die Versicherten nach dem Eurotransplant-System noch gar nicht dran waren. Auch das Transplantationsgesetz verlange eine Chancengleichheit und Verteilungsgerechtigkeit bei der Organvergabe.

Doch das BSG urteilte, dass dem Uniklinikum die Vergütung zustehe. Maßgeblich für den Vergütungsanspruch sei, dass die Lebertransplantationen medizinisch erforderlich waren und nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt wurden. Ein Verstoß gegen das Qualitätsgebot, welches sich auf die Vergütung auswirken könne, habe mit den manipulierten Patientendaten nicht vorgelegen. So dienten die Eurotransplant-Regelungen der Verteilung von Spenderorganen und nicht der Qualitätssicherung.

Der Gesetzgeber habe 2013, und damit nach den Vorfällen, die Manipulation von Patientendaten für Organtransplantationen zwar unter Strafe gestellt, der Vergütungsanspruch für erfolgte Transplantationen sei aber dabei auch nicht ausgeschlossen worden, stellten die obersten Sozialrichter fest.