Wegen Mangel an Hebammen: Krankenhaus in Paderborn schließt Kreißsaal

Paderborn. Etwa 70 hochschwangere Frauen haben am Dienstag aus heiterem Himmel eine schockierende Nachricht aus der Geburtshilfe des St. Johannisstifts bekommen: Sie werden ihre Babys, deren Geburt im September errechnet ist, nicht wie geplant im dortigen Kreißsaal entbinden können. Wegen eines akuten Mangels an Hebammen muss das Krankenhaus zu einer drastischen Maßnahme greifen und seine Geburtshilfe ab heute, Mittwoch, für voraussichtlich mehr als sieben Wochen schließen. Die werdenden Mütter müssen sich nun kurz vor der Entbindung neu orientieren, und zwar schnell. "Das ist für alle Beteiligten eine ganz schwere Situation", sagt Ute Panske, Vorstand der Krankenhaus-Geschäftsführung des St. Johannisstifts, im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Aufgrund eines akuten Hebammen-Mangels könnten die Dienste nicht mehr rund um die Uhr abgedeckt und somit die Sicherheit für Mutter und Baby nicht mehr gewährleistet werden. "Sicherheit steht an erster Stelle. Darum sind wir leider gezwungen, den Kreißsaal vorübergehend abzumelden. Wir bedauern das zutiefst", sagt Ute Panske. Auf der Station der Geburtshilfe im St. Johannisstift, die es seit mehr als 50 Jahren gibt, kamen im vergangenen Jahr 851 Kinder zur Welt, 2019 waren es sogar 920. Mit 10,8 Vollzeitstellen wäre der Bereich komplett besetzt, schließlich müssen 24 Stunden am Tag und das sieben Tage die Woche mindestens jeweils zwei Hebammen vor Ort sein. Weil spontane Geburten nicht planbar sind und mal zwei, aber auch mal vier Babys an einem Tag geboren werden, ist ausreichend Fachpersonal von Nöten. Durch längerfristige Ausfälle wegen Krankheit und Schwangerschaft und eine offene Teilzeitstelle (0,75) sind derzeit nur Mitarbeitende auf 7,5 Vollzeitstellen einsatzfähig. In den vergangenen Wochen seien auch freiberufliche Hebammen engagiert worden, doch durch weitere Ausfälle könnten die Dienste jetzt nicht mehr gestemmt werden. "Alle bereits zur Geburt angemeldeten Frauen wurden informiert", sagt Ute Panske. Auch die Kinderklinik St. Louise und das St. Josefs-Krankenhaus in Salzkotten sowie Kliniken in Bielefeld, Gütersloh, Brilon, Lippstadt und Lippe habe man in Kenntnis gesetzt. Andere Kliniken wollen weitere Räumlichkeiten schaffen "Die Nachricht, dass das St. Johannisstift kurzfristig den Kreißsaal schließen muss, kam für uns überraschend. Um die Versorgung der Schwangeren und Wöchnerinnen auch im Interesse der Familien wohnortnah zu gewährleisten, stehen wir im engen Austausch mit dem St. Johannisstift", erklärt Josef Düllings, Hauptgeschäftsführer des St. Vincenz-Krankenhauses, auf Nachfrage. In beiden Häusern (3.360 Geburten in 2020) würden alle realisierbaren Optionen geprüft, um zusätzliche Schwangere sicher zu versorgen. &bdquo;Wir werden unser Bestes tun, um sowohl im St. Josefs-Krankenhaus in Salzkotten als auch im Kreißsaal an der Frauen- und Kinderklinik St. Louise allen schwangeren Frauen gerecht zu werden. Dazu werden wir versuchen schnellstmöglich auch zusätzliche Räumlichkeiten schaffen", so Christine Schmücker, leitende Oberärztin der Geburtshilfe. &bdquo;Die Situation ist für uns jedoch herausfordernd." An beiden Standorten habe man bereits jetzt stark steigende Geburtenzahlen mit entsprechender Auslastung der Kapazitäten. Frauen, die ihre Entbindung im St. Johannisstift geplant hatten, so Christine Schmückers Rat, sollten sich frühzeitig in den Sekretariaten der Geburtshilfen telefonisch anmelden, insbesondere dann, wenn die werdenden Mütter mit Wehen in die Klinik kämen. Kreißsaal im Johannisstift soll im November wieder starten Spätestens am 1. November soll der reguläre Kreißsaal-Betrieb im St. Johannisstift wieder starten. "Dann können wir sicher sagen, dass genug Personal vorhanden ist", sagt Ute Panske, hofft allerdings, dass es früher klappen wird, zumal im Oktober eine neue Hebamme eine Schwangerschaftsvertretung antritt. "Es ist sehr schwierig, Hebammen zu finden", weiß die Geschäftsführerin. In OWL musste auch das Klinikum Herford aufgrund eines Personalmangels bereits seine Geburtshilfestation schließen, allerdings handelte es sich dort im Frühsommer 2019 nur um einige Tage. In den hiesigen St. Vincenz-Kliniken könne man auf "ausreichend Personal in der Geburtshilfe zurückgreifen", so Charlotte Hoppe aus der Pressestelle, eine Unterversorgung bestehe derzeit nicht. Geplante Kaiserschnitte und gynäkologische Eingriffe sind im St. Johannisstift von der temporären Maßnahme nicht betroffen, betont Ute Panske. Auch die aktuelle Nachsorge, die Hebammen dort freiberuflich anbieten, läuft weiter. Geburtsvorbereitungskurse werden ebenfalls weiterhin durchgeführt.

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