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Die ersten landesweit einheitlichen Regeln für anonyme Geburten

Japan will erste Richtlinien für vertrauliche Geburten aufstellen

Das Jikei-Krankenhaus in der japanischen Präfektur Kumamoto setzt sich schon seit Jahrzehnten für die Einführung eines vertraulichen Geburtensystems ein. Nun will die japanische Regierung in Kürze seine ersten Richtlinien für vertrauliche Geburten herausgeben.

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2019 führte das Jikei-Krankenhaus in Kumamoto selbständig ein System für vertrauliche Geburten ein, um zu verhindern, dass Frauen in der Not ihre Kinder heimlich und ganz allein zur Welt bringen. Bei einer vertraulichen Geburt kann sich die werdende Mutter vom Krankenhauspersonal beraten lassen und ihr Kind unter geschützten Verhältnissen in der Einrichtung zur Welt bringen, ohne ihren Namen öffentlich zu machen. Nur dem für sie zuständigen Mitarbeitenden muss sie ihre Identität preisgeben, um zu gewährleisten, dass das Kind später die Möglichkeit hat, die Identität seiner Mutter zu erfahren, wenn es das möchte.

Die erste anonyme Geburt Japans

Im Dezember 2021 führte das Jikei-Krankenhaus die erste offizielle vertrauliche Geburt in der Geschichte des Landes durch. Bei der Mutter handelte sich um eine Teenagerin, die aus Angst vor Ablehnung ihre Schwangerschaft vor ihrer eigenen Mutter geheim halten wollte.

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Ihrem Kind hinterließ die junge Frau einen Umschlag, der Kopien ihres Personalausweises sowie einen persönlichen Brief enthielt.

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Die ersten offiziellen Richtlinien

Den neuen Richtlinien für vertrauliche Geburten zufolge muss das medizinische Personal der Krankenhäuser die Mütter, die ihr Kind anonym entbinden wollen, ausführlich über das Recht des Kindes auf die Kenntnis des Namens ihrer Mutter aufklären.

Die Regierung plant, den Krankenhäusern in den Leitlinien zu versichern, dass die Verwendung eines Pseudonyms für die Mutter in ihren medizinischen Aufzeichnungen nicht gegen das Ärztegesetz verstößt.

Des Weiteren wurden Regeln für den Umgang mit den Namen der Mütter und anderen persönlichen Informationen festgelegt und Hinweise für die örtlichen Kinderberatungsstellen erarbeitet, die die Fachkräfte vor Ort darüber aufklären, wie sie mit dem Kind umgehen sollen, wenn die Mutter aus dem Krankenhaus entlassen wird.

Richtlinien sollen vieles vereinfachen

Bisher hat das Jikei-Krankenhaus fünf Fälle öffentlich bekannt gegeben, bei denen Mütter ihre Kinder anonym zur Welt bringen wollten.

Da es bislang keine offiziellen Richtlinien für vertrauliche Geburten gegeben hatte, war es für die Verantwortlichen extrem schwierig gewesen, die Kinder in ein örtliches Familienregister eintragen zu lassen. Auf Anraten des Kumamoto District Legal Affairs Bureau des Justizministeriums ließ die Stadt selbst schließlich mindestens eines der Kinder unter der Autorität des Bürgermeisters ohne Geburtsurkunde eintragen. Eine Notlösung.

Die nächste Hürde stellte die Suche nach jemandem dar, der sich um die Neugeborenen kümmern konnte. Es dauerte über als sechs Monate, bis ein lokales Kinderberatungszentrum Vorkehrungen für den ersten Fall einer vertraulichen Geburt traf, bei dem das von der Mutter beantragte spezielle Adoptionssystem zur Anwendung kam.

Laut Kazufumi Onishi, dem Bürgermeister von Kumamoto, sei das Zentrum bei diesem Verfahren besonders vorsichtig gewesen. Außerdem hätten die Beamten vor einer „sehr schwierigen Entscheidung“ gestanden, da sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Richtlinien hatten, auf die sie sich beziehen konnten.

Diskurs um die Verwaltung der persönlichen Informationen

Aktuell kümmert sich das Personal des Jikei-Krankenhauses selbst um die Verwahrung der Kopien der Personalausweise der Mütter.

Diese Vorgehensweise ist allerdings umstritten. Kritische Stimmen sind der Ansicht, dass eine öffentliche Einrichtung für die Aufbewahrung der vertraulichen Informationen zuständig sein sollte.

Andere wiederum sind der Meinung, dass es ein offizielles Verfahren geben sollte, um den Kindern Zugang zu diesen Informationen zu gewähren.

Ein System nach deutschem Vorbild

Als das Jikei-Krankenhaus sein vertrauliches Geburtensystem einführte, orientierte es sich dabei an den in Deutschland bereits vorhandenen Regelungen, die 2014 legalisiert wurden.

Yasunori Kashiwagi, ein Professor für Pädagogik am Chiba Keizai College, der eingehend mit dem deutschen Geburtensystem befasst hat, kommentierte bezüglich der neuen japanische Richtlinien: „Die Bequemlichkeit von Frauen mit dem dringenden Bedürfnis (anonym zu gebären) sollte an erster Stelle stehen.“

Er ist zudem der Ansicht, dass in den Richtlinien auch festgelegt werden sollte, dass die japanische Zentralregierung die Verantwortung für die Verwaltung der von den Müttern zur Verfügung gestellten persönlichen Daten übernimmt und dass nur die Kinder zum Zugriff auf die Daten berechtigt werden können.

Ebenso sollten in den Richtlinien auch Verfahren für den Fall beschrieben werden, dass ein Familiengericht über etwaige Einwände der Mütter gegen die Weitergabe ihrer Identität an ihre Kinder entscheidet, bevor die vertraulichen Informationen offengelegt werden.

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