Skip to main content

Krankenhauschef kritisiert Lauterbach

Es fehlen Millionen: Krankenhausreform setzt Ortenau Klinikum weiter unter Druck

Bis 2058 muss der Ortenaukreis seine Krankenhausreform abstottern. Mitten in die mühsam ausgetüftelte Finanzierung platzen neue Hiobsbotschaften.

Operation am Kniegelenk im Ortenau Klinikum in Kehl.
Finanziell unter Druck gerät das Ortenau Klinikum durch die jüngsten Pläne zur Krankenhausreform. Das erwartete Defizit von 30 Millionen Euro im laufenden Jahr wird kaum zu halten sein, fürchtet Geschäftsführer Christian Keller. Der Kreis muss wohl weiteres Geld nachschießen. Foto: Christian Eggersglüß

Das Ortenau Klinikum wird an den Folgen der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Krankenhausreform noch zu knabbern haben. Das gilt vor allem für die kommenden drei Jahre, in denen der Bund den unter steigenden Personal- und Sachkosten leidenden Krankenhäusern keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellen wird.

Für das Ortenau Klinikum heißt das: Das für das laufende Jahr kalkulierte Defizit von rund 30 Millionen Euro wird nicht zu halten sein. Christian Keller, Vorstandsvorsitzender des größten kommunalen Krankenhausbetriebs im Südwesten mit rund 500 Millionen Euro Jahresumsatz, bereitet die Politik deshalb in einer ersten Stellungnahme auf weiter steigenden Zuschussbedarf vor – auf die elegante Weise.

„Zum Glück haben wir einen starken Träger“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion. Das soll heißen: Der Kreis wird mitten im Reformprozess der sogenannten Agenda 2030 wohl noch einmal tief in die Tasche greifen müssen.

Der Bund will sparen

Das liegt daran, dass die Reform erst in zwei oder drei Jahren greift und der Bund bis dahin keine zusätzlichen Mittel an die Häuser auszahlen will. Die aber wären dringend nötig: Die jüngsten Tarifabschlüsse haben solide Erhöhungen der Löhne und Gehälter gebracht, zudem seien die Sachkosten um bis zu 20 Prozent gestiegen.

Was es in Heller und Pfennig heißt, wenn dies nicht vom Bund aufgefangen wird, lässt Keller offen. Das habe man noch nicht im Detail gerechnet.

Doch die 30 Millionen Euro errechnetes Minus für das laufende Jahr werden nicht reichen. Dabei ist dies bereits eines der höchsten Defizite, die das Haus je erwirtschaftet hat, damals in einer Zeit, bevor man drei Standorte dichtgemacht hatte.

Keller sieht die gesamte Krankenhauslandschaft unter Druck. Bereits jetzt hätten 150 Kliniken bundesweit Insolvenz angemeldet, weitere würden folgen. Das sei aber kein gesteuerter Prozess, sondern ein „unstrukturiertes Aussterben von Krankenhäusern, die vielleicht besser sind als andere“, so Keller. „Eine Sauerei“, wie er anmerkt.

Keller spricht von Arroganz

Die Nerven in der Debatte um die Zukunft der Krankenhäuser liegen zunehmend blank, der Ton verschärft sich. Keller kritisierte im Gespräch mit dieser Redaktion massiv Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der dem System Krankenhaus bereits 300 Millionen Euro bundesweit entzogen habe und jetzt auf die Verantwortung der Vorgängerregierung verweise, wenn kein Geld mehr zur Verfügung stehe. Das sei „ein sehr arroganter Satz“, schließlich stehe Lauterbach als Gesundheitsminister in der Verantwortung.

Das Ortenau Klinikum sieht dabei mit seinem finanziell potenten Träger, dem Kreis, noch vergleichsweise gut aus. Das liege auch an den konsequent umgesetzten Reformplänen: „Wenn wir jetzt noch neun Häuser hätten, könnten wir gute Nacht sagen“. Dadurch, dass der Kreis bereits 2018 mit seinen Überlegungen zu einer Strukturreform begonnen habe, „müssen wir nun nicht allen anderen hinterherlaufen wie die Lemminge“.

Keller glaubt daher nicht, dass man jetzt noch einmal eine grundlegende Debatte über die Finanzierung der Ortenau Klinikums eröffnen muss, schließlich könne „keiner was dafür“, dass die Häuser unterfinanziert seien. Es werde darum gehen, wo man in der Steuerung des Konzerns oder auch strukturell noch etwas unternehmen könne.

Der Vorstandschef des Klinikums schließt dabei eine vorzeitige Schließung des Kehler Krankenhauses (nach Oberkirch, Ettenheim und Gengenbach) ausdrücklich aus. Es gebe da einen klaren politischen Willen. Im Klartext heißt das: Kehl soll betrieben werden, bis der Neubau in Achern Anfang des Jahres 2028 bezugsfertig ist: „Dann zieht Kehl um“.

Reform hat auch positive Seiten

So bitter die kurzfristigen Perspektiven, so positiv bewertet Keller die Reform beim Blick auf die mittelfristigen Wirkungen. Denn das angepeilte Medizinkonzept passe gut zu dem, was man im Ortenaukreis ohnedies plane. „Wenn man die grobe Richtung sieht, dann ist das nichts Anderes in struktureller Hinsicht als der Weg, den wir gehen“.

Allerdings seien viele Detailfragen noch nicht geklärt, unter anderem die, welches Bezugsjahr für alle Berechnungen gelten solle: „Man muss sehen, was kommt“.

nach oben Zurück zum Seitenanfang