L 1 KR 425/17

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 8 KR 466/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 425/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 12/19 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. August 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 2.406,62 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist Trägerin des Gesundheits- und Pflegezentrums (GPR-Klinikum) in A Stadt. Die bei der Beklagten versicherte E. E. wurde vom 10. April 2015 bis 21. April 2015 und - nach Verlegung zur Operation im Universitätsklinikum Mainz und Rückverlegung - vom 4. Mai 2015 bis zum 7. Mai 2015 in dem nach § 108 Sozialgesetzbuch Band V - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zugelassenen Krankenhaus der Klägerin (mit einer Verweildauer von 14 Tagen) stationär behandelt. Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 stellte die Klägerin der Beklagten ausgehend von der DRG F49D (Invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt, ohne äußere schwere CC, Alter )14, mit kardialem Mapping oder schweren CC) Behandlungskosten in Höhe von 4.499,06 EUR in Rechnung. Die Beklagte beglich die Rechnung, beauftragte aber am 25. Juni 2015 per EDV-Anfrage den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Überprüfung der Rechnung (Bl. 108 der Gerichtsakte). Dabei griff die Beklagte auf einen in der EDV hinterlegten standardisierten Fragenkatalog zurück und rief dabei folgende Fragen auf:

DJ Frage Nr. Frage Frage Z Begründung
0400 War die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer in vollem Umfang medizinisch begründet? nur bei DRG-Änderung
1100 Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt?
1200 Ist/sind die Nebendiagnose(n) (ND) korrekt?

Die Beklagte zeigte mit Schreiben ebenfalls vom 25. Juni 2015 die Krankenhausfallprüfung gegenüber der Klägerin an und wies einleitend darauf hin, dass sich nach Prüfung der von der Klägerin übermittelten Abrechnung entsprechende Fragen ergeben hätten. In dem Schreiben hieß es

"Teilprüfung der Abrechnung: HD/ND Fragen zur primären/sekundären Fehlbelegung: OGVD (nur bei DRG-Änderung)

I25.12 Atherosklerotische Herzkrankheit: Zwei-Gefäß-Erkrankung Hauptdiagnose
I08.2 Krankheiten der Aorten- und Trikuspidalklappe, kombiniert Nebendiagnose
K62.5 Hämorrhagie des Anus und des Rektums Nebendiagnose

Am 26. Juni 2015 zeigte der MDK "entsprechend § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 275 Abs. 1c SGB V" gegenüber der Klägerin an, von der Beklagten mit der Prüfung der Fragestellungen

"War die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer in vollem Umfang medizinisch begründet?
Unterfrage: nur bei DRG-Änderung!
Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt?
Ist/sind die Nebendiagnose(n) (ND) korrekt?"

beauftragt worden zu sein und forderte div. Krankenunterlagen an (Bl. 105 der Gerichtsakte).

Im Gutachten vom 28. Juli 2015 kam der MDK zu dem Ergebnis, dass die Hauptdiagnose I25.12 (Atherosklerotische Herzkrankheit: Zwei-Gefäß-Erkrankung) gegen I20.0 (Instabile Angina pectoris) auszutauschen sowie die Nebendiagnose K62.5 zu streichen seien und die zwingende medizinische Notwendigkeit zum Überschreiten der oberen Grenzverweildauer den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen gewesen wäre. Im Gutachten war angemerkt, dass die Unterlagen nicht in dem vom MDK angeforderten Umfang vorgelegt worden seien. Die Beklagte unterrichtete die Klägerin mit Schreiben vom 30. Juli 2015 über die Rechnungskorrektur "gemäß § 8 PrüfvV" (Prüfverfahrensvereinbarung) entsprechend dem Gutachten des MDK mit der Folge der Änderung der DRG von F49D auf F49G (Invasive kardiologische Diagnostik außer bei akutem Myokardinfarkt, ohne äußere schwere CC, Alter )14, ohne kardiales Mapping, ohne schwere CC, ohne komplexe Diagnose, ohne bestimmten Eingriff); außerdem sei die zwingende medizinische Notwendigkeit zum Überschreiten der OGVD der (neuen) DRG F49G den vorgelegten Unterlagen nicht zu entnehmen. Nachfolgend machte die Beklagte mit Schreiben vom 30. Juli 2015 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 4.891,64 EUR geltend. Tatsächlich nahm sie ausweislich den Anlagen zu einem als Zahlungsmitteilung überschriebenen Schreiben ebenfalls vom 30. Juli 2015 eine teilweise Verrechnung mit unstreitigen Vergütungsansprüchen der Klägerin aufgrund stationärer Behandlungen anderer Versicherter der Beklagten vor in Höhe der streitigen Klageforderung (2.406,62 EUR); auf den hier streitigen Behandlungsfall zahlte sie 2.092,44 EUR. Die Klägerin akzeptierte die Verrechnung/Aufrechnung, soweit die - nicht erlösrelevante - Hauptdiagnose geändert wurde, hielt aber an ihrem Widerspruch vom 18. September 2015 an der Kodierung der Nebendiagnose K62.5 wegen rektalen Blutabgängen und Schleimhautläsionen als Blutungsursachen fest und forderte weiterhin einen Teilbetrag in Höhe von 2.406,62 EUR von der Beklagten. Einen Widerspruch der Klägerin lehnte die Beklagte am 24. September 2015 mit der Begründung ab, die PrüfvV sehe kein Widerspruchsverfahren vor; das Prüfverfahren sei abschließend geregelt.

