L 4 KR 437/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 151/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 437/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Krankenhausträger ist mit der nachträglichen Änderung einer DRG und der darauf beruhenden Rechnungskorrektur nach abgeschlossenem MDK-Prüfverfahren nicht gemäß § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 ausgeschlossen. Die in § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV 2014 festgelegte Fünfmonatsfrist für die nachträgliche (Abrechnungs-)Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren schließt die nachträgliche Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren durch den Krankenhausträger nicht aus.
2. Insbesondere ergibt sich aus § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV 2014 keine materielle Ausschlussfrist. Dies ergibt sich u.a. aufgrund des systematischen Gesamtzusammenhangs.
3. Die mit § 7 Abs. 5 S. 3 PrüfvV 2016 eingeführte Regelung gilt nicht rückwirkend für die Zeit vor dem 01.01.2017.
4. Es liegt weder ein Verstoß gegen das Beschleunigungsgebot vor noch verstößt die nachträgliche Rechnungskorrektur gegen den Rechtsgedanken von Treu und Glauben in der Form der Verwirkung.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 5.371,36 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin und Berufungsbeklagte begehrt die Zahlung einer Vergütung aus einer stationären Behandlung in Höhe von 5.371,36 EUR und wendet sich hierbei gegen die Aufrechnung in dieser Höhe durch die Beklagte und Berufungsklägerin. Die Klägerin betreibt ein nach § 108 des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, in dem der Versicherte C. (AS; geb.: 1961) im Zeitraum vom 12. bis 14.04.2016 behandelt wurde. Die Klägerin stellte der Beklagten am 25.04.2016 für diesen Aufenthalt auf Grundlage der DRG F12G (Implantation eines Herzschrittmachers, Zwei-Kammersystem, ohne komplexen Eingriff, Alter )15 Jahre, ohne Sondenentfernung mit Excimer-Laser, ohne äußerst schwere CC oder isolierte offen chirurgische Sondenimplantation) Kosten in Höhe von 5.289,40 Euro in Rechnung.

Die Beklagte schaltete den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Bayern ein, der der Klägerin mit einer Prüfanzeige vom 14.10.2016 mitteilte, dass eine Prüfung zur Klärung eingeleitet worden sei, ob die Überschreitung der unteren Grenzverweildauer medizinisch begründet gewesen sei. Der MDK kam in seiner Stellungnahme vom 22.12.2016 zu dem Ergebnis, dass diese Frage zu bejahen sei; die stationäre Krankenhausbehandlung sei in vollem Umfang medizinisch notwendig gewesen. Die Klägerin führte nachträglich eine Kodieränderung von OPS-Code 5-377.2 (Schrittmacher, Zweikammersystem, mit einer Schrittmachersonde) in den OPS-Code 5-377.50 (Defibrillator mit Einkammer-Stimulation ohne atriale Detektion) durch. Mit Rechnung vom 25.01.2017 rechnete sie 10.660,76 Euro mit DRG F01G (Implantation Kardioverter / Defibrillator (AICD), Ein-Kammer-Stimulation, ohne zusätzlichen Herz- oder Gefäßeingriff, ohne intensmed. Kompl. ) 392 / 368 / - Aufwandspunkte, ohne äußerst schwere CC) für die stationäre Krankenhausbehandlung ab. Gleichzeitig wurde die Rechnung vom 25.04.2016 storniert. Die Rechnung vom 25.01.2017 beglich die Beklagte nur anteilig in Höhe der Rechnung vom 14.10.2016; sie verwies darauf, dass eine Rechnungskorrektur nach eingeleiteter MDK-Prüfung und Abschluss des MDK-Verfahrens nicht mehr möglich sei.

Die Klägerin hat am 02.05.2017 Klage zum Sozialgericht Landshut erhoben und die noch offene Zahlung aus dem streitigen Behandlungsfall in Höhe von 5.371,36 Euro begehrt. Die Rechnung vom 25.01.2017 sei nicht zu beanstanden. Eine Nachkodierung sei auch nach Abschluss des MDK-Prüfverfahrens zulässig. Aus § 6 Abs. 2 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) a.F. und § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. folge die Möglichkeit einer Nachkodierung innerhalb von fünf Monaten. Erst aus der PrüfvV ab 01.01.2017 ergebe sich, dass für Aufnahmefälle ab 01.01.2017 nur noch eine Korrektur der Datensätze bis zum Abschluss der MDK-Begutachtung möglich sei.

