Gesetzgebung

Stellungnahmen der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung

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Termine

  
20.10.20237. Stellungnahme der Regierungskommission
Weiterentwicklung der Qualitätssicherung, des Qualitäts- und des klinischen Risikomanagements (QS, QM und kRM): Mehr Qualität – weniger Bürokratie
29.09.20238. Stellungnahme der Regierungskommission
Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie („Psych-Fächer“): Reform und Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung
Die Empfehlung wurde vorgezogen.
29.09.20236. Stellungnahme der Regierungskommission
Kurz-, mittel- und langfristige Reform der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin
07.09.20239. Stellungnahme der Regierungskommission
Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung
Die Empfehlung wurde vorgezogen.
22.06.20235. Stellungnahme der Regierungskommission
Verbesserung von Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung Potenzialanalyse anhand exemplarischer Erkrankungen
13.02.20234. Stellungnahme der Regierungskommission
Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland. Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen
06.12.20223. Stellungnahme der Regierungskommission
Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung
22.09.20222. Stellungnahme der Regierungskommission
Tagesbehandlung im Krankenhaus zur kurzfristigen Entlastung der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens
08.07.20221. Stellungnahme der Regierungskommission
Empfehlungen der AG Pädiatrie und Geburtshilfe für eine kurzfristige Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe

So positioniert sich die Barmer

9. Stellungnahme: Reform der Notfall- und Akutversorgung: Rettungsdienst und Finanzierung

Bereits in der letzten Legislaturperiode hatte das Bundesministerium für Gesundheit den Versuch unternommen, den Rettungsdienst im Rahmen eines Gesetzes zur Reform der Notfallversorgung neu zu strukturieren. Das Vorhaben scheiterte, weil die Bundesländer Teile der Reform als Eingriff in ihre Gesetzgebungskompetenz ablehnten. Die Regierungskommission bleibt dennoch bei dem Ziel: Mit einheitlichen Vorgaben zu Organisation, Leitungsumfang, Qualität und Vergütung für den Rettungsdienst soll eine transparente, qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Notfallversorgung nach bundesweit vergleichbaren Vorgaben geschaffen werden.

Die Regierungskommission schlägt vor, den Rettungsdienst als eigenständigen Leistungsbereich in das SGB V zu integrieren. Damit würden Leistungen der Leitstellen, der Notfallversorgung vor Ort, des Notfalltransports und zusätzlich von Leistungen der speziellen ambulanten Notfallversorgung (pflegerische Notfallversorgung, Palliativversorgung und psychiatrisch-psychosoziale Krisenintervention) unmittelbar im Verantwortungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung angesiedelt. Zugleich sollen die Rechtsbeziehungen zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern vollständig neu geregelt werden – im Sinne eines Vertragsverhältnisses.

Position der Barmer
Eine Integration des Rettungsdienstes in das Sozialgesetzbuch ist notwendig, um Transparenz über den Anspruch der GKV-Versicherten auf medizinische Notfallleistungen zu erlangen. Zudem wird den Krankenkassen die Möglichkeit für die Mitgestaltung und Beteiligung an der Organisation dieser Leistungen eröffnet. Gleichzeitig entsteht Klarheit über die Zuständigkeiten für die Finanzierung des Rettungsdienstes.

Die Regierungskommission fordert Maßnahmen, um die Qualität des Rettungsdienstes zu verbessern und perspektivisch länderübergreifend zu vereinheitlichen. Dazu sollen Qualitätsparameter eingeführt werden etwa zur Mindestpersonalausstattung, der Qualifikation des Rettungsdienst- und Leitstellenpersonals oder der Ausstattung von Rettungsmitteln. Mit dem Aufbau eines Notfallversorgungsregisters aus Daten des KV-Notdienstes, des Rettungsdienstes und der Notaufnahmen soll Transparenz über die regionale Versorgungsqualität sowie die Kosten des Rettungsdienstes hergestellt werden. Als vorübergehenden Anreiz zur Umsetzung dieser Qualitätsmaßnahmen schlägt die Kommission Pauschalen oder Zusatzentgelte vor.

Position der Barmer
Die Einführung einheitlicher Qualitätsparameter für den Rettungsdienst ist Voraussetzung für eine gute und sichere medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten. Ein temporärer finanzieller Anreiz für die Implementierung der Maßnahmen zur Qualitätssicherung ist sinnvoll, erfordert aber zwingend gesetzliche Rahmenvorgaben.

Die Kommission empfiehlt eine einheitliche, möglichst landkreisübergreifende Bedarfsplanung für den Rettungsdienst unter Leitung der Länder. Zudem sollen die Rettungsdienst-Leitstellen zentralisiert und konzentriert werden im Verhältnis einer Leitstelle für circa eine Million Einwohner. Grundsätzlich sollten benachbarte Leitstellen miteinander kooperieren, auch bundeslandübergreifend, was bislang nur ansatzweise der Fall ist. Um die Notfallversorgung auch in ländlichen Regionen zu gewährleisten, schlägt das Gremium einen Ausbau des Luftrettungsdienstes vor.
Eine notwendige Grundlage für die Arbeit des Rettungsdienstes ist nach Ansicht der Kommission die digitale Vernetzung mit den anderen Säulen der Notfallversorgung sowie mit der elektronischen Patientenakte. Mithilfe eines digitalen Echtzeit-Registers sollen die verfügbaren Ressourcen erfasst und abgefragt, der Bedarf ermittelt und eine bessere Patientensteuerung erreicht werden.

Position der Barmer
Die vorgeschlagene Konzentration der Leitstellen, die kreis- und länderübergreifende Zusammenarbeit sowie eine konsequente digitale Vernetzung des Rettungsdienstes sind für eine moderne und effektive Notfallversorgung unbedingt notwendig. Die Orientierungsgröße für Leitstellen sollte als Mindestgröße gesetzlich fixiert werden.

Die Befugnisse von Notfallsanitätern sollten nach Ansicht der Kommission ausgeweitet werden. Dies könnte auf dem Wege einer sogenannten Generaldelegation durch ärztliche Leitungen in den Rettungsdiensten erfolgen. Je nach Qualifikation sollen Notfallsanitäter erweiterte Kompetenzen etwa für die Gabe von Arznei- und Betäubungsmitteln oder auch für invasive Maßnahmen erhalten. Empfohlen wird eine Orientierung am Berufsbild des „advanced paramedic practitioner“, welches über eine weitgehende fachgebundene Heilkundebefugnis verfügt. Die Notwendigkeit für den Einsatz von speziell qualifiziertem notärztlichen Personal wird nur in besonders komplexen Fällen gesehen.

Position der Barmer
Die Erweiterung der Kompetenzen des nichtärztlichen Rettungsdienstpersonals ist dringend geboten. Damit können nicht nur die vorhandenen Personalressourcen besser genutzt werden. Zugleich gewinnen Berufsbilder mit weitergehenden Kompetenzen auch an Attraktivität für mögliche Bewerber. Ein Schwerpunkt auf die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften ist wichtig. Die Kosten für die Ausbildung sind jedoch staatliche Aufgabe der Bundesländer.

