Erbendorf
29.12.2022 - 10:27 Uhr
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Finanzielle Lage der Kliniken AG bremst Modernisierung der Steinwaldklinik Erbendorf aus

Auch im Landkreis Tirschenreuth hat das Gesundheitswesen mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Eine Besonderheit gibt es aber in der Steinwaldklinik in Erbendorf: Dort herrscht kein Fachkräftemangel.

Pflegekräfte und Mitarbeiter im Gesundheitswesen fordern mehr Wertschätzung für ihre Arbeit. Dass die CSU-Spitze des Landkreises Tirschenreuth bei ihrem traditionellen Weihnachtsbesuch in der Steinwaldklinik in Erbendorf zu spät kam, empfand Pflegedienstleiterin Elfriede Schwarzmeier nicht als solche. Diesen Termin kenne sie seit 20 Jahren. Immer sei es um die gleichen Punkte gegangen, doch viel passiert sei im Nachhinein oft nicht.

Der Besuch in der Geriatrischen Rehabilitation war die letzte Station der CSU-Tour. Gerade bei den Gesprächen im Gesundheitsbereich kam einiges auf den Tisch. Im Krankenhaus Kemnath und in der Steinwaldklinik ging es um den Fachkräftemangel, Dokumentationsaufwand, die Belastung des Personals sowie die geplanten Reformen und die Finanzierung der Krankenhäuser.

Neue Bewertung 2023

In der Steinwaldklinik kristallisierte sich eine große Frage heraus: Wie lässt sie sich zukunftsfähig machen? Noch 2020 gab es Gerüchte, dass das Haus schließen müsse. Thomas Egginger, der frühere Vorstand der Kliniken Nordoberpfalz, erklärte damals, dass es nicht absehbar sei, ob es in Erbendorf zu einem Neubau komme oder der Standort langfristig keine Zukunft habe. Wie Landrat und Aufsichtsrat Roland Grillmeier nun erklärte, werde 2023 ein bedeutsames Jahr für die Kliniken AG, um Entscheidungen neu zu bewerten. Das geschehe auch im Hinblick auf die Krankenhausreform.

Erst Anfang Dezember hatte der Kreistag den Erhalt der drei Landkreis-Standorte in Tirschenreuth, Kemnath und Erbendorf bekräftigt. In Sachen Neubau bemerkte Grillmeier beim Besuch in der Steinwaldklinik: „Man sieht, dass Sanierungsbedarf besteht.“ Da das Haus in die Jahre gekommen ist, seien nicht alle Bereiche auf dem modernsten Stand. So teilen sich etwa zwei Patienten eine Nasszelle mit Toilette und Dusche. Auch die Balkone am Haus könnten eine Modernisierung gebrauchen.

Schornbaum neuer Geriatrie-Leiter

Chefarzt Michael Schornbaum hat die Leitung der Geriatrie übernommen, nachdem Dr. Irina Kern in den Ruhestand gegangen war. Ihm sei bewusst, dass Handlungsbedarf bestehe. "Durch die derzeitige Situation der Kliniken AG sind wir weit weg von einer Modernisierung", sagte er. Nur notwendige Maßnahmen seien möglich. Da das Haus selbst gut wirtschaften könne, hätte die Beleuchtung in Treppenhäusern und Fluren neu gemacht und Fenster auf den Patientenzimmern getauscht werden können.

Erbendorfs Bürgermeister Johannes Reger betonte, dass die bauliche Substanz des Gebäudes in Ordnung und die Geriatrie stets gut mit Patienten ausgelastet sei. Tatsächlich komme die Steinwaldklinik als einzige Einrichtung der Kliniken AG laut Landrat auf eine schwarze Null. Landtagsabgeordneter Tobias Reiß fragte bei Schornbaum nach, ob für die Einrichtung ein Zusammenschluss, etwa mit der Akutgeriatrie am Krankenhaus Tirschenreuth, infrage käme. Wie Schornbaum ausführte, kämen in die Geriatrie auch Patienten aus Regensburg und Nürnberg. "Wir haben hier eine gute Reha aufgebaut, die sollten wir erhalten." Grillmeier versprach, Möglichkeiten und Anforderungen zu prüfen.

