S 72 KR 2402/13

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
72
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2402/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 106/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Behandlungsmethoden, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, sind nicht von vornherein im Rahmen einer Krankenhausbehandlung ausgeschlossen (Anschluss an LSG Baden-Württemberg – L 11 KR 206/18, Abweichung von BSG vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R).
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.257,02 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.02.2013 zu zahlen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Vergütung für erbrachte Krankenhausbehandlungsleistungen in Höhe von 5.257,02 EUR.

Die Klägerin betreibt ein zugelassenes Krankenhaus. Die Beklagte war im fraglichen Zeitraum die gesetzliche Krankenkasse der Versicherten C. R. (im Folgenden: Versicherte). Diese litt langjährig an Schmerzen in der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in das linke Bein. Diagnostiziert wurden u.a. eine kombinierte Spinalkanalstenose der letzten vier Etagen, eine Pseudospondylolisthesis sowie eine Protrusion der Bandscheibe. Die Versicherte erhielt ausweislich der vorliegenden Unterlagen im Juli 2010 sowie im Januar und April 2011 periradikuläre Therapien (PRT) sowie Facettenblockaden.

Mit Verordnung vom 02.07.2012 verordnete der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Herr L. der Versicherten Krankenhausbehandlung zur "Implantation einer Multifunktionselektrode in den Epidural- oder Spinalraum zur gepulsten Radiofrequenzbehandlung, perkutan". Am selben Tag unterzeichnete die Versicherte eine "Operations-, Anästhesie – und Kostenübernahmeeinwilligung". Dort wird u.a. ausgeführt:

"Sie haben sich zu einer schmerztherapeutischen Behandlung entschlossen. Vorgesehen ist: Stimulation der Rückenmarksnerven, des Rückenmarks und Injektion von Medikamenten über eine Multifunktionselektrode (PASHA-Cath.), sowie die Behandlung der Rückenmarksnerven durch gepulsten Hochfrequenzstrom. Vorgehensweise:

1. In der Regel handelt es sich um EINE Sitzung. Die Elektrode wird am Ende des Eingriffes entfernt. 5. Je nach Erkrankung können entzündungshemmende, abschwellende oder narbenlösende Medikamente injiziert werden. 6. Der Eingriff ist beendet, die Elektrode wird entfernt. 7. Der Patient bleibt maximal 3 Tage stationär. Am ersten Tag wird die Elektrodenbehandlung durchgeführt.

Komplikationen durch die Anwendung von Medikamenten: Diese hängen von dem Medikament ab – daher arbeiten wir in der Regel nur mit gepulstem Strom ohne Medikamente.

Kostenübernahme

Die oben aufgeführte Behandlung ist der Allgemeinheit auch spezialisierter Ärzte zum Teil nicht geläufig. Es kann daher bei einigen Versicherungen unter Umständen zu Problemen bei der Kostenerstattung kommen.

Patienten der gesetzlichen Krankenkassen entstehen KEINE KOSTEN bei stationären Behandlungstagen (ca. 1-3 Tage). Die Kosten werden vollständig übernommen. "

Der Einwilligungserklärung als Anlage beigefügt war eine Graphik mit der Darstellung eines menschlichen Körpers, auf der von Hand eingezeichnete Kreuze an verschiedenen Körperregionen vermerkt waren. Auch diese Graphik war von der Versicherten unterzeichnet. Weiterhin beigefügt war eine ebenfalls von der Versicherten unterzeichnete "Anlage zur Patientenaufklärung", in der mit dem Eingriff "Infiltrationen im Bereich der Wirbelsäule und des Iliosakralgelenkes" verbundene mögliche Komplikationen aufgelistet wurden.

Vom 6. bis einschließlich 9. Juli 2012 wurde die Versicherte im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Am Aufnahmetag wurde eine epidurale gepulste Radiofrequenztherapie (ePRF) durchgeführt. Die ePRF erfolgt durch eine in die Nähe der schmerzleitenden Fasern eingebrachte, kleine Elektrode, die sog. Pasha©-Elektrode, mittels der eine hochfrequente Strombehandlung über vier bis sieben Minuten erfolgt. Die Elektrode ist an einem flexiblen Schlauch (Katheter) befestigt. Die Versicherte erhielt mehrfach das Lokalanästhetikum Procain über den epiduralen Katheter, zuletzt am 08.07.2012.

Für die Krankenhausbehandlung stellte die Klägerin der Beklagten unter dem 20.07.2012 auf der Grundlage der Fallpauschale (DRG) I10C (Andere Eingriffe an der Wirbelsäule, mit bestimmtem komplexen Eingriff oder Halotraktion) und unter Ansetzung des OPS-Kodes 5039.38 (Implantation einer Multifunktionselektrode in den Epidural- oder Spinalraum zur gepulsten Radiofrequenzbehandlung, perkutan) einen Betrag von 5.217,02 EUR in Rechnung, wobei 40 EUR Zuzahlung der Versicherten vom Rechnungsbetrag abgezogen waren.

Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst. Sodann beauftragte sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung der Abrechnung des Behandlungsfalles. Herr Dr. M. vom MDK Berlin-Brandenburg kam in einer ersten gutachtlichen Stellungnahme vom 26.11.2012 zu der Beurteilung, die stationäre Aufnahme der Versicherten sei zur Durchführung einer nicht anerkannten Behandlungsmethode erfolgt. Die Wirksamkeit der Therapie sei nicht durch eine ausreichende Studienlage gesichert. Es werde versucht, den Verbotsvorbehalt für eine ambulante Behandlung durch eine stationäre Behandlung zu umgehen. Die Wirksamkeit der ePRF sei wissenschaftlich nicht belegt. Der OPS-Kode 5039.38 sei nur für über längere Zeit im Körper verbleibende Multifunktionselektroden vorgesehen; für die ePRF gebe es keinen Code, der die Leistung sachgerecht abbilde. Weiterhin sei die Radiofrequenztherapie unter vorübergehender Platzierung einer Multifunktionselektrode nach Pasha in den Periduralraum grundsätzlich ambulant durchführbar; relevante Begleiterkrankungen, die ein stationäres Vorgehen erfordern würden, seien nicht dokumentiert oder mitgeteilt worden. Auch sei die Ausschöpfung der konservativen Behandlungsmethoden nicht dokumentiert worden.

Daraufhin teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom Januar 2013 mit, sie werde eine Rechnungskorrektur in Höhe von 5.257,02 EUR vornehmen. Ende Januar 2013 verrechnete die Beklagte den Betrag mit einer unstreitigen Forderung der Klägerin in einem anderen Behandlungsfall.