Für die Finanzierung des Rettungsdienstes sieht die Kommission ein neues, differenziertes Modell vor. Dabei soll die Querfinanzierung von nichtmedizinischen Leistungen (wie etwa für den Brandschutz) durch die Kassen gesetzlich ausgeschlossen werden. Die Betriebs- und Vorhaltekosten für das im SGB V definierte Leistungssegment werden von den Krankenkassen vergütet. Für Kassen und Leistungserbringer besteht die Verpflichtung, die Entgelte auf bundeseinheitlicher Grundlage miteinander zu verhandeln.
Die Vergütung soll auch im Rettungsdienst einen pauschalen Anteil für die Vorhaltung sowie einen variablen Teil für die Leistungen enthalten. Die Verantwortung für die Investitionskosten liegt bei den Ländern und Kommunen.

Position der Barmer
Bislang besteht keinerlei Transparenz über die Kostenstrukturen des Rettungsdienstes. Das empfohlene duale Finanzierungsmodell ist notwendig, um eine Verlagerung der Länder-Investitionskosten auf die Krankenkassen und damit die Beitragszahler zu vermeiden. Wichtig ist auch, dass die Vertragspartner auf ein Verhandlungsmodell für die Entgelte verpflichtet werden. Dabei muss gewährleistet sein, dass die Krankenkassen – anders als bisher – ein gleichberechtigtes Mitspracherecht erhalten und eine unabhängige Schiedsstelle eingerichtet wird. 

 

8. Stellungnahme: Psychiatrie, Psychosomatik und Kinder- und Jugendpsychiatrie („Psych-Fächer“): Reform und Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung

Wie in ihren Empfehlungen für eine Krankenhausreform vom Dezember 2022, hält die Regierungskommission die verbindliche Einteilung der Krankenhausversorgung in Versorgungsstufen auch für die Behandlung psychischer Erkrankungen für notwendig. Nach den Vorstellungen des Gremiums wird die Erwachsenenpsychiatrie künftig nur an Krankenhäusern vorgehalten, die mindestens den Leveln II und III entsprechen. Die Psychosomatik soll nur an Krankenhäusern des Levels III als eigenständige Abteilung vorgehalten werden. An Krankenhäusern niedrigerer Levels könnte zumindest ein psychosomatischer Konsildienst etabliert werden.
Damit ein Krankenhaus ein bestimmtes Level erreicht, muss es nach den Empfehlungen eine bestimmte Mindestzahl von Leistungsgruppen anbieten. Psychiatrische und psychosomatische Fachkliniken, die derzeit etwa die Hälfte der psychiatrischen Krankenhausversorgung in Deutschland abdecken, sollen als eigene Kategorie beibehalten werden.
Anders als im somatischen Bereich rät die Regierungskommission im Bereich der Psychiatrie von Leistungsgruppen ab, die auf bestimmte Krankheitsgruppen, Behandlungsangebote oder Behandlungssettings zugeschnitten sind. Grund dafür ist, dass der Versorgungsauftrag im Bereich der Psychiatrien für eine bestimmte Region grundsätzlich alle Krankheitsbilder und Krisensituationen umfasst.

Position der Barmer
Eine Zuordnung von Leistungen zu klar definierten Versorgungsleveln, verbunden mit bundesweiten Qualitätsanforderungen, ist im somatischen wie auch psychiatrischen Bereich insbesondere unter medizinischen Aspekten sinnvoll. Die Bundesländer hatten sich bereits bei den Verhandlungen zur Krankenhausreform gegen Versorgungsstufen ausgesprochen und ihre verfassungsrechtlich garantierte Planungshoheit eingefordert. Aufgrund dieser ablehnenden Haltung der Länder hat das Konzept wenig Aussicht auf politische Umsetzung. 

Bereits seit dem Jahr 2012 werden in den Bundesländern Modellvorhaben zur Versorgung psychisch kranker Menschen durchgeführt und anschließend evaluiert. Diese sollen die Patientenversorgung verbessern und die sektorenübergreifende Leistungserbringung stärken. Die Kommission stellt dazu fest, dass es eine Vielzahl an Modellprojekten gibt und diese auch überwiegend positiv evaluiert worden sei.
Da sich die ambulante Versorgung in den KV-Regionen jedoch regional stark unterscheide, rät die Kommission davon ab, die Modelle in die Regelversorgung zu übertragen. Stattdessen soll ein Kontrahierungszwang zur Teilnahme an laufenden Modellvorhaben für alle Kassen eingeführt werden, wenn in einer Region durch ein Krankenhaus und mehrere Krankenkassen ein derartiger Vertrag geschlossen wird, von dem mindestens 25 Prozent aller Versicherten erfasst sind. Nur mittelfristig sei eine Ausweitung auf alle im SGB V geregelten Psych-Behandlungsmöglichkeiten anzustreben.

Position der Barmer
Aufgrund der im internationalen Vergleich hohen Hospitalisierungsrate bei der Behandlung psychischer Erkrankungen in Deutschland wird seit Langem eine stärkere Ambulantisierung gefordert. Die seit vielen Jahren laufenden Modellvorhaben zeigen, dass eine sektorenübergreifende Ausrichtung der Versorgung im Bereich psychischer Erkrankungen mehr ambulante Behandlungen ermöglichen kann.
Vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen wäre es gut, wenn mehr Patientinnen und Patienten von den Modellen profitieren könnten. Dazu sollten die bereits etablierten Modellkonzepte direkt in die Regelversorgung überführt werden, um dann schrittweise weitere Leistungserbringer einzubinden.

Zur Sicherung der Qualität in der psychiatrischen, kinder- und jugendpsychiatrischen sowie der psychosomatischen Versorgung macht die Personalausstattungsrichtlinie seit dem Jahr 2020 verbindliche Mindestvorgaben für die Ausstattung der stationären Einrichtungen mit dem für die Behandlung erforderlichen Personal.
An den in der Richtlinie ab 01.01.2024 vorgesehenen Sanktionen bei Unterschreitung der Personalvorgaben übt die Regierungskommission Kritik. Sie bezweifelt die Verhältnismäßigkeit und sieht aufgrund der drohenden Reduktion der Behandlungskapazitäten die Versorgung der Bevölkerung potenziell gefährdet. Die Regierungskommission empfiehlt daher, die Sanktionen an die Regelungen bei den Pflegepersonaluntergrenzen in der somatischen Medizin anzugleichen. Bei der Vorstellung der Empfehlungen kündigte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an, dass die Richtlinie ausgesetzt werde, da die Vorgaben aufgrund der Personalsituation durch die Krankenhäuser nicht erfüllt werden könnten.

Position der Barmer
Die Mindestvorgaben zur Personalausstattung leisten einen wichtigen Beitrag für eine leitliniengerechte Behandlung und für die Patientensicherheit in der psychiatrischen Versorgung. Die Richtlinie sollte daher nicht ausgesetzt werden. Gleichwohl sind Zweifel an einer verhältnismäßigen Ausgestaltung der Sanktionshöhe durchaus berechtigt, weshalb eine Anpassung der Sanktionshöhe nachvollziehbar wäre.
Insgesamt stellt der Fachkräftemangel die deutsche Krankenhausversorgung – und damit den psychiatrischen wie somatischen Bereich – vor große Probleme. Abstriche bei der Qualität der Versorgung sind jedoch keine Antwort auf diese Herausforderung.

