Abrechnungsprüfung

Medizincontrolling muss 2022 dicke Bretter bohren

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Medizincontrolling muss 2022 dicke Bretter bohren
Herbstsymposium der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling (DGfM) in Berlin © DGfM

Die Reform der Abrechnungsprüfung wird 2022 voll zur Entfaltung kommen. Auf dem Herbstsymposium der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling (DGfM) waren Prüfquote, elektronische Datenübermittlung, Verfahrensordnung und Strukturprüfungen die Topthemen.

Vor allem wegen der Strukturprüfungen kochen die Emotionen in Kliniken derzeit hoch. Viele Häuser warten auf ihren Bescheid, weil ein Streit um die oft schwammigen OPS-Kodes entbrannt ist: Stein des Anstoßes ist ein Begutachtungsleitfaden des Medizinischen Dienstes (MD). Nach Protesten von Kliniken beauftragte das Gesundheitsministerium (BMG) im September das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) damit, einige Komplexkodes zu präzisieren. Ein entsprechender Entwurf des BfArM wird derzeit intensiv diskutiert. Kassen, Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und Fachärzteverbände haben ihre Kommentierung abgegeben. In der dritten Oktoberwoche soll das BfArM den gesamten OPS-Katalog inklusive der vom BMG geforderten Änderungen veröffentlichen.

MD-Ärztin Haid: „Wir sind an Konkretisierungen interessiert“

Dr. Kerstin Haid, Leitende Ärztin des MDS, erklärte als Gastrednerin auf dem Herbstsymposium: „Unser Begutachtungsleitfaden soll eine einheitliche Auslegung für alle Medizinischen Dienste sicherstellen.“ Der Leitfaden basiere  unter anderem auf bereits bestehenden Urteilen, gesetzlichen Festlegungen und Definitionen von Fachgesellschaften. Alle Unklarheiten der OPS-Kodes könne der Leitfaden aber nicht auflösen, unterstreicht Haid. Den strittigen Satz im Leitfaden, dass Stationen, die intensivmedizinische Komplexbehandlung machen, in der „Intensivmedizin erfahrene“ Ärzte brauchen, verteidigte sie. Dass diese Vorgabe so vage sei, liege nicht am MD. „Wir sind an einer Konkretisierung interessiert, die gibt es aber aktuell nicht“, bemängelt Haid. Nachdem die Kliniken diese Formulierung kritisiert hatten, hatte das BfArM ihn in seinem Änderungsentwurf ersatzlos gestrichen.

Strukturprüfer Krokotsch: 30-Minuten-Regel ist durch Rufbereitschaft abbildbar

Auch Dr. Andreas Krokotsch, Leiter der Arbeitsgruppe OPS-Strukturprüfung beim MD, spielt den Ball ins Feld des BfArM (und an die Selbstverwaltung) zurück: „Wir begrüßen die Klarstellungen durch das BfArM. In Zukunft würden wir uns aber freuen, wenn Strukturmerkmale vorab klar definiert werden.“ Krokotsch geht auf einen weiteren strittigen Punkt des Leitfadens ein: die Behandlungsleitung vor Ort. „Wir verstehen diesen allgemeinen Hinweis so, dass nicht eine Person, sondern eine Funktion gemeint ist. Daraus leitet sich für uns ab, dass dies nicht von einer Person geleistet wird. Das Krankenhaus benötigt bei Abwesenheit eine entsprechende Vertretung, damit diese Funktion abgebildet werden kann.“ Auch hier hat das BfArM in seinem Änderungsentwurf den Leitfaden des MD gestutzt. Es gibt aber auch Signale der Annäherung: Die 30-Minuten-Regel (Facharzt muss in bestimmten Fällen innerhalb von 30 Minuten vor Ort sein) ist für Krokotsch übrigens auch durch Rufbereitschaft abbildbar: „Solche Modelle können funktionieren. Dafür brauchen wir aber zusätzliche Belege.“

