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Pflege: Untergrenzen beim Personal sind "absurd"

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60993d5a-0b56-4ab7-b162-f3bef7064d67.jpg © Sven Hoppe/dpa-Bildfunk

Das Klinikum Hersfeld-Rotenburg übt scharfe Kritik an den seit einem Jahr geltenden Personaluntergrenzen für pflegeintensive Krankenhausabteilungen.

Hersfeld-Rotenburg - Dr. Tobias Hermann, medizinischer Geschäftsführer des kommunalen Klinikverbundes, bezeichnet den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) als „absurd“.

Seit einem Jahr müssen Krankenhäuser in Deutschland für die Unfallchirurgie, Intensivmedizin, Geriatrie und Kardiologie eine bestimmte Anzahl von Pflegekräften vorweisen. Seit diesem Jahr sind die Vorgaben für die vier Bereiche verschärft geworden und vier neue dazugekommen: Herzchirurgie, Neurologie sowie neurologische Schlaganfalleinheit und neurologische Frührehabilitation. Allein 2019 hat der Klinikkonzern durch die Verordnung rund 1,9 Millionen Euro für zusätzliche Honorarpflegekräfte ausgeben müssen, heißt es auf Nachfrage.

Hermann kritisiert vor allem, dass die Untergrenzen starr seien und nicht dem tatsächlichen Patientenaufkommen angepasst werden könnten. „Wenn auf einer Station nach den Vorgaben drei Pflegekräfte anwesend sein müssen, ihre Patienten aber so fit sind, dass sie kaum Betreuung brauchen, und in einem anderen Bereich aber schwer kranke Menschen besonders viel Pflege benötigen, dürfen wir keinen der drei rüberschicken. Das ist absurd.“

Ohnehin seien die Untergrenzen nichts anderes als eine „politisch gewollte Konsolidierung durch das Hintertürchen“, vermutet Hermann. Die Vorgaben führten wegen des Fachkräftemangels dazu, dass Krankenhäuser erst Betten abmelden und dann Abteilungen schließen müssten. „Wenn Herr Spahn das möchte, muss er auch den Mut haben und sagen, welche Häuser nicht mehr gewollt sind.“

Im Ministerium sieht man die Neuregelung aus einem anderen Blickwinkel: Krankenhäuser und Krankenkassen hätten es nicht geschafft, selbst Personaluntergrenzen festzulegen. „Dieses Versagen der Selbstverwaltung erfordert unser Handeln zum Schutz der Patienten und Pflegekräfte“, sagte Jens Spahn bei der Einführung der Verordnung. „Die Unterbesetzung von intensivmedizinischen Abteilungen im Krankenhaus kann fatale Folgen für Patienten haben.“

Hermann hält dagegen: „Eine Politik, die es in Kauf nimmt, dass irgendwann Abteilungen im Landkreis schließen müssen, gefährdet Menschenleben.“

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