 

6. Stellungnahme: Kurz-, mittel- und langfristige Reform der konservativen und operativen Kinder- und Jugendmedizin

Bereits in ihrer ersten Stellungnahme hatte die Regierungskommission Vorschläge für eine kurzfristige Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe unterbreitet. Auf dieser Basis hat der Gesetzgeber der Kinder- und Jugendmedizin bereits kurzfristig finanzielle Hilfen im Rahmen des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes für die Jahre 2023 und 2024 zur Verfügung gestellt. In einer weiteren Stellungnahme zum Thema benennt die Kommission nun weiteren Handlungsbedarf für die pädiatrische Versorgung.

Als langfristige Maßnahme empfiehlt die Kommission die Erarbeitung von verbindlichen Qualitätsvorgaben für die operative und konservative Kinder- und Jugendmedizin. Diese Mindestqualitätsvorgaben werden als Bedingung für die Leistungserbringung und -finanzierung gesehen. Zusätzlich soll ab dem Jahr 2025 eine erhöhte Vorhaltefinanzierung von bis zu 20 Prozent der bisherigen aDRGDiagnosis Related Groups-Erlösvolumina greifen. Die Kommission schlägt vor, dass dabei das Vorhaltebudget für die Leistungsgruppen von Pädiatrie und Kinderchirurgie entsprechend erhöht wird. Hierfür soll ein Sonderfonds gebildet werden. Aus welchen Mitteln dieser Sonderfonds gespeist wird, bleibt offen.
Um mittelfristig Versorgungslücken in der ambulanten pädiatrischen Versorgung zu schließen, wird die Einführung von Institutsambulanzen empfohlen. Diese sollen sich an den bereits etablierten Einrichtungen für die Kinder- und Jugendpsychiatrie orientieren. Die Behandlung in Institutsambulanzen soll auf diejeni­gen Versicherten ausgerichtet werden, die wegen Art, Schwere, Seltenheit oder Dauer ihrer Erkrankung oder wegen zu großer Entfernung zu geeigneten niedergelassenen Kinder-Fachärzten auf eine entsprechende Behandlung angewiesen sind, so die Stellungnahme.
Um die angespannte Versorgungslage in der stationären Pädiatrie kurzfristig zu verbessern, schlägt die Kommission eine Reihe schnell umzusetzender Sofortmaßnahmen vor. So sollen etwa Maßnahmen zur Abrechnungsprüfung bei Fehlbelegung ausgesetzt werden oder die Befristung der im Krankenhaus möglichen Übergangspflege auf zehn Tage ausgesetzt werden. Ein tagesaktuelles pädiatrisches Bettenregister könne Umfang und Dauer stationärer Engpässe dokumentieren und helfen, freie Bettenkapazitäten unmittelbar erkennen zu können.

Position der Barmer
Die Regierungskommission schlägt eine Reihe von Einzelmaßnahmen vor. Sinnvoll sind dabei etwa die Mindestqualitätsvorgaben oder die Einführung eines Bettenregisters, um freie Kapazitäten identifizieren zu können, vor allem im Rahmen von Infektwellen.
Der Aufbau weiterer ambulanter Versorgungsangebote ohne Evaluation bereits vorhandener Angebote ist jedoch nicht zielführend. Ob die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit den vorgeschlagenen Maßnahmen insgesamt verbessert werden kann, bleibt deshalb fraglich. Eine prozessual engere Verknüpfung und konzeptionell aufeinander abgestimmte Versorgung zwischen den allgemeinen stationären und ambulanten Leistungen unter Berücksichtigung einer spezifischen sektorenübergreifenden Bedarfsplanung wäre deutlich sinnvoller.

 

5. Stellungnahme: Verbesserung von Qualität und Sicherheit der Gesundheitsversorgung Potenzialanalyse anhand exemplarischer Erkrankungen

Noch vor der Einigung von Bund und Ländern auf Eckpunkte für eine Krankenhausreform hat die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung eine weitere – die inzwischen fünfte – Stellungnahme vorgelegt. In ihrer Potenzialanalyse kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Konzentration und Spezialisierung von medizinischen Leistungen an Krankenhäusern deutliche Vorteile für die Qualität der Versorgung und die Patientensicherheit bringen würde. Damit unterstreicht sie ihre Forderung nach Einführung von Leistungsgruppen mit einheitlichen Mindestanforderrungen an die Ausstattung von Kliniken mit Fachpersonal und Geräten. Aufgrund der sehr hohen Krankenhausdichte in Deutschland seien damit keine nennenswerten Einschränkungen der Erreichbarkeit von Krankenhäusern verbunden.

Anhand von drei Krankheitsbildern zeigt die Analyse exemplarisch auf, welches Potenzial in einer Krankenhausstrukturreform für Patientinnen und Patienten steckt.

Krebserkrankungen: Würden an Krebs erkrankte Patientinnen und Patienten grundsätzlich in solchen Krankenhäusern behandelt, die nach den Kriterien der Deutschen Krebsgesellschaft zertifiziert sind, könnten nach Analyse der Kommission potentiell über 20.000 Lebensjahre pro Jahr gerettet werden. Die Erreichbarkeit dieser Kliniken wäre demnach weiterhin exzellent, sie läge bei Darm-, Brust- und Prostatakrebs bei 20 Minuten, für Hirntumore bei 30 Minuten.

Schlaganfall: Bei Schlaganfallpatienten gilt als wichtigstes Strukturqualitätsmerkmal die Behandlung in einem zertifizierten Schlaganfallzentrum (Stroke Unit). Es gab 2021 328 Krankenhäuser, die über eine Stroke Unit verfügten, jedoch 1.049 Krankenhäuser, die Schlaganfälle ohne Stroke Unit behandelten. Würden alle Patientinnen und Patienten in Stroke Units behandelt, könnten laut Analyse potentiell etwa 5.000 Patientinnen und Patienten mehr als bisher das erste Jahr nach dem Schlaganfall überleben. Die durchschnittliche Fahrzeit würde sich bei einer Konzentration der Behandlung auf die 328 Standorte mit Stroke Unit nur minimal von 21,6 auf 23,4 Minuten verlängern.

Endoprothetik (künstlicher Gelenkersatz): Für operative Eingriffe der Knie- und Hüft-Totalendoprothesen (TEP) fordert die Regierungskommission Mindestfallzahlen von 150 oder sogar 200 bei Hüftoperationen und 100 bzw. 150 bei Knieoperationen, weil hier der Zusammenhang zwischen Versorgungsqualität und Spezialisierung belegt sei. Damit könnte eine hohe Zahl an Revisionsoperationen vermieden werden.