Die Klägerin hat am 26. Juli 2016 Klage zum Sozialgericht Darmstadt erhoben und einen Restanspruch auf Vergütung in Höhe von 2.406,62 EUR geltend gemacht. Zur Klagebegründung hat sie vorgetragen: Die Nebendiagnose K62.5 sei zu Recht kodiert. Die Vertragspartner der PrüfvV seien nicht dazu befugt Regelungen zu treffen, die Ansprüche der Klägerin begrenzten. Materielle Einwendungs- und Ausschlussfristen beinhalte die PrüfvV nicht. Dazu wären die Vertragspartner nicht legitimiert. Die Klägerin hat insoweit auf Entscheidungen von Sozialgerichten verwiesen, die ihre Auffassung stützen sollen. Außerdem sei nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die PrüfvV auf "Kodierstreitigkeiten" nicht anwendbar. Die Klägerin habe auch keine Korrektur der Rechnung vorgenommen.

Die Beklagte hat sich zunächst auf das Gutachten des MDK bezogen, wonach die Nebendiagnose K62.5 zu streichen sei. Nach Auswertung weiterer Teile der Krankenakte ergänzte die Beklagte ihren Vortrag dahingehend, dass die Verweildauer vor der Verlegung ins Universitätsklinikum um insgesamt sechs Belegungstage hätte reduziert werden können. Die Verweildauer habe sowohl bei Streichung der Nebendiagnose K62.5 (OGVD werde überschritten) als auch bei Kodieren der Nebendiagnose K62.5 (mittlere Verweildauer bei Verlegung werde unterschritten) Auswirkungen auf den Erlös. Nach Auswertung der durch das Gericht beigezogenen vollständigen Patientenakte (10. April 2015 bis 21. April 2015 und 4. Mai 2015 bis zum 7. Mai 2015) ist die Beklagte schließlich zu dem Ergebnis gelangt, dass "der Klägerin inhaltlich Recht zu geben sei". Allerdings habe die Klägerin dem MDK die angeforderten Unterlagen nicht vollständig und fristgemäß zur Verfügung gestellt. Daher sei der Anspruch gemäß § 7 Abs. 5 PrüfvV entfallen. Die Beklagte hat auf Entscheidungen von Sozialgerichten verwiesen, die ihre Auffassung bestätigen sollen.