Im Februar 2013 widersprach die Klägerin der Einschätzung des MDK, worauf die Beklagte diesen erneut einschaltete. Herr Dr. H. bestätigte in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 08.05.2013 die Ersteinschätzung des MDK. Die Notwendigkeit einer vollstationären Krankenbehandlung sei weiterhin medizinisch nicht begründet. Aufgrund der angegebenen Befunde resultiere keine stationäre Behandlungsnotwendigkeit. Die Radiofrequenztherapie könne grundsätzlich auch ambulant erfolgen. Die vorübergehende Platzierung einer Multifunktionselektrode nach PASHA in den Periduralraum zur gepulsten Radiofrequenztherapie sei eine ambulant erbringbare Leistung. Die stationäre Aufnahme sei zur Durchführung einer nicht anerkannten Behandlungsmethode erfolgt. Es sei den Unterlagen nicht zu entnehmen, in wieweit die zur Verfügung stehenden Standardtherapien ausgeschöpft worden seien. Die Wirksamkeit der Radiofrequenztherapie sei nicht durch eine ausreichende Studienlage gesichert.

Am 20.11.2013 hat die Klägerin gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von 5.257,02 EUR erhoben.

Zur Begründung macht sie u.a. geltend, bei der ePRF handele es sich um eine bereits seit 2003 in Deutschland verwendete Behandlungsmethode. 2009 sei der OPS-Kode 5039.38 speziell für die ePRF in den OPS-Katalog aufgenommen worden. Die Klägerin verweist auf das am 16.05.2013 vom damaligen Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Neuromodulation e.V. (DGNM), Herrn Dr. H. erstellte "Wissenschaftliche[s] Gutachten betreffend des klinischen Einsatzes der epiduralen gepulsten Hochfrequenzstimulation des Rückenmarks (ePRF) bei der Behandlung chronischer Schmerzzustände". Danach habe die ePRF mittlerweile einen festen Stellenwert im Therapiealgorithmus der speziellen Schmerztherapie. Sie werde von der DGNM als zweckmäßig und wirksam empfohlen. Die Stellungnahme vom 16.05.2013 enthalte auch eindeutig positive Hinweise zur Wirtschaftlichkeit.

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) entspreche eine Behandlungsmethode schon dann dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse, wenn entweder eine große Mehrheit der einschlägigen Fachleute sie befürworte oder über die Zweckmäßigkeit der Behandlung Konsens bestehe. Beide Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Die einschlägige Fachgesellschaft DGNM empfehle die Behandlungsmethode als zweckmäßig und wirksam. Dieser Stellungnahme sei entscheidende Bedeutung beizumessen. Der Berufsverband Deutscher Neurochirurgen (BDNC) habe sich ebenfalls positiv zum Stellenwert der ePRF im Rahmen der Schmerztherapie geäußert. Die Klägerin verweist hierzu auf eine Stellungnahme vom 31.01.2014.

Es komme hinzu, dass in der Behandlung spezifischer und nicht spezifischer Rückenschmerzen nur für sehr wenige Behandlungen evidenzbasierte Studien vorlägen. Als Beispiel könne auf die Behandlung der Spinalkanalstenose, eine relativ gut erforschte Erkrankung, verwiesen werden: selbst für diese gebe es keine evidenzbasierten Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie. Es gehe an der Sache vorbei, wenn die Beklagte und der MDK stets auf der Behandlung mittels evidenzbasierter Behandlungsmethoden beharren würden. Dies widerspreche auch den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, wonach auch Assoziationsbeobachtungen und pathophysiologische Überlegungen sowie Einzelfallberichte zu berücksichtigen seien. Das Gutachten des MDS und der SEG7 des MDK vom 30.06.2017 könne vor diesem Hintergrund nicht überzeugen. Insbesondere überzeuge die dort vorgenommene Unterscheidung von spinaler epiduraler PRF einerseits und extraspinaler PRF andererseits nicht. Streitig sei die Bewertung der Methode "gepulste Radiofrequenztherapie". Die vom MDK in den Stellungnahmen vom 20.02. und 06.08.2014 in Bezug genommenen Leitlinien seien nicht einschlägig oder schon abgelaufen. Dass die ePRF darin keine Erwähnung finde, habe keine Relevanz.

Das BSG orientiere sich nicht zwingend an den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin. Es habe erkannt, dass es in bestimmten medizinischen Fachgebieten schlichtweg unmöglich sei, Studien des höchsten Evidenzgrades durchzuführen. Die Forderung nach evidenzbasierten Studien dürfe danach nicht als starrer Rahmen missverstanden werden. Die Forderung des BSG nach zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen dürfe nicht mit randomisiert kontrollierten Studien gleichgesetzt werden. Das BSG fordere an keiner einzigen Stelle der hierzu ergangenen Entscheidungen einen Nutzenbeleg durch Studien des höchsten Evidenzgrades. Im Bereich der Neurochirurgie und insbesondere im Bereich der Schmerztherapie könne aufgrund der Eigenart des Fachgebietes die Forderung nach Studien des höchsten Evidenzgrades nicht gestellt werden. Es könne höchstens gefordert werden, dass wissenschaftliche Untersuchungen den Erfolg der ePRF belegen. Derartige Untersuchungen hätten bereits im Behandlungszeitraum vorgelegen. Die Klägerin verweist hierzu u.a. auf Abstracts der jährlichen Tagung der DGNM vom 23.11.2012 bis 24.11.2012, in denen Forschungsergebnisse aus den Jahren 2005 bis 2007 und 2011 bis 2012 vorgestellt worden seien. Sie verweist weiter auf eine von ihr erstellte Evidenztabelle. Die dort aufgeführten Veröffentlichungen würden eine Wirksamkeit der gepulsten Radiofrequenztherapie belegen. Sämtliche bisher vorliegenden Studien und Expertenmeinungen würden von der Wirksamkeit der ePRF ausgehen, was ausreichend sei. Auch der MDK habe teilweise die ePRF als anerkannte Behandlungsmethode eingestuft. Die Klägerin verweist zudem auf in Parallelfällen eingeholte Sachverständigengutachten.

Die Klägerin beruft sich zudem auf die zwischenzeitliche Änderung des § 137c SGB V, d.h. die Einfügung des Abs. 3 mit Wirkung zum 23.07.2015. Es habe sich hierbei um eine Konkretisierung und Klarstellung gehandelt, weshalb die Änderung auch für den vorliegenden Behandlungsfall relevant sei. Die ePRF sei jedenfalls als potentiell erforderliche Behandlungsalternative zu qualifizieren, da hierdurch den Patienten belastendere Behandlungsmaßnahmen wie z.B. eine offene Operation an der Wirbelsäule oder die mit einem Dauerimplantat verbundene SCS-Therapie erspart würden.