Position der Barmer
Die Ergebnisse der Regierungskommission werden durch eine Vielzahl gleichartiger Studien und Analysen der letzten Jahre bestätigt. Sie machen deutlich, dass die Konzentration der Leistungserbringung der richtige Weg zu einer Verbesserung der Versorgung ist. Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass aufgrund der hohen Krankenhausdichte in Deutschland keine wesentlichen Einschränkungen der Erreichbarkeit in Kauf genommen werden müssen. Die im Rahmen der anstehenden Krankenhausstrukturreform geplanten Leistungsgruppen sind demnach dringend notwendig, um eine hohe Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Die Erkenntnisse dieser Potentialanalyse können bei der Weiterentwicklung der Leistungsgruppen berücksichtigt werden.

 

4. Stellungnahme: Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland. Integrierte Notfallzentren und Integrierte Leitstellen

Die Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung hat eine Empfehlung zur Reform der Notfall- und Akutversorgung in Deutschland vorgestellt. Ziel der Vorschläge ist es, die medizinische Versorgung für Hilfesuchende im Notfall effizienter zu organisieren, indem die drei getrennten Bereiche der Notfallversorgung (Notaufnahmen der Kliniken, Notfallversorgung der Kassenärztlichen Vereinigungen und Notfallrettung der Länder) besser aufeinander abgestimmt werden. Patientinnen und Patienten sollen in die für sie am besten geeignete Versorgungsebene gesteuert werden, um die knappen Ressourcen des Notfallwesens optimal zu nutzen.
Die Regierungskommission schlägt dafür die Einrichtung integrierter Leitstellen und Notfallzentren vor. Der für ein sektorenübergreifendes Gesamtsystem notwendige Rettungsdienst ist zunächst nicht Teil der Empfehlung, hierzu kündigen die Autorinnen und Autoren eine weitere Empfehlung an.

Integrierte Leitstellen (ILS) nehmen im Reformkonzept der Kommission eine zentrale Steuerungsrolle für die Notfallversorgung ein. Die ILS sollen rund um die Uhr unter den bekannten Notrufnummern 112 und 116 117 erreichbar sein und auf telefonischem oder telemedizinischem Weg eine Ersteinschätzung des Notfalls durchführen. Um die Erreichbarkeit der ILS sicherzustellen, werden Vorgaben für eine maximale Wartezeit für die Anrufe Hilfesuchender empfohlen.
Nach dem Konzept der Kommission steht den Leitstellen in Zukunft ein breites Repertoire an Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung: Nicht nur sollen Patientinnen und Patienten je nach Behandlungsbedarf in eine niedergelassene Praxis, in die Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung oder in die Notaufnahme einer Klinik verwiesen werden. Darüber hinaus ist auch eine allgemein- und kinderärztliche telemedizinische Beratung vorgesehen. Zudem sind aufsuchende Dienste für immobile Patientinnen und Patienten sowie vulnerable Gruppen geplant, so auch eine pflegerische Notfallversorgung oder eine ambulante Palliativversorgung. Damit sollen eine fallabschließende Beratung ermöglicht und nicht akute Fälle erkannt werden.

Position der Barmer
Integrierte Leitstellen können den Zugang von Patientinnen und Patienten zu einer bedarfsgerechten Notfallversorgung erleichtern. Ergänzende Angebote wie die telemedi­zinische Beratung oder die ambulante Palliativversorgung sind sinnvoll, um die Notaufnahmen der Krankenhäuser zu entlasten.
Im Konzept der Kommission fehlt die Integration des Rettungsdienstes. Dieser sollte möglichst Bestandteil des Sozialgesetzbuches V werden, um Klarheit über die Zuständigkeiten und Transparenz über die der GKV entstehenden Kosten zu erzielen.

In allen Krankenhäusern der erweiterten und der umfassenden Notfallversorgung (Stufen 2 und 3 des aktuellen Systems von Notfallstrukturen für Krankenhäuser des G-BA), und falls regional erforderlich, auch an Krankenhäusern der Basisnotfallversorgung (Stufe 1), sollen integrierte Notfallzentren (INZ) errichtet werden. Am Tresen eines INZ würde die zentrale, algorithmusgestützte Ersteinschätzung durch qualifiziertes Personal erfolgen.
Krankenhäuser und Kassenärztliche Vereinigungen sind nach dem Konzept der Kommission aufgrund ihres Sicherstellungsauftrages verpflichtend an den INZ beteiligt. Sie müssen sich darüber einigen, wer die Leitung des INZ übernehmen wird – bei Nichteinigung fällt die Leitung dem Krankenhaus zu. An Kliniken für Kinder- und Jugendmedizin sowie Kliniken mit pädiatrischer Abteilung sollen integrierte Notfallzentren für Kinder und Jugendliche (KINZ) entstehen.

Position der Barmer
Integrierte Notfallzentren sind notwendig als erste Anlaufstellen für hilfesuchende Patientinnen und Patienten. Bei der Entwicklung des Ersteinschätzungsinstruments sollte auf die Vorarbeiten der Selbstverwaltung zurückgegriffen werden.
Die Errichtung von INZ sollte in Ballungsgebieten auf Krankenhäuser der erweiterten und umfassenden Notfallversorgung begrenzt werden. In strukturschwachen Regionen hingegen sollten auch geeignete Krankenhäuser ein INZ etablieren, die für die Sicherstellung der Versorgung notwendig sind und deshalb Zuschläge erhalten. Um Konflikte zwischen Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenhaus bezüglich der Leistung eines INZ zu vermeiden, sollte die Abstimmung im Rahmen der regionalen Planung erfolgen.

Für die Notdienstpraxen der Kassenärztlichen Vereinigungen und die Notaufnahmen empfiehlt die Kommission je nach Notfallstufe Qualitäts-Mindeststandards für die technische und personelle Ausstattung. So ist etwa eine Mindestpersonalausstattung für Pflegeberufe in den Notaufnahmen vorgesehen. Als Mindestausstattung der Notdienstpraxen der Kassenärztlichen Vereinigungen sieht die Empfehlung eine Ärztin oder einen Arzt sowie eine medizinische Fachangestellte beziehungsweise einen Fachangestellten vor. Das ärztliche Personal sollte über einen Facharzttitel für Innere Medizin, Chirurgie, Allgemeinmedizin oder Anästhesie oder eine Weiterbildungsquali­fikation in Notfallmedizin verfügen.
Alle Bereiche eines INZ sollen digital vernetzt sein und die medizinischen Notfalldaten in Echtzeit übermitteln können. INZ an Krankenhäusern der Notfallstufe 3 müssen nach Ansicht der Kommission rund um die Uhr ein telemedizinisches Beratungsangebot für INZ niedrigerer Notfallstufen ermöglichen.
Für den Aufbau der INZ sehen die Autoren die Notwendigkeit einer Investitionskosten­unterstützung vor. Bei der Finanzierung des Betriebs werden zwei Varianten in Betracht gezogen: Entweder bleibt es bei der geteilten Finanzierung, wobei die Praxen der Kassenärztlichen Vereinigungen durch die Kassenärztliche Vereinigungen vergütet werden. Die Notaufnahmen würden im Rahmen einer neu strukturierten Krankenhausvergütung durch eine 60-prozentige Vorhaltepauschale und eine fallbezogene Pauschale vergütet. Die zweite Variante sieht die Entwicklung einer einheitlichen Vergütung für Notfallpraxen und Notaufnahmen aus einem gemeinsamen Vergütungstopf vor.