Das Sozialgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 28. August 2017 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 2.406,62 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. August 2015 zu zahlen. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht einen Erstattungsanspruch der Beklagten verneint, denn die zunächst vorgenommene Zahlung der Beklagten auf die Rechnung der Klägerin vom 10. Juni 2015 in Höhe von 4.499,06 EUR sei nicht ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Kodierung der Nebendiagnose sei zu Recht erfolgt, wie dies zwischenzeitlich auch die Beklagte bestätigt habe. Die Beklagte könne sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass § 7 Abs. 2 PrüfvV oder § 7 Abs. 5 PrüfvV den geltend gemachten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch begründeten. Auch für den Fall, dass die Klägerin dem MDK bei der anfänglichen Prüfung die Unterlagen nicht vollständig zur Verfügung gestellt und dies der MDK im Gutachten vom 28. Juli 2015 auch ausdrücklich beanstandet hätten, könne die Beklagte bei der Frage der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Kodierung der Nebendiagnose K62.5 aus den Regelungen in § 7 Abs. 2 PrüfvV oder § 7 Abs. 5 PrüfvV keine Leistungsausschlüsse ableiten. Denn nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts finde die PrüfvV bei Prüfungen der Kodierung, also der sachlich-rechnerischen Richtigkeit, gerade keine Anwendung (BSG, Urteil vom 18. Oktober 2016, B 1 KR 18/16 R). Danach seien die Prüfgegenstände durch § 275 Abs. 1c SGB V vorgegeben. Aus dem Inhalt der zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft geschlossenen Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (PrüfvV) könne nicht abgeleitet werden, dass die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit ebenfalls von § 275 Abs. 1c SGB V erfasst sei. Die im Schrifttum (vgl. Knispel, GesR 2015, 200, 206) vertretene Auffassung, es entspreche dem Willen des Gesetzgebers, "Meinungsverschiedenheiten über Kodier- und Abrechnungsfragen" (Bezugnahme auf BT-Drucks 17/13947 S. 38 f.) ebenfalls der PrüfvV zu unterstellen, so dass § 275 Abs. 1c SGB V auch Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit erfassen müsse, finde im Gesetz und in den Gesetzesmaterialien zu § 17c Abs. 2 KHG keine Grundlage, so das Bundessozialgericht. Darüber hinaus hat das Sozialgericht die Auffassung vertreten, dass die Beklagte sich auch deshalb nicht mit Erfolg auf § 7 Abs. 2 S. 4 PrüfvV bzw. § 7 Abs. 5 PrüfvV berufen könne, da die Vertragsparteien der PrüfvV auch nicht berechtigt seien, Anspruchsausschlüsse zu vereinbaren. Denn dies sei von der gesetzlichen Grundlage in § 17c Abs. 2 KHG nicht gedeckt. Es fehle insoweit an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Nach dem Wortlaut des § 17c KHG dürften die Vertragsparteien nur das "Verfahren" der Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V regeln (und keine Leistungsausschlüsse). Außerdem seien nach dem Wortlaut der Regelung Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen nur zulässig, soweit die Vertragsparteien in § 17c Abs. 2 KHG ausdrücklich dazu ermächtigt würden, nämlich nur im Hinblick auf die Regelung des 275 Abs. 1c S. 2 SGB V. Wenn der Gesetzgeber eine weitergehende Regelungskompetenz für Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen, etwa zur Vereinbarung von gesetzlich nicht vorgesehenen Leistungsausschlüssen zugunsten der Vertragsparteien der PrüfvV hätte normieren wollen, hätte er dies ausdrücklich in die Rechtsgrundlage für die Vereinbarung der PrüfvV hineinschreiben müssen. Ergänzend hat das Sozialgericht auf die Entscheidungen des Sozialgerichts Kassel (Gerichtsbescheid vom 25. November 2016, S 1 KR 594/15) und des Sozialgerichts Detmold (Urteil vom 31. März 2017, S 24 KR 230/16) verwiesen.