Die konservativen Behandlungsalternativen seien ausgeschöpft gewesen. Die Versicherte sei sogar operativ – ohne Erfolg – behandelt worden. Gerade angesichts der Diskussion über angeblich vorschnell durchgeführte Operationen sei eine Behandlungsmethode wie die ePRF als nichtdestruierende, minimal-invasive Behandlungsmethode vorzugswürdig, da sie den Patienten deutlich weniger belaste und im Fall eines Misserfolgs keine bleibenden Schäden verursache. Allenfalls sei die von der Wirksamkeit mit der ePRF vergleichbare SCS-Therapie noch in Betracht gekommen. Diese sei jedoch aufgrund der dauerhaften Implantation der Elektrode mit deutlich höheren Belastungen verbunden.

im Anschluss an die ePRF sei eine engmaschige Überwachung notwendig gewesen, dies schon wegen der Gabe von Procain, da dieses Motorik und Blasenfunktion blockieren könne. Die Wirkungsdauer schwanke zwischen 4 und 25 Stunden. Während dieser Zeit könne es zudem zu Atemdepressionen kommen. Eine sofortige Entlassung sei daher nicht möglich gewesen. Am 09.07. habe die Patientin mit deutlich gelinderten Schmerzen entlassen werden können. Die ePRF sei grundsätzlich stationär durchzuführen. Dies sei schon erforderlich, um über die Multifunktionslektrode Medikamente zu verabreichen. Die Klägerin sei keinesfalls in der Lage gewesen, die Medikamentengabe allein durchzuführen. Darüber hinaus bestehe bei einer ePRF auch stets das Risiko einer Epiduralblutung, die innerhalb kürzester Zeit entlastet werden müsse.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 5.257,02 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 18.02.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es erschließe sich der Beklagten nicht, wie die Klägerin dazu komme, dass sich das BSG nicht an den Maßstäben der evidenzbasierten Medizin zur Ermittlung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse orientiere. Die Berufung der Klägerin auf die Meinung einzelner Ärzte oder Studien von nur unzureichender Qualität könne nicht überzeugen. Die Beklagte beruft sich zur Studienlage auf die Stellungnahmen des MDK, insbesondere das Grundsatzgutachten des MDS und der SEG7 des MDK vom 30.06.2017, wonach die Anforderungen des SGB V an Qualität und Wirtschaftlichkeit einer Behandlungsmethode von der streitigen Methode nicht erfüllt würden. Der MDK habe weiter überzeugend ausgeführt, dass die durchgeführte Behandlung grundsätzlich ambulant möglich sei. Bei der durchgeführten Behandlung handele es sich um eine nicht anerkannte Behandlungsmethode, die keine Zulassung im ambulanten Bereich besitze. Der MDK habe u.a. darauf hingewiesen, dass die Methode der Neuromodulation mittels PASHA©-Elektrode zwar relativ häufig angewendet werde, sich jedoch keine gesicherten Beweise durch entsprechende Forschungsberichte finden würden. Diese Form der Neuromodulation finde sich auch nicht in der aktualisierten nationalen Versorgungsleitlinie "Rückenschmerz" von 2013, der S1-Leitlinie "Einsatz neuromodulierender Verfahren bei primären Kopfschmerzen" von 2011 oder der S 3 – Leitlinie "Epidurale Rückenmarkstimulation zur Therapie chronischer Schmerzen". Die Methode könne deshalb nicht zu den Standardverfahren in der Behandlung chronischer Schmerzzustände gerechnet werden. Die Beklagte verweist weiterhin auf Stellungnahmen des MDK in parallelen Abrechnungsfällen sowie auf das in einem Parallelfall eingeholte Sachverständigengutachten des Herrn Dr. W. vom 02.10.2018, nach dem für die streitige Methode ein allgemein anerkannter Erkenntnisstand noch nicht existiere.

Der Hinweis der Klägerin auf die Gesetzesänderung sei nicht nachvollziehbar. Maßgeblich sei allein die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung.

Das Gericht hat im Rahmen der Amtsermittlung Stellungnahmen vom Gemeinsamen Bundesausschuss, dem GKV-Spitzenverband, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) eingeholt; auf deren Auskünfte wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der den Versicherten betreffenden Patientenakte der Klägerin, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die von der Klägerin im Gleichordnungsverhältnis erhobene (echte) Leistungsklage ist gemäß § 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

Die mit der Klage geltend gemachte Vergütungsforderung der Klägerin gegen die Beklagte, die zwischen den Beteiligten unstreitig ist und keiner näheren Prüfung bedarf (vgl. BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 – B 1 KR 13/14 R –, juris Rn. 8 m.w.N.) ist nicht durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch betreffend den vorliegend streitigen Behandlungsfall erloschen. Die von der Beklagten an die Klägerin für diesen Behandlungsfall gezahlte Krankenhausvergütung in Höhe von 5.257,02 EUR ist nicht ohne Rechtsgrund erfolgt, weil die Klägerin die zugunsten der Versicherten erbrachten Leistungen in dieser Höhe abrechnen durfte. Der Beklagten stand insoweit ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch nicht zu.

B. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs für die streitige Behandlung sind § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 Satz 1 Nr 1 KHEntgG und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) i.V.m. der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2012 (Fallpauschalenvereinbarung 2012). Der Vergütungsanspruch für die Krankenhausbehandlung und damit korrespondierend die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus erfolgt und i.S.v. § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (vgl. hierzu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Januar 2017 – L 9 KR 164/14 –, Rn. 20, juris).

Die Versicherte ist stationär in einem zugelassenen Krankenhaus der Klägerin behandelt worden. Ihre Behandlungsbedürftigkeit hat die Beklagte nicht bestritten. Zur Überzeugung der Kammer waren die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft (dazu unter Ziff. 1), war der Eingriff stationär durchzuführen (dazu unter Ziff. 2) und entsprach er auch dem Qualitätsgebot des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB V in der Ausprägung, dass dieses durch die Regelung des § 137c SGB V für Krankenhausbehandlungen erfahren hat (dazu Ziff. 3). Schließlich hat die Versicherte auch wirksam in die Durchführung der Behandlung eingewilligt (dazu unter Ziff. 4).

1) Nach dem durch Vorlage entsprechender Arztberichte belegten Vortrag der Klägerin hat sich die Versicherte vor Durchführung der streitigen Behandlung mehrfach PRTs und Facettenblockaden unterzogen. Der behandelnde Arzt der Klägerin, Herr L., hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass PRTs erst durchgeführt werden, wenn ambulante Maßnahmen wie Physiotherapie, Krankengymnastik, Akupunktur etc. nicht ausreichend sind. Die Beklagte hat sich hierzu nicht eingelassen, sondern ausschließlich auf die vorliegenden Stellungnahmen des MDK verwiesen. Dieser unsubstantiierte Vortrag ist nicht geeignet, den plausiblen Vortrag der Klägerin zu erschüttern. Denn Herr Dr. M. vom MDK hat in seiner Stellungnahme lediglich behauptet, die konservativen Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Wirbelsäulenleiden der Versicherten durch einen Schmerztherapeuten seien nicht ausgeschöpft worden. Herr Dr. H. ist auf diese Frage in seiner Stellungnahme gar nicht eingegangen. Konkrete Behandlungsalternativen werden nicht dargetan, die durchgeführten PRTs werden nicht berücksichtigt. Dementsprechend hat die Kammer keinen Anlass, an der Ausschöpfung ambulanter Behandlungsmöglichkeiten zu zweifeln. 2) Zur Überzeugung der Kammer war der Eingriff auch stationär durchzuführen.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Als besondere Mittel des Krankenhauses hat das BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt. Dabei ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Patienten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, so besteht kein Anspruch auf stationäre oder teilstationäre Behandlung (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 1/16 R –, BSGE 122, 170-181, SozR 4-2500 § 31 Nr 28, Rn. 28 – 29 bei juris)