Die Beklagte hat argumentiert, es habe ein Falldialog ohne Einigung stattgefunden; daraufhin sei der MDK mit der Prüfung nach § 275 Abs. 1c SGB V beauftragt worden. Auch nach dem Falldialog sei keine Datenkorrektur von der Klägerin vorgenommen worden. § 7 PrüfvV stelle klar, dass eine Korrektur von Datensätzen nur einmalig möglich sei und nach Abschluss der MDK-Prüfung spätere Korrekturen nicht vorgenommen werden könnten.

Die Beklagte hat mit Schreiben vom 28.05.2019 erklärt, dass die Kodierung von DRG F01G statt F12G mittlerweile nicht mehr beanstandet werde. Dennoch hätte eine Nachkodierung nicht mehr nach Beendigung des MDK-Prüfverfahrens erfolgen dürfen, weshalb ein weitergehender Vergütungsanspruch bereits daran scheitere. Eine Nachkodierung sei nach der Rechtsprechung des BSG im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben möglich, soweit nicht gesetzeskonformes Vertragsrecht entgegenstehe (vgl. das Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - v. 23.06.2015, B 1 KR 13/14 R). Durch die PrüfvV sei eine Einschränkung durch die Selbstverwaltungspartner vorgenommen worden, so dass eine Rechnungskorrektur nach Abschluss des Prüfverfahrens nicht möglich sei. Aus dieser folge, dass Korrekturen und Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich seien. Diese hätten an die Krankenkasse zu erfolgen. Daraus ergebe sich die Pflicht zur peinlich genauen Abrechnung, zudem auch die Verpflichtung, die erfolgte Rechnungsstellung zu überprüfen und gegebenenfalls innerhalb des Verfahrens zu korrigieren. Die Prüfverfahrensvereinbarung habe als Zielsetzung ein effizientes Verfahren. Nachträgliche Korrekturen würden zu einem erheblich bürokratischen Aufwand führen. Es erfolge bei der MDK-Prüfung keine Beschränkung auf den Prüfungsgegenstand. Dies zeige auch der Umstand, dass in die neue Prüfverfahrensvereinbarung ab 01.01.2017 eine klarstellende Regelung aufgenommen worden sei. Auch fehle es für eine derartige Vereinbarung in einer Prüfverfahrens-Vereinbarung nicht an einer Ermächtigungsgrundlage. Die Zielsetzung der Prüfverfahrensvereinbarung sei die effektive und konsensorientierte Zusammenarbeit. Dazu diente unter anderem die Vereinbarung von Ausschlussfristen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 26.06.2019 die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.371,36 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.02.2017 zu zahlen. Das Sozialgericht hat entschieden, dass die nachträgliche Korrektur von Abrechnungsdaten mit neuem Abrechnungsvorbringen nur für das (laufende) MDK-Prüfverfahren, nicht jedoch für ein nachfolgendes Gerichtsverfahren präkludiert sei und das Krankenhaus auch nicht an der Geltendmachung durch nachträgliche Rechnungskorrektur gehindert sei. Im Rahmen des Klageverfahrens habe die Beklagte die von der Klägerin vorgenommene Kodierung und die angesetzte DRG F01G ausdrücklich nicht mehr beanstandet, so dass auch die Höhe des Vergütungsanspruchs dem Grunde nach nicht mehr im Streit stehe. Diese nachträgliche Rechnungskorrektur sei entgegen der Ansicht der Beklagten auch zulässig gewesen. Der Anspruch sei unstreitig weder verwirkt noch verjährt. Streitig sei allein die Frage, ob die Korrektur durch das Krankenhaus gemäß § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. ausgeschlossen sei. Die PrüfvV a.F. sei vorliegend sachlich anwendbar, weil es sich nicht um eine sachlich-rechnerische Prüfung der Richtigkeit der Krankenhausabrechnung gehandelt habe, sondern um eine Auffälligkeitsprüfung.

