Amberg
06.06.2019 - 19:01 Uhr

Amberger Klinikum kommt mit blauem Auge davon

Die Prognose war - gelinde gesagt - düster. Gut 2,4 Millionen Euro sollte laut Haushaltsansatz das Defizit für das Klinikum 2018 betragen. Am Ende sind es dann aber "nur" 895 000 Euro geworden, wie ein zufriedener Klinikumschef bilanziert.

Knapp 895 000 Euro beträgt das Defizit für das Klinikum St. Marien im Jahr 2018. Damit blieb das Krankenhaus deutlich unter der Prognose, die bei 2,4 Millionen Euro gelegen hatte.

Es ist, so stellten es im Stadtrat sowohl Konrad Wilfurth (CSU) als auch Franz Badura (ÖDP) fest, "eine staatlich verordnete Unterfinanzierung", nachdem Klinikumsvorstand Manfred Wendl einen bunten Strauß an Zahlen aufgeblättert hatte. "Daher ist es eine unheimliche Leistung", so Wilfurth, "dass das Defizit dennoch reduziert worden ist." Mit Argusaugen werde man jetzt schauen, wie sich die roten Zahlen andernorts entwickeln, ergänzte OB Michael Cerny, der die Stadt Amberg wieder einmal mit einem blauen Auge davongekommen sah, was das Klinikum angeht.

Ein Plus ist nicht möglich

Zwei Zahlen versinnbildlichen laut Wendl, warum es dem Klinikum aktuell überhaupt nicht möglich ist, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Es ist die Schere, die sich seit 2012 auftut zwischen dem Anstieg der tariflichen Gehälter und den Landesbasisfallwerten, also dem Geld, das die Kliniken für erbrachte Leistungen von den Kassen bekommen. So stiegen laut Wendl die Gehälter vom Stand 2012 auf 116,14 Prozent an, die Landesbasisfallwerte bewegten sich aber nur auf 112,81 Prozent. Es klafft eine Lücke von 3,33 Prozent. Dass das Klinikum trotzdem noch ganz gut abgeschnitten hat, führt er darauf zurück, dass man 2018 mit den Kassen erfolgreich verhandelt habe.

Kommentar:

Nur scheinbar stabil

Wenn Krankenhaus-Vorstände von den Bemühungen erzählen, ihre Defizite in Grenzen zu halten, fühlt man sich oft an die Geschichte vom Hasen und vom Igel erinnert: Kaum rennt der Krankenhaus-Hase los, um mehr Einnahmen zu generieren, steht schon der Gesetzgeber- bzw. Gesundheitsverwaltungs-Igel da und erschwert das. Das hält die Beiträge im Gesundheitswesen stabil, macht aber Kliniken zu Dauer-Draufzahlgeschäften. Die Zeche zahlt am Schluss doch der Bürger, wenn seine Kommunen für das Defizit in die Bresche springen müssen.

Markus Müller

Auffallend ist laut Wendl, dass die Anzahl der stationären Patienten des Klinikums nicht mehr ansteigt, sondern stagniert. Gleichzeitig ging die Verweildauer noch einmal um eine Kleinigkeit zurück. Und es stieg der "Case-Mix", also die Schwere der Erkrankungen, der für die Abrechnung mit den Krankenkassen ebenfalls von erheblichem Gewicht ist. Alles in allem stieg das operative Ergebnis des Klinikums auf knapp zwei Millionen Euro an, während das investive fast drei Millionen Miese verzeichnet. Unter dem Strich bleiben Verluste in Höhe von 895 000 Euro, die ausgeglichen werden müssen - wahrscheinlich aus dem städtischen Haushalt.

