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Bonhoeffer-Klinikum

Extrem-Frühchen – Klinik klagt gegen Behandlungsverbot

Neubrandenburg / Lesedauer: 3 min

Das Aus für Behandlungen von Extrem-Frühchen ist noch nicht verdaut, da erreicht die Neubrandenburger Klinik ein weiteres Verbot. Nun geht es vor Gericht.
Veröffentlicht:02.11.2022, 15:40

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Nachdem dem Dietrich-Bonhoeffer-Klinikum (DKB) ein weiteres Behandlungsverbot ausgesprochen wurde, hat die Klinikleitung jetzt juristische Schritte eingeleitet. Neben dem Behandlungsverbot sogenannter Extrem-Frühchen erreichte die Neubrandenburger auch ein Verbot für „komplexe Eingriffe im Organsystem Ösophagus/Speiseröhrenkrebs”, wie das Klinikum mitteilte.

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Auch in diesem Fall sollen Mindestmengen Komplikationen und die Sterblichkeitsrate bei den Operationen bundesweit verringern. Gegen beide Bescheide sei nun Klage beim Sozialgericht eingereicht worden, hieß es vom Klinikum weiter, das um seine Funktion und sein Selbstverständnis als Maximalversorger in der Region fürchtet.

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Derweil hat der Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki hat die Entscheidung der Krankenkassen zum Perinatalzentrum Level-1 erneut harsch kritisiert. „Aus meiner Sicht sind sich die Kassen ihrer Verantwortung für den ländlichen Raum nicht bewusst”, sagte der SPD-Politiker dem Nordkurier. Er war 2021 mit einem Direktmandat für den Wahlkreis in der östlichen Seenplatte und Teile Vorpommern-Greifswalds ins Berliner Parlament eingezogen.

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Entsprechend enttäuscht zeigte er sich nun, dass die Landesverbände der Kranken- und Ersatzkassen dem DBK keine Ausnahmegenehmigung für die Behandlung von Frühchen mit einem Gewicht von unter 1250 Gramm erteilen. „Diese Entscheidung ist einfach falsch”, betonte er.

Zudem habe von Malottki nach eigenen Angaben die Kassen explizit darum gebeten, vor der Entscheidung auch mit dem Klinikum und lokalen Akteuren ins Gespräch zu gehen. Das blieb aus. Zuvor hatte bereits das DBK kritisiert, dass keiner der Unterzeichner des Behandlungsverbotes sich je ein Bild von der Arbeit auf der Frühchenstation gemacht habe.

In Thüringen wurde Ausnahmegenehmigung erteilt

Als Mitglied des Petitionsausschusses im Bundestag hofft auch der SPD-Mann auf die Petition der Mitarbeitervertretung, der die pauschale Mindestmengen-Regelung, mit der das Neubrandenburger Behandlungsverbot begründet wurde, aufgehoben und durch andere Qualitätskriterien ersetzt wird. Seiner Meinung nach war das durch den ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) eingeführte Mitspracherecht der Kassen bei Ausnahmegenehmigung ein Fehler, den es zu korrigieren gilt. Für Neubrandenburg käme das aber zu spät.

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Mit Blick auf die Extrem-Frühchen drängt aus Sicht des SPD-Bundestagsabgeordneten jetzt auch die Zeit. In Thüringen etwa hätten Kliniken in Suhl und Coburg trotz zu geringer Patientenzahlen die ein Jahr andauernde Ausnahmegenehmigung der dortigen Landesverbände erhalten, wie der Mitteldeutsche Rundfunk berichtete.

„Dieses Jahr hätten wir für Neubrandenburg auch benötigt, um über Finanzierungsalternativen nachzudenken”, sagt er. Unter anderem steht ein Vorschlag des Neubrandenburger Landespolitikers Torsten Koplin (Linke) im Raum, nach dem das Land mit einem sogenannten Sicherstellungszuschlag die Finanzierungslücke stopfen könnte. Auch das Klinikum hofft, dass sich eine Finanzierungsmöglichkeit findet. Allerdings dürfte eine sichergestellte Finanzierung das Behandlungsverbot nicht aufheben.