Am 14.10.2016 habe der MDK Bayern gegenüber der Klägerin den Prüfauftrag angezeigt. Mit Rechnung vom 25.01.2017 sei es zur Korrektur der DRG von F12G auf F01G gekommen. Die Korrektur und Ergänzung von Datensätzen sei am 30.01.2017 erfolgt. Damit habe die Klägerin die Korrektur innerhalb der Frist von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV a.F. durchgeführt. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei dieser Regelung im Gegensatz zu § 7 Abs. 5 S. 3 PrüfvV n.F. nicht zu entnehmen, dass eine Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich sei. Es fehle vielmehr an einer entsprechenden Bestimmung. Eine solche sei erst für Behandlungsfälle ab 2017 eingeführt worden.

Im Übrigen sperre die Regelung auch nicht die nachträgliche Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren. Insoweit schließe sich die Kammer den überzeugenden Ausführungen des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 17.04.2019 (Az.: L 5 KR 1522/17 - juris Rn. 31) an. Danach schließe die Regelung in § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV a.F. schon nach ihrem Wortlaut die nachträgliche Rechnungskorrektur (einer Krankenhausabrechnung) nicht aus. Für ein solches Verständnis fehle es an einer dem Vorbehalt des Gesetzes genügenden, hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Die Regelung in § 17c Abs. 2 S. 1 KHG, die als Ermächtigungsnorm allein in Betracht komme, genüge diesen Anforderungen nicht. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 PrüfvV seien Korrekturen oder Ergänzungen von (Abrechnungs-) Datensätzen nur einmalig möglich und der MDK müsse diese gemäß § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV nur dann in seine (Abrechnungs-)Prüfung einbeziehen, wenn sie innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens (§ 6 Abs. 2 PrüfvV) an die Krankenkasse erfolge. Die Vorschrift habe damit nur die nachträgliche Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren zum Gegenstand. Die nachträgliche Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren regele diese nicht. Das Sozialgericht hat insoweit die Ausführungen des LSG Baden-Württemberg (a.a.O., juris Rn. 33) zitiert.

Mit Beschluss vom 05.08.2019 hat das Sozialgericht den Streitwert auf 5.371,36 EUR festgesetzt.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 04.07.2019 zugegangene Urteil des Sozialgerichts am 02.08.2019 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass eine Übertragung der Argumente des BSG (Urt. v. 19.04.2016, B 1 KR 33/15 R), auf die sich auch das LSG Baden-Württemberg gestützt habe, ausscheide. In dem Fall aus dem Jahre 2009, der dem BSG zugrunde gelegen habe, habe noch keine PrüfvV existiert; auch die Rechtsgrundlage des § 17 c Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) sei noch nicht in Kraft gewesen. Dem Gesetzgeber sei mit Einführung des § 17 c Abs. 2 KHG offensichtlich daran gelegen gewesen, die Vertragsparteien auch zur Regelung von Fristen zu ermächtigen. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass die Vertragsparteien das Ziel des Gesetzgebers, Abrechnungsprüfungen effektiver und konsensorientierter zu gestalten, zu berücksichtigen hätten. Insbesondere seien das Wirtschaftlichkeits- und das Beschleunigungsgebot zu beachten. Aus § 275 Abs. 1 c S. 1 SGB V ergebe sich, dass bei Krankenhausbehandlungen nach § 39 SGB V eine Prüfung insgesamt nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen sei. Die Durchführung des Prüfverfahrens erfordere eine Tätigkeit nicht nur auf Seiten des MDK oder der Krankenkasse, sondern es seien genauso auch Aktivitäten seitens des Krankenhauses erforderlich, um einen zeitnahen Abschluss des MDK-Prüfverfahrens zu ermöglichen (vgl. BSG, Urt. v. 18.07.2013, B 3 KR 21/12 R - juris Rn. 19 u. 21). Zudem stelle das BSG klar (juris Rn. 20), dass es sich bei der sechswöchigen Frist des § 275 Abs. 1 c SGB V um ein besonderes Beschleunigungsgebot handele, das Ausdruck eines generell zwischen Krankenkassen und Krankenhäusern geltenden allgemeinen und systemimmanenten Beschleunigungsgebots sei. Es verstieße gegen das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und gegen Treu und Glauben, wenn man lediglich die Krankenkassen für verpflichtet hielte, beschleunigt, innerhalb der dreiwöchigen Zahlungsfrist zu zahlen, innerhalb von sechs Wochen die Prüfung einzuleiten und sich innerhalb des Prüfverfahrens an die vereinbarten Fristen zu halten, auf Seite der Krankenkassen (Anm.: wohl Krankenhäuser) jedoch keine Verpflichtung zur Beschleunigung des Verfahrens sehen würde. Die Tatsache, dass das Prüfverfahren insgesamt von beiden Seiten beschleunigt durchzuführen sei, werde nach Ansicht des BSG auch durch die Rechtsentwicklung und die Regelungssystematik des § 275 Abs. 1c SGB V bestätigt (BSG, a.a.O., juris Rn. 21).