Position der Barmer
Die vorgeschlagenen Qualitäts-Mindeststandards in der Notfallversorgung sind erforder­lich für die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, aber auch zum Schutz der Mitarbeitenden. Es ist auch richtig, dass ein sektorenübergreifendes Konzept für die Notfallversorgung auf digitale Kommunikation und Prozesse setzt.
Eine mögliche Investitionskostenunterstützung sollte durch einen von Bund und Ländern zusätzlich zur Verfügung gestellten Fonds aufgebracht werden und ausschließlich zweck­gebunden erfolgen. Die genannten Finanzierungsvarianten bleiben bislang unkonkret. Sie dürfen nicht zu einer Doppelfinanzierung oder einer ungesteuerten Leistungsausweitung führen.

 

3. Stellungnahme: Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und Mitglieder der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung haben am 06.12.2022 ihre Stellungnahme für eine „grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ vorgestellt. Mit der Reform soll das Fallpauschalensystem weiterentwickelt und Vorhalteleistungen künftig gesondert vergütet werden. Die neue Vergütungssystematik soll damit weniger leistungs- und mengenabhängig sein, wie es in der Stellungnahme heißt.

Die Regierungskommission hat für die Krankenhausversorgung drei Versorgungsstufen (Level) vorgesehen, die bestimmte Strukturvorgaben erfüllen müssen. Jedem Krankenhausstandort wird ein konkretes Level zugeordnet, so dass lokale, regionale und überregionale Versorgungsaufträge festgelegt und abgrenzt werden können:

  • Level 1 – Grundversorgung wird unterteilt in i (integrierte ambulant/stationäre Versorgung) und n (mit Notfallstufe – orientiert an den Vorgaben des G-BA-Notfallstufenkonzepts),
  • Level 2 – Regel- und Schwerpunktversorgung und
  • Level 3 – Maximalversorgung (mit Level 3-U = Universitätsmedizin).

Für die einzelnen Level werden bundeseinheitliche Mindestvoraussetzungen vorgegeben. Damit würden erstmals einheitliche Standards für die apparative, räumliche und personelle Ausstattung gelten und die Behandlungsqualität für die Patientinnen und Patienten maßgeblich erhöht werden, wie es in der Stellungnahme heißt.
Es ist Aufgabe der Bundesländer, die Krankenhäuser einem der oben genannten Level zuzuordnen und die Leistungsgruppen zu vergeben. Der MD überprüft dabei regelhaft die Einhaltung der Mindeststrukturvoraussetzungen.

Position der Barmer
Das Konzept einer gestuften Krankenhausversorgung bei gleichzeitig klar definierten Mindestvorgaben ist insbesondere unter medizinischen Aspekten sinnvoll. Im Gegensatz zur derzeitigen Krankenhausplanung stünde bei einer derartigen Neuordnung der Krankenhauslandschaft erstmals die Qualität der Versorgung und die Patientensicherheit im Vordergrund.
Richtig ist auch, dass auf bereits bestehende Instrumente (insbesondere das G-BA-Notfallstufenkonzept) zurückgegriffen wird. Eine Kontrolle der Kriterien durch den Medizinischen Dienst, verbunden mit Sanktionen, falls diese nach Erteilung des Versorgungsauftrags nicht mehr erfüllt werden, ist stimmig.

Neben der Einführung von Versorgungsstufen empfiehlt die Regierungskommission ein System von 128 Leistungsgruppen mit einer konkreten Definition von Strukturvorgaben. Vorgeschlagen wird, die Leistungsgruppen auf jedem Level nach ICD-10-Diagnosen und OPS-Codes zu definieren, sodass die Patientenbehandlung innerhalb einer Gruppe ähnliche personelle Vorhaltungen, Qualifikationen und Erfahrungen sowie gleichartige technische Ausstattung benötigt. Behandlungen dürften somit nur noch abgerechnet werden, wenn dem Krankenhaus die entsprechende Leistungsgruppe vom Land zugeteilt wurde. Die dezidierte Ausarbeitung aller genannten Leistungsgruppen soll innerhalb eines Jahres auch unter Einbindung der medizinischen Fachgesellschaften abgeschlossen werden.

Position der Barmer
Durch die bundeseinheitliche Differenzierung der Leistungen nach Gruppen auf Grundlage von OPS und ICD kann genau festgelegt werden, welche Anforderungen an das Personal und an die Ausstattung des jeweiligen Krankenhauses erfüllt sein müssen.
Eine Zuordnung der Leistungsgruppen zu den einzelnen Versorgungsleveln, verbunden mit klaren Anforderungen an die personelle und apparative Ausstattung, hätte zur Folge, dass nicht mehr jedes Krankenhaus jede Leistung erbringen kann. Dies wäre ein wichtiger Beitrag, um die Patientensicherheit zu verbessern und die begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen zu bündeln.

Die bisherige Vergütung der Krankenhäuser – überwiegend über Fallpauschalen (aDRGDiagnosis Related Groups) – wird nach den Vorschlägen der Regierungskommission deutlich modifiziert: Für die Krankenhäuser der Level 1-n, 2, 3 (inklusive Unikliniken) wird für jede Leistungsgruppe der Anteil des Vorhaltebudgets festgelegt. Dieses wird auf Basis eines Vorhalteanteils aus den aDRG ausgegliedert, der normativ festgelegt und potenziell angepasst wird.  Zu der Vorhaltung gehört ergänzend auch das ausgegliederte Pflegebudget. Die Vergütung der Leistungen setzt sich zukünftig also aus der allgemeinen Vorhaltefinanzierung, der Vorhaltefinanzierung für das Pflegebudget und dem verbleibenden Restanteil der aDRG –  den sogenannten rDRG zusammen.
Die Regierungskommission empfiehlt eine normative Festlegung der Vorhaltebudgets: für die Leistungsgruppen der Intensivmedizin, der Notfallmedizin, der Geburtshilfe und der Neonatologie einen 60-prozentigen Vorhalteanteil, für alle übrigen Leistungsgruppen einen 40-prozentigen. Das BAS verteilt das je Level und Leistungsgruppe festgelegte Vorhaltebudget auf die einzelnen dafür infrage kommenden Krankenhausstandorte.
Ziel der Neuordnung der Vergütung ist es, die Bedeutung der Krankenhäuser für die Daseinsvorsorge zu unterstreichen und den wirtschaftlichen Druck zur Abrechnung möglichst vieler Behandlungsfälle zu senken. Um Zusammenlegungen von Standorten oder Fachabteilungen zu fördern, empfiehlt die Kommission des Weiteren die Neuauflage des Strukturfonds.