Wertschätzung betont

Pflegedienstleiterin Elfriede Schwarzmeier äußerte sich zum Thema Fachkräftemangel und berichtete überraschend: "Ich kann alle meine offenen Stellen besetzen. Wir haben genügend Personal." Derzeit gebe es in der Geriatrie rund 90 Mitarbeiter. So habe sich überregional das gute Betriebsklima im Haus herumgesprochen, was Bewerber auch von anderen Standorten der Kliniken AG anlocke. "Da wird auch hingenommen, dass das Haus nicht auf dem neuesten Stand ist", sagte Schwarzmeier.

Stellvertretender Landrat Alfred Scheidler fragte nach: "Wie kann man das woanders auch umsetzen?" Hierzu äußerten sich die Verantwortlichen der Geriatrie vorsichtig. Schwarzmeier betonte die Wichtigkeit, Wertschätzung allen Berufsgruppen im Haus entgegenzubringen. Das führe auch dazu, dass der Ausfall von Mitarbeitern, etwa wegen Krankheit, leichter kompensiert werden könne. So seien Überstunden keine Seltenheit. "Trotzdem springen die anderen Mitarbeiter ein. Ich bin froh, dass sie auch an ihren freien Tagen kommen", sagte Schwarzmeier.

Kein Pflegebonus für Mitarbeiter

Landrat Grillmeier erkundigte sich zudem nach dem Betrieb der Geriatrie in Hinblick auf die Pandemie. In diesem Jahr hat es laut Schornbaum drei Krankheitswellen gegeben. Wenn es zu Ausbrüchen komme, fehlten nicht nur Mitarbeiter, es dürften auch keine Patienten mehr aufgenommen werden. Schwarzmeier: "Dann kriegen wir kein Geld für freie Betten." Im Haus selbst gilt eine FFP2-Maskenpflicht, und wer neu aufgenommen wird, braucht einen negativen Corona-Test. "Hier ist auch ein Influenza-Test dabei. Das hilft, Infektionen im Rahmen zu halten", berichtete Schwarzmeier. Angehörige dürfen Patienten nur unter Aufsicht in der Cafeteria besuchen.

In der Geriatrie werden vor allem ältere Menschen betreut. Was passiert, wenn sie sich trotzdem mit Corona infizieren? Schornbaum: "Sie haben oft leichte oder keine Symptome. Die Verläufe sind nicht mehr schwerwiegend." Das Personal sei verpflichtet, regelmäßig Reihentestungen durchzuführen. Hier hakte Betriebsrat Oliver Welsner bei den Politikern nach: "Es wird Zeit, dass hier etwas gemacht wird." Sobald positive Fälle dabei seien, würden Mitarbeiter fehlen.

Zudem seien Kollegen frustriert, weil sie keinen Pflegebonus erhalten hätten. Diesen hätten nur Mitarbeiter in Krankenhäusern erhalten, die 2021 besonders viele Corona-Patienten hatten, die auf einer Intensivstation beatmet werden mussten. Im Bereich der Kliniken AG bekamen den Bonus nur Mitarbeiter in den Krankenhäusern in Tirschenreuth und Weiden. Kemnath und Erbendorf gingen leer aus. „Das ist keine Wertschätzung“, so Welsner. „Wir haben sicher auch deshalb nicht wenige Mitarbeiter verloren.“

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Hintergrund:

Steinwaldklinik Erbendorf

  • Mitarbeiter: 90
  • Gründung: 1996 (heute Teil der Kliniken Nordoberpfalz AG)
  • Chefarzt: Michael Schornbaum
  • Fokus: Geriatrische Rehabilitation
  • Betten: 80
  • Zielsetzung: medizinisch-fachärztliche, pflegerische und therapeutische Weiterbehandlung; Vermeidung von Pflegebedürftigkeit, Reintegration in das gewünschte (meist häusliche) Umfeld und Erhalt bzw. Wiedergewinnung der Selbstständigkeit
 
 

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