Zwei Tote durch verunreinigte Glukose Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen Kölner Apothekerin

Köln · Die Kölner Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen eine 50 Jahre alte Apothekerin aus Köln erhoben. Im September 2019 waren eine 28-Jährige und ihr Baby nach der Einnahme eines mit Narkosemittel vergifteten Glukosepulvers gestorben.

 Die Heilig-Geist-Apotheke in Köln (Archivfoto).

Die Heilig-Geist-Apotheke in Köln (Archivfoto).

Foto: Claudia Hauser

Ein Jahr nach dem Tod einer jungen Frau und ihres per Notkaiserschnitts zur Welt gebrachten Babys durch eine verunreinigte Glukosemischung ist Anklage gegen eine Apothekerin aus Kostenpflichtiger Inhalt Köln erhoben worden. In der Heilig-Geist-Apotheke im Stadtteil Longerich hatte eine 28-Jährige einen Diabetes-Test, einen Routinetest in der Schwangerschaft, gekauft. Der Test war durch ein Narkosemittel vergiftet. Die 28-Jährige und ihr Baby waren im September vergangenen Jahres an den Folgen gestorben.

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben, wie das Landgericht Köln am Dienstag mitteilte. Dabei geht es um die Verunreinigung der Glukose mit dem giftigen Betäubungsmittel Lidocainhydrochlorid. Damit habe die 50-Jährige den Tod oder die Körperverletzung von zwei Kundinnen in Kauf genommen. Das Lidocainhydrochlorid wurde nach Ermittlerangaben in einem sehr ähnlichen Gefäß gelagert wie die Glukose. Deshalb gehen sie von einem Versehen aus.

Die 28-Jährige trank die Lösung in einer gynäkologischen Praxis komplett aus. Sie verlor daraufhin das Bewusstsein und wurde in ein Krankenhaus eingeliefert, wo sie reanimiert werden musste. Zeitgleich brachten Ärzte ihr Baby per Notkaiserschnitt auf die Welt. Das Kind erlitt zu diesem Zeitpunkt aber bereits einen Atemstillstand und einen Gehirnschaden. Trotz Reanimationsversuchen starb das Kind am nächsten Tag aufgrund der Frühgeburt oder wegen der Lidocainvergiftung. Seine 28-jährige Mutter starb am selben Tag an einer Lidocainvergiftung.

Die andere Apotheken-Kundin trank die Lösung bei demselben Gynäkologen. Sie bemerkte jedoch den bitteren Geschmack und trank nur einen Schluck. Auch sie wurde in einer Klinik behandelt, erholte sich allerdings schnell von der Lidocainvergiftung und konnte bereits am nächsten Tag das Krankenhaus verlassen.

Die Staatsanwaltschaft wirft der 50-Jährigen zudem versuchten Mord durch Unterlassen in zwei Fällen vor. Sie soll pflichtwidrig eine Mitteilung an das Krankenhaus unterlassen haben, dass eine Lidocainvergiftung als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand in Betracht komme. Die Kölner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die Beschuldigte durch die Hinweise von Mitarbeitern der gynäkologischen Praxis und einer Ärztin aus dem Krankenhaus nach den Vorfällen der beiden Kundinnen sowie nach einer Kontrolle der eigenen Bestände und nach einer Mitarbeiter-Besprechung spätestens mittags wissen musste, dass eine Lidocainvergiftung als Ursache für den schlechten Gesundheitszustand der 28-Jährigen in Frage kommt. Ein Hinweis an die behandelnden Ärzte hätte nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft die Chance erhöht, das Leben der Frau zu retten. Die 50-Jährige habe hingegen „billigend in Kauf genommen“, dass die Schwangere auch aufgrund der unterlassenen Hinweise versterben könnten.

Ob diese Anklageschrift zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wird, entscheidet das Gericht. Die Prüfung dürfte einige Wochen in Anspruch nehmen.

(mba/dpa/AFP)
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