Die Beklagte hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 20. Oktober 2017 zugestellte Urteil am 10. November 2017 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht erhoben und trägt zur Berufungsbegründung vor: Die PrüfvV finde auf den vorliegenden Fall Anwendung. Gegenstand der MDK-Prüfung sei nicht ausschließlich die Kodierung der Haupt- und Nebendiagnose, sondern auch die Verweildauer gewesen. Zudem habe die Kodierung der Haupt- und Nebendiagnosen auch Auswirkungen auf die Verweildauer. Aufgrund dessen sei die Prüfung insgesamt als Auffälligkeitsprüfung zu betrachten, die unter den Geltungsbereich der PrüfvV falle. Unzutreffend sei, dass die Vereinbarung materieller Ausschlussfristen nicht durch die Ermächtigungsgrundlage gedeckt sei. Den Parteien der PrüfvV sei gemäß § 17c Abs. 2 KHG die Regelung des "Näheren zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V" erlaubt. Die maßgeblichen Regelungsgegenstände seien aufgezählt. Ausdrücklich seien Abweichungen von § 275 SGB V zulässig. Gegenstand der Vereinbarungen könnten insoweit z.B. die Prüfungsdauer als auch der Zeitpunkt der Übermittlung der zahlungsbegründenden Unterlagen sein, d.h. Fragen des Prüfungsverfahrens. Die Regelung von Zeitpunkten und Fristen mache nur Sinn, wenn an die Versäumnis der so geregelten Fristen Konsequenzen geknüpft seien. Die hier vorliegende Sachverhaltsvariante zeige, weshalb der Bedarf materieller Ausschlussfristen bestehe. Es könne nicht Sache der Krankenkasse sein, die zur sachgerechten Beurteilung des Falles benötigten Unterlagen zusammen zu suchen und mit nahezu seherischen Fähigkeiten ausgestattet den Informationsgehalt auch nicht vorliegender Unterlagen zu bewerten. Komme das Krankenhaus der Obliegenheit zur Vorlage der für eine inhaltliche Prüfung erforderlichen Unterlagen innerhalb eines laufenden Prüfverfahrens nicht fristgerecht nach, bedürfe es, um Rechtsicherheit für die Parteien zu schaffen, effektiver Sanktionen. Unter Berücksichtigung des Wortlauts des § 17c Abs. 2 KHG sollten die Parteien nicht zu Abweichungen hinsichtlich der Veranlassung der MDK-Prüfung befugt sein; dies betreffe aber nicht das Verfahren der Prüfung, sondern die Gründe für die Einleitung der Prüfung. Die Beklagte hält die Rechtsausführungen des Sozialgerichts Kassel und des Sozialgerichts Detmold in den vom Sozialgericht Darmstadt zitierten Entscheidungen für unzutreffend. Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2018 bestätigt, dass die OGVD der ursprünglich abgerechneten DRG nicht überschritten gewesen sei und die Frage nach der Überschreitung der OGVD erst relevant werde, wenn sich durch die Korrektur der Kodierung die DRG ändere.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. August 2017 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verweist auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Auf die sachlich-rechnerische Abrechnungsprüfung sei die PrüfvV nicht anwendbar. Es hätte die Abrechnung der Hauptdiagnose I25.12 und der Nebendiagnose K62.5 im Streit gestanden; nur bei Änderung der Nebendiagnose wäre die Verweildauer relevant geworden, somit wäre die Verweildauer lediglich als Annex für den Fall, dass die Kodierung fehlerhaft erfolgt wäre, relevant geworden. Das Sozialgericht stelle im Übrigen zutreffend fest, dass die Vertragsparteien der PrüfvV - Deutsche Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband - gesetzlich nicht legitimiert seien, Ausschlussfristen zu vereinbaren. Aus dem Gesetzwortlaut des § 17c Abs. 2 KHG lasse sich allein die Ermächtigung zu Verfahrensfragen des Prüfverfahrens ableiten. Eine zeitliche Begrenzung einer Datenkorrektur regle das SGB V nicht. Die PrüvV sei als untergesetzliche Norm nicht geeignet, den Vergütungsanspruch des Krankenhauses einzuschränken. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 19. April 2016 (B 1 KR 33/15) darauf verwiesen, dass über die gesetzliche Ermächtigung in § 275 SGB V hinausgehende Leistungsausschlüsse, so sie denn aus der Prüfverfahrensvereinbarung herleitbar wären, zu einer Teilnichtigkeit auch der PrüfvV führen dürften. Diese solle nämlich als Prüfverfahrensvereinbarung allein verfahrensrechtliche Fragen regeln. Allein hierzu seien die Vertragsparteien gesetzlich ermächtigt und nicht darüber hinaus zur Normierung "übergesetzlicher" Leistungsausschlüsse. Dass gegebenenfalls ein "Verstoß" gegen § 276 Abs. 2 SGB V keinen materiellen Anspruchsausschluss begründe, entspreche der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung, die allein auf die Verjährung abstellte (BSG, Urteil vom 21. April 2015, B 1 KR 10/15 R). Danach könne ein Krankenhaus nach Rechnungsstellung jede Vergütung für die Behandlung bis zum Ablauf der vierjährigen sozialrechtlichen Verjährung nachfordern. Ergänzend verweist die Klägerin auf Entscheidungen des Sozialgerichts Kassel (Urteil vom 25. November 2016, S 12 KR 512/16; Berufungsrücknahme durch die Krankenkasse, L 8 KR 538/16) und des Sozialgerichts Dortmund (Urteil vom 5. Mai 2017, S 49 KR 586/16).

Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen sowie wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, das Krankenblatt und die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Sozialgericht Darmstadt hat der Klage mit Urteil vom 28. August 2017 zu Recht stattgegeben; die Klage ist zulässig und begründet, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.406,62 EUR zuzüglich Zinsen.

Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist im hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zulässig (stRspr: BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KN 1/07 KR R; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009, B 1 KR 24/08 R; zuletzt BSG, Urteil vom 26. September 2017 - B 1 KR 9/17 R) und begründet. Die Beklagte hat den Anspruch der Klägerin auf Vergütung von Krankenhausbehandlung anderer Versicherter in Höhe von 2.406,62 EUR bislang nicht erfüllt.