Das systemimmanent für alle Schritte der PrüfvV geltende Beschleunigungsgebot hätten die Parteien am 18.07.2014 durch den Abschluss der ab 01.01.2015 in Kraft getretenen PrüfvV konkretisiert. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der GKV-Spitzenverband seien sich jedenfalls in einem Punkt einig gewesen: dass die PrüfvV dazu dienen sollte, ein zügigeres Prüfverfahren zu ermöglichen.

Die Beklagte hat auf § 7 Abs. 1 bis 4 PrüfvV a.F. hingewiesen. Die Klägerin hätte somit die Verpflichtung gehabt, die erfolgte Rechnungsstellung zu überprüfen und ggf. innerhalb dieser Verfahrensschritte zu korrigieren. Sie hätte noch mit Einleitung des Prüfverfahrens und Durchführung des Falldialogs die Möglichkeit zur Korrektur gehabt. Diese Möglichkeiten habe sie aber nicht genutzt und die Korrektur erst nach Abschluss des MDK-Prüfverfahrens vorgenommen. Die Klägerin sei damit mit ihrem geltend gemachten weitergehenden Vergütungsanspruch ausgeschlossen.

Im Übrigen gebe das BSG in der vom LSG Baden-Württemberg zitierten Entscheidung lediglich an, dass materiell-rechtliche Ausschlussfristen zu Lasten der Versichertengemeinschaft im Widerspruch zum Wirtschaftlichkeitsgebot stünden. Im zugrunde liegenden Rechtsstreit gehe es indes nicht um eine Ausschlussfrist zu Lasten der Versichertengemeinschaft bzw. der Krankenkasse, vielmehr stünde eine Ausschlussfrist für eine nachträgliche Rechnungskorrektur, die dem Beschleunigungsgrundsatz dienen solle, im Streit. Umgekehrt sei allerdings nicht einzusehen, weshalb es an einer Ermächtigungsgrundlage für Regelungen fehlen sollte, die zur Beschleunigung des Verfahrens diene.

Der Ausschluss des weitergehenden Vergütungsanspruchs ergebe sich auch aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2015, wonach Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich sind. Zudem zeige schon die Überschrift des § 7 PrüfvV "Durchführung der Prüfung", dass alle dort genannten Regelungen sich auf das laufende Prüfverfahren beziehen. Der Zeitpunkt, zu dem das Prüfverfahren beendet sei, sei schon vom Wortlaut her keine "Durchführung" eines Verfahrens mehr. Hätten die Parteien die Möglichkeit regeln wollen, nach Beendigung des Prüfverfahrens oder gar erst nach Ergehen der abschließenden Entscheidung der Krankenkasse gemäß § 8 PrüfvV Nachkodierungen zuzulassen, hätten sie dies eindeutig in § 7 oder § 8 PrüfvV regeln müssen. Aus § 8 PrüfvV sei abzulesen, dass eine Korrektur oder eine Ergänzung durch das Krankenhaus nur bei Erweiterung des Prüfanlasses, also nur dann vorgenommen werden könne, wenn die Themen, auf die die Prüfung ursprünglich beschränkt gewesen sei, um weitere Punkte ergänzt würden.

Alle Ergänzungen, die nach § 7 Abs. 5 PrüfvV gemacht werden könnten, seien also immer auf den Anlass der MDK-Prüfung beschränkt.

Die Klägerin hat dargelegt, dass sich aus § 17 c Abs. 2 KHG keine wirksame Ermächtigungsgrundlage kreieren lasse. Die Selbstverwaltungspartner seien nicht berechtigt, übergesetzliche Einwendungs- und Ausschlussfristen zu schaffen. Der Gesetzgeber habe keine Abweichung von anderen Fristen als jener aus § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V im Sinn gehabt und erst recht keine eigene Kreation weiterer Fristen durch die Selbstverwaltungspartner. Die Ausführungen der Beklagten zu § 275 Abs. 1 c S. 2 SGB V seien somit rechtlich für die hier zu beantwortende Fragestellung nicht relevant. Überdies stelle § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. bereits keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar. Die Klägerin hat auf zwei weitere, erstinstanzliche Entscheidungen verwiesen.