Unter Würdigung der vorhandenen medizinischen Unterlagen und insbesondere der Ausführungen des als Zeugen gehörten Herrn L. geht die Kammer davon aus, dass die ePRF jedenfalls im Fall der Versicherten nicht ambulant erfolgen konnte. Die MDK-Stellungnahmen von Herrn Dr. M. und Herrn Dr. H. behaupten zwar, der Eingriff hätte auch ambulant durchgeführt werden können und verneinen relevante Begleiterkrankungen. Hierzu hat der behandelnde Arzt Herr L. jedoch plausibel darauf hingewiesen, dass aufgrund der mehrfach bei der Versicherten durchgeführten PRTs die Gefahr eines Zerreißens der Rückenmarkshäute durch die vorhandene Narbenbildung bestanden habe und dieses Risiko ambulant nicht kontrolliert werden könne. Dem ist die Beklagte nicht substantiiert entgegen getreten. Mithin bestand bei der Versicherten ein erhöhtes Eingriffsrisiko, was gem. der MDK-Stellungnahme von Herrn Dr. L.(2) vom 20.02.2014, die zu einem Parallelfall ergangen ist, eine ambulante Durchführung der ePRF ausschließt. Soweit Herr Dr. L.(2) davon ausgeht, dass eine ePRF grundsätzlich deshalb ambulant durchgeführt werden könne, weil sie mit der Anlage eines epiduralen oder intrathekalen Katheters vergleichbar sei, die unstreitig ambulant durchführbar sei, ist Herr L. dem nachvollziehbar entgegen getreten. Er hat ausgeführt, dass eine Vergleichbarkeit nicht gegeben sei, weil die bei der ePRF verwendete Pasha@-Elektrode eine feste Spitze habe, während ein normaler Katheter flexibel sei. Durch die feste Spitze bestehe ein erhöhtes Verletzungsrisiko, zumal bei der Versicherten durch die Verklebungen die Verletzungsgefahr noch größer gewesen sei. Auch auf diesen Vortrag hat die Beklagte nicht substantiiert erwidert. Schließlich erschöpfen sich auch die Ausführungen im Grundsatzgutachten des MDS und der SEG7 des MDK vom 30.06.2017 in der pauschalen Feststellung, die Anlage der Multifunktionselektrode inklusive der gepulsten Radiofrequenztherapie sei technisch und medizinisch auch ambulant durchführbar. Eine Aussage zu der mit einer Medikamentengabe kombinierten ePRF wird zudem nicht getroffen. Die Klägerin hat insoweit, wiederum unwidersprochen, geltend gemacht, dass auch aufgrund der Medikamentengabe eine postoperative Überwachung erforderlich gewesen sei. Dieser Vortrag wird bestätigt im Urteil des SG Gotha vom 26.03.2018. Dort führt das Gericht unter Bezugnahme auf ein eingeholtes Sachverständigengutachten aus:

"Zusätzlich werden Medikamente injiziert, so dass eine ständige Überwachung erforderlich ist, um bei Komplikationen rechtzeitig eingreifen zu können."

Damit in Einklang stehen die Ausführungen von Herrn Prof. V. und Dr. K. von der Universitätsklinik Köln, die in ihrem vom SG Köln in einem weiteren Parallelrechtsstreit eingeholten Gutachten vom 01.08.2017 darauf hinweisen, dass bei einer kombinierten Therapie von ePRF und epiduraler Pharmakotherapie die Gefahr bestehe, dass infolge der hohen Spinalanalgesie eine lebensbedrohliche Situation entstehen könne. Auch die weiter vorliegenden Stellungnahmen von Sachverständigen, die in Parallelrechtsstreitigkeiten beauftragt wurden, gelangen überwiegend zu der Einschätzung, dass eine ePRF im stationären Setting durchzuführen ist. So beschreibt Herr Dr. S. im Gutachten vom 27.01.2016 für das Sozialgericht Düsseldorf den Eingriff sehr ausführlich und legt die häufigsten Komplikationsmöglichkeiten dar: eine Punktion der harten Hirnhaut, die Gefahr von Infektionen und Blutungen sowie ein epidurales Hämatom bzw. Blutungen im Epiduralraum. Aufgrund dessen gelangt er nachvollziehbar zu der Einschätzung, dass die ePRF mit anschließender Medikamentenapplikation grundsätzlich nur stationär erfolgen könne. Die DGNM teilt diese Einschätzung in ihrer Stellungnahme vom 16.05.2013 unter Hinweis auf das Risiko von Epiduralblutungen, Infektionsrisiken sowie die Erstverschlimmerung mit Schmerzverstärkungen. Soweit der Sachverständige Dr. S. in seiner für das SG Dortmund erstellten Stellungnahme vom 19.06.2017 ausführt, die PRF sei vom Grundsatz her auch ambulant durchführbar, begründet er diese Einschätzung nicht. Er weist jedoch, ebenso wie Herr L., darauf hin, dass die ePRF "mit der temporären Anlage eines starren Katheters nicht vergleichbar mit wirbelsäulennahen Injektionen und/oder Injektionen in den Epiduralraum" sei.

Insgesamt sind die dargelegten Argumente für die Notwendigkeit eines stationären Aufenthalts für die Kammer plausibel und nachvollziehbar. Substantiierte Einwände, die sich mit diesen Argumenten auseinandersetzen, sind weder dem Vortrag der Beklagten, noch den vorliegenden Stellungnahmen des MDK oder sonstigen zur Akte gereichten ärztlichen Stellungnahmen zu entnehmen.

3a) Es bestehen Zweifel, ob die im Zeitpunkt des Eingriffs vorhandene Datenlage ausreichte, um die von der Klägerin angewandte Methode der ePRF als anerkannt im Sinne der seit 2008 bestehenden Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu qualifizieren. Festzustellen ist insoweit zunächst, dass die Vergabe einer OPS-Ziffer für die streitige Behandlungsmethode nicht ausreichend für die Annahme der erforderlichen Evidenz ist (ebenso SG Detmold, Urteil vom 19.11.2017, S 3 KR 486/15; a.A. SG Berlin, Urteil vom 03.05.2017, S 111 KR 2403/13, n.v.). Der Vergabe einer OPS-Ziffer geht keine Bewertung von Nutzen und Schaden der Methode voraus. Dies hat das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) in seiner Stellungnahme vom 07.02.2017 bestätigt und ausgeführt, dass das DIMDI keine Stellung nimmt zu den medizinischen Erkenntnissen über die Wirksamkeit einer Behandlungsmethode oder zur Auswertung der Datenlage.