Besser als 2017

Damit, so Wendl, blieb das Klinikum deutlich unter der Prognose, die bei einem Minus von 2,4 Millionen Euro gelegen hatte. Aber auch unter dem Ergebnis von 2016 und 2017 (jeweils rund 1,3 Millionen Euro Verlust). So konnte Wendl mit den Zahlen glänzen, die er vorlegte: 27 643 (2017: 27 674) stationäre Patienten, 28 410 (27 841) abgerechnete Case-Mix-Punkte sowie eine durchschnittliche Verweildauer, die von 5,79 auf 5,59 Tage zurückgegangen ist. 1484 Geburten bedeuten einen Rückgang gegenüber 2017, als noch 1555 Kinder im Klinikum das Licht der Welt erblickten. Auch die Herkunft der Patienten schlüsselte Wendl auf: Mehr als 70 Prozent stammen aus der Stadt oder dem Landkreis, der Rest größtenteils aus der umliegenden Region.

Besonders stolz ist Wendl auf die Mitgliedschaft des Klinikums in der Genossenschaft "Klinik Kompetenz Bayern", der inzwischen 31 Klinikträger mit 60 Krankenhäusern in allen Regierungsbezirken angeschlossen sind. Ein Verbund, der sowohl beim gemeinsamen Einkauf also auch bei einer konzertierten Auswertung der Patientenbefragung punktet.

Blick zum Nachbarn:

Kliniken Nordoberpfalz: Defizit von 3,5 Millionen Euro

Bei den Kliniken Nordoberpfalz mit Sitz in Weiden lag das Jahresdefizit 2018 bei knapp 3,5 Millionen Euro – nach fast 4 Millionen Euro 2017. Das hatte dort im April zu Krisenstimmung und einem Vorstoß zur Entlassung von Vorstand Josef Götz (57) geführt, der diesen Posten seit 2006 bekleidet. Der Antrag war im Aufsichtsrat jedoch gescheitert. Daraufhin sollte eine neue Führungsstruktur mit drei Vorständen eingeführt werden. Doch auch diese Pläne konnten sich – nach Gegenwind aus dem Weidener Stadtrat – nicht durchsetzen.

Der Wille zur noch engeren Zusammenarbeit mit dem Amberger Klinikum St. Marien wird aber von diesen Entwicklungen bei den Kliniken Nordoberpfalz offensichtlich nicht berührt. Der Kreistag Neustadt/WN hat jüngst nicht nur die Kooperation bekräftigt, sondern sogar beschlossen, dass abgeklärt werde, ob wirtschaftlich und besonders kartellrechtlich eine Fusion später machbar wäre.

Das gleiche Signal kam – mit einigen abschwächenden Tönen – aus dem Tirschenreuther Kreistag. Dort sagte Landrat Wolfgang Lippert (Freie Wähler): „Der Ausbau der Kooperation mit Amberg wird von uns favorisiert.“ Auch die CSU signalisierte in Gestalt von Toni Dutz Zustimmung: „Wir sind dafür. Ob es zu einer Zusammenführung kommt, muss aber eine Prüfung zeigen. Wir wollen uns alles offen halten.“ Für die SPD bekräftigte Rainer Fischer, dass eine intensive Überprüfung des Zusammenschlusses nicht heiße, „dass wir es machen. Auch danach können wir unsere Meinungen noch einbringen.“ Man müsse bei dieser Sache extrem vorsichtig sein. „Das Ergebnis darf nicht sein: zwei Häuser mit Spitzenmedizin und aus den anderen machen wir ‚Liegestätten‘.“ Für diese Aussage gab es Zustimmung von Lippert: Eine Fusion könne nicht bedeuten, „dass wir uns schlechter stellen“.

Auch Manfred Wendl, der Vorstand des Klinikums St. Marien, betont immer wieder, dass man von Amberger Seite einen Ausbau der Zusammenarbeit mit den Kliniken Nordoberpfalz anstrebe. Dadurch erschlössen sich beiden Seiten neue Möglichkeiten in medizinischer, personeller und wirtschaftlicher Hinsicht. (ll/upl/rti)

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