Die Klägerin hat nochmals darauf verwiesen, dass vorliegend eine Korrektur zu einer anderen Fragestellung vollzogen worden sei als sie im MDK-Verfahren gegenständlich gewesen sei. Der Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. sei daher bereits nicht eröffnet.

Die Beklagte hat sich nochmals darauf berufen, dass § 7 Abs. 5 PrüfvV auch in der alten, hier maßgeblichen Fassung nach Sinn und Zweck der Regelung eine Datenkorrektur ausschließe, wenn diese zwar innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens erfolge, aber nach dessen Abschluss. Eine Unterscheidung zwischen nachträglicher Datensatzkorrektur im MDK-Prüfungsverfahren und nachträglicher Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren sei in diesem Zusammenhang unbehelflich. Denn diese beiden Aspekte seien untrennbar miteinander verbunden: Daten, deren Prüfung und Korrektur die PrüfvV regelten, bestimmten die Abrechnung; sie seien deren Grundlage. Das Prüfverfahren würde ins Leere laufen, wenn unabhängig von dessen Vorgaben nachträglich - nur begrenzt durch Verjährung und Verwirkung - nur die Abrechnung korrigiert werden könnte. Deren Korrektur basiere zwangsläufig auf korrigierten Daten. Die Beklagte hat ferner die Ansicht vertreten, dass die streitentscheidende Regelung von der Ermächtigungsgrundlage des § 17 Abs. 2 KHG gedeckt sei.

Die Klägerin hat zuletzt auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 14.11.2019 (L 8 KR 224/17) hingewiesen. Auch der 20. Senat des Bayer. Landessozialgerichts sei dieser Rechtsauffassung in der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2020 (L 20 KR 187/18) gefolgt.

Eine Rücknahme der Berufung durch die Klägerin ist mit gerichtlichen Schreiben vom 12.02. und 17.04.2020 angefragt worden. Die Beklagte hat an ihrer Berufung mit Schriftsatz vom 22.04.2020 festgehalten. Die Rechtsprechungshinweise des Senats auf die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts und des LSG Baden-Württemberg überzeugten nicht. So lasse das Hessische Landessozialgericht die Frage offen, ob die Vertragsparteien materiell-rechtliche Ausschlussfristen vereinbaren dürften. Das BSG habe inzwischen mit Urteil vom 19.11.2019 (B 1 KR 33/18 R) entschieden, dass die PrüfvV a.F. in § 7 Abs. 2 S. 3 und 4 PrüfvV mit der Vergütungsbegrenzung auf das Unstreitige eine wirksame, verhältnismäßige und spezielle materiell-rechtliche Ausschlussregelung enthalte, die auf einer hinreichenden Ermächtigung (§ 17 c Abs. 2 KHG) beruhe. Die Vereinbarung materiell-rechtlicher Ausschlussregelungen sei folglich von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt.

Die Klägerin hat darauf verwiesen, dass es sich bei den in Bezug genommenen Passagen des o.g. BSG-Urteils vom 19.11.2019 lediglich um ein obiter dictum handle. Das BSG habe sich mit keinem Wort mit der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur auseinandergesetzt, dass § 17 c Abs. 2 KHG keine wirksame Ermächtigungsgrundlage für § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. darzustellen vermöge. Die Ausführungen des BSG seien für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungsrelevant. Das BSG-Verfahren sei nicht zu § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. geführt worden, sondern habe sich auf eine Unterlagenübersendung und -nachreichung für einen Fall vor Geltung der PrüfvV bezogen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 26.06.2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akte der Beklagten sowie die Klage- und Berufungsakte hingewiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein weiterer Vergütungsanspruch für die stationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten AS in der geforderten Höhe zu. Gemäß § 153 Abs. 2 SGG wird auf die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts verwiesen. Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie § 17b Abs. 1 Satz 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) i.V.m. der vorliegend für den Behandlungs- und Abrechnungsfall im Jahr 2016 maßgeblichen Fallpauschalenvereinbarung 2014 i.V.m. der zwischen den Beteiligten geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung.