Der Klägerin standen wegen der stationären Behandlung der Versicherten E. die von der Beklagten unmittelbar nach Rechnungsstellung insgesamt gezahlten 4.499,06 EUR zu. Es ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig, dass die Klägerin aufgrund stationärer Behandlung anderer Versicherter der Beklagten Anspruch auf die dort abgerechnete Vergütung weiterer 2.406,62 EUR hat; eine nähere Prüfung des erkennenden Senats erübrigt sich insoweit (vgl. zur Zulässigkeit dieses Vorgehens z.B. BSG, Urteil vom 3. Juli 2012, B 1 KR 16/11 R; BSG, Urteil vom 6. März 2012, B 1 KR 14/11 R BSG, Urteil vom 17. Dezember 2013, B 1 KR 57/12 R).

Der Vergütungsanspruch der Klägerin aufgrund der Behandlung der Versicherten E. ist auch nicht infolge der Aufrechnung der Beklagten im Zusammenhang mit der Abrechnung vom 30. Juli 2015 mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe von 2.406,62 EUR erloschen. Der Beklagten steht als Grundlage für ihre Gegenforderung kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch wegen überzahlter Vergütung für die Behandlung der Versicherten E. in Höhe von 2.406,62 EUR zu, mit welchem sie gegen Vergütungsansprüche der Klägerin aufgrund der Behandlung anderer Versicherter hätte aufrechnen können (zum öffentlich rechtlichen Erstattungsanspruch grundsätzlich: BSG, Urteil vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R), denn die bereits geleistete Vergütung der von der Klägerin durchgeführten Behandlung der Versicherten E. in der Zeit vom 10. April 2015 bis 7. Mai 2015 erfolgte mit Rechtsgrund. Die Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 8. November 2018 hinsichtlich des zur Aufrechnung gestellten Erstattungsanspruchs erläutert, dass es sich bei dem im Schreiben vom 30. Juli 2015 genannten Betrag in Höhe von 4.891,64 EUR um einen Schreibfehler handelt; aufgerechnet wurde in Höhe der hier streitigen Klageforderung in Höhe von 2.406,62 EUR.

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008, B 1 KN 1/07 KR R; BSG, Urteil vom 30. Juni 2009, B 1 KR 24/08 R; BSG, Urteil vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R; alle m.w.N.). Diese Voraussetzungen waren erfüllt.

Die Vergütung für Krankenhausbehandlung der Versicherten bemisst sich bei DRG-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage. Die Fallpauschalenvergütung für Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich vorliegend aus § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V (i.d.F. des GKV-Finanzierungsgesetzes vom 22. Oktober 2010, BGBl. I S. 2309) in Verbindung mit § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG (jeweils i.d.F. des Krankenhausfinanzierungsreformgesetzes vom 17. März 2009, BGBl. I S. 534) sowie § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG; i.d.F. durch das Krankenhausfinanzierungsreformgesetz vom 17. März 2009, BGBl. I S. 534), die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 vom 23. September 2014 (Fallpauschalenvereinbarung 2015 - FPV 2015) sowie der nach § 112 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V geschlossene Landesvertrag. Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien (DKR)) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt (vgl. näher dazu BSG, Urteil vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R). Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl. § 1 Abs. 6 S. 1 FPV 2015; zur rechtlichen Einordnung des Groupierungsvorgangs vgl. BSG, Urteil vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R).

Die Klägerin hat die - hier streitige und allein erlösrelevante - Nebendiagnose K62.5 sachlich-rechnerisch richtig kodiert. Dies hat die Beklagte nach Auswertung der vollständigen Patientenunterlagen während des erstinstanzlichen Verfahrens ausdrücklich bestätigt; die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass der Klägerin "inhaltlich Recht zu geben sei" (Bl. 28 der Gerichtsakte). Am Vorliegen der Voraussetzungen der (Neben-)Diagnose K62.5 besteht zwischen den Beteiligten kein Streit.

Die Beklagte ist mit Einwendungen aus § 7 Abs. 2 der "Vereinbarung zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Deutschen Krankenhausgesellschaft über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Absatz 1c SGB V" (PrüfvV a.F.) in der hier maßgeblichen Fassung vom 1. September 2014 (https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/ krankenversicherung 1/krankenhaeuser/abrechnung/abrechnungspruefung/xxxxxxx.pdf) und § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. gegen den Vergütungsanspruch aus der Abrechnung vom 10. Juni 2015 ausgeschlossen, denn die PrüfvV a.F. findet auf die durch die Beklagte am 25. Juni 2015 veranlasste Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung keine Anwendung. Die PrüfvV a.F. sieht in § 7 Abs. 2 und 5 Leistungsausschlüsse für den Fall vor, dass ein Krankenhaus dem MDK Behandlungsunterlagen nicht binnen der vorgesehenen Fristen vorlegt bzw. Daten nicht fristgemäß übermittelt.

