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Gütersloh

Für mehr als neun Millionen Euro: Gütersloher Klinikum will neuen OP-Trakt bauen

Das Krankenhaus hat seine Trägerin, die Stadt, deshalb um ein Darlehen gebeten. Mit der geplatzten Fusion mit dem St.-Elisabeth-Hospital hat das nichts zu tun.

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Der Haupteingang zum Klinikum, wo neue Investitionen geplant sind. | © Andreas Frücht

Der Haupteingang zum Klinikum, wo neue Investitionen geplant sind. | © Andreas Frücht

07.11.2019 | 07.11.2019, 08:00

Gütersloh. Das Klinikum Gütersloh will im nächsten Jahr für 9,36 Millionen Euro seinen Trakt mit den Operationssälen erneuern. Weitere drei Millionen Euro sollen in die Medizin- und Informationstechnik fließen. Da das Krankenhaus nicht in der Lage ist, diese Investitionen aus Eigenmitteln zu stemmen, hat es bei der Stadt, Trägerin des Hauses, ein Darlehen beantragt.

Für das Klinikum wäre ein Kredit von der Stadt zinsgünstiger, als wenn es sich das Geld woanders liehe. Für die Stadt wiederum böte es den Vorteil, keine Strafzinsen auf Rücklagen zahlen zu müssen. Entscheiden werden darüber die Fraktionen im Stadtrat - am Freitag, 22. November, haben sie das Thema auf der Tagesordnung.

Die Investition ist Teil des großen 83-Millionen-Paketes

Das Darlehen steht in keinem direkten Zusammenhang mit der gescheiterten Fusion mit dem Sankt-Elisabeth-Hospital. Vielmehr sind die 12,36 Millionen Euro als Teil der 83 Millionen Euro zu sehen, auf den die Stadt Anfang 2018 den Investitionsbedarf für das Klinikum in den nächsten zehn Jahren beziffert hatte. Die Sanierung des OP-Traktes war seinerzeit sogar mit 14 Millionen Euro veranschlagt worden; allerdings beinhaltete das auch den Bau eines speziellen Saals für Hybrid-OPs, bei denen Gefäßchirurgen, Radiologen und Kardiologen gleichzeitig Seite an Seite arbeiten können; fraglich, ob dafür künftig Geld da sein wird. Der Posten Medizintechnik und IT wurde seinerzeit mit sechs Millionen Euro veranschlagt - hier geht es vor allem um Digitalisierung.

Neue Perspektiven fürs Klinikum gefragt

Die Investitionen in diese Posten könnten unabhängig von einer etwaigen Neuausrichtung des Klinikums nicht auf die lange Bank geschoben werden, sagt die städtische Beigeordnete Christine Lang. "Die Stadt sollte zu ihrem Klinikum stehen und jene Investitionen ermöglichen, die notwendig und unumgänglich sind." Parallel gelte es, nach dem überraschenden Veto des Bundeskartellamtes zu einer trägerübergreifenden Krankenhausfusion neue, langfristige Perspektiven fürs städtische Klinikum zu entwickeln. Seinerzeit, Februar 2018, hieß es, dass die Stadt nicht in der Lage sei, das 83-Millionen-Volumen allein zu stemmen.

Wie wirkt sich das Veto des Kartellamtes auf andere Kooperationsformen aus?

Auf medizinischem Gebiet droht derweil die Gefahr, dass sich die kategorisch ablehnende Haltung des Kartellamtes auf schon bestehende Formen der Partnerschaft auswirken könnte. So hatten die beiden Häuser vor einiger Zeit Absprachen zu Operationen getroffen, bei denen der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) Mindestmengen festgelegt hat. Diese Regelung bedeutet, dass Krankenhäuser komplizierte Behandlungen nur dann anbieten dürfen, wenn sie Mindestzahlen - und somit ein gewisses Maß an Erfahrung nachweisen können. Eli-Hop und Klinikum hatten 2017 eine solche Absprache für Eingriffe an der Speiseröhre (Ösophagus) und an der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) getroffen - in beiden Fällen liegt die Mindestgrenze bei zehn Operationen pro Jahr. Demnach operiert das Eli-Hop an der Speiseröhre und das Städtische an der Bauchspeicheldrüse, beide verwiesen ihre entsprechenden Patienten an das jeweils andere Haus.

AOK legt eine "Transparenzliste" mit Mindestmengen vor

Nach der aktuellen "Transparenzliste" aber, vor gut einer Woche von der AOK für das gesamte Bundesgebiet vorgelegt, beabsichtigt das Elisabeth-Hospital, komplexe Operationen der Bauchspeicheldrüse wieder selbst vorzunehmen. Das sei aufgrund eines Chefarzt-Wechsels möglich, sagte Geschäftsführer Stephan Pantenburg. Das Klinikum kam laut Liste im vergangenen Jahr auf 21 Bauchspeicheldrüsen-OPs.

Auf der Krankenkasse-Liste für komplexe Eingriffe an der Speiseröhre taucht das Eli-Hop dagegen gar nicht auf. Warum, findet Pantenburg erstaunlich, denn Fakt sei: "Wir machen diese Eingriffe nach wie vor und kriegen sie auch bezahlt." Nikos Emmanouilidis, neuer Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral-, Thorax- und Minimalinvasive Chirurgie, wurde hierüber sogar habilitiert. Von den insgesamt sieben Arten von Eingriffen, die als besonders anspruchsvoll gelten und für die der GBA daher Mindestmengen festgelegt hat, werden Klinikum und Eli-Hop ferner bei dem Einsatz von Kniegelenk-Totalprothesen (Mindestmenge: 50) geführt. Ihre Zahlen fürs vergangene Jahr lagen bei 56 (Klinikum) beziehungsweise 106 (Eli-Hop). Transplantationen der Leber (Mindestmenge: 20), Niere (25) und Stammzellen (25) sowie die Versorgung von Früh- und Neugeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1.250 Gramm (14) nehmen die beiden Gütersloher Häuser dagegen nicht vor.

Bertelsmann-Stiftung findet, es gibt zu viele Krankenhäuser

Grundsätzlich gelten die Behandlungsverbote bei den Mindestmengen-Eingriffen zwei Jahre. Krankenhäuser, die nach dieser Sperrfrist (oder auch zum ersten Mal) eine der sieben Versorgungen anbieten, müssen im ersten Jahr wenigstens 50 Prozent und im zweiten Jahr 100 Prozent erreichen - sonst sind wieder raus. Die Ärztekammer sieht die fixen Grenzen dagegen kritisch. Beispiel: Fehle einer Klinik für 50 Knieprothesen am Ende des Jahres noch eine, bestehe die Gefahr, dass ein Patient unnötig gedrängt werde. Besser seien flexible Regelungen über einen längeren Zeitraum.

Dass die überraschende Sichtweise des Kartellamtes ausgerechnet Gütersloh, Stadt mit Sitz der Bertelsmann-Stiftung, trifft, ist übrigens eine bemerkenswerte Randnotiz: Die Stiftung hatte im Juli eine Studie vorgelegt, wonach die Patienten in Deutschland besser versorgt seien, wenn jedes zweite Krankenhaus schließe. Viele Häuser seien zu klein und verfügten nicht über Ausstattung und Erfahrung, um komplizierte Fälle richtig zu behandeln. "Die Neuordnung der Krankenhauslandschaft ist eine Frage der Patientensicherheit und muss vor allem das Ziel verfolgen, die Versorgungsqualität zu verbessern", wurde Brigitte Mohn, Vorstand der Stiftung, damals zitiert.