Unstreitig ist dabei zwischen den Beteiligten, dass die von der Klägerin vorgenommene Änderung der DRG von DRG F12G in DRG F01G zutreffend ist. Die Korrektur durch die Klägerin mit Rechnung vom 25.01.2017 erfolgte einmalig und innerhalb der 5-Monatsfrist des § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV 2014. Unstreitig ist ferner, dass keine Verjährung oder Verwirkung eingetreten ist.

Streitig ist allein die Rechtsfrage, ob die Klägerin mit der nachträglichen Kodierung der DRG F01G und der darauf beruhenden Rechnungskorrektur vom 25.01.2017 aufgrund des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 präkludiert ist. Dies ist nach Auffassung des Senats nicht der Fall. Ebenso wenig ergibt sich ein Ausschluss aus dem Grundsatz nach Treu und Glauben.

Für die im April 2016 durchgeführte Krankenhausbehandlung gilt die PrüfvV 2014, in Kraft getreten zum 01.09.2014. § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. lautet: "1Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen sind nur einmalig möglich. 2Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Absatz 2 an die Krankenkasse erfolgen. 3Unabhängig hiervon kann das Krankenhaus bei Erweiterung des Prüfanlasses nach § 6 Absatz 3 Satz 4 eine einmalige Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes innerhalb von 5 Monaten nach dieser Erweiterung vornehmen. 4Je nach Eingang der Korrektur bzw. der Ergänzung verlängert sich die Gesamtprüffrist nach § 8 Satz 3 entsprechend. 5§ 275 Absatz 1c Satz 3 SGB V findet auf Prüfungen, die aufgrund dieser Korrekturen nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führen, keine Anwendung."

Die Neufassung des § 7 Abs. 5 S. 3 PrüfvV ist erst zum 01.01.2017 in Kraft getreten (PrüfvV in der Fassung vom 03.02.2016 - PrüfvV 2016) und ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht bzw. nicht unmittelbar anwendbar (hierzu s.u.).

Die in § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV i.d.F. von 2014 festgelegte Fünfmonatsfrist für die nachträgliche (Abrechnungs-)Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren schließt die hier erfolgte, nachträgliche Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren durch die Klägerin nicht aus. Die Regelung schließt schon nach ihrem Wortlaut die nachträgliche Korrektur einer Krankenhausabrechnung nicht aus. Darüber hinaus sprechen auch systematische Erwägungen dagegen, dass § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. die Vergütung betreffende materielle Ausschlussfristen enthält. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsansicht des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 17.04.2019 (a.a.O.), des Hessischen LSG im Urteil vom 14.11.2019 (a.a.O.) sowie des Sozialgerichts Landshut in dem angefochtenen Urteil an.

Satz 2 des § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. regelt nach seinem eindeutigen Wortlaut die Frist, innerhalb der eine Datensatzkorrektur oder -ergänzung durch das Krankenhaus an die Krankenkasse fu&776;r eine Einbeziehung in die Prüfung durch den MDK erfolgt sein muss ("Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn ..."). Hält das Krankenhaus diese Frist nicht ein, hat es keinen Anspruch darauf, dass der MDK den geänderten oder korrigierten Datensatz bei seiner Prüfung berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende Rechtsfolge, insbesondere die, dass das Krankenhaus nach Beendigung der MDK-Prüfung nicht mehr berechtigt ist, in den Grenzen der Verjährung und Verwirkung weitere Krankenhausvergütung nachzufordern, kann dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV a.F. nicht entnommen werden.

So hat auch das LSG Baden-Württemberg aus Sicht des Senats zutreffend ausgeführt, dass die Regelung in § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV 2014 schon nach ihrem Wortlaut die nachträgliche Rechnungskorrektur einer Krankenhausabrechnung nicht ausschließt. Die Vorschrift hat nur die nachträgliche Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren zum Gegenstand; geregelt wird die Einbeziehung von korrigierten oder ergänzten Datensätzen - Adressat des Satzes 2 ist dabei der MDK. Eine Aussage zur nachträglichen Rechnungskorrektur bzw. dass die Beklagte diese nicht mehr zu berücksichtigen hätte, lässt sich ihr nicht entnehmen (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., juris Rn. 31). § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 umfasst nur den Prüfgegenstand des MDK-Verfahrens, wie zuletzt auch das Hess. LSG (a.a.O.), ebenfalls zur PrüfvV in der Fassung von 2014 entschieden hat.

