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"Das predige ich jeden Tag": Hamburger Klinik-Chef: In der Corona-Krise wurde unser größtes Problem übersehen
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Coronavirus - Pflegekräfte
Felix Kästle/dpa Der Hamburger Klinik-Chef Hermann Reichenspurner prangert an: In der Corona-Debatte wurde ein Kernaspekt kaum thematisiert.
Dienstag, 28.07.2020, 20:29

In der Corona-Debatte wurden zu wenige Beatmungsgeräte, überfüllte Intensivstationen und fehlende Betten in Krankenhäusern befürchtet. Der Hamburger Klinik-Chef Hermann Reichenspurner prangert an: Ein Kernelement wird in der ganzen Debatte vollkommen außer Acht gelassen.

Das Coronavirus hat das deutsche Gesundheitssystem vor eine noch nie dagewesene Bewährungsprobe gestellt. Mit den in die Höhe schnellenden Infektionszahlen stieg auch die Angst: Von fehlenden Beatmungsgeräten, ausgeschöpften Kapazitäten in Kliniken und kollabierenden Intensivstationen war oft die Rede.

Doch wenn es nach Hermann Reichenspurner, Direktor der Klinik für Herz- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, geht, ist das im Zuge der Coronakrise tatsächliche Problem kaum thematisiert worden – obwohl dies schon vor der Pandemie hinlänglich bekannt gewesen war.

Hamburger Klinik-Chef über Corona: "Wichtigere Frage nach ausreichend Pflegekapazitäten wurden sehr selten gestellt"

„Es ist ganz viel über Intensivbetten und über angeblich fehlende Beatmungsgeräte geredet worden. Die wichtigere Frage nach ausreichend Pflegekapazitäten wurde nur sehr selten gestellt, weil Politiker und die meisten ‚Spezialisten‘ nicht wissen, wie ein Krankenhaus funktioniert“, sagt Reichenspurner dem „Spiegel“.

Für ihn war das ein frappierender Fehler: Schließlich seien die Krankenhäuser auf dem Höhepunkt der Pandemie gezwungen gewesen, alle zur Verfügung stehenden Pflegekräfte, vom OP bis zum Herzkatheter-Labor, zu mobilisieren.

Personal leistete körperliche Schwerstarbeit bei Pflege von Corona-Patienten

Allein vor diesem Hintergrund sei deutlich geworden, dass es nicht nur um die reine Betten-Kapazität, sondern auch um die Anzahl der Pflegekräfte geht, die die Patienten in ebenjenen Betten betreuen. „Wir haben schon zu normalen Zeiten Engpässe. Mit unserem Intensivpflegepersonal allein hätten wir schon die erste Welle nicht bewältigen können“, sagt der Klinik-Chef.

Denn die Pflege von Covid-19-Patienten wäre extrem aufwendig: „Man trägt eine Schutzkleidung, eine FFP2-Maske, die ziemlich furchtbar zu tragen ist, davor noch ein Plexiglasvisier. Und mit dieser Montur muss körperliche Schwerstarbeit geleistet werden“, schildert Reichenspurner.

Hamburger Klinik-Chef: Gehaltserhöhung für Pflegekräfte geht nur über Krankenkassen und höhere Beitragssätze

Dass die harte Arbeit der Pflegekräfte auch nach der Pandemie bis auf ein paar Runden Applaus kaum Anerkennung fand, ist für den Klinik-Chef ein Unding. Deswegen setzt er sich für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen sowie eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte ein.

Da die Krankenhäuser diese aber vermutlich nicht stemmen können, müsse über eine mögliche Refinanzierung nachgedacht werden: „Das geht nur über die Krankenkassen, und die werden höhere Beitragssätze von den Versicherten brauchen“, erklärt Reichenspurner.

Die Erhöhungen für den Einzelnen wären dabei äußerst zumutbar. Doch generell dürften Kosten kein Totschlagargument in dieser Debatte sein: „Denn sonst haben wir das Problem, dass wir in naher Zukunft einfach keine Pflege mehr haben in dem Maße, wie wir sie brauchen“, sagt Reichenspurner dem „Spiegel“.

Chef der Herz-Klinik: "Ohne Pflegekräfte wären wir machtlos"

Allein deswegen plädiert der Klinik-Chef für mehr Wertschätzung – in emotionaler und materieller Hinsicht. Schließlich haben die Pflegekräfte mit ihrer unvorstellbar harten Arbeit das Gesundheitssystem vorm Kollaps bewahrt - und die Zahl der Corona-Toten in Deutschland im internationalen Vergleich auf einem Rekord-Tief gehalten.

„Das ist ein Beruf, ohne den wir völlig machtlos wären“, sagt der Chef der Herz-Klinik. „Sie können weder als Arzt auf Station noch im OP noch auf einer Intensivstation irgendwas ausrichten ohne die Pflege. Ich predige das vom Chefarzt bis zum Assistenzarzt jeden Tag.“

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