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Nicht allen Frankfurter Kliniken geht’s schlecht

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Mehr als die Hälfte der deutschen Kliniken schreibt rote Zahlen, das gilt vor allem für Häuser in kommunaler Trägerschaft. Doch trotz schwieriger Ausgangsbedingungen gibt es auch Krankenhäuser, die über die Runden kommen, etwa das Markuskrankenhaus.
Mehr als die Hälfte der deutschen Kliniken schreibt rote Zahlen, das gilt vor allem für Häuser in kommunaler Trägerschaft. Doch trotz schwieriger Ausgangsbedingungen gibt es auch Krankenhäuser, die über die Runden kommen, etwa das Markuskrankenhaus. © picture alliance / Andreas Arnol

Mindestens drei Krankenhäuser schlossen 2022 positiv ab, doch auch sie plagen Sorgen

Mehr als die Hälfte der deutschen Krankenhäuser steckt in wirtschaftlichen Schwierigkeiten: Laut der Krankenhausstudie 2023 der Unternehmensberatung Roland Berger, die die 600 größten deutschen Kliniken untersucht hat, waren 51 Prozent von ihnen Ende 2022 im Minus. Bei den Krankenhäusern in öffentlicher Trägerschaft waren es sogar 63 Prozent. Gründe für die wirtschaftliche Schieflage sind vor allem gestiegene Kosten, weniger Patienten und der Fachkräftemangel. So dauert es laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung im Moment durchschnittlich 230 Tage, bis eine offene Pflegestelle besetzt werden kann.

In Frankfurt zeigt sich diese Schieflage besonders deutlich am Klinikum Höchst, das zusammen mit den Krankenhäusern in Bad Soden und Hofheim den Klinikverbund Varisano bildet: Mit knapp 91 Millionen Euro müssen die Kliniken vor der Insolvenz gerettet werden, Frankfurt muss 47 Millionen zuschießen. Unter anderem aufgrund des Fachkräftemangels ist seit Jahresbeginn eine Station der Klinik für psychische Gesundheit sowie ein Teil der Frühchenversorgung geschlossen.

Jahresabschluss „mit einem kleinen Gewinn“

Doch nicht allen geht es schlecht: Für knapp ein Viertel der deutschen Kliniken endete 2022 laut Krankenhausstudie im Plus. Dazu gehören zum Beispiel die beiden Frankfurter Rotkreuz-Kliniken. Sie konnten das Jahr 2022 „mit einem kleinen Gewinn abschließen“ und stünden „wirtschaftlich stabil da“, schreibt Unternehmenssprecherin Jasna Roth auf Anfrage. Stationen hätten, von einigen kurzen Ausnahmen wegen Renovierungsarbeiten abgesehen, nicht geschlossen werden müssen, es seien im vergangenen Jahr auch keine Betten abgebaut worden.

Die Personalfluktuation in den beiden Häusern, die von den Rotkreuzschwestern betrieben werden, liege unter dem bundesweiten Durchschnitt, der 2020 bei 9,1 Prozent lag (2018: 8,5 Prozent). Von 100 Pflegenden wechselten also durchschnittlich neun den Job, in den Rotkreuzkliniken waren es weniger.

Ein Grund dafür sei, dass die Schwesternschaft, also das Pflegepersonal, Träger der Kliniken sei, sagt Roth. „Das schafft Identifikation und eine langfristige Bindung.“ Um den Fachkräftemangel auszugleichen, beschäftigten die Rotkreuz-Kliniken acht Zeitarbeitskräfte, die etwa doppelt so hohe Kosten verursachen wie eine normal angestellte Pflegekraft.

Obwohl 2022 gut gelaufen sei, blicke man mit Sorge in die Zukunft: „Wir befürchten für das Jahr 2024 enorme Kostensteigerungen“, etwa durch die Tariferhöhungen, sagt Roth. Deshalb unterstützte man die Forderung der Deutschen Krankenhausgesellschaft nach einem Inflationsausgleich. Um fit für die Zukunft zu werden, wolle man zeitnah auf die Reformpläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) reagieren: Ab 2025 sollen die stationären Leistungen an einem der beiden Standorte konzentriert werden, der zweite Standort soll in einen „ambulanten Gesundheitscampus“ umgewandelt werden.

Auch im Frankfurter Universitätsklinikum mussten keine Betten oder Stationen geschlossen werden. Allerdings liege die Bettenzahl „aufgrund regulatorischer Vorgaben und anderer Veränderungen der organisatorischen Rahmenbedingungen“ derzeit etwa 15 Prozent unter dem Niveau von 2019, schreibt Pressesprecher Christoph Lunkenheimer auf Anfrage.

Das führe aber immerhin dazu, dass die Bettenauslastung im zweiten Halbjahr 2022 bei über 80 Prozent und im ersten Halbjahr 2023 bei über 85 Prozent gelegen habe. „Damit ist das Vor-Corona-Niveau wieder erreicht“, so Lunkenheimer.

Tatsächlich liegt das Uniklinikum damit weit über dem deutschen Gesamtschnitt, sowohl des Jahres 2021 (68 Prozent) als auch von 2019 (77 Prozent). Das letzte Jahr, in dem die Bettenauslastung bundesweit bei über 80 Prozent lag, war 2002.

Mehr Pflegepersonal im Uniklinikum

Die Personalfluktuation, so Lunkenheimer weiter, sei in der Universitätsmedizin „üblicherweise höher als anderswo“. „Relevante Unterschiede“ zwischen der Zeit vor Corona und jetzt sehe man nicht. Die absoluten Personalzahlen seien „insgesamt stabil, zuletzt in der Pflege sogar steigend“. Um eine angemessene Betreuung sicherzustellen, greife das Uniklinikum auf eine „einstellige Zahl“ von Zeitarbeitskräften zurück.

Auch die Agaplesion gAG, zu der unter anderem 22 Krankenhäuser gehören, kann auf ein gutes Jahr zurückblicken: Die Umsatzerlöse stiegen um 4,5 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro, die gAG mit Sitz in Frankfurt schloss 2022 mit einem Überschuss von 18,2 Millionen Euro ab.

Für die beiden Frankfurter Häuser, das Markuskrankenhaus und das Bethanien-Belegkrankenhaus, könne Agaplesion „aus Kapazitätsgründen“ keine gesonderten Angaben machen, schreibt Sprecherin Luisa Pena auf Anfrage.

Grundsätzlich seien die beiden Häuser aber „gut aufgestellt“. Zwar litten auch die Agaplesion-Kliniken unter Fachkräftemangel und gestiegener Inflation. „Dennoch haben wir keine konkreten Befürchtungen für die Zukunft.“ In der Vergangenheit war die Krankenhaussparte von Agaplesion in der Regel insgesamt defizitär, die beiden Frankfurter Häuser nicht.

Angefragt wurden insgesamt sechs Frankfurter Kliniken. Die BG Unfallklinik konnte in der angegebenen Frist keine verlässlichen Zahlen liefern, das Nordwestkrankenhaus will die Antworten bei einer Pressekonferenz präsentieren, das St. Elisabethen-Krankenhaus ließ die Anfrage unbeantwortet. Auch die Kliniken, die Auskunft gaben, antworteten teils selektiv.

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