Position der Barmer
Die geplante Vergütung aus Vorhaltefinanzierung und DRG ist auch vor dem Hintergrund internationaler Erfahrungen nachvollziehbar. Grundsätzlich stellt sich allerdings die Frage, ob nicht zunächst eine Neuordnung und Anpassung der Krankenhauslandschaft von den Ländern angestrengt werden muss, bevor das Vergütungssystem weiterentwickelt wird. Die Krankenhausversorgung in Deutschland ist durch eine hohe Krankenhausdichte, Überversorgung, Doppelstrukturen sowie Unterversorgung in ländlichen Regionen geprägt – der Fokus muss deshalb zunächst auf die Beseitigung dieser Probleme gelegt werden. Ein Vergütungssystem allein kann die Versorgungsstrukturen nicht verändern.

Zur sektorenübergreifenden Planung unter Einbindung von Vertragsärztinnen und Vertragsärzten empfiehlt die Kommission regionale, paritätisch besetzte Gremien unter Beteiligung der Länder. Um die sektorenübergreifende und integrierte Gesundheitsversorgung zu stärken, nehmen Krankenhäuser des Levels 1-i (integrierte ambulant/stationäre Versorgung) eine besondere Rolle im Reformkonzept ein. Sie sollen wohnortnah ambulante fachärztliche Leistungen mit Akutpflegebetten verbinden. In Akutpflegebetten können Patientinnen und Patienten zum Beispiel zur Beobachtung und Basistherapie oder nach der Verlegung aus einem Haus der Regel-/Schwerpunkt- oder Maximalversorgung stationär über­wacht und gepflegt werden. Diese können auch unter pflegerischer Leitung stehen. Die Vergütung der Level-1-i-Krankenhäuser erfolgt im Gegensatz zu allen anderen Leveln durch sachgerecht kalkulierte, degressive Tagespauschalen, wie es in der Stellungnahme heißt.

Position der Barmer
Um die sektorenübergreifende Versorgung zu stärken, ist die Idee einer Versorgungsstufe, welche den stationären und den ambulanten Sektor vereint, sinnvoll. Unklar bleibt, welche konkreten Leistungen in diesen Einrichtungen vorgenommen werden sollen und wie die Schnittstelle zur ambulant fachärztlichen Versorgung definiert ist. In jedem Fall sollte eine Kopplung an die niedergelassenen Haus- und Fachärzte erfolgen. Es bleibt offen, ob dort sämtliche ambulant fachärztlichen Leistungen unabhängig vom Schweregrad der Erkrankung vorgehalten werden. Um eine sektorenübergreifende Gesundheitsversorgung gewährleisten zu können, sollten Level-1-i Krankenhäuser weitreichende ambulante Behandlungsmöglichkeiten erhalten.

Die Krankenhausplanung in Deutschland obliegt den Bundesländern. Wie das Papier feststellt, gehen die Länder in ihren Krankenhausplänen damit sehr unterschiedlich um. Im Konzept der Regierungskommission sollen die Bundesländer die Krankenhäuser entsprechenden Leveln zuordnen, die Leistungsgruppen vergeben und damit den Krankenhäusern gestufte Versorgungsaufträge zuteilen.
Inwieweit die bundeseinheitlichen Vorgaben für die Krankenhausplanung mit der Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer in diesem Bereich kollidieren, wird im Kommissionskonzept nicht weiter erläutert. Dazu heißt es lediglich: „Die Regierungskommission empfiehlt den Bundesländern, ihre Krankenhausplanung mit diesen Versorgungsleveln und Leistungsgruppen zu harmonisieren und mit der Zuweisung von Leistungsgruppen einen Versorgungsauftrag zu verbinden.“

Position der Barmer
Es bleibt fraglich, ob die Bundesländer gewillt sind, dieses umfassende Reformkonzept mitzutragen und ob sie bereit sind, eigene gesetzgeberische Kompetenzen aus der Hand zu geben. In ersten Stellungnahmen äußerten einige Länder bereits erhebliche Kritik am Konzept und dessen möglichen Auswirkungen.
Wie schwierig die bundesweite Umsetzung von Vorgaben in der Krankenhausversorgung ist, zeigen beispielhaft die G-BA-Richtlinien im Bereich der Notfallversorgung oder bei den Mindestmengen. Hier sorgen zahlreiche Ausnahmetatbestände dafür, dass auch an medizinischen Erkenntnissen orientierte Qualitätsstandards von den Ländern unterlaufen werden können. Vor diesem Hintergrund bleibt die Umsetzung des Konzepts in der vorliegenden Form eine offene Frage und ein großes Risiko.

 

2. Stellungnahme: Tagesbehandlung im Krankenhaus zur kurzfristigen Entlastung der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens

In ihrer zweiten Stellungnahme unterbreitet die vom Bundesgesundheitsministerium eingesetzte Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung den Vorschlag einer deutlichen Ausweitung tagesklinischer Behandlungen in Krankenhäusern. Kliniken sollen bislang vollstationär erbrachte Behandlungen als Tagesbehandlungen ohne Übernachtungen durchführen können, wenn dies medizinisch vertretbar ist. Damit soll vor allem dem Personalmangel in Krankenhäusern begegnet werden, der nach Auffassung der Kommission eine Hauptursache für die Kapazitätsengpässe der Kliniken ist. Aufgrund des medizinischen Fortschritts sei vielfach eine stationäre Überwachung der Patientinnen und Patienten in der Nacht oder am Wochenende nicht mehr notwendig, das dadurch freiwerdende Personal könne an anderer Stelle im Krankenhaus eingesetzt werden.
Die Kommission sieht darin einen ersten Schritt für eine kurzfristige Entlastung der Kliniken. Erst in einem zweiten Schritt will das Gremium bislang stationär durchgeführte Behandlungen auch für den vertragsärztlichen Bereich öffnen. Die Leistungen sollen dann bei identischer Vergütung sowohl im niedergelassenen als auch im stationären Bereich erbracht werden können. Zugleich bewertet die Regierungskommission die aktuell diskutierte Ausweitung des ambulanten Operierens eher zurückhaltend.

Spätestens ab dem 01.01.2023 soll es Krankenhäusern gestattet werden, alle bisher vollstationär erbrachten Behandlungen als Tagesbehandlungen durchzuführen, so die Empfehlung der Kommission. Voraussetzung dafür ist in der Regel, dass es sich nicht um eine komplexe oder risikoreiche Behandlung handelt und die Strukturen des Krankenhauses tatsächlich benötigt werden – zudem muss die Möglichkeit für eine notfallmäßige Behandlung gegeben sein. Die Entscheidung für eine Tagesbehandlung liegt in jedem Einzelfall beim Krankenhaus und erfordert zugleich die Zustimmung der Patientin oder des Patienten. Dabei muss die soziale und häusliche Versorgungssituation des Patienten Berücksichtigung finden.
Ein wichtiger Anreiz für die Kliniken, Tagesbehandlungen durchzuführen, besteht nach Auffassung der Kommission in einer deutlich verminderten Belastung des Personals. Da Nacht- und Wochenenddienste reduziert würden, könnte der Personalschlüssel eines Krankenhauses verbessert werden.