Letztlich wird dies auch aus den - für den Senat nicht bindenden - Hinweisen des GKV-Spitzenverbandes zur Prüfverfahrensvereinbarung gemäß § 17c Abs. 2 KHG (Stand: 05.11.2014; Seite 15) deutlich, der als Fallgruppen ebenfalls nur die MDK-Prüfung als Maßstab ansieht. So wird als vierte Fallgruppe aufgeführt:

"4. Die MDK-Prüfung ist bereits vor Ablauf der 5-Monatsfrist abgeschlossen (z. B. nach 4 Monaten), erst danach nimmt das Krankenhaus gegenüber der Krankenkasse eine Datenkorrektur vor (nach 4 Monaten und 3 Wochen). Eine Weiterleitung durch die Krankenkasse an den MDK ist nicht erforderlich, da eine Berücksichtigung von Datenkorrekturen nur möglich ist, solange der Prozess der Begutachtung noch andauert."

Es wird als Konsequenz gemäß Satz 2 zweifelsfrei deutlich, dass die "Weiterleitung durch die Krankenkasse an den MDK" nicht erforderlich ist. Eine weitergehende Regelung ist nicht gewollt.

Insbesondere ergibt sich aus § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV a.F. keine materielle Ausschlussfrist, wie dies die Beklagte annimmt. Ausschlussfristen sind Fristen, nach deren Ablauf das Recht erlischt.

Beim BSG ist derzeit die Frage anhängig (B 1 KR 24/20 R), ob die Regelung des § 7 Abs. 2 S. 3 u. 4 PrüfvV vom 18.07.2014 der Sache nach eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist beinhaltet. Bei der Frage, ob eine - hier materiell-rechtliche - Ausschlussfrist vorliegt, ist wie allgemein bei einer Auslegung grundsätzlich zunächst grammatisch vom Wortlaut auszugehen. Auch eine teleologische Auslegung nach Sinn und Zweck hat sich hieran zu orientieren. Der Wortlaut des § 7 Abs. 2 PrüfvV unterscheidet sich jedoch wesentlich von dem in Absatz 5. § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 hat folgenden Wortlaut:

"2) 1Die Prüfung vor Ort richtet sich nach den Vorgaben des § 276 Absatz 4 SGB V. 2Bei einer Prüfung im schriftlichen Verfahren kann der MDK die Übersendung einer Kopie der Unterlagen verlangen, die er zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt. 3Das Krankenhaus hat die Unterlagen innerhalb von 4 Wochen nach Zugang der Unterlagenanforderung an den MDK zu übermitteln. 4Erfolgt dies nicht, hat das Krankenhaus einen Anspruch nur auf den unstrittigen Rechnungsbetrag."

Während also § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV 2014 als "Rechtsfolge" nur den Einbezug von korrigierten oder ergänzten Datensätzen durch den MDK regelt, legt der Wortlaut des § 7 Abs. 2 S. 4 PrüfvV 2014 einen materiell-rechtlichen Ausschluss eines Anspruchs auf den streitigen Rechnungsbetrag nahe.

Auch enthalten die Hinweise zu Absatz 5 - anders als zu § 7 Abs. 2 PrüfvV 2014 (a.a.O., S. 13: "Diese Frist ist eine Ausschlussfrist.") - keine Aussage dazu, dass es sich bei den Fristen in Absatz 5 um eine Ausschlussfrist handelt.

Der Senat vermag in § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV a.F. auch aufgrund des systematischen Gesamtzusammenhangs, in dem die Regelung des § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. steht, keine materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu erkennen. § 7 PrüfvV a.F. regelt die Durchführung der Prüfung und ist Bestandteil einer Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V. Die PrüfvV ist keine Vereinbarung über die Abrechnung von Krankenhausbehandlungen. Da § 7 Abs. 5 PrüfvV a.F. - anders als etwa § 7 Abs. 2 PrüfvV a.F. - auch keine ausdrückliche Aussage zu Konsequenzen für Vergütungen trifft für den Fall, dass die dort geregelten Fristen nicht eingehalten werden, kann weder aufgrund des Wortlauts noch aufgrund systematischer Erwägungen von einer materiellen Ausschlussfrist ausgegangen werden (siehe im Übrigen auch LSG Baden-Württemberg, a.a.O., juris Rn. 29 m.w.N.).