Das Gesetz unterscheidet nach der Gesamtrechtssystematik die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit von den Prüfungen bei Auffälligkeit gemäß § 275 Abs. 1 SGB V. Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 6b Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser (Fallpauschalengesetz - FPG) vom 23. April 2002, BGBl. I 1412, m.W.v. 1. Januar 2003) sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. Auffälligkeitsprüfungen folgen letztlich daraus, dass das Krankenhaus die Versicherten nicht wirtschaftlich i.S. von § 12 Abs. 1 SGB V behandelt und deswegen die Abrechnung nicht ordnungsgemäß ist (zum Ganzen und zur Unterscheidung der beiden Prüfregime BSG, Urteil vom 23. Mai 2017, B 1 KR 24/16 R m.w.N.). "Auffälligkeiten" im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, die die Krankenkasse zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des MDK berechtigen, liegen vor, wenn die Abrechnung und/oder die vom Krankenhaus zur ordnungsgemäßen Abrechnung vollständig mitgeteilten Behandlungsdaten und/oder weitere zulässig von der Krankenkasse verwertbare Informationen, Fragen nach der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots aufwerfen, die die Krankenkasse aus sich heraus ohne weitere medizinische Sachverhaltsermittlung und -bewertung durch den MDK nicht beantworten kann (stRspr, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 13. November 2012, B 1 KR 24/11 R; BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014, B 1 KR 27/13 R; m.w.N.). Das Prüfverfahren zur Überprüfung von Auffälligkeiten der Abrechnung im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V erfolgt entsprechend den Bestimmungen der auf der Grundlage des § 17c Abs. 2 KHG erlassenen PrüfvV a.F.

Hingegen sind die Krankenkassen zur Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit der Abrechnung aufgerufen, wenn Krankenhäuser GKV-Versicherte pflichtgemäß (vgl. § 39, § 109 Abs. 4 S 2 SGB V) behandeln. Das Überprüfungsrecht der Krankenkassen auf sachlich-rechnerische Richtigkeit besteht unabhängig von den engeren Anforderungen einer Auffälligkeitsprüfung gemäß § 275 SGB V (stRspr, vgl. z.B. BSG, Urteil vom 23. Juni 2015, B 1 KR 20/14 R m.w.N.). Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit dient dazu, die Einhaltung der Abrechnungs- und Informationspflichten der Krankenhäuser zu überwachen. Es beruht auf § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. mit den allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen der Rechnungslegung in Einklang mit der historischen Gesetzesentwicklung. Das Gesetz lässt die erforderliche Übermittlung der Sozialdaten an die Krankenkasse für die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit zweckgerecht zu. Die Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einer Abrechnung unterliegt einem eigenen Prüfregime, welches nicht von § 275 Abs. 1 und 1c SGB V erfasst ist und auf das die PrüfvV a.F. keine Anwendung findet.

Der Senat stützt sich hinsichtlich der Nichtanwendbarkeit des § 275 Abs. 1 und Abs. 1c SGB V sowie der PrüfvV a.F. auf Prüfungen der sachlich-rechnerischen Richtigkeit vollumfänglich auf die Ausführungen des Bundessozialgerichts in den Urteilen vom 1. Juli 2014 (B 1 KR 29/13 R), vom 23. Mai 2017 (B 1 KR 24/16 R) und vom 25. Oktober 2016 (B 1 KR 22/16 R). Der Senat schließt sich den Ausführungen des Bundessozialgerichts aus eigener Überzeugung an. Ebenso folgt der Senat der Entscheidung des Bundessozialgerichts, dass eine rückwirkende Rechtsanwendung des § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V in der Fassung des Art. 6 Nr. 21a des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung (Krankenhausstrukturgesetz – KHSG) vom 10. Dezember 2015 (BGBl. I, 2229: "Als Prüfung nach Satz 1 ist jede Prüfung der Abrechnung eines Krankenhauses anzusehen, mit der die Krankenkasse den Medizinischen Dienst beauftragt und die eine Datenerhebung durch den Medizinischen Dienst beim Krankenhaus erfordert.") auf vor dem 1. Januar 2016 liegende Sachverhalte in Wortlaut, Entstehungsgeschichte, Regelungssystem und Regelungszweck keine Stütze findet (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017, B 1 KR 24/16 R, Rn. 31, 32 - juris). Die hier maßgebliche Behandlung der Versicherten E. begann am 10. April 2015 und damit vor Inkrafttreten des (neuen) § 275 Abs. 1c Satz 4 SGB V.