Zur erforderlichen Datenlage hat das BSG jüngst ausgeführt:

"Krankenhausbehandlung ist iS von § 39 SGB V konform mit dem Regelungssystem grundsätzlich nur dann erforderlich, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist (stRspr; vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 14). Der Anspruch eines Versicherten auf Krankenhausbehandlung unterliegt nach dem Gesetzeswortlaut und dem Regelungssystem wie jeder Anspruch auf Krankenbehandlung grundsätzlich den sich aus dem Qualitäts- und dem Wirtschaftlichkeitsgebot ergebenden Einschränkungen (vgl § 2 Abs 1 S 3 SGB V und § 12 Abs 1 SGB V). Er umfasst in diesem Rahmen nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind und deren Qualität und Wirksamkeit dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen (BSGE 117, 10 = SozR 4-1500 § 13 Nr 32, RdNr 11; BSGE 113, 241 = SozR 4-2500 § 13 Nr 29, RdNr 13 mwN; Hauck, NZS 2007, 461, 466 ff). Ausnahmen vom Qualitätsgebot bestehen im Rahmen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung - sei es verfassungsunmittelbar oder nach § 2 Abs 1a SGB V - und bei Seltenheitsfällen (stRspr; vgl zB BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 27 mwN) mit Auswirkungen sowohl für den Leistungsanspruch der Versicherten als auch für die Rechte und Pflichten der Leistungserbringer als auch der KKn. Eine Behandlungsmethode gehört dementsprechend grundsätzlich erst dann zum Leistungsumfang der GKV, wenn die Erprobung abgeschlossen ist und über Qualität und Wirkungsweise der neuen Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Das setzt einen Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen voraus. Dabei muss sich der Erfolg aus wissenschaftlich einwandfrei geführten Statistiken über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der neuen Methode ablesen lassen (stRspr; vgl BSGE 76, 194 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 = Juris RdNr 22 ff; BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21; BSG Urteil vom 19.12.2017 - B 1 KR 17/17 R - für BSGE und SozR 4 vorgesehen, Juris RdNr 14). Diese Anforderung darf aber nicht als starrer Rahmen missverstanden werden, der unabhängig von den praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz gilt (vgl BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 21)." (BSG, Urteil vom 24. April 2018 – B 1 KR 10/17 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4-2500 § 137c Nr 10, Rn. 15, 19 bei juris)

Maßgeblich dürften demzufolge die "praktischen Möglichkeiten tatsächlich erzielbarer Evidenz" sein. Dies entspricht auch den Ausführungen in dem Informationsblatt des Gemeinsamen Bundesausschusses über verfahrenstechnische und methodische Anforderungen an die Bewertung einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Dort wird auf Seite 3 erläutert: "Der Nutzen einer Methode ist durch qualitativ angemessene Unterlagen zu belegen. Dies sollen, soweit möglich, Unterlagen der Evidenzstufe I mit patientenbezogenen Endpunkten (z.B. Mortalität, Morbidität, Lebensqualität) sein. Bei seltenen Erkrankungen, bei Methoden ohne vorhandene Alternative oder aus anderen Gründen kann es unmöglich oder unangemessen sein, Studien dieser Evidenzstufe durchzuführen oder zu fordern." Das Krankheitsbild der Versicherten dürfte unstreitig nicht als seltene Erkrankung einzustufen sein. Weiterhin dürfte schon angesichts der von der Klägerin selbst dargelegten Verkaufszahlen – seit 2005 seien weit über 20.000 Multifunktionselektroden verkauft worden – die Möglichkeit zur Durchführung wissenschaftlich einwandfreier Studien eines hohen Evidenzlevels bestehen und dürften solche Studien erwartet werden können. Dafür sprechen auch die von der Klägerin selbst vorgelegten bisherigen Forschungsergebnisse, in denen teilweise in den ermittelten Ergebnissen eine Rechtfertigung für eine kontrollierte Studie mit größerem Patientenkollektiv gesehen wird (vgl. die Bemerkungen zu Lindner R., Sluijter ME, Schleinzer, W., aufgeührt in der als Anlage K16 vorgelegten Evidenztabelle).

Soweit sich die Klägerin unter Bezugnahme auf die von ihr eingereichte Evidenztabelle darauf beruft, es lägen Studien der Evidenzstufe I vor, ist festzustellen, dass sich hieraus nicht ohne weiteres entnehmen lässt, dass die Methode der pulsierten Radiofrequenz allgemein anerkannt wäre. So konnten die zitierten Studien teilweise gerade keine Wirksamkeit der gepulsten Radiofrequenztherapie feststellen (Studien von Erdine S, Ozyalcin NS, Cimen A, Celik M, Talu GK, Disci R. sowie von Kroll HR, Kim D, Danic MJ, Sankey SS, Gariwala M, Brown M). Teilweise wurden nur sehr geringe Fallzahlen umfasst, was eine nur sehr geringe Aussagekraft bedeutet (zwischen 18 und 60 Teilnehmern). Teilweise wurde festgestellt, dass eine Alternativmethode bessere Ergebnisse lieferte (so bei der Studie von Eyigor C, Eyigor S, Korkmaz OK, Uyar M). Schließlich betrifft, soweit ersichtlich, keine der von der Klägerin in Bezug genommenen Studien der Evidenzklasse I die im konkreten Behandlungsfall angewandte Methode der spinalen gepulsten Radiofrequenztherapie. Zwar ist die Klägerin den Ausführungen in der Grundsatzstellungnahme von MDS und SEG7 des MDK, wonach zur Bewertung der Datenlage lediglich die zur spinalen Radiofrequenztherapie erzielten Forschungsergebnisse herangezogen werden könnten, weil die Ergebnisse zur extraspinalen PRF "wegen des grundsätzlich andersartigen Wirkprinzips" nicht übertragen werden könnten, substantiiert entgegen getreten. Die Ausführungen von Herrn Dr. K. in seinem Parteigutachten vom 25.07.2018 zur vergleichbaren Wirkungsweise von (extraspinaler) PRF und ePRF erscheinen plausibel und nachvollziehbar. Nicht zu überzeugen vermögen allerdings die Ausführungen zu den möglichen Nebenwirkungen einer ePRF. Herr Dr. K. verweist, wie auch Herr L., zunächst nachvollziehbar auf die besonderen möglichen Komplikationen, die mit einem epiduralen Zugang verbunden sein können, z.B. epidurale Blutungen oder epidurale Infektionen. Der sodann erfolgende Verweis auf die epidurale Pharmakotherapie über Katheter als sowohl in der Schmerztherapie wie auch in der Anästhesiologie gängige Methode trägt jedoch nicht. Insofern wird auf die Ausführungen des behandelnden Arztes der Versicherten Herrn L. verwiesen, der eine Vergleichbarkeit des epiduralen Zugangs mittels Pasha©-Katheter zum epiduralen Zugang mittels epiduralem oder intrathekalem Katheter abgelehnt und dies plausibel begründet hat (vgl. hierzu oben unter Ziff. 2). Gerade aufgrund der besonderen Risiken der ePRF muss diese auch nach der Einschätzung der Klägerin stationär durchgeführt werden, während ein epiduraler oder intrathekaler Katheter auch ambulant verwendet werden kann. Selbst wenn mithin die Wirkungsweise der PRF gut erforscht sein sollte und diese Ergebnisse auf die Wirkungsweise der ePRF übertragbar wären, so wären doch darüber hinaus auch Studien erforderlich, die eine hinreichend sichere Beurteilung der besonderen, mit dem epiduralen Zugang verbundenen Risiken ermöglichen. Dass hierzu ausreichend Daten vorlägen, ist nicht ersichtlich.