Soweit die Beklagte aus dem Urteil des BSG vom 19.11.2019 zitiert (BSG, a.a.O., juris Rn. 16), kann hieraus nach Ansicht des Senats nichts für das vorliegende Verfahren betreffend § 7 Abs. 5 S. 2 PrüfvV 2014 abgeleitet werden. Auch die Entscheidung des Hess. Landessozialgericht vom 28.05.2020 (L 8 KR 221/18 - juris), betrifft nur § 7 Abs. 2 PrüfvV, nicht Absatz 5.

Auch gilt die mit § 7 Abs. 5 S. 3 PrüfvV 2016 zum 01.01.2017 eingeführte Regelung, dass die Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der MDK-Begutachtung möglich ist, nicht rückwirkend für die Zeit davor. Die Neufassung des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016, die wie dargelegt vorliegend nicht gilt, brachte in Satz 3 die Regelung, dass "eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich" ist (im Rahmen der schon bestehenden 5-Monats-Frist). Wie die Regelung des Satzes 3 der Neufassung im Einzelnen und im Verhältnis zu Satz 2 auszulegen ist, kann der Senat in diesem Verfahren offen lassen. Es handelt sich dabei nicht um eine bloße Klarstellung, vielmehr wird mit Satz 3 eine differenzierte Fristenregelung eingeführt.

Eine weitergehende teleologische Auslegung mit dem Ziel, trotz dem Dargelegten zu einer materiell-rechtlichen Ausschlussfrist zu gelangen, ist nicht zulässig. Das von der Beklagten angesprochene Beschleunigungsgebot bezieht sich allein auf das Prüfverfahren selbst. Das Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1 c SGB V dient dazu, Ungereimtheiten, die der Krankenkasse auffallen, möglichst umgehend aufzuklären. Wird vom Krankenhaus - aus welchem Grund auch immer - nach Beendigung des Prüfverfahrens ein Fehler entdeckt, der nicht Gegenstand des Prüfverfahrens war, kann das MDK-Prüfverfahren durch eine entsprechende Rechnungskorrektur nicht in die Länge gezogen werden, weil es schon beendet ist.

Die nachträgliche Rechnungskorrektur verstößt auch nicht gegen den Rechtsgedanken von Treu und Glauben (§ 242 BGB analog) in der Form der Verwirkung. Nach der Rechtsprechung des BSG findet das Rechtsinstitut der Verwirkung innerhalb der kurzen vierjährigen Verjährungsfrist nur in besonderen, engen Ausnahmekonstellationen Anwendung (stRspr; vgl. z.B. BSGE 112, 141). Als ein Verwirkungsverhalten wertet das BSG regelmäßig die vorbehaltlose Erteilung einer nicht offensichtlich unschlüssigen Schlussrechnung eines Krankenhauses. Im Anschluss hieran entsteht in der Regel, so das BSG, eine Vertrauensgrundlage, wenn das Krankenhaus eine Nachforderung weder im gerade laufenden noch nachfolgenden vollen Haushaltsjahr der Krankenkasse geltend macht. Der Vertrauenstatbestand erwachse daraus, dass die Krankenkasse darauf vertraue, dass das Krankenhaus insoweit keine weiteren Nachforderungen erhebt (vgl. BSG, Urteil v. 19.11.2019, B 1 KR 10/19 R). Gemessen hieran hat die Klägerin die weitere Vergütung rechtzeitig geltend gemacht. Es erscheint nicht gerechtfertigt, den einvernehmlichen Abschluss eines MDK-Prüfverfahrens als Verwirkungsverhalten zu betrachten.

Der Zinsanspruch beruht auf § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V in Verbindung mit § 288 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 33 der vorläufigen Budget- und Entgeltvereinbarung vom 13.10.2015 in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz. Er wurde vom Sozialgericht zutreffend ab 17.02.2017 zugesprochen.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision wird im Hinblick auf eine Vielzahl noch anhängiger, vor allem erstinstanzlicher Verfahren wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197 a Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Der Streitwert ist bezifferbar im Sinne des § 52 Abs. 3 S. 1 GKG und mit 5.371,36 EUR festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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