Ob eine Krankenkasse einen Prüfauftrag mit dem Ziel der Abrechnungsminderung i.S. des § 275 Abs. 1c SGB V oder der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung erteilt, bestimmt sich nach den Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V, hier anzuwenden i.d.F. durch Art. 1 Nr. 1e Buchst a Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG) vom 15. Dezember 2008, BGBl. I 2426, m.W.v. 18. Dezember 2008; vgl. dazu BSG SozR 4-2500 § 275 Nr. 29 RdNr. 18). Aus einem Prüfauftrag muss das konkrete Prüfungsziel und die Beschreibung der Auffälligkeit zu ersehen sein. Dies gibt dem Krankenhaus die Möglichkeit, die Aufforderung zur Mitteilung weiterer Informationen als Schritt in einem Verfahren der sachlich-rechnerischen Richtigkeitsprüfung oder der Auffälligkeitsprüfung i.S. der Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 275 Abs. 1c i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB V einordnen zu können (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017, B 1 KR 24/16 R). Bestehen auch nur geringste Anhaltspunkte für eine sachlich-rechnerische Unrichtigkeit der Rechnung eines Krankenhauses, ist das Prüfregime der sachlich-rechnerischen Richtigkeit einschlägig (so im Ergebnis: BSG, Urteil vom 1. Juli 2014, B 1 KR 29/13 R).

Faktische Überschneidungen zwischen beiden Prüfregimen - Auffälligkeitsprüfung einerseits und Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit andererseits - können sich daraus ergeben, dass eine sachlich-rechnerische Unrichtigkeit "Auffälligkeiten" im Rechtssinne bewirken kann. Sie führen indes nicht dazu, den Rechtsbereich des Prüfregimes der sachlich-rechnerischen Richtigkeit zu beschränken (BSG, Urteil vom 23. Mai 2017, B 1 KR 24/16 R, Rn. 35 - juris).