3b) Für die Kammer konnte diese Frage jedoch letztlich dahin stehen. Denn jedenfalls bot die streitige Behandlungsmaßnahme bereits im Juli 2012 das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative und war die Klägerin deshalb berechtigt, die Behandlung zu Lasten der Beklagten zu erbringen.

Bereits im Jahr 2012, mithin vor der Einführung des § 137c Abs. 3 SGB V durch das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG) vom 16. Juli 2015, war ein Krankenhaus berechtigt, Behandlungsmethoden, die zwar nicht dem anerkannten Stand der Erkenntnisse entsprachen, jedoch hinreichendes Potential für eine Behandlungsalternative boten, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung durchzuführen. Das LSG Baden-Württemberg hat hierzu mit Urteil vom 11.12.2018 ausgeführt:

"Diese Auffassung teilt der Senat nicht, er ist vielmehr der Überzeugung, dass die LVRC im Juli 2013 bereits über das Stadium einer rein experimentellen Methode hinaus das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative hatte und daher im Rahmen der stationären Behandlung nach § 137c SGB V auch unter Berücksichtigung des Qualitätsgebots nach § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V erbracht werden durfte.

§ 137c Abs 1 SGB V in der hier maßgebenden Fassung vom 22.12.2011 (BGBl I 2983) lautet wie folgt: "Der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 überprüft auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e. Nach Abschluss der Erprobung erlässt der Gemeinsame Bundesausschuss eine Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf, wenn die Überprüfung unter Hinzuziehung der durch die Erprobung gewonnenen Erkenntnisse ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht. Ist eine Richtlinie zur Erprobung nicht zustande gekommen, weil es an einer nach § 137e Absatz 6 erforderlichen Vereinbarung fehlt, gilt Satz 4 entsprechend."

Mit der Einführung des Begriffs des Potenzials wollte der Gesetzgeber "den besonderen Bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem Niveau belegten – Behandlungsalternativen in der Versorgung von stationär behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwer erkrankten Versicherten" sicherstellen (BT-Drs 17/6906 S 86). Dies war eine Reaktion auf die geänderte Rechtsprechung des BSG. Dieses war zunächst ausgehend vom Wortlaut des § 137c SGB V davon ausgegangen, dass eine Methode im stationären Bereich solange erbracht werden kann, bis der Ausschuss Krankenhaus (als Vorläufer des Gemeinsamen Bundesausschusses – GBA) sie ausgeschlossen hatte (BSG 19.02.2003, B 1 KR 1/02 R, BSGE 29, 289 = SozR 4-2500 § 137c Nr 1). Nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des BSG darf § 137c SGB V nicht als generelle Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt ausgelegt werden, sondern erfordert eine Prüfung der eingesetzten Methoden auf Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit im Einzelfall iS eines Verbotsvorbehalts (BSG 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R, BSGE 101, 177 = SozR 4-2500 § 109 Nr 6; 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R, SozR 4-2500 § 2 Nr 4). Nach allgemeinen Grundsätzen entspricht den Qualitätskriterien des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V eine Behandlung, wenn die "große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler)" die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein. Als Basis für die Herausbildung eines Konsenses können alle international zugänglichen einschlägigen Studien dienen; in ihrer Gesamtheit kennzeichnen sie den Stand der medizinischen Erkenntnisse (BSG 21.03.2013, B 3 KR 2/12 R; BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R). Unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse ist nicht nur dem Grunde nach, sondern auch dem Umfang nach zu ermitteln, welche Reichweite der Therapie indiziert ist. Eine Abmilderung des Qualitätsgebots kann sich insbesondere daraus ergeben, dass auch bei der Beurteilung der Behandlungsmethoden im Krankenhaus in einschlägigen Fällen eine grundrechtsorientierte Auslegung der Grenzmaßstäbe nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG 06.12.2005, 1 BvR 347/98) stattzufinden hat (BSG 17.12.2013, B 1 KR 70/12 R). Mit dem Potenzial einer Behandlungsalternative hat der Gesetzgeber jedoch einen Mittelweg eingeführt zwischen Anerkennung und Ablehnung einer Methode nach den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin, nämlich eine mit niedrigerer Evidenz belegte Behandlungsalternative. Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 137c SGB V. Nach dessen Abs 1 Satz 2 darf der GBA die Anwendung einer bestimmten Behandlungsmethode nicht bereits dann untersagen, wenn eine Überprüfung ergibt, dass Nutzen dieser Methode nicht hinreichend belegt ist, sondern erst, wenn die Methode darüber hinaus auch nicht das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Die Auffassung des BSG, dass die Regelungen in § 137c SGB V nur (nicht bloß: auch) Raum für den GBA schaffen, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen, wenn die Überprüfung im Rahmen des § 137c SGB V ergibt, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet (BSG 19.12.2017, B 1 KR 17/17 R, SozR 4-5562 § 6 Nr 1), wird vom Senat nicht geteilt. Die Kompetenz zum Erlass von Erprobungsrichtlinien folgt zwar aus § 137c Abs 1 Satz 3 SGB V; dies ist aber nicht der einzige Zweck der Norm. Aus § 137c Abs 1 Satz 2 SGB V folgt, dass Behandlungsmethoden, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, die aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, nicht von vornherein im Rahmen einer Krankenhausbehandlung ausgeschlossen sind. Damit wird nicht die grundsätzliche Ausrichtung der Leistungsansprüche Versicherter am Qualitätsgebot auch bei Krankenhausbehandlung beseitigt, wie das BSG meint. Das in § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V geregelte (allgemeine) Qualitätsgebot wird aber in § 137c SGB V speziell für im Rahmen der Krankenhausbehandlung vorgesehene oder bereits zur Anwendung kommende Methoden konkretisiert. Ein derartiges Verständnis der Norm bedeutet gerade nicht, dass damit alle beliebigen Methoden für das Krankenhaus erlaubt sind und das Qualitätsgebot im stationären Bereich außer Kraft gesetzt wird. Es führt auch nicht dazu, dass eine Krankenhausbehandlung, die nicht nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt und deshalb für den Patienten Schadensersatzansprüche sowie für den Krankenhausarzt strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht, von den Krankenkassen bezahlt werden muss.

Klarstellend hat der Gesetzgeber als weitere Reaktion auf die Rechtsprechung des BSG zum 23.07.2015 (GKV-VSG vom 16.07.2015, BGBl I 1211) in § 137c SGB V folgenden Abs 3 angefügt: "Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der Gemeinsame Bundesausschuss bisher keine Entscheidung nach Absatz 1 getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach Absatz 1 Satz 1 gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach Absatz 1 noch nicht abgeschlossen ist." Der Gesetzgeber wollte damit ausdrücklich das Prinzip der Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt konkreter im Gesetz regeln (BT-Drs 18/4095 S 121) und einheitliche Bewertungsmaßstäbe für innovative Methoden in der stationären Versorgung sowohl auf der Ebene des GBA als auch auf der Ebene der Entscheidung über die Leistungserbringung vor Ort, etwa über den Abschluss einer Vereinbarung über ein Entgelt nach § 6 Abs 2 KHEntgG gewährleisten (BT-Drs 18/5123 S 135). Auch wenn Abs 3 im hier maßgeblichen Zeitraum der Leistungserbringung im Juli 2013 noch nicht gegolten hat, war seit 2012 der Begriff des Potenzials bereits eingeführt mit dem Ziel, gerade auch "noch nicht auf hohem Niveau belegte" Behandlungsalternativen im stationären Bereich zu ermöglichen.