Prüfquote: Strategiespiele von Kassen und Kliniken

Ein weiteres Thema, das viele Krankenhäuser bewegt, sind die Prüfquoten. Auch hier gilt das Prinzip: Das neue Prüfregime soll das Prüfaufkommen verringern: Dafür gelten ab 2021 quartalsbezogene Prüfquoten je Krankenhaus. Der Prüfumfang durch die von den Kassen beauftragten Medizinischen Dienste richtet sich künftig danach, wie häufig es bei einer Klinik im vorvergangenen Quartal zu negativen MD-Gutachten kam. Je höher der Anteil korrekter Rechnungen ist, desto niedriger fällt die Prüfquote im Folgezeitraum aus und umgekehrt. Bei einer Fehlerquote von mehr als 60 Prozent dürfen künftig nur noch 15 Prozent der Rechnungen geprüft werden, bei einer Fehlerquote zwischen 40 und 60 Prozent sind es zehn Prozent und bei weniger als 40 Prozent Fehlerquote höchstens fünf Prozent.

DGfM-Gründer Dr. Sascha Baller sprach auf dem Herbstsymposium über strategische Überlegungen beider Seiten. Einige Kassen könnten bei der Prüfung auf eine Fehlerquote zwischen 40 und 60 Prozent abzielen. Die Mittel, das zu steuern gibt es, etwa in dem man den MD zu einem bestimmten Zeitpunkt mit bestimmten strittigen Fällen beauftragt oder Bescheide zu einem bestimmten Zeitpunkt zustellt. Krankenhäuser die allerdings noch schlechter abschneiden und beispielsweise nur 20 Prozent korrekter Rechnungen erreicht, werden schwere Probleme bekommen, prognostiziert Baller. Denn viele Prüfanfragen und hohe Strafzahlungen sind dann die Folge. Krankenhäuser müssen für fehlerhafte Abrechnungen erstmals eine Strafgebühr zahlen: mindestens 300 Euro, maximal jedoch zehn Prozent des durch die Prüfung geminderten Abrechnungsbetrags. Bislang mussten Kliniken bei einer nachgewiesenen Falschabrechnung nur den zu viel berechneten Betrag zurückzahlen. „Ich kenne Krankenhäuser, die rasen auf eine Wand zu und wissen nicht, dass der Bremsweg nicht reicht“, warnt Baller. Er rät den Kliniken, die Anzahl der Prüfaufträge und der Schlussrechnungen zu monitoren. Außerdem empfiehlt er: „Machen Sie möglichst MD-Prüfungen vor Ort.“ Um die Anzahl der minderungsfähigen Schlussrechnungen zu verringern, rät der Medizincontroller, den Tatbestand „Primäre Fehlbelegung“ zu vermeiden. „Rechnen Sie keine Patienten ab, die auch ambulant behandelt werden könnten.“

DGfM-Chef Schroeders: Elektronische Datenübermittlung ist eine Erleichterung

Moderator und DGfM-Vorstand Dr. Jörg Liebel bemängelte auf der Veranstaltung, dass der MDK in Zukunft entscheiden dürfe, ob er vor Ort prüft oder nur die Akten einsehen will. Darauf antwortete Kerstin Haid: „Ich glaube nicht, dass sich Medizinische Dienste grundsätzlich weigern, ins Krankenhaus zu gehen. Gleichzeitig müssen wir alle effizient arbeiten, und es gibt auch viele Konstellationen, in denen die Vorlage von Unterlagen für eine gute Prüfung ausreicht. Ich gehe davon aus, dass die Kolleginnen und Kollegen vor Ort gemeinsam mit den Krankenhäusern gute Wege finden.“

In diesem Zusammenhang ist auch die Pflicht der Kliniken zur elektronischen Datenübermittlung relevant. „Ich empfehle, Kliniken, bei der Digitalisierung nicht den Minimalkonsens umzusetzen“, resümiert DGfM-Vorstandsvorsitzender Dr. Nikolai von Schroeders. Die Pflicht zur digitalen Datenübermittlung sei eine große Chance. „Ein Problem mit den Akten ist, dass sie nach der Behandlung keiner hergeben will, weil die Abteilungen sie noch brauchen. Besonders schwierig wird das Thema bei Privatpatienten, denn dann braucht auch der Chefarzt die Akte für die Privatliquidation.“ Ein digitales Dokumentations- und Zugriffssystem kann an dieser Stelle viel erleichtern, so von Schroeders.

Autor

 Jens Mau

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