Medizinischem Personal in Deutschland fehlt es häufig an nötiger Schutzkleidung.
Medizinischem Personal in Deutschland fehlt es häufig an nötiger Schutzkleidung.
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  • In der Corona-Krise ist vor allem der Einsatz des medizinischen Personals wichtig. Diese sind jedoch besonders gefährdet, selbst an Covid-19 zu erkranken.
  • Ein Rechercheteam der „Süddeutschen Zeitung“, NDR und WDR hat Zahlen zu infizierten Personen aus dem Gesundheitswesen zusammengetragen.
  • Das Robert-Koch-Institut geht von mindestens 2.300 infizierten Krankenhaus-Beschäftigten aus.

In der Corona-Krise ist Deutschland vor allem auf den Einsatz des medizinischen Personals angewiesen. Doch dieses ist durch den Mangel an Schutzkleidung und dem Kontakt mit infizierten Personen besonders gefährdet, selbst an Covid-19 zu erkranken.

Das Robert-Koch-Institut teilte mit, dass sich bundesweit bereits „2.300 Personen des medizinischen Personals in Krankenhäusern mit Sars-CoV-2 infiziert“ haben. Hierbei handle es sich jedoch wahrscheinlich um eine Untererfassung, da von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen werde muss. Diese Angabe machte das Institut auf Anfrage der „Süddeutschen Zeitung“, NDR und WDR.

Diese Zahl gibt zudem nur die bekannten Infektionszahlen des medizinischen Personals in Krankenhäusern wider. Beschäftigte in Arztpraxen, Laboren, Senioren- und Pflegeheimen sind bei den Zahlen nicht berücksichtigt.

Es fehlt an systematisch erhobenen Zahlen

Das Problem: Weder Bund, Länder, noch Gesundheitsämter verfügen über systematisch erhobene Zahlen über Covid-19-Infizierungen bei medizinischem Personal, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Dabei wären eindeutige Zahlen wichtig, um die Belastung des Gesundheitssystems einzuschätzen.

Auf Anfrage des Rechercheteams bei Gesundheitsämtern, Landesärztekammern, kassenärztlichen Vereinigungen, Berufsgenossenschaften und Landesregierungen konnten nur einige wenige Stellen Auskunft über Infizierte im Gesundheitswesen geben. Die Zahlen, die zugänglich waren, lassen jedoch auf Tausende Betroffene in Deutschland schließen.

Das Landesgesundheitsministerium des bevölkerungsreichsten Bundeslands Nordrhein-Westfalen gab an, dass bis Mittwoch dieser Woche 322 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen infiziert seien. Weitere 1.485 Personen dieser Berufsgruppe befinden sich zudem in Quarantäne. Aus Baden-Württemberg kam die Nachricht, dass sich die registrierten Infektionen beim medizinischen Personal in dem Bundesland im Vergleich zur Vorwoche nahezu verdoppelt hat. Dort gibt es laut Zeitungsbericht 566 Infektionen. Auch in Sachsen im Kreis Zwickau gebe es bereits 60 infizierte Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte.

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In Großbritannien sind bereits ein Viertel der Ärzte infiziert oder in Quarantäne

In anderen europäischen Ländern gibt es zuverlässigere Zahlen über infiziertes medizinisches Personal. So berichtet die „SZ“, dass der Berufsverband britischer Ärzte bekannt gab, dass etwa ein Viertel der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitssystems des Landes entweder infiziert seien oder sich derzeit in Quarantäne befinden.

Aus Italien heißt es, dass in der vergangenen Woche rund 6.500 Personen aus dem medizinischen Sektor infiziert waren. In Italien sind zudem bereits 69 Beschäftigte des Gesundheitswesens an den Folgen von Covid-19 gestorben, heißt es auf der Website der italienischen Ärztevereinigung FNOMCeO.  

In einem Brief an den Regierenden Berliner Bürgermeister Michael Müller warnte die Kassenärztliche Vereinigung Berlin kürzlich davor, dass das Gesundheitssystem in Deutschland spätestens zu Ostern aufgrund der Corona-Krise an seine Grenzen kommen könnte. Hierbei machten sie vor allem auf die fehlende Schutzkleidung in vielen ambulanten Versorgungsstellen aufmerksam. Durch den Mangel würden viele Patientinnen und Patienten ungeschützt behandelt. Die Ansteckungsgefahr für beide Seiten steigt somit.

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