Hackerangriff aus dem Darknet auf Klinikum Lippe ohne Lösegeld beendet

Kreis Lippe. Das Klinikum Lippe geht davon aus, dass der massive Hackerangriff auf seine IT beendet ist. Nach "intensiven Verhandlungen" mit den Erpressern sei es gelungen, von diesen die notwendigen Daten zu bekommen, um die Systeme entschlüsseln zu können. Die Täter hatten Lösegeld "in mittlerer einstelliger Millionenhöhe" gefordert, sagte Klinik-Geschäftsführer Dr. Johannes Hütte. Gezahlt worden sei kein Cent. "Wir haben die Erpresser überzeugt, dass wir ein Krankenhaus und Teil der kritischen Infrastruktur sind." Das bedeute allerdings nicht, dass es keine weiteren Auswirkungen geben werde. "Wir müssen leider davon ausgehen, dass es zu fortlaufenden Störungen der IT-Systeme kommen kann". Die Experten für Cybercrime in Köln sind ebenfalls optimistisch, dass es sich bei den "Schlüssel" zum Decodieren der Daten tatsächlich um den richtigen gehandelt habe, selbst wenn man von der Tätergruppe an sich nicht viel halte. "Ich bestätige, dass der Schlüssel herausgerückt worden ist, obwohl das Klinikum kein Lösegeld gezahlt hat", sagte Staatsanwalt Dr. Christoph Hebbecker von der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime in Köln. Kommunikation übers Darknet Man habe den Erpressern mitgeteilt, dass sie ein Klinikum angegriffen hätten. "Es gibt Hinweise darauf, dass der Schlüssel daraufhin herausgegeben worden ist. Ob das wirklich der Grund war, wissen wir aber nicht sicher." Es gebe Tätergruppen, die eine "interne Linie verfolgen" und keine Krankenhäuser lahmlegten. Oft ginge es dabei aber weniger um moralische Gründe als um die Sorge vor dem dadurch viel gewaltigeren Fahndungsdruck. Kommunikation übers Darknet Die Kommunikation sei in englischer Sprache über einen Chatraum im Darknet gelaufen, schilderte ein sichtlich erleichterter Hütte. "Die Täter haben offensichtlich nicht gewusst, dass sie ein Krankenhaus angegriffen haben, haben uns eventuell verwechselt." Letztlich sei das Haus halbwegs aus der Sache rausgekommen. Nun gelte es, in Sachen IT aufzuräumen. Mehr als 200 verschiedene Applikation seien in den vergangenen 20 Jahren installiert worden. "Wir werden nun die gesamte IT neu aufbauen. Das dauert sicher zwei Jahre, und das bezahlen wir selbst." Auch müsse natürlich herausgefunden werden, wo Schwachstellen im System sind. Das Klinikum werde in naher Zukunft weiterhin von außen nur telefonisch und per Fax zu erreichen sein. Daten müssen nacherfasst werden Das Klinikum habe 800 herkömmliche Formulare für Patientenakten drucken lassen, denn die wenigen Vorräte aus alten Zeiten waren schnell aufgebraucht. Seit Freitagmorgen seien alle Daten nur noch auf Papier erfasst worden, sagte Hütte. Um Fotos betrachten zu können, habe man alte Thermodrucker wieder an den Start gebracht. Damit werde in den nächsten Tagen hoffentlich Schluss sein - dann allerdings müssen diese Daten nachträglich digitalisiert werden. Macht auch wieder Arbeit. Ausdrücklich dankte Johannes Hütte den Mitarbeitern der Klinik, die in Zeiten überfüllter Stationen in einem total vollen Krankenhaus bei gleichzeitig hohem Personal-Krankenstand und anhaltender Pandemie anderes zu hätten, als sich mit einem Hackerangriff auseinandersetzen zu müssen. Sie hätten schnell und professionell gehandelt. Kinderklinik ist voll - Patienten nicht gefährdet Die Kinderklinik beispielsweise ist wie überall in OWL voll, es gibt kaum noch freie Betten - diesen Lagebericht aus OWL bestätigt das Klinikum Lippe. In der Kinderklinik stünden 61 Betten zur Verfügung, diese seien alle belegt. Sie &bdquo;umzuwidmen" und &bdquo;wie in normalen Zeiten" zeitweise mit erwachsenen Patienten zu belegen, sei kein Thema, sagte Hütte. Auch in Lippe grassierten Infektionen, &bdquo;da holen die Kinder zwei/drei Jahre nach." Hinzu komme, dass Kliniken in Nachbarkreisen keine Patienten aus lippischen Randgebieten mehr aufnähmen. Es werde aber in Lippe jedes Kind versorgt, versicherte er. "Wir bedanken uns für die Hilfe seitens der Behörden, insbesondere des Landeskriminalamtes und der Ermittler aus Bielefeld", sagte der Klinikchef. Auch Weidmüller - jüngst selbst Opfer eines Hackerangriffs - habe Hilfe angeboten, andere davon heimgesuchte Kliniken wie die Uniklink Düsseldorf ebenfalls. Experten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Grant Thorton, CIR und GDATA hätten das Haus erfolgreich bei der Bewältigung der sensiblen Lage mit forensischen Maßnahmen unterstützt. Das Klinikum hatte zwar einige geplante Operationen verschieben müssen. "Wir wussten ja nicht, was auf uns zukommen wird", sagte Hütte. Er sei aber sehr dankbar, dass Patienten nicht gefährdet gewesen seien. Er freue sich, dass die initiierten Notfallprozesse erfolgreich gewesen seien.

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