Nur bei einem derartigen Verständnis des § 137c SGB V passen die Regelungen über die Qualitätssicherung mit den Vorschriften im Bereich der Krankenhausfinanzierung zu den NUB-Entgelten in § 6 Abs 2 KHEntgG zusammen. Solange § 137c SGB V als reine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt verstanden wurde, war unproblematisch die Vereinbarung eines sonstigen Entgelts nach § 6 Abs 2 KHEntgG möglich, solange die Methode nicht vom zuständigen Ausschuss ausgeschlossen worden war. Ist jedoch eine Prüfung durch die Krankenkassen im Einzelfall möglich, ergibt die Vereinbarung von NUB-Entgelten nur dann einen Sinn, wenn das Vorliegen eines Potenzials notwendige, aber auch hinreichende Voraussetzung für die Erbringung im stationären Bereich ist. Ansonsten könnte die Vergütung der Leistung im Nachhinein stets mit der Begründung gestrichen werden, der Nutzen der Methode sei noch nicht voll belegt (abgesehen von den Ausnahmefällen einer Leistungserbringung nach § 2 Abs 1a SGB V; so aber ausdrücklich BSG 19.12.2017, B 1 KR 17/17 R). Sinn der NUB-Entgelte ist jedoch gerade die Innovationsförderung für einen begrenzten Zeitraum (vgl Clemens, KrV 2018, 1 mwN). Für die Begründung eines Potenzials reicht ein abgeschwächter Evidenzlevel (vgl BT-Drs 18/5123 S 135; Roters, SGb 2015, 413; Stallberg, NZS 2017, 332; Clemens, KrV 2018, 1, 3 "zurückgenommene/abgeschwächte Qualitätsprüfung"; Senatsurteil vom 17.04.2018, L 11 KR 2695/16)." (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Dezember 2018 – L 11 KR 206/18 –, Rn. 26 - 31, juris)

Die Kammer schließt sich diesen überzeugenden Ausführungen nach eigener Prüfung vollumfänglich an.

Die streitige Behandlungsmethode der ePRF hatte bereits im Zeitpunkt der Behandlung der Versicherten das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative.

Die ePRF wird durchgehend von sämtlichen Sachverständigen, die in anderen Rechtsstreitigkeiten als Gutachter beauftragt wurden und deren Gutachten zur Akte gereicht wurden, zumindest als "vielversprechend", überwiegend sogar als wirksam und sicher eingestuft. Die Beklagte selbst beruft sich auf ein Gutachten von Herrn Dr. W. vom 02.10.2018, in dem dieser zwar feststellte, dass ein allgemein anerkannter Stand für die ePRF noch nicht existiere, jedoch sodann ausführte:

"Ob im Rahmen der Krankenhausbehandlung des Patienten die Neuromodulationsbehandlung mit ePRF tatsächlich "das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative" bietet entscheidet sich letztlich nach dem Kriterium des "Potential(s) einer erforderlichen Behandlungsalternative". Nach meiner Beurteilung liegt in der ePRF durchaus das genannte Potential, das z.B. bei Vorliegen von chronischen Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich mit Ausstrahlung in eines oder beide Beine, die mit einer medikamentösen/analgetischen und physikalischen (Übungs-)Therapie nicht hinreichend kontrolliert werden können, mit individuell unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Schmerzlinderung genutzt werden kann Die Anwendung einer Behandlungsalternative war bei dem seit Jahren bestehenden, die Lebensqualität erheblich einschränkenden und konservativ nur unzureichend behandeltem Schmerzsyndrom durchaus medizinisch indiziert und notwendig ".

Ausreichendes Potential für die Wirksamkeit der ePRF ist auch der in der Grundsatzstellungnahme des MDS und der SEG7 des MDK vom 30.06.2017 dargelegten Datenlage zu entnehmen. Dort werden zwei Studien konkret zur ePRF benannt und ausgewertet. Zwar halten die Gutachter die Studien aufgrund methodischer Mängel nur für eingeschränkt aussagekräftig. Gleichwohl liefern die Studien Anhaltspunkte für eine signifikante positive, d.h. schmerzreduzierende Wirkung der ePRF. So wird in dem Gutachten ausgeführt:

"In die Studie von Vigneri 2014 [32] wurden Patienten mit lumbosakralem, in ein Bein ausstrahlendem Schmerz mit neuropathischer Beteiligung und erfolgloser analgetischer Vortherapie eingeschlossen. Da die Daten von 21% der Patienten (Lost-to follow-up-Patienten) ohne Angabe von Gründen nicht in der Ergebnisdarstellung berücksichtigt wurden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Nichtberücksichtigung der Daten zu einer relevanten Verzerrung der Ergebnisse führt. In einer Worst-Case-Analyse würde sich damit eine deutliche Reduktion der Responserate nach 6 Monaten Nachbeobachtungszeit von 50% auf ca. 40% ergeben." (S. 40)

Somit geht der MDK davon aus, dass selbst im schlimmsten Fall ("worst case") 40% der Patienten eine schmerzlindernde Wirkung auch noch nach 6 Monaten erlebten.

Soweit die Gutachter von MDS und MDK hingegen annehmen, dass aufgrund der mangelnden Interpretierbarkeit der Ergebnisse keine Einschätzung möglich sei, ob die Methode hinreichendes Potential bietet, überspannen sie die Anforderungen an die Feststellung von Potential. Sie berücksichtigen schon nicht, dass in der Grundsatzstellungnahme nur eine sehr begrenzte Auswertung der vorhandenen Daten erfolgte. Es wurden lediglich einarmige prospektive Studien herangezogen. Bei der Beurteilung des Potentials einer Behandlungsmethode sind jedoch Forschungsergebnisse sämtlicher Evidenzstufen zu berücksichtigen, insbesondere hat insoweit auch eine Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen der einschlägigen Fachgesellschaften zu erfolgen. Insoweit verweist die Klägerin zutreffend darauf, dass die ePRF von der Fachgesellschaft DGNM positiv bewertet wird. Diese war es auch, die die Aufnahme der Methode in den OPS-Katalog anregte. Auch wenn die Vergabe einer OPS-Ziffer nicht automatisch bedeutet, dass die Methode zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden kann, so indiziert sie doch zumindest ein Potential der Methode. Dies folgt für die Kammer daraus, dass die Datenlage – auch wenn sie nicht vom DIMDI überprüft wird – im Antrag auf Aufnahme einer Prozedur in den OPS-Katalog dargestellt werden muss. Ein solcher Antrag muss folgende Kriterien erfüllen:

"Für die Entscheidung über die Aufnahme solcher Prozeduren in den OPS sollten die folgenden Informationen geliefert werden: a) Im Vorschlag wird begründet, warum die Kodierung der Prozedur fachlich unverzichtbar ist. Außerdem wird dargestellt, inwieweit die Prozedur fachlich etabliert und wissenschaftlich evaluiert ist. Sofern sinnvoll und verfügbar werden Angaben zum Evidenzgrad zitierter Studien und darüber gemacht, ob die Prozedur bereits in anderen internationalen Prozedurenklassifikationen durch einen spezifischen Kode abgebildet wird (Gesichtspunkt der Relevanz). b) Im Vorschlag wird mitgeteilt (ggf. geschätzt), an wie vielen Patienten und in wie vielen Fachabteilungen (Kliniken) die Prozedur seit wann durchgeführt wird (Gesichtspunkt der Häufigkeit) " (Kuratorium für Fragen der Klassifikation im Gesundheitswesen beim Bundesministerium für Gesundheit (KKG), Gesichtspunkte für zukünftige Revisionen des OPS, in der im str. Zeitraum geltenden Fassung).