Position der Barmer
Bei dem Vorschlag der Regierungskommission handelt es sich vor allem um eine Entlastungsmaßnahme für Krankenhäuser. Eine qualitätsorientierte Modernisierung der Krankenhausstrukturen sowie eine sektorenübergreifende Ausrichtung am Versorgungsbedarf finden dabei nicht statt. So wird der vertragsärztliche, niedergelassene Bereich bei den Empfehlungen nicht mitberücksichtigt und die notwendige Ambulantisierung stationärer Leistungen ausgeblendet.

Die Empfehlung der Regierungskommission sieht vor, dass Tagesbehandlungen wie bisher als Fallpauschale (DRG) abgerechnet werden. Weil keine Übernachtungen anfallen, soll die Vergütung für das Krankenhaus reduziert werden: Das Relativgewicht der jeweiligen DRG wird pauschal um 0,04 Punkte pro entfallender Nacht gemindert. Eine Vergütung nach DRG erfolgt nur für Tage, an denen ein Patient mindestens sechs Stunden im Krankenhaus war. Andernfalls wird die Behandlung als ambulant gewertet und nach EBM vergütet – soweit das Krankenhaus dafür eine Berechtigung besitzt. Ein Behandlungsfall kann sich künftig aus Tagen mit und ohne Übernachtung im Krankenhaus zusammensetzen.
Ein weiterer Vorschlag der Regierungskommission betrifft die Vergütung der ambulanten Notfallbehandlung im Krankenhaus. Die bisherige Vergütung nach EBM der Kliniken soll um Betreuungszuschläge ergänzt werden, gestaffelt je nach der Dauer der Betreuung von Patienten in der Notaufnahme bis zu einer Größenordnung von 400 Euro.

Position der Barmer
Der von der Regierungskommission vertretene Ansatz wird kritisch gesehen, weil damit potentiell ambulant erbringbare Leistungen nach wie vor durch die in den DRG enthaltenen hohen Infrastrukturkosten der Kliniken überfinanziert würden. Deshalb dürfen sich diese Vorschläge ausschließlich auf Fälle beziehen, die eine Krankenhausbehandlung erfordern und die Infrastruktur eines Krankenhauses benötigen.
Auch der Betreuungszuschlag für ambulante Notfälle im Krankenhaus stellt lediglich eine weitere finanzielle Unterstützung für die Krankenhäuser dar, ohne die Strukturen der Notfallversorgung zu verbessern.

 

1. Stellungnahme: Empfehlungen der AG Pädiatrie und Geburtshilfe für eine kurzfristige Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe

Die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) eingesetzte Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung hat Empfehlungen für eine kurzfristige Reform der stationären Vergütung für Pädiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe vorgelegt und an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach übergeben. Die Empfehlungen knüpfen an die Vorgabe des Koalitionsvertrags der Ampel-Parteien an, wonach die Bereiche der Pädiatrie und Geburtshilfe kurzfristig eine auskömmliche Vergütung erhalten sollen.
Um eine qualitativ hochwertige Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen und eine weitere Überlastung des Personals zu vermeiden, sei eine gute Personalausstattung rund um die Uhr essenziell, so die Stellungnahme. Eine Zusammenarbeit oder Zusammenlegung kleinerer Abteilungen könne, wo möglich, die individuelle Arbeitslast verringern. In der Geburtshilfe solle die Zentrumsbildung gefördert werden.

Um den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen, schlägt die Regierungskommission vor, dass die Abteilungen für Pädiatrie ab dem 01.01.2023 ein neben den abgerechneten DRG gewährtes, zusätzliches leistungsunabhängiges Vergütungsvolumen erhalten. Auch für geburtshilfliche Abteilungen sind zu den abgerechneten DRG zusätzliche, nicht leistungsabhängige Finanzmittel vorgesehen. Diese sollen lediglich bedarfsnotwendige Abteilungen erhalten, die einen Anspruch auf Sicherstellungszuschläge haben und aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte nur eine niedrige Anzahl an Geburten durchführen können. Ein Wegfall dieser Abteilungen würde eine Versorgungslücke für die Bevölkerung hinterlassen. Zur Höhe und Herkunft der zusätzlichen Mittel macht die Kommission keine konkreten Vorschläge, aufgrund der gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen erwartet sie dazu eine politische Entscheidung. 

Position der Barmer
Es müssen mehr Anstrengungen unternommen werden, um die pädiatrische und geburtshilfliche Versorgung flächendeckend sicherzustellen und eine auskömmliche Finanzierung zu gewährleisten. Mit den Sicherstellungszuschlägen und der Pauschalförderung für ländliche Kliniken gibt es für Krankenhäuser mit einem geringen Versorgungsbedarf jedoch bereits heute Finanzierungsinstrumente, die die schwierige Situation in der Pädiatrie und Geburtshilfe abmildern. Zusätzliche finanzielle Hilfen müssen tatsächlich der Patientenversorgung zu Gute kommen. Sie dürfen auch nur unter Einhaltung personeller und struktureller Mindestanforderungen gewährt werden, um die Patientensicherheit garantieren zu können. 
Richtig ist, dass beide Fächer nicht grundsätzlich aus dem DRG-System ausgegliedert werden sollen. Die vorgesehene zusätzliche Vergütungskomponente kann dabei den Einstieg in eine Vorhaltekostenfinanzierung bedeuten. Unbefriedigend ist, dass die Höhe und die Herkunft der Mittel offen bleiben. Aufgrund des gesamtgesellschaftlichen Ziels muss die Finanzierung aus Bundes- oder Landesmitteln erbracht werden.

Für die Pädiatrie schlägt die Kommission vier alternative Modelle (A-D) vor, nach denen die zusätzlichen Finanzmittel auf die Abteilungen verteilt werden könnten.

Bei diesem Modell werden die abteilungsindividuellen Erlöse (Casemix) des Jahres 2019 zugrunde gelegt. Diese Erlössumme wird für das Jahr 2023 um einen prozentualen Anteil gesteigert und leistungsunabhängig garantiert. 
Das Modell sei, so die Kommission, vergleichsweise einfach und schnell umsetzbar, habe aber den Nachteil, dass Leistungs- und Kapazitätsveränderungen in den Pandemiejahren 2020 bis 2022 unberücksichtigt blieben. Deshalb würden Abteilungen, die Leistungen reduziert hätten, potenziell bevorzugt, und solche, die Leistungen ausgeweitet hätten, potenziell benachteiligt. 

Position der Barmer
Die Kommission stellt zurecht fest, dass sich das Leistungsgeschehen und das Inanspruchnahmeverhalten seit Beginn der Pandemie deutlich verändert haben, weshalb ein Bezug auf die Erlöse des Jahres 2019 nicht sinnvoll ist. Leistungsverlagerungen haben keine Budgetanpassung zur Folge, zudem wird der Leistungsbezug des DRG-Systems ausgehebelt. 
Daneben kann die Verteilung mit der „Gießkanne“ dazu führen, dass Krankenhäuser und Fachabteilungen profitieren, die bereits heute auskömmlich finanziert sind, während kleine, bedarfsnotwendige Abteilungen mit geringem Casemix-Volumen weiterhin defizitär arbeiten müssen.