Der für die Auslegung des Auftrags der Beklagten maßgebliche wirkliche Wille (§ 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 133 BGB) lässt sich zunächst der Prüfanzeige der Beklagten an die Klägerin vom 25. Juni 2015 entnehmen: Die Beklagte führt als erstes (und nachfolgend tabellarisch) auf, dass eine Teilprüfung der Hauptdiagnose (I25.12) und der Nebendiagnosen (I08.2 und K62.5) erfolgen soll. Aus dem Hinweis "Fragen zur primären/sekundären Fehlbelegung: OGVD (nur bei DRG - Änderung)" ergibt sich aus der Sicht eines objektiven Empfängers keine vorrangige Prüfung einer Fehlbelegung im Allgemeinen bzw. einer Überschreitung der oberen Grenzverweildauer im Besonderen, d.h. einer Auffälligkeit im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Nur für den Fall, dass die sachlich-rechnerische Überprüfung zu einer Änderung der DRG F49D führt, sollte eine Überprüfung der für die neue Fallpauschale geltenden oberen Grenzverweildauer erfolgen. Die Grenzverweildauer der abgerechneten DRG F49D sollte ausweislich der Prüfanzeige nicht überprüft werden. Für die Klägerin war damit eindeutig erkennbar, dass die Beklagte Zweifel an der korrekten Kodierung der Haupt- und Nebendiagnosen, d.h. der richtigen Abbildung des Behandlungsgeschehens hatte, und eine Überprüfung der Verweildauer nur für den Fall beabsichtigt war, dass eine vorzunehmende Änderung der Kodierung der Haupt- und Nebendiagnosen zu einer Änderung der DRG führt. Dies ist nach Auffassung des Senats auch dem Prüfauftrag der Beklagten an den MDK - aus dem relevanten Empfängerhorizont des MDK – zu entnehmen: Der Beklagten ging es - im Sinne einer Teilprüfung der Abrechnung - um die Klärung, ob die Klägerin die Haupt- und Nebendiagnosen sachlich-rechnerisch richtig kodiert hat. Dass in dem EDV-unterstützten Prüfauftrag an den MDK in der Tabelle die Überprüfung der Grenzverweildauer - mit der Einschränkung "nur bei DRG-Änderung" - in der obersten Zeile quasi an erster Stelle aufgelistet ist, ist allein der Tatsache geschuldet, dass die Fragen durch das Programm vorgegeben und die Frage nach der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer mit der Nr. 0400 vor den Fragen nach Haupt- und Nebendiagnosen mit den Nrn. 1100 und 1200 im Programm hinterlegt sind. Nur im Falle der Änderung der Haupt- oder Nebendiagnose sollte in einer sich anschließenden Teilprüfung die Überprüfung der oberen Grenzverweildauer der neuen DRG erfolgen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass die Grenzverweildauern bei den meisten DRGs unterschiedlich sind (hier: F49D: mittlere Verweildauer: 9,6 Tage; F49G: mittlere Verweildauer: 3,8 Tage), so dass die Kodierung einer anderen DRG die Frage nach sich zieht, ob bei der gegebenen Verweildauer durch Änderung der Grenzverweildauer (alleine durch die Neukodierung) nunmehr auch eine Fehlbelegung (Überschreitung der oberen Grenzverweildauer), d.h. eine Auffälligkeit im Rechtssinne resultiert. Eine solche Fehlbelegung bei einer DRG-Änderung wird automatisch durch das Kodierungsprogramm angezeigt und ist nach Auffassung des Senats keine Folge der Überprüfung der medizinischen Notwendigkeit der Behandlungsdauer im Einzelfall - wie in § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V vorgesehen. Auch vorliegend hat der MDK keine entsprechende Überprüfung im Sinne des § 275 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 1c SGB V vorgenommen; vielmehr gelangt die Beklagte allein infolge der Nichteingabe der Nebendiagnose K62.5 in das für die Abrechnung vorgesehene Programm (Grouper) zu einer Überschreitung der oberen Grenzverweildauer, wie dies die Prozessbevollmächtigte der Beklagten im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 8. November 2018 auch bestätigt.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz an das Sozialgericht Darmstadt vom 19. Dezember 2016 (Bl. 22 der Gerichtsakte) vortragen lässt, die Verweildauer vor der Verlegung der Versicherten in das Universitätsklinikum Mainz hätte um insgesamt sechs Belegungstage (d.h. von zehn Belegungstagen auf vier Belegungstage) reduziert werden können und dies auch erlösrelevante Auswirkungen selbst bei Kodieren der Nebendiagnose K62.5 gehabt hätte, führt dies nicht rückwirkend zu einer anderen Auslegung des maßgeblichen Prüfauftrages vom 25. Juni 2015 wie er erklärt wurde. Die von der Beklagten in diesem Schriftsatz ebenfalls angesprochene Überschreitung der oberen Grenzverweildauer bei Streichen der Nebendiagnose K62.5 resultiert bereits - wie dargelegt – allein aus einer geänderten Kodierung und nicht einer entsprechenden Prüfung.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der MDK sich im Schreiben an die Klägerin vom 26. Juni 2015 auf das "Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bzw. § 275 Abs. 1c SGB V" beruft. Maßgeblich ist nach Auffassung des Senats allein, welche konkreten Fragestellungen der Prüfauftrag hatte, insbesondere, dass die Überprüfung der oberen Grenzverweildauer nur für den Fall einer DRG-Änderung erfolgen sollte.

Die Beklagte kann für sich auch nichts aus der Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. April 2018 (L 11 KR 936/17) ableiten; die Sachverhalte unterscheiden sich; vorrangige Fragestellung des Prüfauftrages war dort die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer.

Da die PrüfvV a.F. auf die durch die Beklagte vorliegend veranlasste Prüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit nicht anwendbar ist, kam es vorliegend auf die Frage, ob § 7 Abs. 2 PrüfvV a.F. und § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. durch die Ermächtigungsgrundlage in § 17c Abs. 2 KHG gedeckt sind, aus Sicht des Senats nicht an.

Die Klägerin hat auch Anspruch auf Verzugszinsen im Umfang der vom Sozialgericht zuerkannten Zinsen auf den nicht erfüllten Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 288 Abs. 1 BGB (vgl. BSG, Urteil vom 8. September 2009, B 1 KR 8/09 R; BSG, Urteil vom 21. April 2015, B 1 KR 10/15 R) i.V.m § 10 Abs. 5 des Hessischen Landesvertrages nach § 112 SGB V.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 3 sowie § 47 Abs. 1 GKG.
Rechtskraft
Aus
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