Hannover - Einen Knaller hatten SPD und CDU am Dienstagnachmittag im Gepäck. Die beiden Regierungsfraktionen haben sich darauf geeinigt, dass die umstrittene Pflegekammer in Niedersachsen für die Mitglieder künftig beitragsfrei werden und auch dauerhaft bleiben soll. Bereits bezahlte Beiträge sollen die Mitglieder zurückerhalten. Sechs Millionen Euro will das Land dafür bereitstellen.

„Ein nicht optimaler Start, mangelnde auskömmliche Finanzierung und auch unglückliche, fehlerhafte Versendung von Beitragsbescheiden sowie die Kommunikation der Kammer mit ihren Mitgliedern haben es erschwert, das Vertrauen bei den Pflegekräften zu stärken“, begründet die Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Johanne Modder aus Bunde (Kreis Leer), den Schritt und ergänzt: „Wir verstehen die Unzufriedenheit der niedersächsischen Pflegekräfte. Wir müssen einräumen, dass es ein Fehler war, die Pflegekammer in Niedersachsen bei ihrer Einrichtung nicht mit einer Anschubfinanzierung zu unterstützen und so eine größere Akzeptanz zu erreichen.“

Dazu, dass an der Zwangsmitgliedschaft der bis zu 100 000 Pflegenden in Niedersachsen nicht gerüttelt werde, sagt Modder: „In vielen Zusendungen wurde auch deutlich, dass viele Pflegekräfte sich eine starke Stimme wünschen und eine Pflegekammer grundsätzlich befürworten.“

Die Pflegekammer selbst reagiert zunächst unaufgeregt: „Die Kammerversammlung der Pflegekammer Niedersachsen nimmt die Entscheidung der Regierungsfraktionen SPD und CDU zur Kenntnis“, lautet am frühen Abend der erste Satz einer Erklärung. Kammerpräsidentin Sandra Mehmecke wird wie folgt zitiert: „Mit dieser finanziellen Unterstützung holt das Land die zum Start der Pflegekammer fehlende Anschubfinanzierung verspätet, aber rechtzeitig nach. Die Beibehaltung der Pflichtmitgliedschaft begrüßen wir als essenziellen Baustein der unabhängigen Selbstverwaltung.“ Die finanzielle Hilfe ermögliche es der Kammer, sich im kommenden Jahr voll und ganz auf die inhaltliche Arbeit zu konzentrieren, „um die vielen Pflegenden in Niedersachsen mitzunehmen auf unserem Weg, die Situation der beruflich Pflegenden in Niedersachsen zu verbessern“.

„Wir sind froh, dass die Kuh vom Eis ist“, lobt der Cloppenburger CDU-Landtagsabgeordnete Christoph Eilers die Entscheidung. Auch sei es gut, dass die gezahlten Beiträge erstattet würden.

Auch die Dienstleistungsgewerkschaft „Verdi“ steht hinter dem Vorstoß von SPD und CDU, die Mitgliedschaft in der Pflegekammer mit einer Finanzspritze zu unterstützen. „Das ist ein Riesen-Erfolg der Kolleginnen und Kollegen, die das mit vielfältigen Aktionen erkämpft haben“, betont der in Brake (Wesermarsch) aufgewachsene „Verdi“-Landesleiter Detlef Ahting und fügt hinzu: „Diese Zahlung muss verstetigt werden, damit die Pflegekräfte dauerhaft von Beiträgen befreit bleiben.“