Diese Variante sieht eine Verteilung der zusätzlichen Mittel nach vorgehaltenen Behandlungskapazitäten vor. Dabei würden die betreibbaren Betten einer Abteilung zugrunde gelegt. Dazu soll zu Jahresbeginn ein Durchschnittswert der Betten des vergangenen Jahres herangezogen werden. Für jedes Bett würde ein bundeseinheitlich definierter Betrag fällig.
Die Kommission schlägt zwei Varianten unterschiedlicher Differenzierung vor: Nach Variante 1 würde die Gesamtzahl der betreibbaren pädiatrischen Betten angegeben. Nach Variante 2 hätten die Krankenhäuser gegebenenfalls die Betten nach Schwerpunkten zu differenzieren (Kinderintensivmedizin, Kinderonkologie oder Neonatologie etc.) Diese müssen von Ärztinnen und Ärzten mit entsprechender Zusatzbezeichnung geleitet werden. Hinzu kommen Anpassungsfaktoren, die zum Beispiel die Bedarfsnotwendigkeit oder Struktur- und Qualitätsvorgaben berücksichtigen sollen. 

Position der Barmer
In der Corona-Pandemie hat sich bei der Intensivbettenförderung und den Freihaltepauschalen für Krankenhäuser gezeigt, dass die Methode „Betten zählen“ Fehlanreize setzen kann. Immerhin zielt die Kommission auf „betreibbare“ Betten (mit Personal und Ausstattung) ab und nicht auf aufgestellte Betten oder Planbetten. 
Unklar ist, wie die Abteilungen ihre betreibbaren Betten korrekt nachweisen und welche Kriterien zugrunde gelegt werden, um ein Bett als „betreibbar“ einzustufen. Zwingend muss in diesem Zusammenhang Transparenz über die Eigenangaben der Krankenhäuser hergestellt werden. Grundsätzlich legt auch dieses Modell nicht den Fokus auf die tatsächlichen Versorgungsbedarfe, sondern auf eine Fortschreibung der bestehenden vorgehaltenen Kapazitäten. Inwiefern die Anpassungsfaktoren diesem Umstand Rechnung tragen können, ist noch nicht abzusehen.

Hierbei würde die Verteilung der zusätzlichen Vergütungsmittel anhand der Größe der von einer Abteilung fachspezifisch zu versorgenden Bevölkerung festgelegt (Indexbevölkerung). Dazu solle zunächst anhand demografischer Faktoren bestimmt werden, wer zur Indexbevölkerung zählt (= Kinder und Jugendliche beziehungsweise Frauen im gebärfähigen Alter), so die Kommission. Auf Basis kleinräumiger regionaler Distrikte würde festgestellt, für wie viele Menschen die Abteilung die am schnellsten zu erreichende ist. Hieraus ergebe sich, wie viele Menschen der Indexbevölkerung die jeweilige Abteilung versorgt. Für jeden versorgten Kopf der Indexbevölkerung solle dann ein Eurobetrag als Basisversorgungsfaktor pro Jahr festgelegt und gezahlt werden. Spezialisierte Abteilungen und Schwerpunkte, beziehungsweise Maximal- und Spezialversorger, sollen gesondert berücksichtigt werden.

Position der Barmer
In diesem Modell wird nicht ausschließlich auf vorhandene Kapazitäten zurückgegriffen, stattdessen sind der Bevölkerungsbedarf und die Erreichbarkeit ausschlaggebend – was sinnvoll ist. Gleichzeitig ist das Modell am wenigsten manipulationsanfällig, da nicht die Krankenhäuser festlegen, in welcher Größenordnung sie Zuweisungen erhalten. Mit den Bevölkerungszahlen werden allgemeingültige Daten für die Berechnung zugrunde gelegt, die sich auf den tatsächlichen Bedarf beziehen.
Sinnvoll ist auch, dass für die Maximal- und Spezialversorger ein größerer Radius gezogen werden soll, um deren besondere Versorgungsbelange hervorzuheben. Grundvoraussetzung dafür ist, dass einheitliche Versorgungsstufen vorab definiert werden, um die Basisversorgung von der Erweiterten- und Maximalversorgung eindeutig zu differenzieren. Im Rahmen dieses Modells sollte überlegt werden, ob man die zusätzlichen Finanzmittel gebunden an die Region gewährt und nicht gebunden an die vorhandenen pädiatrischen Fachabteilungen, um einerseits ländliche Versorger zu stärken und andererseits Konzentrationsprozesse anzustoßen.

Die zusätzliche, leistungsunabhängige Vergütung würde hierbei nach einem Mischmodell aus den Modellen B und C, also aus vorgehaltenen Behandlungskapazitäten und versorgter Bevölkerungszahl vergeben. Kalkuliert werden könne diese mit einem von der Regierungskommission erstellten computerisierten Modell.

Position der Barmer
Eine Kombination aus den Modellen B und C erscheint sehr komplex. Da aber auch in diesem Modell Bezug auf die Anzahl der vorhandenen Betten genommen wird, würde sich eine Finanzierung an den bestehenden Kapazitäten und nicht an den tatsächlich vorhandenen Bedarfen orientieren.

Die zusätzlichen, leistungsunabhängigen Mittel für die Geburtshilfe würden nach dem Vorschlag der Kommission an geburtshilfliche Abteilungen vergeben, deren Standorte auf der für 2023 zwischen DKG und GKV-Spitzenverband vereinbarten Liste mit Anspruch auf Sicherstellungszuschlag aufgeführt werden. Die Mittel sollen unabhängig vom Abschluss der Budgetvereinbarungen gewährt werden. Ein Bezug zur Bettenzahl der Abteilungen würde nicht hergestellt. Geburtshilfeabteilungen, an deren Standort sich auch eine Pädiatrie befindet, würden eine erhöhte Vergütung erhalten. Dies gilt ebenso für Abteilungen mit weniger als 500 Geburten pro Jahr (entscheidend ist dabei das Vorjahr). Abteilungen mit 500 bis 1.499 Geburten pro Jahr erhielten eine gestaffelte zusätzliche Vergütung, ab 1.500 Geburten pro Jahr würde es keine zusätzlichen leistungsunabhängigen Mittel geben. 

Position der Barmer
Die Vorschläge der Kommission verdeutlichen nicht nur, wie komplex die Umsetzung einer Vorhaltekostenfinanzierung ist. Sie bedarf auch einer allgemeingültigen Definition. Eine trennscharfe Abgrenzung zwischen Sicherstellungszuschlägen und Vorhaltekosten ist anhand des jetzt vorliegenden Modells nicht erkennbar. Es stellt sich die Frage, ob nicht die bestehenden Finanzierungsinstrumente (Sicherstellungszuschläge und Pauschalförderung für ländliche Krankenhäuser) weiterentwickelt werden können, um ein Nebeneinander verschiedener Sonderfinanzierungsinstrumente zu verhindern.