Top-Managerin ausgebootet Machtkampf in der Bonner Uniklinik

Bonn · Dorothee Dzwonnek kann ihren Posten als neue Direktorin der Bonner Uniklinik (UKB) trotz eines Beschlusses im Aufsichtsrat nicht antreten. Offenbar ist auf dem Venusberg ein Machtkampf zwischen dem Aufsichtsrat und Wolfgang Holzgreve, Ärztlicher Direktor des UKB, ausgebrochen.

Die Einfahrt der Bonner Uniklinik. (Archivfoto)

Die Einfahrt der Bonner Uniklinik. (Archivfoto)

Foto: Benjamin Westhoff

Auf dem Venusberg ist offenbar ein Machtkampf zwischen dem Aufsichtsrat und dem Vorstandsvorsitzenden und Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Bonn (UKB), Wolfgang Holzgreve, ausgebrochen. Im Zentrum steht eine Schlüsselpersonalie: Dorothee Dzwonnek, die langjährige Generalsekretärin der Deutschen Forschungsgemeinschaft, sollte eigentlich zum 1. April die vakant gewordene Stelle der Kaufmännischen Direktorin am UKB antreten. Am 22. Februar dieses Jahres hatte sie der für das Vorstandspersonal zuständige Aufsichtsrat offiziell bestellt.

Wenige Tage später verkündete das Klinikum öffentlich, dass die 62-jährige Juristin, die nicht nur elf Jahre lang die größte deutsche Forschungsförderorganisation führte, sondern auch als Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Wissenschaftsministerium und als Vorstand des Forschungszentrums Jülich arbeitete sowie Kanzlerin der Universität Dortmund war, Mitglied des fünfköpfigen UKB-Vorstands werden soll. Der Aufsichtsrat hatte einem Headhunter den Auftrag erteilt, bei der Suche auch auf Dzwonnek zuzugehen. Holzgreve sprach damals davon, es sei gelungen, eine "extrem erfahrene Person zu gewinnen".

Holzgreve soll Verfahrensprüfung gefordert haben

Doch Dzwonnek trat die Stelle bis heute nicht an. Weder der neue Aufsichtsratsvorsitzende Heinz Reichmann noch dessen Stellvertreter, Uni-Rektor Michael Hoch, geben eine Stellungnahme zu den Gründen ab. Klar scheint aber zu sein: Das NRW-Wissenschaftsministerium hat Dzwonneks Bestellung als UKB-Direktorin beanstandet. Wie der GA von einem Mitglied des Klinikum-Aufsichtsrates erfuhr, soll es Holzgreve selbst gewesen sein, der in Düsseldorf eine Verfahrensprüfung gefordert habe.

Aufschlussreich ist ein Protokoll einer UKB-Aufsichtsratssitzung vom 10. Juli, das der GA kennt: Daraus geht hervor, dass das Ministerium die Bestellung von Dzwonnek aus zwei Gründen beanstandet: Es zweifelt einerseits daran, dass das Auswahlverfahren ordnungsgemäß gelaufen sei und andererseits an der Eignung der 62-Jährigen. Holzgreve wird in dem Dokument namentlich als Urheber der Verfahrensprüfung erwähnt. Es soll aber nach Kenntnis des GA auch ein Schreiben von Leitern einzelner Fachkliniken ans Ministerium gegeben haben, in dem die Unterzeichner darauf hinwiesen, dass Dzwonnek keine Erfahrung in der operativen Geschäftsführung einer Uniklinik habe.

Der Aufsichtsrat hat daraufhin einen eigenen juristischen Gutachter beauftragt, der im Kern zum Ergebnis kommt, dass es gewichtige Gründe gebe, die gegen die Rechtsauffassung des Ministeriums sprächen. Das geht aus internen Protokollen hervor.

Der Konflikt hat offenbar Folgen

Auf die Frage, ob er die Prüfung beim Ministerium in die Wege geleitet habe, antwortete Holzgreve am Dienstag gegenüber dem GA: "Zu interner Korrespondenz gebe ich grundsätzlich keine Auskunft." Die "Bonner Rundschau" zitierte ihn zuvor mit den Worten: "Der Vorstand des UKB hat keinen Brief geschrieben."

Der Konflikt hat offenbar Folgen: In der Sitzung des Aufsichtsrats am 2. September 2019 soll laut des Gremium-Mitglieds der damalige Vorsitzende, Hugo Van Aken, zur Diskussion gestellt haben, ob man Holzgreve abmahnen solle, weil er sich in interne Angelegenheiten des Aufsichtsrates einmische. Abgestimmt worden sei über den Vorschlag allerdings nicht. Die Frage, ob ihm dieser Vorgang bekannt sei, beantwortete Holzgreve bis Redaktionsschluss nicht. Er teilte aber mit: "Die Wahl von Vorstandsmitgliedern ist die Aufgabe des Aufsichtsrates und nicht des Vorstands."

Dzwonnek gilt als zielstrebig und unabhängig

Dzwonnek selbst ließ eine GA-Anfrage unbeantwortet. Sie gilt als zielstrebig und unabhängig. 2018 hatte sie auf Bitten des Hauptausschusses die Deutsche Forschungsgemeinschaft verlassen. Damals hieß es hinter vorgehaltener Hand, sie habe im Machtkampf um Kompetenzen mit dem DFG-Präsidenten Peter Strohschneider den Kürzeren gezogen. Gründe für ihr Ausscheiden nannte die DFG in der damals veröffentlichten Pressemitteilung nicht. Nach Informationen des GA will Dzwonnek die Geschäftsführung des Klinikums mittlerweile nicht mehr übernehmen. Es sollen Verhandlungen laufen, wie sie finanziell abgefunden werden kann.

Wolfgang Holzgreve, der 2012 sein Amt auf dem Venusberg übernahm und das damals Verluste schreibende Klinikum in die Gewinnzone führte, gilt als machtbewusst. Einer, der lange mit ihm zusammenarbeitete, beschreibt ihn gegenüber dem GA mit den Worten: "Er ist ein sehr eigenwilliger Zeitgenosse."

Der bisherige Kaufmännische Direktor des UKB, Damian Grüttner, hatte zum 1. April dieses Jahres eine Stelle auf gleicher Position beim Uniklinikum Köln angetreten. Er leitete die Geschäfte seit 2015. Sein Vorgänger, Karsten Honsel, arbeitete ein Jahr auf dem Posten. Eigentlich sollte vor vier Jahren ein Klinikmanager aus Koblenz auf Honsel folgen. Das UKB kündigte ihm aber, bevor er seinen Dienst antreten konnte. Der Mann erstritt als Ausgleich dafür 350.000 Euro vor Gericht.

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