Das Verleihen von Fachkräften in der Pflegebranche ist zu einem lukrativen Geschäft für Zeitarbeitsfirmen geworden. Der Mangel an Krankenschwestern, OP-Personal und Altenpflegern lässt die Kasse der Verleihunternehmen klingeln. Zeitarbeiter auf der Station kosten in etwa "doppelt so viel wie eine normale Krankenschwester", sagt Detlef Troppens, Geschäftsführer der Oberhavel-Kliniken. Auch die Krankenhäuser in Oranienburg und Hennigsdorf müssen immer wieder auf Leiharbeiter zurückgreifen. "Wir müssen die Schichten besetzen", sagt Troppens. Aktuell seien zwei bis drei Zeitarbeiter pro Tag im Einsatz. In Spitzenzeiten, wenn zum Beispiel die Grippewelle auch das eigene Krankenhauspersonal dezimiert, sind es sogar bis zu 20 Leiharbeiter, die aushelfen müssen.
Was als Übergangslösung aus der Not heraus anfing, "ist zu einem großen Geschäftsmodell geworden", sagt Michael Jacob, Chef der Landeskrankenhausgesellschaft in Brandenburg. Der Mangel in der hart umkämpften Branche treibt den Preis in die Höhe. "Das geht so weit, dass Mitarbeiter von Zeitarbeitsfirmen Prämien erhalten, wenn sie Stammpersonal bei uns abwerben", ärgert sich Oberhavels Klinik-Leiter Troppens.
Verlässlichkeit lässt nach
Womit vordergründig gelockt wird, ist auf nahezu jeder Internetseite von Verleihfirmen zu finden: übertarifliche Bezahlung, unbefristetes Arbeitsverhältnis, mindestens 30 Tage Jahresurlaub sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Dazu sagt erst einmal keine Krankenschwester oder Altenpflegerin nein. Wenn dann noch weniger gearbeitet werden muss und es seltener am Wochenende oder nachts in den Schichtdienst geht, fällt manchem festangestellten Mitarbeiter im Krankenhaus und Altenheim die Entscheidung leicht. "Sie verdienen gutes Geld", sagt Mandy Stiefelbein von der Zeitarbeitsfirma Tempton in Oranienburg. Und die Nachfrage in der Pflegebranche "ist groß". Tempton, mit Hauptsitz in Essen, hat eine eigene Medical-Abteilung.
Doch Zeitarbeiter brauchen ein dickes Fell. Denn von der Stammbelegschaft kommt nicht selten Gegenwind. Zwar stopft Leasingpersonal Lücken auf den Stationen, aber gute Laune verbreiten die Kollegen nicht, wenn sie sich die Schichten aussuchen können, mehr verdienen und weniger arbeiten. Eine Leih-Krankenschwester kennt eben "die Abläufe nicht", sagt Detlef Troppens. Hinzu kommt, dass ein Großteil der alltäglichen Arbeit aus Dokumentation besteht. Troppens: "Das muss dann häufig das Stammpersonal mit übernehmen. Das ist einer der Hauptkritikpunkte meiner Mitarbeiter." Die Teams auf den Stationen "leisten enorm viel, um Leasingkräfte möglichst zu vermeiden", so Troppens. "Wir können auch das Stammpersonal nicht verprellen, und sie immer am Wochenende und zu den Nachtschichten einsetzen."
Um das Betriebsklima nicht zu vergiften oder Patienten zu verprellen, greifen zum Beispiel die stationären  Altenpflegeeinrichtungen von "Domino World" und  Bethke in Oberhavel nicht auf Leihpersonal zurück. "Wir setzten alles daran, unsere Mitarbeiter zu halten", sagt Lutz Kranchnow von "Domino World". Auch der ambulante Pflegedienst von Christine Gehrmann aus Oranienburg lehnt Zeitarbeiter rundweg ab. "Das wäre ein Alptraum", sagt Christine Gehrmann, sowohl fürs eigene Personal, als auch für die älteren Kunden, die sich bei der Versorgung ständig auf fremdes Personal einstellen müssten.
Nach übereinstimmenden Beobachtungen von Michael Jacob und Detlef Troppens sei "der Zeitarbeitsmarkt aber mittlerweile relativ erschöpft". Ein Zeichen dafür sei beispielsweise, dass die "Verlässlichkeit der Leasingkräfte nachlässt", so Jacob. "Trotz Vertrag kommt keiner, oder er ruft morgens an und sagt ab", sagt Troppens. Er geht davon aus, dass sich das Problem mit der Zeitarbeit in der Pflegebranche nach und nach "auf ein normales Maß eindampfen wird".
Troppens lässt es sich jedoch nicht nehmen, der Politik den Schwarzen Peter für die Geschäftemacherei mit Leihpersonal zuzuschieben. "Leiharbeit ist wichtig, um Spitzen abzufedern", sagt Troppens, "aber der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen Leiharbeit auf dem Bau und in einem Krankenhaus". So werde Leasing für Kliniken zur "Blackbox", weil keine zertifizierte Qualität garantiert werde.

Infokasten

Infokästen haben ab sofort keinen blauen Punkt vorne, sondern nur einen gefetteten Anlauf.

Infokästen haben ab sofort keinen blauen Punkt vorne, sondern nur einen gefetteten Anlauf. Und am Ende steht ein Kürzel. kürzel