Schließlich ist bei der Prüfung des Potentials auch zu berücksichtigen, in welchem Umfang die Methode bereits mit welchem Erfolg angewandt wird. Insoweit hat Herr Prof. Dr. V. als damaliger Präsident der DGNM in seiner Stellungnahme vom 06.03.2017 für das Sozialgericht Detmold ausgeführt, in Deutschland würden seit Aufnahme des OPS-Kodes 5039.38 in den OPS-Katalog 2009 "mehrere tausend Patienten jährlich erfolgreich" behandelt. Dem entspricht die Angabe von Herrn Prof. Dr. K. in seinem Gutachten vom 01.08.2017, er habe seit 2003 in eigener Klinik über 1.000 Patienten mit ePRF behandelt. Wohl auch aufgrund dieser Häufigkeit ging der MDK Bayern in den vorliegenden Stellungnahmen davon aus, dass die ePRF als Behandlungsmethode anerkannt ist. Von einem rein experimentellen Verfahren kann angesichts dessen nicht mehr ausgegangen werden.

Neben ausreichenden Anhaltspunkten für eine Wirksamkeit der ePRF ist auch davon auszugehen, dass es sich um eine "erforderliche" Behandlungsalternative handelt. Die Erforderlichkeit einer Behandlungsalternative besteht dann, wenn sie einen Vorteil gegenüber den bisher verfügbaren Methoden verspricht, etwa weil andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methoden ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Juni 2018 – L 7 KA 46/14 KL –, Rn. 178, juris, unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung zum GKV-VSG).

Hierzu hat Herr Prof. Dr. V. in seinem Gutachten vom 05.11.2015 für das SG Köln darauf verwiesen, die ePRF diene als konservative, nicht gewebszerstörende Behandlung der Vermeidung operativer Behandlungen wie Bandscheibenoperationen, Stabilisierungsoperationen, Laminektomien etc., die nicht selten zu nachfolgenden chronischen Schmerzen führen würden. Die Klägerin hat darauf hingewiesen, dass im Fall der Versicherten alternativ eine Rückenmarkstimulation (SCS) in Betracht gekommen wäre, die jedoch im Vergleich zur ePRF ein invasiveres Vorgehen darstellt, da der Impulsgenerator im Körper verbleibt. Diese Ausführungen sind nachvollziehbar. Gegenteilige Anhaltspunkte sind weder vorgetragen, noch den vorliegenden Unterlagen zu entnehmen.

4) Schließlich geht die Kammer auch davon aus, dass die Versicherte wirksam in die streitige Behandlung eingewilligt hat.

Zu den Voraussetzungen für einen Vergütungsanspruch des Krankenhauses zählt auch, dass für die betroffene Behandlung eine wirksame Einwilligung des Versicherten vorlag. Versicherte und/oder deren gesetzliche Vertreter müssen der konkreten Heilbehandlung nach hinreichender, gebotener Aufklärung entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zugestimmt haben. Erforderlich ist eine so umfassende Information über Eigenart, Nutzen und Risiken der geplanten Behandlung, dass sie dem Selbstbestimmungsrecht des Versicherten in vollem Umfang Rechnung trägt (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25. Januar 2017 – L 9 KR 144/15 –, Rn. 54, juris mit Nachweisen zur höchstrichterlichen Rechtsprechung).

Die vorliegende "Operations-, Anästhesie- und Kostenübernahmeeinwilligung", die die Versicherte am 02.07.2012 unterschrieben hat, weist zwar einen Fehler dahingehend auf, als dort in der Beschreibung der Vorgehensweise unter Ziffer 1 darauf hingewiesen wird, dass die Elektrode "am Ende des Eingriffs" entfernt wird. Tatsächlich verblieb die Elektrode jedoch drei Tage im Körper der Versicherten. Weiterhin sind die Ausführungen in der Erklärung betreffend die Medikamentengabe widersprüchlich, was Herr L. im Rahmen seiner Befragung in der mündlichen Verhandlung auch eingeräumt hat. Diese Umstände wiegen jedoch nicht so schwer, dass davon auszugehen ist, dass die Versicherte ihr Selbstbestimmungsrecht nicht mehr adäquat ausüben konnte. Die Ausführungen zum Ablauf und den möglichen Nebenwirkungen des Eingriffs erlaubten jedenfalls. dass sich die Versicherte ein grobes Bild davon machen konnte, wie der Eingriff ablaufen würde und welche möglichen Nebenwirkungen auftreten können. Im Ablauf der Behandlung wurde zumindest die Möglichkeit der Medikamentengabe erwähnt und damit der Versicherten Gelegenheit zur entsprechenden Nachfrage gegeben. Weiterhin hat der behandelnde Arzt Herr L. auch glaubhaft dargelegt, dass die konkrete Situation der Versicherten in einem Aufklärungsgespräch erörtert worden ist, was auch aus der der Einwilligungserklärung beiliegenden Abbildung ersichtlich ist, auf der die Versicherte angekreuzt hat, in welchen Bereichen ihres Körpers sie Schmerzen verspürt.

C) Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine Prüfung, ob die Beklagte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben, ggf. in der Ausprägung des widersprüchlichen Vorverhaltens mit dem Argument, die streitige Behandlung entspreche nicht dem Qualitätsgebot, bereits deshalb ausgeschlossen ist, weil sie in der Vergangenheit die Kosten für die Behandlungen übernahm und die Klägerin somit davon ausgehen konnte, dass auch im hier streitigen Fall eine Kostenübernahme nicht aufgrund vom konkreten Behandlungsfall unabhängiger Erwägungen zur Datenlage abgelehnt würde.

D) Unrichtigkeiten in der Berechnung der Höhe der Vergütung durch die Klägerin sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat auch keine Einwendungen gegen die Höhe der von der Klägerin vorgenommenen Abrechnung geltend gemacht.

E) Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 12 Abs. 5 Berliner Vertrages über Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung gemäß § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V vom 1. November 1994 (Krankenhausvertrag).

F) Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO, da weder Klägerin noch Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören.
Rechtskraft
Aus
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